dt. leichte Kreuzer 1930er Jahre: Längsspant-Querbänder-Bauweise

Begonnen von Corvus, 24 Januar 2011, 08:42:18

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Corvus

Hallo,

ich habe gelesen, bei dem lt. Kreuzer Emden (1925) und den Folgebauten wurde eine Längsspant-Querbänder-Bauweise verwendet.

Was ist der Unterschied zur tratitionellen Bauweise?
Warum wurde sie bei späteren Kreuzerbauten wieder aufgegeben?
Und wird diese Bauweise heute noch irgendwo angewannt?


bodrog

Hallo Corvus,

bis zur Magdeburg-Klasse 1912 gab es nur das Querspantsystem. Das war wohl relativ einfach zu bauen, aber die Kleinen Kreuzer besaßen bis dahin auch nur ein gewölbtes Panzerdeck (ähnlich einer Glocke) und keinen Seitenpanzer. Wegen der größeren Kaliber (15cm in GB) verlangte man ab Magdeburg einen Wasserlinien-Seitenpanzer. Dieser mußte, damit die Schiffe nicht zu groß wurden, in die Außenhaut eingearbeitet werden. Mit einem Querspantsystem wäre das Schiff zu schwer geworden und deswegen entwickelt das K-Amt (Marine-Oberbaurat Hans Bürkner) ein neues Längsspantsystem, wobei die Außenhaut selbst zum Träger der Schiffsfestigkeit wurde. Die Querfestigkeit wurde nur durch die Kollisionsschotten sichergestellt. Diese Anordnung wurde bis zur Cöln-II-Klasse durchgehalten.
Warum ausgerechnet Emden, die ja nun linienmäßig der Cöln-II-Klasse sehr ähnelte, ein Längsspant-Querbänder-System erhalten haben soll, kann ich dir nicht sagen. :? Ich dachte es wäre eine modifizierte Längsspantbauweise. Es mag möglichweise mit der Schweißung (bei Breyer/Marine-Arsenal habe ich mal was von einfachen Winkel-Profilen - andere waren wegen der Ruhrbesetzung nich beschaffbar) gelesen.

Wir haben im Forum Experten, die sich wesentlich besser mit Schiffbau auskennen... Ich bin auch interessiert.

MfG

Ulli

109

Hi,

die Längs- (und Querspanten)bauart wurde - nach meinem Kenntnisstand - das erstemal bei der GREAT EASTERN angewandt. In der dt. Marine wurde dieses Bauprinzip auf alle Fälle bis zur Bismarck-Klasse beibehalten. Im heutigen Marineschiffbau kenne ich mich nicht so detailiert aus.

Der Schiffskörper von Kriegsschiffen weist für die Festigkeit einige nachteilige Besonderheiten auf: Die Rümpfe haben eine große Länge (um die gewünschten Geschwindigkeiten zu erzielen) und gleichzeitig eine geringe Höhe, um das Panzergewicht zu minimieren. Im Falle von BISMARCK Länge KWL 241 m, Breite Hauptspant 36 m, Höhe Hauptspant 15 m. Betrachtet man den Schiffskörper vereinfacht als Träger so berechnet sich das Widerstandsmoment W = 1/6 bh², d.h. die Höhe geht quadratisch in das Widerstandsmoment ein. Für die Festigkeit sind also die Längsverbände von großer Bedeutung.

Hierzu verlaufen im Doppelboden Längsspanten über dessen gesamte Bauhöhe (bei BS je Schiffsseite 7 LS im Abstand von ca. 1,5 m). Durchgegende Längsschotte tragen wesentlich zur Längsfestigkeit bei, insbesondere wenn sie eine große Bauhöhe im Schiff haben, bei BS ist das Torpedoschott größtenteils mit Längsspant VII identisch. Die Außenhaut, die Unterseite des Innenbodens und manche Längs- und Querspanten werden durch Längsbänder (meist Wulstprofile oder Gurte) ausgesteift (dadurch ist eine Reduzierung der Beplattungsdicke möglich = Gewichtseinsparung). Die Längsbänder können mit in die Längsfestigkeit einbezogen werden, die nötige Anzahl von Querspanten wird verringert und man erzielt eine Gewichtsersparnis im Gegensatz zur Querspantenbauart.  Manche Querspanten sind über die gesamte Höhe des Doppelbodens verbaut um eine wasser- und öldichte Zellung zu erreichen. Querspanten können auch durch andere Bauteile ersetzt werden, z.B. Panzerquerschotte, die aufgrund ihrer Bemessung und Ausdehnung sehr stark zur Querfestigkeit beitragen. Im Vor- und Achterschiff dominieren meist die Querspanten, da hier die Längsbeanspruchung kleiner als im Mittelschiff ist. Es müssen aber entsprechende Festigkeiten zum Docken bedacht werden.

Hinzu kommt, dass gepanzerte Artillerieträger eine sehr inhomogene und punktuelle Gewichtsverteilung aufweisen, z. B. gepanzerte Leitstände, schwere Artillerie in gepanzerten Türmen und Barbetten (>> 1000 t). Hohe Gewichte, z.B. die Schwere Artillerie, können in kleinteilig unterteilten Schiffsbereichen durch Längs- und Quertrageschotte getragen werden. Der Doppelboden muss in diesen Bereichen also nicht allein die Last aufnehmen und kann niedriger ausfallen (bei BS 1,2 m -> h²). In Schiffsbereichen mit großen Räumen, bei Bismarck z.B. die Maschinenräume, können die Lasten (hier die Maschinenanlage) aus Platzgründen nicht mehr von Quer- und Längstrageschotten aufgenommen werden. Deswegen ist in diesen Bereichen der Doppelboden die alleine tragende Struktur und entsprechend höher bemessen (bei BS 1,8 m -> h² ). Hier wird die Längsspantenbauart zwingend notwendig  - soweit ich das als Schiffbau-Laie beurteilen kann.

Vielleicht kann ja ein Schiffbauingenieur noch etwas hier beitragen und falls nötig mich korrigieren!

Grüße,

Bernd.
»Als ik kan«
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bodrog

Hallo, ich habe mich jetzt mal belesen...  8-)

laut Gröner Bd. 1 wurde Emden III auch nach dem Längsspant-Längsbändersystem gebaut - alles andere hätte mich auch verblüfft... Woher die Info stammt, dass sie nach dem gemischten Längsspant-Querspantsystem erbaut wurde, kann ich nicht sagen. Das ist wohl eine klassische Fehlinterpretation.

@109

Das Längsspant-System wurde nur bei den Kleinen/Leichten Kreuzern angewandt, um Gewicht zu sparen (weil der Seitenpanzer nicht auf einer Hinterlage verschraubt war sondern man sich diese einfach durch die tragende Struktur der Panzerung als Außenhaut erspaarte). Bei den Schlachtschiffen ist (vermutlich) aufgrund der viel größeren Gewichte die tradierte Gemischtbauweise beibehalten worden.

MfG

Ulli


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