Weihnachten auf M 575 in Kolberg

Begonnen von Seekrieg, 23 Dezember 2011, 14:41:38

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Seekrieg

16. Dezember 1941 Kolberg
08.30 Uhr: Die Sturmwarnung hat recht behalten. Wir können wieder auslaufen. Mit A.K. geht es an die Arbeit. Wir wollen doch vor Weihnachten noch fertig werden. Schließlich wird die Jahreszeit auch immer unangenehmer, und es ist durchaus kein Vergnügen, einen ganzen Wintertag lang auf dem zugigen Oberdeck zu stehen.
Seit dem Untergang von M 529 verholt sich auch niemand mehr in die Maschinen- oder Kesselräume. Es ist zu riskant. Selbst die Maschinenwache hockt nach Möglichkeit in der Nähe der Oberlichtfenster, um im Notfall schnell herausturnen zu können. Minensuchen ist nun einmal nicht ganz ohne. Da ist der Tod in Bereitschaft. Jeder hat jetzt auch sein Köfferchen mit den notwendigsten Habseligkeiten gepackt und auf dem Oberdeck oder auf den Aufbauten in Reichweite verstaut. Viele Kameraden haben außerdem noch ihre erste Garnitur bereitgelegt, damit sie im Ernstfalle nicht nur auf das abgetragene Takelpäckchen angewiesen sind, das sie gerade auf dem Leib tragen.
Ich habe meinen Koffer im Funkraum stehen und vor allem meine Bücher und meine Schreiberei in Sicherheit gebracht. Den Spielzeugkran, den ich für meine Jungs gebastelt habe und retten möchte, aber nicht mit unterbringen kann, habe ich auf dem Koffer festgebunden. Es ist nun einmal so, daß der eine mehr belastet ist als der andere. Vorerst aber hoffen wir immer noch, daß wir nie in die Verlegenheit kommen, unser Boot verlassen zu müssen.
Es ist nur gut, daß es ,,kleine" Minen sind, die wir räumen, sogenannte U-Bootsminen. Sie sollten den Hafen in erster Linie vor anschleichenden feindlichen U-Booten schützen. Sie enthalten ,,nur" 120 kg Sprengstoff. Wären M 511 und M 529 mit den sonst üblichen großen Minen in Berührung gekommen, die 250 kg Trinitrotoluol in ihrem Leibe bergen, dann wäre von ihnen wohl nicht ein Fetzen beieinandergeblieben.
16.45 Uhr: Bojen lichten und einlaufen. Wir haben als Tagesergebnis eine ganze Mine geschnitten, M 502 hatte gar keine und M 557 drei. Die Gesamt- beute beträgt mithin vier. Ein mageres Resultat!
Nach dem Einlaufen begebe ich mich in meine Wachtmeisterei und arbeite hier weiter. Schließlich muß die anfallende Arbeit ja irgendwie bewältigt werden. Es wird 22 Uhr, ehe alles erledigt ist. Meine Bitte, mir einen Matrosen als Schreibhilfe zuzuteilen, hat der Kommandant abgelehnt. So viel Arbeit wäre da nicht, meinte er. Mag sein, daß alles flotter von der Hand geht, wenn ich einmal eingefuchst bin. Trotzdem, der Kommandant sieht nur die fertige Arbeit und setzt seinen Wilhelm unter die Schriftstücke. Er weiß aber scheinbar nicht, welche Mühe, wie viel Zeit, Wege, Rückfragen und Schreiberei notwendig sind, um ihm alles mundgerecht vorzulegen.
Heute hatte ich mich nun gar nicht um meine Funkstation gekümmert und hoffte zuversichtlich, sie würde sich heißlaufen und stehen bleiben. Dann hätte ich bequem auftrumpfen können und sagen: ,,Na, bitte, entweder die Funkstation oder die Wachtmeisterei, aber beides zugleich geht nun einmal nicht." Leider ist nichts dergleichen eingetreten. Meine Funkgasten haben mich gräßlich im Stiche gelassen. Vielleicht sind sie froh, daß sie mich zeitweise los sind. Sie arbeiten mit einer Präzision und Exaktheit, die über alles Lob erhaben ist. Nicht einen Funkspruch ließen sie unterschneiden. Nicht ein Buchstabe war unklar oder verstümmelt. Sauber trugen sie die Meldungen in ihre Kladde ein, schrieben Wetter mit ,,tt", Mine ohne ,,ie" und Schnee mit Doppel-,,ee". Es war nichts zu machen. Hier kann ich den Hebel zu meiner Befreiung aus der Wachtmeisterei also nicht ansetzen. Ich muß einen anderen Ausweg finden, irgendeinen. Man hat eben so seine Sorgen. -

17. Dezember 1941 Kolberg                        
Von 08.30 bis 16.50 Uhr an der Sperre geräumt. Nachmittags melden mir meine Gasten die Verstärkeranlage des Rundfunks unklar. Sie hätten den Verstärker schon an allen Punkten durchgemessen, könnten aber den eigentlichen Fehler nicht finden. Ich besehe mir den Schaden, rühre aber keinen Finger, bin ja nur noch nebenamtlich zuständig. Abgetakelt und in die einzelnen Bestandteile aufgelöst, bleibt alles liegen. Ich habe jetzt keine Zeit. Es muß einmal gelegentlich gemacht werden. Gut Ding will Weile haben. Dann tauche ich in meinem Wachtmeisterschap unter und verschanze mich hinter Papier, viel Papier und warte. Jetzt muß die Zeit für mich arbeiten.

18. Dezember 1941 Kolberg - Swinemünde                  
Von 08.30 bis 16.00 Uhr wieder Minen gesucht. Wir sind verbundenes Gerät gefahren, haben unsere Räumleine also von Boot zu Boot gespannt und hinter uns hergezogen. In Dwarslinie ging es die Sperre auf und ab. Auf diese Weise konnten wir zu dritt bei einem Anlauf 450 m abkämmen und wesentlich größere Flächen bearbeiten als mit der Otter. Das Gesamtergebnis betrug zwei. Es scheint sich langsam ,,auszuminen". Anschließend fuhren wir zum Kohlen nach Swinemünde. Eingelaufen 21 Uhr.
Eigentlich wollte ich während der schönen langen Fahrt den letzten Brief beantworten, mußte aber in der Wachtmeisterei einen schwierigen Fall erledigen. Schwierig insofern, als der Storch als Angeklagter mit in die Sache verwickelt war. Die Angelegenheit lag nämlich so: Unser Kamerad Triebke, Gefreiter der Laufbahn I bekam vor etwa vier Wochen einen Brief, in dem er der Vaterschaft bezichtigt wurde. Bei der engen, schicksalhaften Verflochtenheit der Kameraden im M-Deck aber war es selbstverständlich, daß jeder diese Angelegenheit als die seine betrachtet und dem gestrauchelten Kameraden mit allen Mitteln unter den Arm griff.
Die Folge war ein geharnischtes Protestschreiben, in dem klipp und klar nachgewiesen wurde, daß dies in keinem Falle in Frage käme, bzw. kommen könne, da das Boot in der fraglichen Zeit in See gewesen sei und nach seiner Rückkehr der physiologisch engbegrenzte Zeitraum schon wesentlich überschritten gewesen wäre. Wenn trotzdem Beziehungen irgendwelcher Art bestanden haben sollten, so wären sie niemals von solcher Innigkeit und Herzlichkeit gewesen, daß man daraus eine so tiefgreifende und nachhaltige Wirkung ableiten könnte. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Kuß kein Kind. Die frage der Vaterschaft sei mithin überhaupt nicht diskutabel und ein Rückgriff auf ein Besatzungsmitglied entbehre somit jeder moralischen Grundlage. So leicht ließe man sich kein Kind unter die Weste jubeln, und bitten deshalb von weiteren, beschwörenden Mitteilungen dieser Art Abstand zu nehmen.
Die Antwort auf diesen geschlechtlichen Offenbarungseid traf infolgedessen auch nicht bei uns, sondern beim Kommandanten ein, dem nun mit Hilfe einiger anderer Dienst- und Amtsstellen die Schlichtung dieser Angelegenheit oblag.
Sie geschah in der Weise, daß dem Delinquenten nahegelegt wurde, die für solche Fälle vorgesehenen sieben Tage Sonderurlaub in Anspruch zu nehmen und in Kolberg eine Familie zu gründen, welchem Ansinnen vom Beklagten nach einigem Hin und Her auch stattgegeben wurde. Nun ist es meine Aufgabe, die nötigen Papiere zu ordnen und bei der militärischen Obrigkeit anzufragen, ob der Mann heiraten dürfe. Der Befähigungsnachweis liege bereits vor. So habe ich denn auch meine Beschäftigung und brauche mich über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Gerade das aber war niemals das Ziel meiner Wünsche.

19. Dezember 1941 Swinemünde                        
Vormittags kohlen. Unser Boot nimmt als einziges wieder Decksladung. Es sieht ja so schön aus, wenn überall an Oberdeck die Kohlenhaufen herumliegen. ,,Wer angibt, hat mehr vom Leben", meint Wilhelm. ,,Wer angibt, hat es nötig", widerspricht Ossi. ,,Wer angibt, lebt länger", spöttelt Ernst. Daß man immer lästern muß! Vielleicht ist die Decksladung auch befohlen oder aus irgendwelchen anderen Gründen, die außerhalb unseres Maatenhorizontes liegen, voll gerechtfertigt. Vielleicht läßt sich dies überhaupt nur von höherer Warte aus richtig beurteilen. Trotzdem hat man immer eine schnoddrige Randbemer- kung auf der Zunge. Es ist aber so: Ein bißchen spotten, und ein klein wenig lästern, sind nun mal das Salz zum trockenem Brot des Alltags.
Zu mittag gab es heute Leipziger Allerlei, d.h. es sollte Leipziger Allerlei sein. Unser neuer Verpflegungsunteroffizier Amenda hat es so getauft. Ich habe dagegen protestiert, konnte aber gegen seinen harten Westfalenschädel nicht aufkommen. Aber so ist es, die Westfalen machen aus der strunkigen Kohlrübe eine Oldenburger Ananas und aus einem zusammengehauenen Eintopf Leipziger Allerlei. Ich nenne das: ,,Westfälisches Durcheinander".
Mein Gegner blieb mir natürlich auch nichts schuldig und meinte, ich solle mich statt um seine Angelegenheiten zu bekümmern, lieber Sorge tragen, daß die Rundfunkanlage wieder in Gang komme. Da habe ich nun meinen Knochen, an dem ich knappern konnte. Ich habe natürlich nicht daran geknappert, obwohl die Verstärkeranlage für unseren Rundfunk tatsächlich noch unklar ist und bis auf weiteres noch unklar bleibt. Aber das hat doch eine ganz andere Bewandtnis, ganz andere Hintergründe, die ich dem guten Amenda nicht gut ausein-anderpuhlen kann. Zwar würde er mich dann sofort verstehen und mir in jeder Weise beipflichten, aber damit würde ich zugleich mitten im Spiel die Karten auf die Karten aufdecken und das will ich nicht gern. Es dauert mich, daß auch meine Kameraden unter der sang- und klanglosen Zeit zu leiden haben, aber es hilft nichts und muß durchgestanden werden, bis es schließlich auch dem Kommandanten leid wird und er seine Techniker wieder an die Apparate setzt, wo sie hingehören, und nicht hinter das Tintenfaß. Lange kann es sowieso nicht mehr dauern, denn er hat schon ganz vernehmlich geknurrt.

20. Dezember 1941 Swinemünde - Kolberg                  
Rückfahrt: 08.30 Uhr Swinemünde ausgelaufen, Kolberg eingelaufen 13.30 Uhr.
Die Fahrt verlief ruhig, abgesehen von einer bewegten, knappen halben Stunde, in der es zu der erwarteten Auseinandersetzung mit den Kommandanten kam.
Er fragte mich, ob meine technischen Fähigkeiten, bzw. meine handwerklichen Fertigkeiten, an meiner Dienstauffassung selbst wagte er nicht zu rütteln, nicht ausreichten, die Verstärkeranlage des Rundfunks instand zu setzen. Diese Ansicht wies ich natürlich entschieden zurück und versicherte ihm, daß der Schaden längst behoben wäre, wenn ich Zeit dazu gefunden hätte. Leider könne ich mich gemäß seinen Anordnungen nur noch ,,nebenbei" mit den technischen Anlagen befassen.
Ich wies dann darauf hin, daß durch diese unheilvolle Personalunion auch in Zukunft in beiden Ressorts ein reibungsloser Ablauf nicht gewährleistet sei, und daß ich unter diesen Umständen laufend und naturnotwendig das zweifelhafte Vergnügen hätte, mir entweder in meiner Eigenschaft als Funkmaat oder aber als Wachtmeister seinen höchsten Unwillen zuzuziehen.
Das Ergebnis dieser Aussprache war ein Vergleich. Ich bekomme für meine Wachtmeisterei eine Schreibhilfe, muß aber für beide Abschnitte weiterhin voll verantwortlich zeichnen. Ich bin zufrieden. Es ist ein Remis, aber ein tragbares.
Nachmittags: Ich weise meinen Schreibgasten ein. Es ist Matrose Zacharias Zippel, ein älterer Kamerad, mit dem ich schon vorher Fühlung genommen hatte. Er ist froh, aus dem überfüllten Matrosendeck und dem jungen Volk herauszukommen und freut sich auf ein ruhiges und matrosenwohlgefälliges Leben in der Wachtmeisterei. Ich werde ihn nicht stören; denn er wird mich hier kaum noch sehen.
Danach mache ich mich über die Verstärkeranlage her. Es ist höchste Zeit; denn in allen Decks, oder wo ich mich sonst nur blicken lasse, muß ich mir die beschwörendsten Klagen über die musiklose Zeit anhören. Geduld, es hat am längsten gedauert.
Punkt 16.00 Uhr kann ich den Hebel auf ,,Ein" legen. Durchs ganze Boot braust Musik. Der frohe Samstagnachmittag hat begonnen. Im Heizerdeck bricht ein frenetisches Freudengeheul los. Aus des M-Deck erschallt jubelnd ein Sprechchors: ,,Wir wollen unseren Funkmaat sehen!" Jetzt kommt auch noch Jonny in unseren Funkraum heraufgeprustet und meldet, daß im U-Raum sechs Flaschen Bier, gestiftet von den Unteroffizieren des M-Bootes 575 für mich zum Empfang bereitstünden. Ja, ich komme. Man muß sich dem Volk zeigen!

21. Dezember 1941 Kolberg
Bei erträglichem Wetter haben wir heute wieder von 08.40 bis 16.45 Uhr Minen gesucht. Gefunden haben wir nichts. Das Führerboot hat eben ein FT. abgesetzt und an alle interessierten Stellen gemeldet, daß die Sperre frei ist. Damit steht wohl unsere Abberufung von Kolberg unmittelbar bevor; denn was sollen wir sonst noch hier. Die Kieler fiebern schon und freuen sich, daß sie Weihnachten zu Hause sind und im Familienkreis verleben können.
Für meine Person habe ich mir diesen Gedanken allerdings aus dem Kopf schlagen müssen. Nachdem ich den Funkspruch von der Freimeldung der Sperre gelesen hatte, habe ich den Kommandanten auf vielseitigen Wunsch noch einmal in meiner Eigenschaft als Wachtmeister um Urlaub angesprochen, stieß aber auf ein unverrückbares ,,Nein".
Am 12. Dezember hat er ein paar junge Kameraden fahren lassen. Das war aber auch alles. Von den älteren und verheirateten Soldaten bekommt nicht einer Urlaub. ,,Wenn wir wieder in Kiel sind, dürfen sie fahren. Hier aber brauche ich alle", war sein letztes Wort. Ich streiche auf meinem weihnachtlichen Wunschzettel die Nummer 1. Bleibt nur noch Nummer 2.
Neidisch blicken wir auf die beiden andern Boote, wo man viel freigiebiger ist und einen weit höheren Prozentsatz beurlaubt hat. Auch wenn wir morgen schon nach Kiel abfahren würden, so kämen wir Auswärtigen doch nicht mehr rechtzeitig nach Hause. Wir haben schon hin und her überlegt und es durchgerechnet. Es geht nicht. Wir wollen uns keinen Illusionen mehr hingeben, so schwer es auch jedem Einzelnen von uns ankommen mag. Es wär´ so schön gewesen, es hat nicht sollen sein.
Die Kameraden im eisigen Rußland können auch nicht in Urlaub fahren und wären wahrscheinlich schon glücklich, wenn sie nur mit uns tauschen könnten. Man soll auch vom Schicksal nicht mehr verlangen, als es nun einmal zu geben bereit ist. Wir wollen froh sein, daß wir leben und noch nicht unten bei den Minen und Fischen sind!

22. Dezember 1941 Kolberg                        
Im Hafen gelegen und auf unsere Abkommandierung nach Kiel gewartet. Sie kam natürlich nicht. Man läßt uns zappeln. Die Kieler toben. Mir ist alles gleichgültig. Mich kann nichts mehr erschüttern.
Eben komme ich von Land zurück. Jedes Musikwarengeschäft und jede Rundfunkhandlung habe ich abgeklappert, aber schließlich habe ich doch bekommen, was ich suchte. ,,Ja, wenn es für ihr Boot ist", sagte der Geschäftsinhaber, ein altes, biederes Männchen, nachdem ich ihm meinen Wunsch auseinandergesetzt hatte, ,,da muß ich schon eine Ausnahme machen. Es ist die letzte, viel gefragt und eigentlich schon verkauft, aber für die Minensucher, da machen wir alles möglich!"
Und dann hatte ich sie: die Platte von der ,,Lili Marleen".  
Es ist ein wundervolles Lied, schlicht und einfach, dabei fein und tief empfunden wie ein echtes, gewachsenes Volkslied. Klar und volkstümlich ist die Melodie und berückend die Art, wie es von Lale Andersen vorgetragen wird. Man kann sich ihrem Zauber nicht entziehen, und jeder ist still und versonnen, sobald es irgendwo aufklingt.
Der Belgrader Soldatensender hat das Lied zuerst verbreitet und spielt es jeden Abend. Lei-der bekommen wir den Belgrader Sender aber nur zeitweise in unsere Antenne, und dann auch noch schwankend, so daß wir häufig auf diesen schönen Genuß verzichten müssen.
Aus diesem Grunde habe ich mir auch diese Platte besorgt. Jeden Abend nach dem Nachrichtendienst will ich sie spielen lassen. Sie soll den Abschluß bilden und der Gute-Nacht-Gruß an  die Kameraden sein. Jetzt aber will ich sie das erste Mal auflegen und den Kameraden meine neueste Errungenschaft vorspielen. Sie werden sich freuen und ich will ganz still dasitzen und lauschen:

Vor der Kaserne,                        Unser beider Schatten
vor dem großen Tor,                sah´n wie einer aus,
stand eine Laterne,                daß wir so lieb uns hatten,
und steht sie noch davor.            das sah man gleich daraus.
So woll´n wir uns da wiederseh´n,          Und alle  Leute soll´n es seh´n,
bei der Laterne woll´n wir steh´n,          wenn wir bei der Laterne steh´n,
wie einst Lilli Marleen. -             wie einst Lilli Marleen. -

Schon rief der Posten,                Deine Schritte kennt sie,
sie bliesen Zapfenstreich.             deinen zieren Gang.
Es kann drei Tage kosten.             Alle Abend brennt sie,
Kamerad, ich komme gleich.             doch mich vergaß sie lang.
Da sagten wir auf Wiederseh´n.          Und sollte mir ein Leid gescheh´n,
Wie gerne würd´ ich mit dir geh´n,          wer wird bei der Laterne steh´n,
mit dir, Lilli Marleen. -                mit dir, Lilli Marleen. -

Aus dem stillen Raume,
aus der Erde Grund,
hebt mich wie im Träume,
dein verliebter Mund.
Wenn sich die späten Nebel dreh´n,
werd´ ich bei der Laterne steh´n,
wie einst Lilli Marleen. -


23. Dezember 1941 Kolberg                        
Ich bin doch froh, daß ich meinen alten braven Zippel habe und mich nicht mehr allein mit dem Papierkram in der Wachtmeisterei herumzuschlagen brauche. Ich weiß auch nicht, warum mir das so zuwider ist. Alles möchte ich sein, aber nur kein Federfuchser. Ich weiß, daß sie notwendig und bei uns das A und 0 sind, und nicht umsonst hat man das geflügelte Wert geprägt: Ohne Schriftverkehr keine Kriegsmarine. Ich weiß auch, daß achtbare und sehr tüchtige Kameraden in ihren Reihen stehen. Ich sehe anderseits aber auch, daß sich diese Laufbahn am wenigsten abnützt, daß sie nie ausstirbt und immer größeren Zulauf erhält, und deshalb ist mir jeder kleine Matrose lieber und wertvoller als irgendein goldbetreßter Schreiberling.
Damit habe ich natürlich nichts gegen meinen Kameraden Zippel gesagt. Er ist ja auch Matrose, und wenn er sich jetzt des Papierladens angenommen hat, so deshalb, weil es ihm von seinem Berufe her liegt, und weil er hofft, hier ein etwas stilleres Leben führen zu können als in dem stets lärmdurchwogten Matrosendeck. Ich lasse ihm völlig freie Hand und glaube in ihm einen guten Kameraden und Mitarbeiter gefunden zu haben.
Wir liegen im Hafen und warten immer noch auf unsere Abberufung. Die Kameraden orakeln: ,,Warum entläßt man uns nicht? Warum dürfen wir nicht nach Kiel zurück? Was sollen wir noch hier? Wir sind doch längst fertig mit unseren Sperren. Hat man uns höheren Ortes etwa vergessen?" So gehen die Fragen hin und her, und bald löst ein Gerücht das andere ab. Schon spricht man in Kreisen oder, um milieugetreu zu sein, in Kringeln. Es kommt nichts mehr dabei heraus, trotzdem können sich die Kieler gar nicht beruhigen. Sie wollen durchaus heim, und uns anderen liegt ja auch daran, weil wir von Kiel aus sofort in Urlaub fahren können und wenigstens noch etwas weihnachtlichen Abglanz erhaschen wollen. Am niedergeschmettertsten ist Ossi. ,,Ich laufe die Wände hoch oder kippe den ganzen Kahn um", wettert er." Da will man nun als Verheirateter Weihnachten das erste Mal im Kreise von Frau und – nein, es ist noch nicht ganz so weit - verbringen, und nun ist wieder nichts. Dafür hat man sich nun Tag für Tag abgerackert und sogar noch eine Mine mehr gefunden als ausgelegt worden ist." -
Die Decks sollen weihnachtlich ausgeschmückt werden. Keiner hat auch nur ein Fünkchen Lust dazu. Weihnachtsstimmung auf Befehl. Das wird nichts. Für uns ist kein Weihnachten! -

24. Dezember 1941 - Heiliger Abend Kolberg                  
Um 17.00 Uhr findet im Matrosendeck die offizielle Weihnachtsfeier statt. Die Menage spendiert Backwaren, Nüsse und Zigaretten, und die Kantine packt für jeden Mann 20 Mark aus, für die wir uns, unseren Wünschen entsprechend, etwas kaufen sollen. Anschließend steigt das Festdiner. Es gibt Kaßler Rippenspeer mit Kartoffelsalat. Als Getränk wird Punsch serviert. Wir leben also nicht schlecht.
Wie vorauszusehen war und wie es bei solchen anberaumten Feiern die Regel bildet, lockerte sich, kaum daß der offizielle Teil vorüber war, das Gefüge sehr schnell, und jeder strebte wieder in sein Wohndeck und den engeren Kameradenkreis zurück, wo er sich, wenn er an einem solchen Festtag schon nicht zu Hause sein kann, immer noch am wohlsten und geborgensten fühlt.
Im U-Raum ist nichts los. Wir sitzen einander gegenüber und keiner weiß recht, was er sagen soll. Jeder scheint mit sich selbst beschäftigt zu sein. Auch bei mir gehen die Gedanken immer wieder durch. Stets weilen sie daheim, zaubern immer neue Bilder hervor und schwelgen in einer Fülle lieber Erinnerungen, daß einem ganz schwach werden könnte. Nein, ich will nicht mehr an zu Hause denken. Es ist jetzt das dritte Weihnachten, das ich fern von daheim hier draußen an der Front erlebe. Nunmehr muß ich es können, ohne mit der Wimper zu zucken.
Der Weihnachtsbrief von zu Hause, der pünktlich heute Vormittag einging, spiegelt auch Festigkeit und ruhige Gelassenheit wieder. ,,Wir wollen Dir", schreibt Gertrud, ,,wenigstens herzliche Weihnachtsgrüße senden, wenn Du nun einmal wieder nicht bei uns sein kannst.
In Gedanken und mit unserem ganzen Fühlen sind wir doch bei Dir und werden Dich von Herzen lieb haben. Verlebe die Feiertage so gut wie möglich und komme dann zu uns. Wir werden die Tage und die Stunden zählen und uns erst dann richtig freuen, wenn wir Dich wieder in unserer Mitte haben und mit all unserer Liebe umarmen können." -
Wie dankbar sind wir dem Rundfunkmann, daß er fast gar keine Weihnachtslieder bringt, sondern andere schöne Weisen. Sie hören sich genau so lieb an und sind nicht gar so verfänglich. Still sitzen wir und lauschen. Walter stellt den Lautsprecher noch ein wenig lauter, damit wir besser hören können; denn im Heizerdeck über uns ist ein Tumult, daß der Lärm bis zu uns herunter dröhnt.
Heute nachmittag sagte Walter zu mir: ,,Wenn ich die Weihnachtslieder höre, dann geht mir das durch und durch. Es ist gerade so, als wenn mir ein Idiot von einer frisch verbundenen Wunde immer wieder den Verband herunterreißt und nachsieht, ob es noch blutet." Ja, es ist fast so. Weihnachten kann auch ein sehr grausames Fest sein! -
Am schlauesten ist Wilhelm gewesen. Er hat an Land ein Doppelzimmer gemietet, für heute und morgen Urlaub genommen und feiert jetzt mit seiner Ingeborg Verlobung. Das laß ich mir gefallen!
Oben im H-Deck scheint man vollkommen blau zu sein. Es grölt und knallt am laufenden Band. Wir müssen einmal nach dem Rechten sehen. Unsere Nummer I kommt auch. Er hat das Poltern bis achtern gehört. ,,Da haben sich zwei in den Haaren", meldet der H.v.D., der uns entgegenkommt. ,,Störtebecker", sage ich; denn anders kann es ja nicht sein, und ... ?" ,,Und der Balzer", lautet die Antwort. ,,Er liegt noch unter Back und blutet am Kopf. Aufstehen kann er auch nicht." Heiliger Abend, stille Nacht. Es ist immer dasselbe.
Nummer l schafft Ruhe. ,,Schluß für heute!" befiehlt er. ,,Klar Deck überall! In zehn Minuten liegt alles im Korb! Es ist 23.00 Uhr. Morgen habt ihr dann nicht ausgeschlafen und für 8 Uhr ist seeklar befohlen." –
Ja, es stimmt. Morgen früh zum ersten Feiertag ist seeklar befohlen; denn, so schloß man folgerichtig, wenn wir nicht abberufen werden, dann sollen wir weitersuchen. Hoffentlich finden wir dann keine Minen mehr; denn sonst haben wir nicht nur eine, sondern gar zwei oder drei zu viel.
Wir Unteroffiziere sitzen wieder zusammen im U-Raum. Zum Schlafengehen ist es noch zu zeitig. Wir würden uns doch nur unruhig von einer Seite zur anderen wälzen. Eine rechte Unterhaltung kommt heute aber auch nicht zustande. Die Tendenz bleibt weiterhin lustlos. Ernst merkt es als erster. ,,Schiet ist das", brummt er ,,ein ganz verdammter Schiet!" Er geht an seinen Spind, holt eine Flasche Feuerreiter und eine Flasche Danziger Goldwasser her-vor und stellt sie auf die Back. Dann mustert er kurz die Runde, macht eine einladende Handbewegung und sagt: ,, Kommt Kameraden, jetzt saufen wir solange, bis wir nicht mehr wissen, daß Weihnachten ist." Und so wird es wohl auch gewesen sein. -


Seekrieg

25. Dezember 1941 - 1.Weihnachtsfeiertag Kolberg               
Südwest 7 bis 8. Seeklar belegt. Der liebe Gott hat ein Einsehen gehabt und uns mit diesem Weihnachtsgeschenk beglückt. Aber was nun? Zu tun gibt es nichts, zu erzählen und zu beraten auch nichts. Wenn man so Tag für Tag zusammenhockt, kommt schließlich einmal der Augenblick, wo man sich nichts mehr zu sagen weiß und auch das letzte Wort gesprochen ist. Man steht plötzlich vor einer erschreckenden Leere, vor einem Nirwana, körperlich, geistig und seelisch. Wenn  man ein anständiger Mensch wäre, müßte man jetzt einen Nervenzusammenbruch bekommen. Leider gehören wir nicht mehr zu diesen vornehmen Kreisen, und so bleibt uns nichts weiter übrig, als resigniert vor uns hinzudämmern.     
Bei uns zu Hause sagt man zu dieser Beschäftigung ,,Stumpfsinn, du mein Vergnügen." Hier an Bord heißt der terminus technicus ,,Hurra, wir verblöden!" Es ist aber auch so. Immer dieselben Gesichter, stets die gleiche Umgebung, das macht allmählich jeden mürbe. Die Wände kommen auf einen zu, die Bulleys, das Schott und die Niedergänge. Alles ist kalt und tot, Eisen und Blech. Nein, es ist kein Wunder!
Tag und Nacht brennt das elektrische Licht. Die Wanduhr zeigt auf 9. Man weiß nicht, ist es morgen oder Abend. Wenn sie jetzt stehen bliebe, wir würden es weder merken noch fühlen. Wir würden einfach in die Ewigkeit hinüberdämmern und bald wäre uns der Bart durch die Back gewachsen wie beim alten Barbarossa. Aber auf die beiden Raben, die uns von drau-ßen Kunde brächten, würden wir wohl vergeblich warten.
Es ist inzwischen 10 Uhr geworden. Wir sitzen immer noch an der Back beim Frühstück. Es ist z. Z. die einzige ablenkende Beschäftigung, und so wird sie nach Möglichkeit recht lange ausgedehnt. Wer damit fertig ist, raucht eine Zigarette und spült ab und zu einen Kurzen hinunter. Alkohol ist gesund. Er konserviert den Körper.
Wilhelm ist auch schon wieder da. Ich wundere mich; denn er hat doch noch Urlaub. Fragen will ich ihn aber auch nicht. Er schaut mir heute Morgen gar zu grimmig aus. Es muß irgendetwas nicht geklappt haben. Walter erzählte, Wilhelm sei schon heute Nacht gegen 3 Uhr wiedergekommen. Er hätte geflucht und gewettert, wie es kein anständiger Christenmensch auch nur annähernd wiedergeben könnte. Mehr wüßte er aber auch nicht. Dunkle Sache!
Unterdessen habe ich meinen Morgenimbiß beendet, bin der letzte. Meinen Kaffee kann ich aber nicht mehr austrinken. Achtlos und in Gedanken versunken hat Ossi eben seine Zigarre in meiner Tasse abgestäubt. Schade; denn zur Feier des Tages gab es heute Bohnenkaffee. Ernst gießt mir als Entschädigung einen Kurzen aus der Feuerreiterflasche ein. Dann stellt er sie weg und stöpselt mit dem Korken die Kaffeekanne zu. Ein Glück, daß der  Pfropfen so gut in die kurze Schnauze paßt, sonst hätte Ernst noch bemerkt, daß der Korken eigentlich auf die Schnapsflasche gehört.
Walter steht auf. Er ist heute U.v.D. und will seine Runde gehen. Er nimmt seine Mütze vom Kleiderrechen und geht. Röhrentöter aber protestiert dagegen. Es wäre seine Mütze, be-hauptet er. Möglich. Normalerweise und wochentags wird aber da kein Unterschied gemacht. Da ist Mütze Mütze und wechselt nach Belieben ihren Besitzer. Vielleicht ist Röhrentöter noch nicht ganz nüchtern.
Wilhelm geht auch. Er ist immer noch verstimmt und hat kaum ein Wort gesagt. Es muß doch eine verdammt große Laus gewesen sein, die ihm da über die Leber gelaufen ist; denn so leicht läßt sich unser Wilhelm nicht aus der Fassung bringen. Aber solange er nichts sagt, können wir ihm auch nicht helfen.
Ich gehe auch. Muß mal nachsehen, was meine Funker machen und wie sie über den Heili-gen Abend hinweggekommen sind. ,,Und weißt du, was ich jetzt mache?", fragt mich Ernst, der jetzt ebenfalls aufgestanden ist. ,,Nein", antworte ich, ,,bei dir kann man das nie sagen, da führst du einen viel zu verrückten Lebenswandel." Wenn ich aber glaubte, ich hätte ihn damit gekränkt, so war ich schwer im Irrtum. Ganz ruhig fuhr er fort: ,,Das stimmt, was du da entgegnest, deshalb sage ich es euch auch immer. Also: Ich gehe mich jetzt k..., zwölf Ringe und drei Türmchen." - Ja, das stimmt. Von dieser Beschäftigung spricht Ernst seit ein paar Tagen ständig und teilt es jedem mit, ob man es nun hören will oder nicht. Die Blechkrank-heit nimmt eben immer groteskere Formen an. -
Nachmittags: Walter, Ossi und ich gehen an Land und ins Kino. Es ist besser so. Wir können doch nicht wieder den ganzen Tag im U-Raum quetschen und erzählen. Außerdem könnten wir auch gar nicht hinunter. Ernst ist unten und ,,räumt auf". Eben ist er, gar nicht feiertagsmäßig, sondern im Maschinen-päckchen und mit klappernden Holzpantoffeln aus der ,,Mai-kuhle", einem nahen Gasthaus im Walde zurückgekehrt, und sucht jetzt, ob es noch etwas gibt, was fester und stärker ist als er. Unsre ganze U-Messe hat er uns ausgeräumt, und was auch mit Gewalt nicht durchs Schott ging, wie die Backen, das wurde auf den Kopf gestellt, umgestülpt und als Barrikade vor den Niedergang gebaut. Er will jetzt allein sein und endlich seine Ruhe haben. Schade, wir wollten ihn gern mit an Land schleifen; denn eine Brise frische Landluft hätte ihn auch einmal gut getan. Jetzt ist es zu spät. Jetzt rast der Alkohol. Er will sein Opfer haben. -
Wir wandern langsam durch die Straßen, atmen die feierliche Ruhe und den weihnachtlichen Frieden und genießen immer wieder aufs Neue den eigenartigen Reiz dieser schönen, kleinen pommerschen Seestadt. Hafenstädte haben alle ein doppeltes Gesicht. Während das eine hart und unverwandt auf See blickt, schaut das andere gelassen und oft etwas gönner-haft zurück ins bäuerliche Hinterland. Diese Doppelnatur ist bei Städten, die ihre Kindschaft einem solch ungleichartigen Elternpaar verdanken, nicht verwunderlich. Sie ist der natürliche Ausdruck einer so verschieden gearteten Erbmasse. Sie gibt ihren Mauern das unterschiedliche Gepräge, bestimmt den wechselnden Pulsschlag ihres Lebens, spiegelt sich wider in ihren Menschen und findet seinen Ausdruck im bunten Mythos ihrer weiten Seele. Und es ist eine glückhafte Vereinigung. Sie enthält der Erde stille zähe Geduld, des Meeres harten Trotz. Sie birgt den heiteren Frohmut knospender Blüten neben der schwermütigen Tiefe der See. Sie paart der Wellen mildes Ungetüm mit der ruhigen Gelassenheit der Ebene, setzt der Liebe zur angeborenen Scholle den frischen Drang der weiten Ferne entgegen und bringt des Meeres ewigen Atem in steten Einklang zum Auf und Ab des Lebens, das doch immer nur eins sein kann: Ein Kommen und ein Gehen. -
Abends: Eben sind wir im schönsten Schneegestöber an Bord zurückgekehrt. Wie Schnee-männer sehen wir alle aus, aber es war schön und hat einmal gut getan. Jetzt wird uns das Abendbrot doppelt gut schmecken.
Im U-Raum steht wieder alles auf seinem gewohnten Platz. Gott sei Dank! Es sieht wieder menschlich aus. Wilhelm sitzt in einer Ecke und liest. Einige Kameraden sind noch an Land, und Ernst liegt in der Koje und schläft. Friede sei mit ihm.
Nach dem Abendessen benutze ich die seltene Ruhe in unserem Deck zur Aufzeichnung und Auswertung meiner täglichen Notizen. Wenn man mit allem auf dem Laufenden bleiben und nichts versäumen will, dann muß man jede Minute wahrnehmen und jede Begebenheit mitnehmen.
Es wird Zeit, daß ich meinen literarischen Extrakt beende. Die Heizer haben schon zweimal den H.v.D. zu uns heruntergeschickt. Wir sollen heute abend einmal zu ihnen ins Deck kommen und zur Feier des Tages eine Flasche Bier mit ihnen lenzen. Es liegt kein Grund vor, diesem frommen Ansinnen nicht nachzukommen, obwohl ich die Kerle stark in Verdacht habe, daß sie uns unter den Tisch trinken wollen. Es wird ihnen nicht gelingen, und wenn, dann bechern wir unter der Back weiter. Ergeben tun wir uns nicht.

26. Dezember 1941 -  2. Weihnachtsfeiertag   Kolberg
Nun ist Gott sei Dank auch der zweite Weihnachtsfeiertag überstanden. Er war nicht minder trostlos, verlief aber in ruhigeren Bahnen. Am Morgen war traditionsgemäß zuerst einmal seeklar befohlen. Dann verbot das stürmische Wetter abermals jedes Auslaufen. Nun hätte der Tag wieder nach dem gestrigen Schema ablaufen können, aber da wir in der vergangenen Nacht die letzte Flasche Bier und den letzten Tropfen Feuerwasser gelenzt hatten, so fehlte jetzt die nötige Voraussetzung dazu. Zwar quälten die interessierten Kreise laufend das Telefon, um von irgendwo her schnellen Nachschub zu erhalten, aber es war vergeblich.  Niemand wollte sich am zweiten Feiertag dazu herbeilassen. Die Kolberger hielten fest an ihren urväterlichen Sitten und Gebräuchen und heiligten den Feiertag.
Diese fromme Geste konnte ihre Wirkung nicht verfehlen und zwang auch uns zu einem gesitteten Tun. Das Gros zog brav an Land und an Bord herrschte eine tiefe, feierliche Stille. Ich benutzte sie zu einem umfassenden Nachmittagsschlaf.
Anschließend turnte ich in meine Funkbude hoch und startete für die an Bord gebliebenen Kameraden ein festliches Schallplattenkonzert. Bald jubelten durch alle Decks die bekann-testen und schönsten Melodien. Sogar unsere Nachbarboote, die mit uns im Päckchen lie-gen, spitzten die Ohren und nassauerten sich still mit durch.
Dann meldete sich noch der Funker von M 557 und bat sich im Auftrag seines Kommandan-ten und mit der Genehmigung des unseren die Lili-Marleen-Platte aus.
Sie wollten sich auch einmal daran erfreuen. Gern gab ich sie natürlich nicht aus den Hän-den, aber schließlich ließ sich dieser kameradschaftliche Wunsch auch nicht gut abschlagen, zumal uns M 557 kurz zuvor noch mit ein paar Kästen Bier ausgeholfen hatte.
Der Abend brachte dann eine kaum noch zu erwartende Überraschung. Unsere Abberufung nach Kiel traf ein. Morgen fahren wir. Wir freuen uns, wenn die Nachricht auch nicht mehr den Jubel auslöst, mit dem sie uns noch ein paar Tage vor dem Fest erfüllt hätte. Sie ist zu alt geworden und schmeckt fast fade; denn ihren hellsten Schein, den schimmernden Glanz und die weihnachtliche Vorfreude hat sie verloren. Trotzdem, für mich und viele andere Kameraden bedeutet Kiel Start zum Heimaturlaub, und das ist etwas ganz Großes, auch dann, wenn bis dahin die Lichter am Christbaum schon zur Hälfte niedergebrannt sein sollten. Sie alle werden vom Glanz des frohen Wiedersehens überstrahlt.

27. Dezember 1941 Kolberg – In See                     
Es wird 9 Uhr, bevor es einigermaßen hell und sichtig wird. Trotzdem herrscht überall auf den Booten schon reges Leben, der übliche Auslaufbetrieb. Es gibt alle Hände voll zu tun. Zunächst müssen Wasser und Proviant übernommen werden.
Einige Kameraden eilen sogar schnell noch einmal an Land, um die im Laufe unseres langen Hierseins auf gesellschaftlicher und geschäftlicher Basis getroffenen Bindungen und Vereinbarungen zu lösen. Die Seeleute schleppen unterdessen unseren umfangreichen Sperrzeugpark von Land an Bord. Auf dem Achterschiff und in den Gängen stauen und türmen sich in zahlreichen Mengen Ottern und Drachen, schwere Seilrollen und Tampen. Gewissenhaft und umsichtig wird von Ossi alles festgezurrt, damit uns draußen bei überkommender See nichts stiften gehen kann. Die Heizer machen Dampf auf, und der kleine Schaker, unser Brückenfaktotum putzt die Ferngläser und ölt die Kompaßnadel. Es ist ein geschäftiges Treiben, fast wie in den ersten Tagen des Krieges oder wie im letzten Akt des Faustes.
Auch ich habe meine Beschäftigung, sitze mit Zippel im Wachtmeisterschap und schreibe die nunmehr notwendig gewordenen Urlaubsscheine aus. Es ist meines Erachtens das wichtigste.
14.00 Uhr. Endlich ist es soweit. Alle Leinen los! Kleine Fahrt voraus! Langsam schwappern wir hinaus. Es ist recht bewegte See, aber was macht das schon. Im flotten Gänsemarsch zuckeln wir davon, voran das F-Boot M 502, dann wir und am Schluß M 557. Drei Boote!
Als wir im Oktober hier einliefen, waren es fünf. Zwei Boote müssen wir zurücklassen und liebe Kameraden auch. Es ist unser Beitrag zum Rußlandfeldzug. Still und beinahe selbstverständlich wurde er gebracht. Keine Sondermeldung und kein Wehrmachtsbericht haben darüber berichtet. Nur die Kolberger wissen davon und danken uns, daß ihre Hafeneinfahrt jetzt wieder minenfrei ist.
Abschiednehmend schweift unser Auge noch einmal über die alte See- und Hafenstadt und über die unruhig schäumende See vor ihrer Küste. Dann aber wenden sich Blick und Gedanken ab von diesem Bild und sind wieder geradeaus und vorwärts gerichtet. Man darf nicht an Vergangenem hängen bleiben. Es macht müde und Geschehenes doch nicht ungeschehen. Mit Westkurs stampfen wir dahin. Das Wetter ist saumäßig. Dazu herrscht ein Seegang, daß man fast die Balance verliert. Das kann eine schöne Seefahrt werden. Bald setzt auch noch Schneetreiben ein, und gleich so stark, daß man kaum zehn Meter weit se-hen kann. Jetzt gilt es doppelt aufzupassen, ganz vorsichtig zu fahren, damit wird unseren Vordermann nicht aus den Augen verlieren und ihm einerseits auch nicht zu nahe kommen und zu guter letzt noch rammen. Dieser Tage erst passierte es, daß wir zu dicht aufgeschlossen fuhren und plötzlich mit unserer Schnauze am Heck unseres Vordermannes auftauchten. Da gab er aber sofort durch Winkspruch herüber: ,,Du, du warmer Bruder!" Das wollen wir uns nicht noch einmal sagen lassen.
16.00 Uhr: Es hat noch mehr aufgebrist. Schon trifft man immer häufiger auf Kameraden, die ihren Magen umkrempeln bis an den braunen Ring. Mir geht es, Gott sei Dank und unberufen, noch gut, aber meine beiden Funkgasten streiten sich schon dauernd um die Pütz und peilen abwechselnd hinein. Damit sie sich nicht etwa selbständig macht und ihren Inhalt gleichmäßig über den Fußboden verteilt, haben wir sie vorsichtshalber am Heizkörper festgebunden. Alles andere aber, was wir nicht unbedingt brauchen, haben wir schon weggeschlossen. Man kann nie wissen, wie sich die Dinge noch anlassen. Nur die allernotwendigsten Behelfe, wie Funkspruchzettel, Bücher und Bleistifte liegen noch auf der Back, turnen im steten Rhythmus des Überholens hin und her, oder springen an Deck und setzen hier ihr loses Spiel fort. Es macht nichts. Wenn bei Eingang eines Funkspruches etwas benötigt wird, dann wird es schon rechtzeitig wieder gehascht.
Schnell, unheimlich schnell bricht die zeitige Winterdämmerung herein. Die See tobt unentwegt und immer stärker weiter. Trotzdem will ich erst einmal zu Abend speisen. Da ist auch nötig. Vor den Sieg haben die Götter den Schweiß gesetzt und vor die Arbeit das essen.
Vorsichtig und behutsam, damit ich heil und einigermaßen trocken unten ankomme, hangle ich von der Brücke in den U-Raum hinunter. Hier liegt auch alles flach. Es sieht aus, als wäre Ernst durchs Deck gegangen und hätte einmal kurz aufgeklart. Ja, gerade so. Alles liegt wild durcheinander. Der Backspind ist bei der wilden Schaukelei aufgefahren. Sein Inhalt ist gleichmäßig an Deck verteilt. Bei jedem Überholen kommt ein neuer Satz Teller, Tassen und Geschirr kopfüber, und dann gibt es im Augenblick nur eins: Festhalten, daß man nicht mitrollt und volle Deckung nehmen, damit man nichts an den Kopf bekommt.
Das Abendbrot muß ich mir heute selbst besorgen. Jonny ist auch unwohl. Also klaube ich mir selber die einzelnen Sachen zusammen. Das Brot liegt in der einen Ecke, die Butter klebt in der anderen und die Wurst rollt an Deck hin und her. Noch hat sich hier niemand übergeben, und man kann die Dinge mit einigem Appetit essen. Der Brothobel fehlt noch. Aha, dort auf dem Polster der Backskiste hat er es sich bequem gemacht. Messer und Gabel brauche ich aber nicht. Heute schmeckt es auch einmal mit den fünf Fingern.
Ich esse die doppelte Ration, nicht an Brot, aber an Wurst und Butter. Ich glaube kaum, daß noch viele zum Essen kommen; denn an solch stürmischen Tagen bleibt meist die Hälfte liegen. So muß man die Feste feiern, wie sie fallen, auch wenn es schwer fällt. Wer weiß, wenn es uns wieder einmal so gut geht.
So, nun will ich noch einmal ins Vorschiff zur Wachtmeisterei gehen, nachsehen, was meine taktische Nummer 2 macht und nach dem Rechten schauen. Oh je, hier schwimmt sogar alles! Und unsere Urlaubsscheine, das wichtigste vom ganzen Schiff, sind gar schon abgesoffen. ,,Zippel, Zippel!" rufe ich entsetzt. ,,Sind Sie verrückt? Unsere Urlaubsscheine!"
Zippel liegt lang ausgestreckt auf seiner Koje und hält im schweren Auf und Ab der See die Schreibmaschine wie eine Geliebte zwischen den Beinen. Natürlich, die Schreibmaschine darf nicht wie Brot und Wurst durchs Deck kollern. Eine glänzende und taktisch gut durch-dachte Idee. Zippel befreit sich aus der Umklammerung seiner harmlosen Bettgenossin und krabbelt hoch. ,,Verrückt bin ich noch nicht", meint er, ,,aber mit den Urlaubsscheinen, da muß ich Ihnen schon recht geben." Gemeinsam sammeln wir sie wieder auf und retten, was noch zu retten ist. Sie werden zwischen Löschpapier abgetrocknet und dann hinter die Heizung geklemmt. So wird es noch einmal gehen. Ich binde Zippel noch einmal unsere Urlaubsscheine auf die Seele und die Schreibmaschine auf den Bauch. Dann klettere ich den Niedergang wieder hoch.
Im Heizer- und Matrosendeck ist das Bild nicht anders. Backen und Bänke sind hochgeklappt. Die Freiwache liegt an Deck und schläft, bzw. ruht, soweit sie nicht durch Seekrankheit daran gehindert wird. Polternd rollen zwischen den Schläfern die Gasmaskenbüchsen hin und her, die sonst ihren Platz unter den Spinden haben. Einige Putzzeugkästen und verschiedenes Backsgeschirr haben sich zu ihnen gesellt und beteiligen sich ebenfalls schlür-fend und kratzend an dem steten Hin und Her und Auf und Ab. Ein herrliches Bild. Es sieht aus, wie am ersten Feiertag früh. Man fühlt sich direkt wieder wohl.
Dort liegen die schweren Abstützbalken mitten im Deck und machen eine Kletterpartie not-wendig. Es räumt sie auch niemand weg; denn sie würden im nächsten Augenblick doch wieder durch die Gegend rutschen.
Im Funkraum ist noch alles klar. Nach dem konzentrierten Decksmief will ich ein paar Augenblicke ozonisierte Frischluft genießen und verhole mich deshalb für eine kleine halbe Stunde auf die Brücke. Es ist finster geworden, aber der Mond steht groß am Himmel. Unter ihm hinweg jagen im wilden Hinter-einander schwarze Wolken dahin. Die See tobt. Wind und Wellen haben sich ineinander verbissen oder sie springen im Wettlauf mit den flüchtigen Wolken heulend und rauschen hintereinander her. Windspiele der Natur. –
Mühsam schaukeln wir weiter unentwegt springen uns harte Brecher an. Blitzschnelle Böen rütteln am Boot. Eisiger Gischt fegt vorüber und verwandelt sich beim Auftreffen auf dem Boot sofort in Eis. Tief verneigen es sich nach allen Seiten, so tief, daß ich manchmal glaube, wir müßten jeden Augenblick kentern; denn unser altes Boot, mit seinem einsatzbedingt geringen Tiefgang und seinen hohen, windsüchtigen Aufbauten ist kein Fischdampfer, der jedem Sturm trotzen kann.
Wenige Meter vor uns wackelt wie ein alter Entensterz die Hecklaterne vom F-Boot. Achteraus erkenne ich die schwankenden Positionslichter von M 557. Die Topplaterne im hohen Mast schwingt in großen Ausschlägen hin und her wie ein umgekehrtes Uhrenpendel.
Es ist ein großes Erlebnis, sich so bei Nacht und Sturm durch die Wogen zu quälen. Ich klemme mich in der Brückennock fest. Hier an Backbord etwas geschützt, will ich etwas vom Wüten der Elemente auf dieser See- und Höllenfahrt erleben.
Mich umwendend, sehe ich plötzlich M 557 nicht mehr. Vielleicht steht es gerade hinter unserem Schonstein und ist im Augenblick nicht zu entdecken. Nein, hinter unserem Schonstein ist auch nichts auszumachen. Beunruhigt hangle ich mich auf den Aufbauten nach achtern und halte von da Ausschau nach unserem Hintermann. Nichts ist zu sehen! Jetzt wird es mir unheimlich zumute. Ich taste mich wieder zurück zur Brücke und melde meine Beobach-tungen dem Obersteuermann. Mit Nachtgläsern versuchen wir jetzt gemeinsam die Finsternis zu durchdringen. Vergeblich! Ich klettere  auf das Peildeck hinauf. Nichts! Ich hangle zum Scheinwerferstand hoch, aber auch von hier oben ist nichts von den Kameraden zu entdecken.
Unterdessen hat auch das F-Boot das Fehlen von M 557 bemerkt und fragt durch U.K. an. Sollte M 557 etwas zugestoßen sein? Nein! Das kann nicht sein. Wir sind so dicht aufgeschlossen gefahren, da würden wir bestimmt etwas beobachtet haben. Möglich, daß es aus irgendeinem Grund zurück-geblieben ist. Möglich auch, daß es bei der schlechten Sicht auf Backbordseite an uns vorbeigelaufen ist. Möglich. Das eine hat so viel an Wahrschein-lichkeit wie das andere. Fest steht, daß wir jetzt M 557 suchen müssen, für alle Fälle, wenn ihm ja etwas zugestoßen wäre und schnelle Hilfe notwendig sein sollte. Wir wollen trotz Sturm und Wetter umkehren und unsere Kameraden suchen. Es ist 20 Uhr. Wir sind auf der Höhe von Swinemünde.
Der Sturm ist noch ärger geworden. Immer holpriger wird die Gegend, immer stärker holt das Boot über und eine Woge nach der anderen wälzt sich drohend auf uns. Die Steuerbordseite steht dauernd unter Wasser. Es ist nicht ratsam, jetzt noch über Deck zu gehen. Durch die Bunkerdeckel, sie halten alle nicht mehr dicht, dringt unaufhörlich Wasser ins Boot. Es rinnt durch die Kohlenbunker, sammelt sich schwarz in der Bilge und steigt, steigt immer mehr. Schon kommt aus der Maschine die Meldung: ,,Das Wasser steht über den Flurplatten!"
Wir fahren weiter, immer noch zurück. Wir müssen M 557 finden, koste es, was es wolle! Jetzt meldet Kesselraum I durchs Sprachrohr: ,,Wasser schlägt an die Roste. Aschefälle sind abgesoffen. Feuer brennen ab. Können nur noch halbe Fahrt halten!"
Hoffentlich hält K II durch. Wie sieht es dort aus? Obersteuermann Thode geht zum Sprachrohr und ruft Kesselraum II. ,,Ja, noch alles klar. Im Aschefall auch Wasser, aber die Feuer brennen noch."
Eben kommt der Kommandant auf die Brücke. Er war im Maschinenraum und hat selbst nach dem Rechten gesehen. Das Wasser steigt weiterhin. Die Lenzpumpen können es nicht schaffen. Klapprig waren sie von jeher, und jetzt sitzt zudem überall Kohlengrus zwischen den Ventilen. Die Freiwache und alles, was irgendwie entbehrlich ist, muß einspringen und helfen. Bald ist auch alles, was laufen kann, zur Stelle. Mit Eimern und Pützen wird geschöpft und gelenzt, und durch der Hände langer Kette um die Wette wandert das Wasser wieder außenbords. Es ist wie zu Zeiten des großen Kolumbus. Die menschliche Maschine ist immer noch die zuverlässigste.
Unausgesetzt beobachten wir dabei das Pendel im Maschinenraum, das die jeweilige Lage des Bootes anzeigt. Es schwankt herüber und hinüber. Jetzt zeigt es 30°, 35°, 38° Schlagseite nach steuerbord. Dann schwingt es zurück nach backbord: 25°, 30°. Hier ist es nicht so schlimm. Die Hauptgefahr liegt nach wie vor auf Steuerbordseite. Schon schwenkt das Pendel des Krängungsanzeigers wieder dahin zurück und erreicht 30°, 35° bis 40°. Mehr Schlagseite möchte nun nicht mehr kommen; denn bei 47° kentern wir. Hastig und unentwegt wird weitergeschöpft. Das Wasser steigt nicht mehr. Es hat sogar den Anschein, als ginge es langsam zurück. Immer weiter so. Wenn uns der Wind in Schieflage nicht etwa plötzlich aus den Angeln hebt, dann schaffen wir es. Ich begebe mich wieder in den Funkraum zurück. Eben haben wir gedreht und laufen wieder Westkurs.
Zwei Stunden haben wir nach M 557 gesucht, aber ohne allen Erfolg. Es bleibt nur die Möglichkeit noch offen, daß es doch an uns vorbeigeschert ist und jetzt schon weit vor uns läuft. So wird es auch sein. Etwas Anderes? Nein das wäre undenkbar. Das kann und darf nicht sein!
Es ist Mitternacht vorüber. Im Funkraum ist alles klar. Ich werde jetzt hinuntergehen und mich für kurze Zeit auf die Koje packen, bin schrecklich müde. Viel Schlaf wird es nicht geben bei dem fortwährenden Geschaukel. Man muß sich eben, so gut es geht, im Korb festkrallen. Der Sturm hat noch nicht  nachgelassen. Unablässig kracht es an die Bordwand. Unser alter Kahn knackt in allen Fugen. Wird er durchhalten? Schaurig hört sich das Toben hier unten an. Ob ich doch lieber aufstehe und auf die Brücke gehe? Wenn etwas passiert, komme ich hier unten lebend nicht wieder heraus, aber ich bin so müde. Es wird schon gut gehen. Wir gehören doch zu den alten Klarfahrern!


Elektroheizer

Zitat,, Kommt Kameraden, jetzt saufen wir solange, bis wir nicht mehr wissen, daß Weihnachten ist." Und so wird es wohl auch gewesen sein.
Was für ein schöner Beitrag einen Tag vor Heiligabend.  top
Dein Vater (WIMRE) hat wirklich einen sehr tollen Schreibstil.  :=D>  Vielen Dank für's Einstellen.


Schön auch, daß der Text viel besser lesbar ist als einige ältere. Hat die OCR-Software dazugelernt, oder hast Du etwas mehr nachgearbeitet?
Ich habe das Grauen gesehn

Seekrieg

#3
Hallo,
danke für das "Schulterklopfen". Ja, stimmt, man muß den alten Text schon etwas "durchkämmen". Generell bleibt aber die Erkenntnis: Was mußten unsere Väter und Großväter "durchmachen" für nichts und wieder nichts! Und heute wird bei jedem kleinen "Querschläger" lamentiert.
Trotzdem allen schöne Weihnachten!

Jürgen

Albatros

Hallo Seekrieg,

Zitat von: Elektroheizer am 23 Dezember 2011, 20:38:34
Was für ein schöner Beitrag einen Tag vor Heiligabend.  top
Dein Vater (WIMRE) hat wirklich einen sehr tollen Schreibstil.  :=D>  Vielen Dank für's Einstellen.



Besser kann man es nicht sagen......... :TU:)


:MG:

Manfred

Seefuchs

...ganz, ganz toll! Hoffentlich bald mehr!
seefuchs
In der Werft: SMS König; KM Lützow

smutje505

Hallo Jürgen auch ich bedanke mich für den schönen Beitrag  top top topund wünsche dir ein frohes Weihnachtsfest  :MG:

rocco

Hallo Günther,
danke für diesen tollen Bericht.
Ich finde die Berichte von Zeitzeugen sehr wertvoll und authentisch.
Interessant finde ich auch die Schilderung des Verschwindens von M-557.
Du hast schon mal in einen extra Thread darüber berichtet.
Ich war vor einiger Zeit mal an einem Trümmerfeld in der Nähe der Greifswalder Oie
tauchen. Unsere Vermutung war damals, daß dies die Reste dieses unglücklichen Bootes sein müssten.
Traurige Geschichte, gab es eigentlich Überlebende?

Viele Grüsse Rocco!

habichtnorbert

Hallo Rocco,

bei oder besser zwischen Oie und Usedom liegt der "M 14" vom Typ M 35,

Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

rocco

Zitatbei oder besser zwischen Oie und Usedom liegt der "M 14" vom Typ M 35
Moin,
das weiß ich. Das Trümmerfeld welches ich meine liegt allerdings nördlich der Insel Oie.
Ich werde vielleicht 2012 dort noch mal tauchen und mit offenen Augen versuchen Anhaltspunkte zu finden
die auf diesen Schiffstyp schließen lassen.

Viele Grüsse Rocco!

Seekrieg

Hallo Rocco,
es gab keine Überlebenden!

Gruß Jürgen

Ritchie

Die gesamte Besatzung von 44 Mann ging mit dem Boot verloren...

rocco

Danke für die Info.

viele Grüsse Rocco!

habichtnorbert

Zitat von: rocco am 27 Dezember 2011, 11:21:47
Moin,
das weiß ich. Das Trümmerfeld welches ich meine liegt allerdings nördlich der Insel Oie.
Ich werde vielleicht 2012 dort noch mal tauchen und mit offenen Augen versuchen Anhaltspunkte zu finden
die auf diesen Schiffstyp schließen lassen.
Viele Grüsse Rocco!

Hallo Rocco,

hab eben mal schnell unter "Wracktauchen in der Ostsee" geguggt, da ist auf der Karte als Position 3, nördlich der Oie, aufgeführt: "Seehund" , was auch immer darunter zuverstehen ist,
:MG:
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

rocco

Hallo,
was meinst du mit "Wracktauchen in der Ostsee"? Ein Buch oder einen Internetlink.
Über einen "Seehund" im Bereich der Oie ist mir nichts bekannt. Lediglich vor Wismar gibt es einen
auf 17m Tiefe zu betauchen.

Viele Grüsse Rocco!

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