Radarkrieg im Atlantik, Frage wegen der deutschen Geräte

Begonnen von Mandelus, 08 Oktober 2010, 13:45:36

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Götz von Berlichingen

Zur Frage der für die U-Boote zu ungenauen Navigation der Luftwaffe:

Dies hatte m.W. mit den unterschiedlichen Anforderungen an Genauigkeit der Navigation der beiden Waffengattungen zu tun (Stichwort: Augenhöhe, Gesichtskreis).

Big A

ZitatVielleicht können die mal erzählen ob sie die Schiffsradargeräte als "Leuchtfeuer" nutzten oder diese phasenweise an- bzw. ausgeschaltet waren.

Jede Strahlung verrät die eigene Position, sei es ein Licht oder nicht sichtbare Radarstrahlung, daher versucht man heute zunächst die passive Ortung mittels ElOUM (Elektronischer Unterstützungsmaßnahmen oder Fremdortung (z.B. AWACS). Daher sind, sofern man nicht klar zeigen möchte, dass man im Seegebiet ist (= Abschreckung) grundsätzlich im Einsatz zunächst kein Radar.
Auch wurden / werden Funkwellen zur Navigation eingesetzt (elektronisches Leuchtfeuer), siehe z.B. LORAN, DECCA oder einfach Funkfeuer und Radiosender.
Da früher die (Röhren-) geräte sehr empfindlich waren hat man sie sicher nicht so viel geschaltet wie heute und ggf. länger angeschaltet gelassen und sich so verraten.

@Peter K
Stimmt!  :-D

@Q
Aus dem Unterricht zur Taktischen Navigation weiß ich noch ("Dampf-OPZ"), dass man einen Kontakt einige Minuten plotten musste um anhand der auf einen Plotttisch oder auf Papier übertragenen Werte Gegnerkurs (=Gegner = Kontakt) und -fahrt ials geometrische Lösung ermitteln zu können, also genug Zeit, um eingepeilt zu werden

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

mhorgran

@Axel

ZitatAus dem Unterricht zur Taktischen Navigation...
Muß man nach Aufklärung eines Konvois durch Radar den gegnerischen Kurs und Geschwindigkeit sofort wissen? Wenn das aufklärende UBoot nachdem der Konvois aufgeklärt wurde darauf zuhält ist, bei der geringen Geschwindigkeit der Konvois genügend Zeit vorhanden diesen, aus nährerer Entfernung zu ermitteln.

ZitatJede Strahlung verrät die eigene Position, sei es ein Licht oder nicht sichtbare Radarstrahlung, daher versucht man heute zunächst die passive Ortung mittels ElOUM (Elektronischer Unterstützungsmaßnahmen oder Fremdortung (z.B. AWACS). Daher sind, sofern man nicht klar zeigen möchte, dass man im Seegebiet ist (= Abschreckung) grundsätzlich im Einsatz zunächst kein Radar.
Wie gezeigt sah man das bei der Wehrmacht auch nicht anders.
Funkmeß wurde doch  in der ersten Kriegsphase bei mehreren Ausbruchsnternehmungen von Scharnhorst / Gneisenau erfolgreich, zur Gegnervermeidung, eingesetzt. Sind keine Aufzeichnungen bekannt wie die Geräte eingesetzt wurden?

Mandelus

#123
@ Götz von Berlichingen

ZitatDas ist eine  Legende, an der nichts dran ist. Die He 280 und auch die He 219 hatten von Anfang an ein Bugradfahrwerk.

Den Fehler mit dem Spornrad hatte Messerschmitt gemacht und nach den ersten Testflügen, bei denen es nur mit halsbrecherischen Kunststücken gelang (kurz vor der Abhebegeschwindigkeit in die Bremsen steigen, um das Heck hochzubringen), den Vogel vom Boden wegzubringen (und dabei im August 1942 nur einen Monat nach dem Erstflug durch den zwar vom Testpiloten Fritz Wendel eingewiesenen, aber mit der Methode noch unerfahrenen Dipl-Ing. Beauvais von der Erprobungsstelle Rechlin die V-3 geschrottet wurde) wurde das Fahrwerk umkonstruiert.

Das ist aber dann eine Legende, die du in verdammt vielen Büchern findest, was das fehlende Bugrad am Anfang angeht .... Unter anderem hat das Messerschmidt das selber gesagt, in einem Buch vom Motorbuchverlag (welches weiß ich jetzt nicht mehr). Klar, Gegenargument: er schob sein eigenes Versagen einfach Hitler in die Schuhe. Wenn ich mich aber recht erinnere, gibt es dafür aber noch weitere Zeugen ... doch letztlich führt das zu nichts, weil ich keinen Zugang mehr zu Quellen im Moment habe um diese zur Untermauerung anzugeben. Doch, das mit Hitlers Entscheidung ist, wie bereits gesagt, in vielen Büchern zu finden!

ZitatAuch daran ist nichts dran. Die Sache hatte hauptsächlich Rundstedt verbockt, der sich darüber ärgerte, daß der dienstjüngere ObdH v. Brauchitsch seinen Haltebefehl wieder aufhob und auf "stur" schaltete. Nicht gerade der geeignete Zeitpunkt und Ort für solch alberne Kompetenzstreitigkeiten.

Ausführlich dargestellt bei Oberst Dr. Karl-Heinz Frieser (MGFA), Blitzkrieg-Legende: Der Westfeldzug 1940, Oldenbourg, München 2005, S. 363 ff.

Oh oh oh Götz, ganz schlechte Aussage aus dem fehlenden Zusammenhang von dir und ganz schlechte Quelle (in der Sache was den Haltbefehl und die Beurteilung des Feldzuges angeht, nicht grundsätzlich), die du angibst!
Beim Krieg in Europa interessieren mich nur der Polenfeldzug und der Westfeldzug, aber da so richtig von A bis Z mit einem Literaturbestand, der hier locker der maritimen Literatur der Experten hier in nichts nachsteht!

Ich darf mal aus dem von dir zitierten Werk etwas wiedergeben, was Kritiken angeht (warum selber formulieren, wenn es das schon fertig gibt?):

Hitlers Blitzkrieg über die Westmächte war nicht als 'Blitzkrieg' geplant. Die deutsche Führung rechnete mit einer Neuauflage der langjährigen Kämpfe des Ersten Weltkrieges und stellte ihre wirtschaftliche und militärische Planung darauf ein. Erst der überraschende Durchbruch des Panzerkorps Guderian bei Sedan verlieh dem deutschen Angriff ungeahnte Eigendynamik und führte zum 'Sichelschnitt', dem schnellen Panzervorstoß zur Kanalküste, wo die überraschten Alliierten bei Dünkirchen eingekesselt wurden. Der Verfasser wendet sich gegen die gängige Theorie von Hitlers 'Blitzkrieg-Strategie' und stellt dar, welches Erfolgsgeheimnis dem 'Blitzkrieg' von 1940 tatsächlich zugrunde lag.

Fakt ist, dass Rundstedt als Befehlshaber der Heeresgruppe A seit dem geglückten Übergang bei Sedan usw. schwer Bauchschmerzen hatte wegen der ungeschützten linken Flanke. Mit diesen Bauchschmerzen traf er auf offene Ohren beim OKH und OKW und insbesondere bei Hitler, die einfach nicht begreifen wollten, was sie selber erreicht hatten mit ihrem Plan.
Der Sichelschnitt und der Durchbruch bei den Ardennen war genauso geplant wie er geschah (Kleinigkeiten mal beiseite) und sowohl der denkende Kopf des Plans –Manstein-, als auch die ausführenden Köpfe wie Guderian und andere haben das alles auch vollkommen verstanden, doch nicht die Herrschaften über ihnen.
Immer wieder wird, auch in dem von dir zitierten Werk, auf die Kämpfe beim Dorf Stonne als Beweis hingewiesen, wie recht sie doch hatten und wie viel Glück, dass die Franzosen so dilettantisch waren. Das ist mit Verlaub absoluter Quatsch! Die deutsche Flanke war zu keinem Zeitpunkt ernsthaft bedroht, selbst wenn die Franzosen sich schlauer angestellt hätten. Da war die komplette 10. Panzerdivision und das verstärkte Infanterieregiment ,,Großdeutschland" (eigentlich eine Halbdivision) und in der nähe noch weitere Kräfte welche umgelenkt werden konnten.
Nein, die ganze Zeit über gab es immer wieder Haltbefehle, weil man wegen der Flanke Befürchtungen hatte, zu Unrecht letztlich, weil man einfach das System ,,oben" nicht kapierte! Das zeigte sich schon im Polenfeldzug und in den Köpfen waren Entfernungen immer noch nur die, welche eine Infanteriedivision als Tagesleistung hat. Guderian und Kleist stießen ja wegen der Haltbefehle und angezogenen Handbremse mehr als heftig aneinander ... und Kleist stand nur zwischen Guderian (der die wirkliche Lage erkannte) und Rundstedts Bauchschmerzen.
Rundstedts Ärger mit Brauchitsch hat damit nahezu nichts zu tun, ferner spielt hier Franz Halder auch noch eine gewichtige Rolle und der ewige ,,Ja mein Führer Sager" Keitel ebenso. In diesem Zwist und in dieser Unsicherheit der Führung, welche weiter unten nur nervte, die dann in dem Haltbefehl vor Dünkirchen endete um die Truppen nachzuholen (welche schon längst auf dem Weg waren), da kam dann Göring und seine Großkotzigkeit ins Spiel.
Es war sicherlich eine Eigendynamik, welche sich nach Sedan entwickelte, aber diese Dynamik war elementarer Bestandteil des Sichelschnittplans gewesen und kein Zufall und der Haltbefehl hat viele Väter letztlich! Rundstedt hat es mit verbockt, aber nicht alleine und schon gar nicht als Auslöser! Ein OKH (das OKW war eh nur Theater) mit mehr Rückgrat und Verständnis für die moderne bewegliche Kriegsführung hätte jeden Haltbefehl unterbunden, egal wie dolle Rundstedt Bauchschmerzen hat oder nicht und egal wie gut sich Brauchitsch und Rundstedt leiden können oder nicht!

@ Radarkrieg
Ich muss hier Spee ein wenig Recht geben in der Sache!
Ich sagte ja bereits, dass es meiner Meinung nach weitaus sinnvoller ist, selber aktiv nach feindlichen Flugzeugen (= Hauptbedrohung der U-Boote) zu suchen, als nur vor feindlicher Erfassung gewarnt zu werden. Das hat auch nichts mit nachträglichem Wissen zu tun, hinsichtlich der Tatsache, dass die Warngeräte auf dem falschen Band suchten, sondern einfach mit dem Punkt, dass wenn ein U-Boot ,,Pie mal Daumen" schon in ca. 20km Entfernung vor alliierten Flugzeugen gewarnt wird, es einfach wegtauchen kann, wenn es näher kommt.
Ob es ein brauchbares gerät gab lasse ich mal dahingestellt, aber das Hohentwiel U war ja gut genug um auf eben 20km etwas zu sehen. Man kann jetzt natürlich sagen, das war aber erst 1943 da oder so (oder gar 1944?), aber wäre die Entwicklung nicht schneller möglich gewesen?
Aber das ist meine persönliche Ansicht und wie gesagt, der Radarkrieg + Atlantik ist nicht mein ,,Ding" ....

mfg
Christian  :-)
Verrückt und tollwütig ist er sagen Sie? Dann hoffe ich, er beißt meine anderen Generäle!

König Georg von England als Reaktion auf das fortwähende Mobbing gegen General Wolfe im Jahr 1759

Big A

[quote
Zitat
Aus dem Unterricht zur Taktischen Navigation...
Muß man nach Aufklärung eines Konvois durch Radar den gegnerischen Kurs und Geschwindigkeit sofort wissen? Wenn das aufklärende UBoot nachdem der Konvois aufgeklärt wurde darauf zuhält ist, bei der geringen Geschwindigkeit der Konvois genügend Zeit vorhanden diesen, aus nährerer Entfernung zu ermitteln[/quote]
Wenn ich darauf zuhalte kann ich auch recht schnell entdeckt werden, zumal im späteren Kriegsverlaugf die Konvois ja auch aus der Luft geschützt wurden. Ein auf einen Konvoi zufahrendes U-Boot an der Wasseroberfläche wird sicher schnell gesichtet. Außerdem muss auch ein optisch gesicheter Konvoi muss eine ganze Weile beobachtet werden, um bei den üblichen Zick-Zack-Kursen den wahren Grundkurs extrahieren zu können.

Zu Punkr b kann ich mangels Fachkenntnis leider keine Angaben machen

Axel
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Q

Soweit ich weiss waren die deutschen, damit meine ich die Firma Telefunken, die so ziemlich das Monopol hatte, nicht in der Lage ein funktionierendes Hohlleiter Magnetron zu bauen. Ob dies irgendwie in einem Paralleluniversum moeglich gewesen sein koennte haengt meiner Ansicht nach sehr stark davon ab, das es eine gesunde Konkurenz in Deutschland gegeben haette, und das die "jüdische abstrakte Physik" zugelassen wird. Also keine GWB eingefuehrt wird. Also auch kein Nazitum wie in Realitaet. Dadurch vielleicht auch kein Krieg???

Fuehrt viel zu weit, aber so ist das mit What If, wie Bernd im Spee Threat ja auch schrieb.

Don't Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Spee

Da bin ich als Un-Physiker überfragt, ob das Hohlleiter- dem Vielschlitz-Magnetron entspricht? Wenn ja, dann lag das Patent bei den Deutschen, siehe Hans Erich Hollmann.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Q

@ Spee es geht aber nicht darum welcher Nation der Patentinhaber angehoert, sonnst haette mit Huelsmeyer Deutschland als erstes ein voll ausgereiftes RADAR haben muessen, sondern wie dieses technische Fachwissen im Kriege umgestzt wurde.

Don't Panic
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St.Ex

Schorsch

#128
Hallo zusammen,

wenn ich die Diskussion richtig verfolgt habe, geht es inzwischen darum, ob ein aktives Radar geeignet wäre, einem U-Boot des zweiten Weltkrieges Schutz vor gegnerischen Luftangriffen zu bieten. Dazu folgende Überlegungen:

ZitatOriginal von Spee:
...Ein Funkspruch ist ein deutlich stärkerer Impuls, der über hunderte Kilometer reichen soll. Hier geht es um ein Radargerät, welches den Raum von 20km absuchen soll, um eine Vorwarnung hauptsächlich gegen Flugzeuge zu geben.
Die Sendeleistung eines Radars liegt in Größenordnungen über den Werten, die ein KW-Funksender erreicht (als Beispiele: FuMO 61 mit 40 kW bei 556 MHz, T200FK39 mit 200 W bei 3..23 MHz, beide Geräte beim Typ XXI installiert). Die größere Reichweite der langwelligeren Funkwellen liegt in Beugungsphänomenen und Reflexionen an der Ionosphäre begründet.
Für eine brauchbare Vorwarnung müsste das U-Boot-Radar dauerhaft in Betrieb sein und böte damit wieder eine Möglichkeit für ASW-Kräfte, ESM-Technologie einzusetzen.

ZitatOriginal von Spee:
Das wussten die "Sunderlands" etc. so oder so. Die hatten ihr Radar an und die deutschen U-Boote auf dem Schirm. Damit ist es doch grundsätzlich egal, ob das deutsche U-Boote Radar an haben.

ZitatOriginal von Spee:
Aktive Geräte haben zudem den Vorteil, dass man ihre Leistung variieren kann. Diesen Punkt haben sich die Alliierten zu Nutze gemacht und damit deutsche passive Geräte genarrt. Ein schwaches Signal auf einem passiven Gerät vermittelt den Eindruck eines entfernten Senders. Im Anflug auf das U-Boot wurde die Leistung des ASW-Radars deshalb ständig herabgesetzt, um dem deutschen passiven Gerät einen sich nicht nähernden Kontakt zu vermitteln. Dieses Vorgehen wäre bei einem aktiven Gerät auf einem U-Boot ohne Effekt.
Die Reichweite des ASV-Radars Mk. II (1,5 m Wellenlänge) gegen ein aufgetauchtes U-Boot liegt unter günstigsten Bedingungen bei ca. 12 sm, nominal wurde mit 5 sm gerechnet. Dagegen werden für das FuMB Ant. 3 ,,Bali I", (3,0..0,75 m Wellenlänge) z.B. bei Trenkle Reichweiten von 30..40 km angegeben. Für die 9 cm-Geräte der ASV Mk. III habe ich keine direkte Reichweitenangabe finden können, lediglich, dass ein mit ,,Schornsteinfeger" getarnter Schnorchelkopf eines Typ XXI-Bootes auf 5 km geortet werden konnte. Für das FuMB 61 ,,Tunis" werden aber Wirkungsreichweiten von 25..50 km angegeben.
Das heißt letztendlich, dass in puncto Reichweite die passiven Systeme den aktiven überlegen sind. Auch die Taktik, die Sendeleistung sukzessive zu verringern, um einen Anflug zu verschleiern, würde, unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, zum Scheitern verurteilt sein.

ZitatOriginal von Big A:
und die Sunderlands haben sich auch dadurch "verraten", wobei die ersten Radarwarner der KM nicht sooo doll waren, haben sich sogar z.T. durch Eigenstrahlung verraten
Die deutschen FuMB waren schon in Ordnung, arbeiteten aber in den falschen Wellenbereichen. Um es noch einmal zu erwähnen, die U-Bootsverluste in der Biskaya gingen z.B. unmittelbar nach der Einführung des FuMB 1 signifikant zurück. Erst der deutscherseits nicht erkannte Wechsel der verwendeten Radar-Wellenlängen von 1,5 m auf 9 cm ließ den Gebrauchswert dieses Gerätes sinken.
Die erwähnte Eigenstrahlung der Geräte wurde von den Alliierten nicht zum Einpeilen genutzt. (Siehe dazu auch den nachfolgend verlinkten Ausschnitt aus A. Bauer: ,,Funkpeilung als alliierte Waffe gegen deutsche U-Boote 1939 – 1945". --/>/> Link)
(In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf den Fakt aufmerksam machen, das die geringe Eigenstrahlung eines ESM-Empfängers als Grundlage einer Peilung durchaus akzeptiert zu sein scheint, während die Möglichkeit bzw. Gefahr einer Einpeilung aufgrund des Einsatzes von Radar als lässliche Sünde abgetan wird.)

ZitatOriginal von mhorgran:
Funkmeß wurde doch in der ersten Kriegsphase bei mehreren Ausbruchsunternehmungen von Scharnhorst / Gneisenau erfolgreich, zur Gegnervermeidung, eingesetzt.
Allerdings ist bei diesen großen Pötten, die mit einer ungleich stärkeren Fla-Bewaffnung und einem wesentlich ,,dickeren Fell" als ein Typ VII C ausgerüstet sind, eine völlig andere Situation gegeben, wenn hier ein Luftangriff erfolgen würde.

Um es abschließend noch einmal zu betonen: die stärkste Waffe eines U-Bootes ist, dass dem Gegner die Anwesenheit des Bootes nicht oder erst sehr spät bekannt wird. Und das lässt sich nur erreichen, wenn der Gebrauch aktiver Systeme möglichst vermieden wird.
Um dieser Meinung noch etwas mehr Gewicht zu geben, sei noch erwähnt, dass z.B. E. Möller, der ja mit der deutschen U-Bootentwicklung in der Zeit zwischen den Weltkriegen sehr hart ins Gericht geht (siehe z.B. ,,Kurs Atlantik"), bei der elektronischen Ausrüstung der Boote nicht das Fehlen eines aktiven Radars bemängelt, sondern dass die Ausrüstung der Boote mit FuMB in den entsprechenden Wellenlängenbereichen zu spät erst im Laufe des Krieges erfolgte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Q

Ging es im Eingangspost nicht darum, ob das Radar von der KM zur Auffindung von Geleitzuegen verwendet werden sollten? Um Eigenschutz vor der RAF bzw. Costal Command ist ja jetzt erst neu dazu gekommen. Vor diesen Angriffen koennen sich die U-Boote nur durch dauerhaftes Aktivradar schuetzen.

Schrieb ja auch schon Schorsch.

Don't Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Matrose71

ZitatGing es im Eingangspost nicht darum, ob das Radar von der KM zur Auffindung von Geleitzuegen verwendet werden sollten? Um Eigenschutz vor der RAF bzw. Costal Command ist ja jetzt erst neu dazu gekommen. Vor diesen Angriffen koennen sich die U-Boote nur durch dauerhaftes Aktivradar schuetzen.

Schrieb ja auch schon Schorsch.

Sehe ich anders! Er schrieb das Gegnteil, nämlich passive Empfänger wären optimal!

ZitatUm es abschließend noch einmal zu betonen: die stärkste Waffe eines U-Bootes ist, dass dem Gegner die Anwesenheit des Bootes nicht oder erst sehr spät bekannt wird. Und das lässt sich nur erreichen, wenn der Gebrauch aktiver Systeme möglichst vermieden wird.

Außerdem glaube ich, dass das ganze Thema Tauchboote und Radar analog zu den amerikanischen Tauchbooten im Pazifik mit aktiven Sensoren für die deutsche Atlantikschlacht eine absolute Sackgasse ist!
Man kann die Gegner und ihre Technologie überhaupt nicht miteinander vergleichen.
Die XXI Boote waren der einzig richtige Schritt!

Selbst wenn deutsche Tauchboote um 1943 über die Besten aktiven und passiven Sensoren verfügt hätten, wäre die Schlacht genauso ausgegangen.
Das Funkeinpeilen bleibt bestehen, Asdic nicht ausgeschaltet, die Allierten haben auch Radar, dass alles würden deutsche aktiv und passiv Sensoren nicht verhindern! Die versenkten U-Boote durch Flugzeuge würde wohl massiv zurückgehen, dass würde dann halt nur mehr Arbeit für die Allierten U-Jagdgruppen bedeuten! Und sobald ein deutsches Tauchboot 1943 von einer U-Jagdgruppe erfaßt wurde, war das fast der sichere Tod.

Auch kann ich die ganze Diskussion über Konvoiaufklärung mittels aktiver Systeme nicht so ganz verstehen. Das passiv Sonar der XXI Boote konnte Geleitzüge je nach Größe zwischen 40-80sm orten.

Für mich sind aktive Systeme auf U-Booten, wenn überhaupt nur zur Luftraumüberwachung sinnvoll, wenn das Boot aufgetaucht ist, aber auch das birgt erhebliche Gefahren wie Schorch schon beschrieben hat.
Viele Grüße

Carsten

Thoddy

ZitatFunkmeß wurde doch  in der ersten Kriegsphase bei mehreren Ausbruchsnternehmungen von Scharnhorst / Gneisenau erfolgreich, zur Gegnervermeidung, eingesetzt. Sind keine Aufzeichnungen bekannt wie die Geräte eingesetzt wurden?

Solange ein Gegner in den Frequenzbereichen der aktiven Suchtechniken/Informationsübermittlingstechniken "blind" ist, kann man diese selbstverständlich ungestraft nutzen.

Ansonsten kann dieser jede aktive Energieabstrahlungen zur eigenen Informationsgewinnung nutzen.
Es ist taktisch grundsätzlich vorteilhaft zu wissen, wo sich ein gegnerisches Objekt aufhält.
Die ableitbaren Senderinformation kann man gezielt nutzen um den potentiellen Wirkungsbereich zu meiden oder in dem potentiellen Ziel angemessener Stärke anzugreifen.

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Mandelus

Zitat von: Q am 26 Oktober 2010, 14:58:14
Ging es im Eingangspost nicht darum, ob das Radar von der KM zur Auffindung von Geleitzuegen verwendet werden sollten? Um Eigenschutz vor der RAF bzw. Costal Command ist ja jetzt erst neu dazu gekommen. Vor diesen Angriffen koennen sich die U-Boote nur durch dauerhaftes Aktivradar schuetzen.

Schrieb ja auch schon Schorsch.

Don't Panic

Im Eingangspost ging es darum, warum die die Deutschen (im Vergleich zu dem Amerikanern im Pazifik) kein aktives Suchradar verwendeten/ entwickelten um den Feind (Luft und See) frühzeitig zu sichten statt nur / überwiegend Warngeräte zu verwenden (die eh kaum funktionierten aus anderem Grund, Stichwort falsche Suchfrequenz, was wir ja schon hatten, was aber natürlich die Deutschen nicht wussten damals) ... das war meine Kernfrage:

"Warngeräte schön und gut, aber wieso kein eigenes vollwertiges Radar entwickeln um den Feind früh genug zu sichten?"

Hinsichtlich des Sichtens feindlicher Schiffe und Konvois hat man mich hier schon überzeugt, was die Abstrahlung und Ortung usw. amgeht, hinichtlich feindlicher Flugzeuge aber gar nicht. Wenn ich als U-Boot Kommandant etwas auf rund 20km Entfernung in der Luft mit dem Radar ausmache, was auch noch vom Kurs her gefährlich ist, dann mache ich die Luke auf dem Turm zu und geh unter Wasser, so schnell wie möglich. Da spielt es für mich auch meiner Meinung und Ansicht nach keine Rolle, ob das feindliche Flugzeug mich wegen meiner Radarstrahlung erst gefunden hat. Grund: Abgesehen davon, dass das Flugzeug eh eigenes Radar einsetzt und mich dadurch sowieso findet (was den Deutschen bekannt war), sind 20km genug um mich unter Wasser in Sicherheit zu bringen und dem feindlichen Flugzeug eine lange Nase zu zeigen, denn sobald der Turm tiefer im Wasser ist oder gar unter Wasser ist, hat es keinen Radarkontakt mehr und muss "mit den Augen gucken", was je nach See der Suche nach der Nadel im Heuhaufen entspricht, eher schlimmer.
Aber das ist nurmeine Meinung.  :-)
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König Georg von England als Reaktion auf das fortwähende Mobbing gegen General Wolfe im Jahr 1759

Schorsch

#133
Hallo Christian,

ZitatOriginal von Mandelus
dann mache ich die Luke auf dem Turm zu und geh unter Wasser, so schnell wie möglich
das Problem, das Du aber in nächster Zukunft haben wirst, ist, das Turmluk wieder auf zu bekommen. In dem Moment, wenn Du auf dem Geräten des Gegeners auftauchst, wirst Du gejagt werden. In welcher Form das passieren könnte, zeigt z.B. die Versenkung von U 615 unter Ralph Kapitsky. Am 28.07.1943 griff er den holländischen Frachter ROSALIA in der Karibik an und versenkte das Schiff. Damit war die alliierte U-Boot-Abwehr geweckt und versenkte am 07.08.1943 das Boot. (Der Stich ins Hornissennest ist eine schöne Metapher, die sich diesbezüglich zur Beschreibung eignet.) Während dieser Woche verschwand Kapitsky zwar mehrfach von den Schirmen, schoss einige der angreifende Flugzeuge ab, unterlag aber schließlich der gegenerischen Übermacht.
Und selbst wenn zunächst noch keine Versenkung des U-Bootes erreicht würde, würde der Schiffsverkehr im betreffenden Seegebiet gestoppt oder um das verdächtige Gebiet herumgeleitet.
Da die Japaner offensichtlich nicht in der Lage waren, in den pazifischen Gewässern eine umfassende Luftüberwachung aufrecht zu erhalten, konnten die US-Boys mit ihren U-Booten, ihrer Einsatzdoktrin und ihrer Art der Radar-Nutzung in diesen Gewässern Erfolge erzielen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Götz von Berlichingen

Zitat von: Mandelus am 26 Oktober 2010, 11:30:36
@ Götz von Berlichingen

ZitatDas ist eine  Legende, an der nichts dran ist. Die He 280 und auch die He 219 hatten von Anfang an ein Bugradfahrwerk.

Das ist aber dann eine Legende, die du in verdammt vielen Büchern findest, was das fehlende Bugrad am Anfang angeht

Das fehlende Bugrad bei den ersten Prototypen der Me 262 ist keine Legende. Die Legende ist, daß Hitler die angeblich ursprünglich vorgesehene Verwendung eines Bugradfahrwerks mit der Begründung verboten habe, dies sei eine "amerikanische Erfindung". Und wenn diese Mär "in verdammt vielen Büchern zu finden" ist, so liegt dies vermutlich daran. daß da eben, wie üblich, der eine vom anderen abgeschrieben hat.

Zitat von: Mandelus am 26 Oktober 2010, 11:30:36Unter anderem hat das Messerschmidt das selber gesagt, in einem Buch vom Motorbuchverlag (welches weiß ich jetzt nicht mehr).

Der hat so manches gesagt, u.a. Hitler habe ihn praktisch gezwungen, die Me 262 als Bomber zu bauen. Wie es sich wirklich abgespielt hat, hat Jurleit unter Heranziehung der entsprechenden Besprechungsprotokolle nachgewiesen.

Zitat von: Mandelus am 26 Oktober 2010, 11:30:36Klar, Gegenargument: er schob sein eigenes Versagen einfach Hitler in die Schuhe. Wenn ich mich aber recht erinnere, gibt es dafür aber noch weitere Zeugen

Vermutlich Galland. Doch dessen Nachkriegsauslassungen sind hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit mit äußerster Vorsicht zu genießen. In einem anderen Fall wurde er als dreister Lügner überführt.

Zitat von: Mandelus am 26 Oktober 2010, 11:30:36Doch, das mit Hitlers Entscheidung ist, wie bereits gesagt, in vielen Büchern zu finden!

Nur weil etwas "in vielen Büchern zu finden ist", muß es deswegen noch lange nicht stimmen.

Zitat von: Mandelus am 26 Oktober 2010, 11:30:36
ZitatAuch daran ist nichts dran. Die Sache hatte hauptsächlich Rundstedt verbockt, der sich darüber ärgerte, daß der dienstjüngere ObdH v. Brauchitsch seinen Haltebefehl wieder aufhob und auf "stur" schaltete. Nicht gerade der geeignete Zeitpunkt und Ort für solch alberne Kompetenzstreitigkeiten.

Ausführlich dargestellt bei Oberst Dr. Karl-Heinz Frieser (MGFA), Blitzkrieg-Legende: Der Westfeldzug 1940, Oldenbourg, München 2005, S. 363 ff.

Oh oh oh Götz, ganz schlechte Aussage aus dem fehlenden Zusammenhang von dir und ganz schlechte Quelle (in der Sache was den Haltbefehl und die Beurteilung des Feldzuges angeht, nicht grundsätzlich), die du angibst!
Beim Krieg in Europa interessieren mich nur der Polenfeldzug und der Westfeldzug, aber da so richtig von A bis Z mit einem Literaturbestand, der hier locker der maritimen Literatur in nichts nachsteht!

[...]

Fakt ist, dass Rundstedt als Befehlshaber der Heeresgruppe A seit dem geglückten Übergang bei Sedan usw. schwer Bauchschmerzen hatte wegen der ungeschützten linken Flanke. Mit diesen Bauchschmerzen traf er auf offene Ohren beim OKH und OKW und insbesondere bei Hitler, die einfach nicht begreifen wollten, was sie selber erreicht hatten mit ihrem Plan.
Der Sichelschnitt und der Durchbruch bei den Ardennen war genauso geplant wie er geschah (Kleinigkeiten mal beiseite) und sowohl der denkende Kopf des Plans –Manstein-, als auch die ausführenden Köpfe wie Guderian und andere haben das alles auch vollkommen verstanden, doch nicht die Herrschaften über ihnen.
Immer wieder wird, auch in dem von dir zitierten Werk, auf die Kämpfe beim Dorf Stonne als Beweis hingewiesen, wie recht sie doch hatten und wie viel Glück, dass die Franzosen so dilettantisch waren. Das ist mit Verlaub absoluter Quatsch! Die deutsche Flanke war zu keinem Zeitpunkt ernsthaft bedroht, selbst wenn die Franzosen sich schlauer angestellt hätten. Da war die komplette 10. Panzerdivision und das verstärkte Infanterieregiment ,,Großdeutschland" (eigentlich eine Halbdivision) und in der nähe noch weitere Kräfte welche umgelenkt werden konnten.
Nein, die ganze Zeit über gab es immer wieder Haltbefehle, weil man wegen der Flanke Befürchtungen hatte, zu Unrecht letztlich, weil man einfach das System ,,oben" nicht kapierte! Das zeigte sich schon im Polenfeldzug und in den Köpfen waren Entfernungen immer noch nur die, welche eine Infanteriedivision als Tagesleistung hat. Guderian und Kleist stießen ja wegen der Haltbefehle und angezogenen Handbremse mehr als heftig aneinander ... und Kleist stand nur zwischen Guderian (der die wirkliche Lage erkannte) und Rundstedts Bauchschmerzen.
Rundstedts Ärger mit Brauchitsch hat damit nahezu nichts zu tun, ferner spielt hier Franz Halder auch noch eine gewichtige Rolle und der ewige ,,Ja mein Führer Sager" Keitel ebenso. In diesem Zwist und in dieser Unsicherheit der Führung, welche weiter unten nur nervte, die dann in dem Haltbefehl vor Dünkirchen endete um die Truppen nachzuholen (welche schon längst auf dem Weg waren), da kam dann Göring und seine Großkotzigkeit ins Spiel.

Ein Plan ist die eine Sache, was der Gegner zuläßt, die andere. Der abgewandelte Schlieffenplan 1914 war auf dem Papier auch ganz prima. Da kann man jetzt auch sagen, "war genauso geplant wie es dann (nicht) geschah". Haben Moltke und Konsorten nur Schlieffen nicht richtig verstanden?

Man kann heute in dem Wissen, daß alles gutgegangen ist, sehr leicht über die damalige "Flankenangst" lächeln, jedoch war dieser Feldzug der erste, wo diese Panzertaktik gegen einen starken Feind (das frz. Heer galt damals als das stärkste der Welt und die Engländer waren auch nicht zu unterschätzen) durchgeführt wurde. Was einem bei zu forschem Vorprellen drohen konnte, hat Manstein den Sowjets im Frühjahr 1943 in der Ukraine und Model im August 1944 ostwärts Warschau gezeigt.

Es gab bekanntlich zwei Haltebefehle; der erste von Kleist am 16.5. und der zweite vom 23.5. abends. Entgegen Deinen Darlegungen haben der Chef d. GenSt Halder und der ObdH v. Brauchitsch nicht gebremst, die Bremser waren das HGrKdo A (OB v. Rundstedt, Chef v. Sodenstern) und teilweise auch v. Kleist. Unterstützung fanden sie bei Hitler, der die Nerven verloren hatte.

Gerade der von Dir geschmähte Halder hatte das Gebot der Stunde erkannt:

"Auch Halder, der von allen Generalen den besten Überblick hatte, notierte sowohl  am 23. wie am 24. Mai, daß sich die Lage "durchaus zufriedenstellend" entwickle. Er erklärte mehrmals, daß kein ernsthafter Gegenangriff, auch nicht von Süden, zu erwarten sei und betonte: "An der Somme keine Gefahr". [...]

General Halder mokierte sich lediglich ǘber Kleist, der "sich der Aufgabe nicht voll gewachsen" fühle und relativierte die Risiken angesichts der "Größe der gestellten Aufgabe". Auch die Ausfälle an Panzern, die - wie noch aufzuzeigen ist - keineswegs so dramatisch waren, ließ er nicht als Hinderungsgrund gelten." [Frieser, a.a.O., S, 365 f.]


Ebenso lag v. Brauchitsch richtig, im Gegensatz zu Deinen Behauptungen, wonach das OKH (v. Brauchitsch, Halder) die Hauptschuldigen gewesen sein sollten:

"Der "Aufschließ-Befehl" des Oberkommandos der Heeresgruppe A stand im Widerspruch zur Grundidee des "Sichelschnitts" und löste heftige Gegenreaktionen aus. In der Nacht vom 23. auf den 24. Mai erreichte die Kontroverse innerhalb der Generalität eine neue Eskalationsstufe durch das Eingreifen des Oberkommandos des Heeres. Brauchitsch und Halder sahen einen "Hemmschuh" im konservativ eingestellten Oberkommando der Heeresgruppe A [Rundstedt, Anm. GvB]. [...] Doch Rundstedt und sein Generalstabschef Sodenstern waren typische Vertreter der "alten Schule" und taten sich nicht gerade als Vorkämpfer des modernen "operativen Bewegungskrieges" hervor." [Frieser, a.a.O., S. 367 f.]


Brauchitsch entzog Rundstedt mit Wirkung vom 24.5., 20 Uhr, das Kommando über die 4. Armee mit allen Panzerdivisionen und unterstellte sie der HGr B (von Bock). Rundstedt sollte sich nur noch um den Flankenschutz an der Somme kümmern und die an der Einkreisungsschlacht beteiligten Verbände sollten einheitlich v. Bock unterstellt werden.

Hitler besuchte an diesem 24. Mai das H.Gr.Kdo. A und erfuhr dort von Rundstedt, daß diesem ohne Hitlers Wissen und Genehmigung die Panzerverbände vom OKH entzogen worden waren. Der empörte Hitler, der sich übergangen fühlte, machte auf der Stelle die Anordnung des OKH rückgängig und

"stimmte der pessimistischen Lagebeurteilung Rundstedts 'voll und ganz zu', da sie sich 'ganz mit seinen Gedanken decken' würde. Um 12:45 Uhr wurde vom Oberkommando der Heeresgruppe A der berühmte "Halt-Befehl" von Dünkirchen erlassen. [...]

Rundstedt versuchte später, alle Schuld auf Hitler zu schieben, als ob dieser ihm den "Halt-Befehl" aufgezwungen habe. Diese beispielsweise auch von Blumentritt verbreitete Legende wurde in der Geschichtsschreibung vor allem durch Lidell Hart propagiert. In Wirklichkeit bedeutete der "Halt-Befehl" lediglich die Bestätigung und Fortschreibung des bereits am Tag zuvor von Rundstedt angeordneten "Aufschließ-Befehls", der ursprünglich allerdings nur für den 24. Mai hatte gelten sollen. [...]

Auch Hitler plädierte für ein zumindest vorübergehendes Anhalten der Panzer. Doch was die Einzelmaßnahmen, vor allem die Zeitdauer des Anhaltens, anbelangte, so überließ er ausdrücklich Rundstedt die Handlungsfreiheit, wie der Heeresadjutant des Führers, Major Engel, voller "Überraschung" feststellen mußte. Auch Generalmajor Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsamtes im Oberkommando der Wehrmacht, schrieb hierzu am 25. Mai in sein Tagebuch:

"Führer [...] überläßt Entscheidung d. H.Gr. A" [BA-MA, RW 4/32, S. 55]

Letzte Gewißheit gibt das Kriegstagebuch der Heeresgruppe A, in dem es hierzu heißt, daß Hitler dem Generalobersten v. Rundstedt "ausdrücklich die Art der Durchführung der Kämpfe der 4. Armee überlassen hat" [BA-MA, RH 19 I/37, Bl. 143 (25. Mai)]"

[...]

Der "Halt-Befehl" von Dünkirchen wurde allgemein als eine derartige Absurdität angesehen, daß es eigentlich kein Problem darstellen konnte, Hitler mit Hinweis auf die katastrophalen Folgen zum Einlenken zu bewegen. Generaloberst v. Brauchitsch wurde noch am späten Nachmittag des 24. Mai zu ihm 'bestellt' und hatte somit Gelegenheit, ihn von der Irrationalität dieser Maßnahme zu überzeugen. Doch die 'recht unerfreuliche Aussprache' entwickelte sich völlig anders. Der 'Führer' kam erst gar nicht auf die angehaltenen Panzer zu sprechen, sondern drängte Brauchitsch sofort in die Defensive. Hierbei machte er ihm heftige Vorwürfe wegen seines eigenmächtigen Vorgehens gegen Rundstedt [...]. Er sprach dem Oberbefehlshaber des Heeres das Recht ab, selbständig über den Einsatz der Armeen zu verfügen und machte für die Zukunft jede Änderung eines Unterstellungsverhältnisses von seiner persönlichen Entscheidung abhängig. [...]

Während der Oberbefehlshaber des Heeres offenbar resignierte, sann sein Generalstabschef auf einen Ausweg. Zusammen mit dem Chef der Operationsabteilung, Oberst i.G. v. Greiffenberg, entwickelte er eine Idee, wie man den Halt-Befehl umgehen konnte. Sie schickten an die Heeresgruppen A und B folgenden Funkspruch:

"In Erweiterung der Anordnungen des OKH-Befehls vom 24.5.40 [...] wird Fortsetzung des Angriffs bis zur Linie Dünkirchen - Cassel - Estaires - Armentières - Ypern - Ostende freigegeben [...]" [HGr A, Anl. 37 zum KTB, BA-MA, RH 19 I/38, Bl. 97; vgl. auch HGr B, KTB, BA-MA, RH 19 II/72, S. 92]

Das entscheidende Wort lautete "freigegeben", während der Ausdruck "befohlen" mit Absicht vermieden wurde. Außerdem bedeutete die teilweise Abänderung der bisher angeordneten Haltelinie keine generelle Aufhebung des Halt-Befehls. Halder verfolgte damit folgenden Hintergedanken: Das Oberkommando der Heeresgruppe A würde diese vage formulierte Weisung auf dem normalen Befehlsweg an die "Panzergenerale" weiterleiten, deren Vorwärtsdrang in dieser Situation ohnehin kaum zu bremsen war. Alles andere schien eine Frage der "Auftragstaktik" zu sein. Von der Heeresgruppe B wurde dieser Wink sehr wohl verstanden. Sie sah darin für die südlich des Kessels stehende 4. Armee "die Möglichkeit, näher an Dünkirchen heranzugehen, um den sich dort ständig abwickelnden Schiffsverkehr zu unterbinden." [HGr B, KTB, BA-MA, RH 19 II/72, S. 92] [Frieser, a.a.O., S. 368 ff.]

Doch nun ereignete sich etwas, was nach den Worten von Hans-Adolf Jacobsen "fast beispiellos in der neueren deutschen Kriegsgeschichte" ist. Generaloberst v. Rundstedt weigerte sich, diese Weisung des Oberkommandos des Heeres weiterzuleiten. Der Vorgang erscheint derart unglaublich, daß die entsprechende Eintragung im Kriegstagebuch der Heeresgruppe A zitiert werden soll:

"Um 0:45 Uhr geht fernmündlich eine neue Weisung des O.K.H. ein, die für die Fortsetzung des Angriffs am 25.5. auch das Überschreiten der Kanallinie durch die Gruppe von Kleist freigibt. Sie wird nicht an die 4. Armee weitergegeben. Der O.B. [Rundstedt], dem der Führer ausdrücklich die Art der Durchführung der Kämpfe der 4. Armee überlassen hat, hält es für dringend geboten, die mot. Gruppen erst einmal in sich aufschließen zu lassen, wenn man sie überhaupt weiter vorgehen lassen will." [BA-MA, RH I/37, Bl. 143]

Die erste Stunde des soeben angebrochenen 25. Mai wurde zu einer "Schicksalsstunde" des Westfeldzuges. Rundstedt hätte es in der Hand gehabt, die Operation "Sichelschnitt" zu einem völlig anderen Ende zu führen, mit katastrophalen Folgen vor allem für die Briten. Doch er weigerte sich starrsinnig, seine bisherige Lagebeurteilung zu korrigieren.
Dem späteren Generalfeldmarschall v. Rundstedt ist nach dem Kriege von seinen ehemaligen angelsächsischen Gegnern viel Respekt entgegengebracht worden. Eisenhower würdigte ihn als "the ablest of the German generals" und Montgomery erklärte: "Rundstedt is the best German general I have come up against". Für die Operation "Sichelschnitt" jedoch gilt es festzustellen, daß gerade Rundstedt dazu beitrug, sie durch sein ständiges Abbremsen um den eigentlichen Erfolg zu bringen. [...]

Am Morgen des 25. Mai sprach Brauchitsch auf Drängen von Halder ein weiteres Mal bei Hitler vor und beantragte erneut, mit den Panzern Richtung Dünkirchen vorstoßen zu dürfen. Doch er mußte schon wieder eine Zurückweisung hinnehmen. Jodl schrieb hierzug lapidar:

"Führer ist dagegen, überläßt Entscheidung d. H.Gr. A. Diese lehnt es vorerst ab, da Panzer sich erholen sollen, um für Aufgaben im Süden bereit zu sein." [BA-MA, RW 4/32, S. 55]

Eine Eintragung im persönlichen Kriegstagebuch Halders, der seinen Vorgesetzten unmittelbar nach dessen Rückkehr erlebte, läßt erkennen, daß diesem nun offenbar das Rückgrat gebrochen war. Eine derartig herabwürdigende Behandlung hatte in diesem Krieg bislang noch kein General über sich ergehen lassen müssen. Der Oberbefehlshaber des Heeres war in der wichtigsten Phase der Operation nicht mehr Herr seiner Entscheidungen, sondern auf die Gnade eines seiner Heeresgruppen-Oberbefehlshaber angewiesen, der ihn auch noch brüsk zurückwies. [...]

Rundstedt grollte dem Oberkommando des Heeres, das ihm die Panzer hatte wegnehmen wollen. Entgegen jeder operativen Logik hielt er - aus Prinzip - viel zu lange am "Halt-Befehl" fest. Auch seine Kommandierenden Generale konnten ihn vorerst nicht von seinem Starrsinn abbringen. Erst am Vormittag des 26. Mai, als es längst zu spät war, begann Rundstedt allmählich nervös zu werden. Er hielt es "offenbar nicht mehr aus" und fuhr an die Front zu Kleist und Hoth, die beide heftig auf eine Freigabe der Bewegung drängten. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als Hitler von der neuen Entwicklung der Lage in Kenntnis zu setzen, worauf dieser - seinem Vorschlag entsprechend - um 13:30 Uhr den "Halt-Befehl" wieder aufhob." [Frieser, a.a.O., S. 368 ff.]

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