Admiral Anton Haus

Begonnen von Felix Schultz, 24 Juni 2012, 18:35:50

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Felix Schultz

Hallo zusammen,

bin augenblicklich beim lesen von Oliver Truleis neuem Buch "Die U-Boot-Kommandanten der k.u.k. Kriegsmarine - Vergessene Schicksale", welches ich übrigens uneingeschränkt empfehlen kann.
Dabei stieß ich auf den Fregattenkapitän Emmerich Graf von Thun und Hohenstein, der den Auftrag bekam, das aufgelaufene italienische U-Boot GIACINTO PULLINO zu bergen, was misslang. Hierbei erinnerte ich mich wieder an ein vor einigen Jahren gelesenes Buch von Dieter Winkler namens "Seekadett Sturmvogel und andere Marineanekdoten", wo der Vorfall ebenfalls Erwähnung fand, allerdings erwähnt letzteres Buch nicht den Namen, sondern nur, dass es ein Graf war.

Das brachte mich wieder zum Marine- und Flottenkommandanten zurück, der meiner Ansicht nach in der Geschichtsschreibung zu gut wegkommt, bisher ist mir noch keine kritische Bewertung von Anton Haus untergekommen:

Haus war bekanntermaßen ein sehr kluger Kopf, seine negativen charakterlichen Eigenschaften, wie die ungerechte Beurteilung von Untergebenen und sein ausgeprägter Zynismus werden zwar hier und da erwähnt, allerdings fehlt völlig der Hinweis darauf, dass Haus selbst niemals seine Fähigkeiten in der Führung eines Gefechtes unter Beweis gestellt hat. In der Literatur wurde dies als "Strenge" verklärt.

Beispiele gibt es hierfür viele, Ablösung KA Ritter von Barry, der vor der französischen Flotte am 16.08.1914 zu schnell abgedreht hat, gegen HELGOLAND-Kommandant Seitz als er die WALDECK-ROUSSEAU nicht gefunden hat am 2.11.1914, Ablösung desselben nach dem Gefecht am 29.12.1915, und Kritik an den Kommandanten der Zerstörer LIKA und TRIGLAV, Kritik an Linienschiffsleutnant Singule nach Versenkung der GIUSEPPE GARIBALDI (Sontagsjäger) und und und

Selbst ist Haus einmal in die Adria ausgelaufen und hat auf Höhe Lissa umgedreht, und einmal hat er die Beschießung der italienischen Ostküste geleitet. Nicht ausgelaufen ist er um die Einschiffung der serbischen Armee zu stören, was Sokol lakonisch im Seekriegswerk mit der Bemerkung abtut, die Unterlagen hierzu seinen nicht mehr verfügbar, und daher könnten die Gründe der Entscheidungsfindung nicht erruiert werden.

In den Briefen an seine Frau träumte er auch schon vom Ruhestand, und wo er sich niederlassen wollte, klingt auch nicht so sehr nach Offensivgeist, ähnlich wie bei Hugo von Pohl kompensierte er dies mit dem Wunsch zum uneingeschränkten U-Bootkrieg.

Halpern musste bei der Biographie natürlich neutral sein, aber der eine oder andere etwas kritischere Kommentar, hätte meiner Ansicht nach schon sein dürfen, oder tut man ihm jetzt wieder unrecht?


Langensiepen

#1
Halpern musste bei der Biographie natürlich neutral sein, aber der eine oder andere etwas kritischere Kommentar, hätte meiner Ansicht nach schon sein dürfen, oder tut man ihm jetzt wieder unrecht?

Tach Herr "Schultz"
Halperns Werke sind nun 20 Jahre und mehr alt. "Neutral" fand ich ihn nie. Sollte ein Historiker auch nicht sein. Meiner Meinung nach schreibt er sehr " Anglo-Amerikanisch" . Für die Beurteilung von Personen der Mittelmächte hat  er ein großes Manko. Wie fast aller anglo-amerikanischen Historiker kann er sich nicht bei dieser Personengruppe mental in die Zeit 14-18 eindenken. Letzteres gilt leider auch fast ausnahmslos für seine deutschen Kollegen. Der große Verdienst Halpers ist aber, daß er in die Seekriegsgeschichte 14-18 frischen Wind gebracht hat. Aus Deutschland weht ja kaum ein lindes Lüftchen. Wenn in ca. 2 Jahren auf uns die "100 Years" zu rollen werden Sie noch dem Halpern dankbar sein für dessen klare Sprache. Einen deutschen oder ( und ) österreichischen "Halpern" sehe ich nicht.

Mit freundlichen Gruß
B. Langensiepen

Felix Schultz

Tach Herr Langensiepen,

stimme Ihnen bei der Einschätzung der bezüglich der fehlenden "Emphatie" durchaus zu, denke aber trotzdem, er hätte verschiedene Punkte durchaus mehr herausarbeiten können und müssen, was mir gänzlich fehlt ist eine Erklärung, weshalb Haus trotzdem er erst 1913 zum Marinekommandanten befördert wurde, eine scheinbar solch unangreifbare Position erreichen konnte. Sein Nachfolger Njegovan hatte diese ja nicht mehr. Die Kritik an der "Fleet in Being" wurde dann schärfer, wobei die Österreicher diese ja auf die Spitze getrieben haben, die verließen ja nicht mal mehr das Hafengelände, während die Hochseeflotte unter von Pohl wenigstens alle zwei Monate eine Runde um Helgoland herum drehte.
Heyssler deutet an, dass die anderen Admirale keine Führer zur See waren, wobei Haus diesen ja auch nicht unter Beweis stellen konnte oder wollte.
Auch das Ende ist in vier Sätzen abgehandelt: Er hatte leichtes Fieber, ging aber trotzdem zunächst an die Arbeit, gegen Mittag ins Bett, von da an ging es zügig bergab, und dann war er tot. :roll:

Spee

Tach die Herren,

über welche deutschen Admirale (Tirpitz ausgenommen) gibt's den Bücher o.ä., welche nach 1945 geschrieben wurde?
Außer je eine Buch über v. Müller und v. Hipper fällt mir gerade nichts ein. (Dabei wurde das über v. Hipper von einem Belgier geschrieben).
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Langensiepen

Aber Thomas!       :cry:
Hopman  !    Ist aber schwere Kost. Nebenbei: Hopmans zwei autobiografische Werke taugen auch 100Jahre später als Primärquelle immer noch.
Und für alle die es noch nicht kennen..................................   http://www.buchschapp.seekrieg14-18.de/
So, nun geh man schön zur Arbeit.....ich hab Ferien!  :-D

Spee

Aber Bernd,

ich meine doch Bücher über und nicht Bücher von. Hopman habe ich  :-) .
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Langensiepen

Thomas, du bist noch nicht ausgeschlafen! Also Wasser inne Augen , Kaffee einschenken, BILD anne Seite legen und die hier lesen:

Herausgeber: Michael Epkenhans
Titel: Albert Hopman – Das ereignisreiche Leben eines "Wilhelminers"
Untertitel: Tagebücher, Briefe, Aufzeichnungen 1901 bis 1920
Seiten: 1234
Verlag: Oldenbourg Wissenschaftsverlag
Ort, Jahr: München, 2004
ISBN 3-486-56840-X

kalli

Zitat von: Langensiepen am 26 Juni 2012, 09:00:39
Thomas, du bist noch nicht ausgeschlafen! Also Wasser inne Augen , Kaffee einschenken, BILD anne Seite legen und die hier lesen:

Herausgeber: Michael Epkenhans
Titel: Albert Hopman – Das ereignisreiche Leben eines "Wilhelminers"
Untertitel: Tagebücher, Briefe, Aufzeichnungen 1901 bis 1920



Ein Herausgeber ist eine Person oder Personengruppe, die schriftstellerische, publizistische oder wissenschaftliche Texte oder Werke von Autoren und Künstlern zur Publikation vorbereitet (Edition).

Gekürzt nach einem Artikel vom so geschmähten WIKI :-)

Peter Strasser

Ich denke Hopman ist nun ausreichend besprochen. Dass das Buch ebend doch mehr ist, als ein Buch von Hopman sieht man an den Umfassenden Kommentaren und Erläuterungen im Buch, die nunmal von Epkenhans stammen. Unstrittig ist zumindest dass das Buch ein Muss ist.

Um Auf Spees eigentliche Frage zurück zu kommen:
Zitat von: Spee am 25 Juni 2012, 22:27:40
Tach die Herren,

über welche deutschen Admirale (Tirpitz ausgenommen) gibt's den Bücher o.ä., welche nach 1945 geschrieben wurde?
Außer je eine Buch über v. Müller und v. Hipper fällt mir gerade nichts ein. (Dabei wurde das über v. Hipper von einem Belgier geschrieben).

Folgende Antwort:  --/>/> Vizeadmiral Karl Galster

Gruß
Piet

Spee

Servus,

ja, der Hopman ist etwas verzwickter zu erklären, aber darüber müssen wir nicht feilschen. Generell ist halt wenig zu den Admiralen der kaiserlichen Marine zu finden. Danke an Piet für den Tip. Hatte ich wohl im Schapp übersehen und wird bestellt.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Felix Schultz

Hopman ist halt auch in gewissem Sinne ein Angehöriger der "Tirpitzclique" gewesen. Auch wenn er bestimmte Sachen wie mit dem Flottengesetz klar erkannt hat.
Als negativ kreide ich ihm die Kritik an Flottenchef von Ingenohl an, den er für "vollkommen unfähig" hielt, was so kaum zu halten ist.
Ingenohl war immerhin in hohem Maße motiviert den Engländern entgegenzutreten, weil diese seiner Meinung nach die Existenz der Deutschen vernichten wollten.  Natürlich hat er unbestreitbar einige Fehler gemacht, aber Hipper ebenso, und der wurde nachher "Ritter von" und Kriegsheld.
Unterstrichen wurde dieser negative Eindruck von Kapitän zur See Wilhelm Widenmann, der von Ingenohl ebenfalls nichts hielt, seine despektierlichen Kommentare im KTB S.M.S. KOLBERG vom 24/25.01.1915 sprechen hier eine eindeutige Sprache.
Widenmann plädierte übrigens auch für Hippers Demission und der Wiedereinsetzung von Bachmann als B.d.A.

Spee

Ingenohl hatte das größte Problem neben sich, seinen definitiv unfähigen und kleingeistigen Stabschef von Pohl. Die Abneigung der "Tirpitzclique" war m.E. eher gegen von Pohl gerichtet, Ingenohl bekam halt den geworfenen Dreck mit ab.
Servus

Thomas

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Felix Schultz

Zitat von: Spee am 26 Juni 2012, 12:56:08
Ingenohl hatte das größte Problem neben sich, seinen definitiv unfähigen und kleingeistigen Stabschef von Pohl. Die Abneigung der "Tirpitzclique" war m.E. eher gegen von Pohl gerichtet, Ingenohl bekam halt den geworfenen Dreck mit ab.
Stimmt, wobei viele Marineoffiziere (Tirpitz natürlich nicht) nach Pohl als Nachfolger für Ingenohl gerufen haben, und dann haben sie ihn auch bekommen.
Bei der Nachfolge von Holtzendorff fiel die Wahl aus guten Gründen damals nicht auf Pohl. Das hatte man aber einige Jahre später wohl vergessen.

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