Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 8 Gäste betrachten dieses Thema.

Gabler

Hallo fsimon,

gemeint ist das Handbuch für die EM-II-Ausbildung in der 3. Abteilung (E-Messwesen) der Schiffsartillerieschule (SAS) in Saßnitz, zu finden glaube ich irgendwo in der Rolle 2177. Und ich glaube auch, Du hast recht, nach dem 10. Mal lesen ist vielleicht doch die Geometrie des Echosignals gemeint, das wäre dann ohne ausgeprägte Spitze eher rechteckig.

Beste Grüße

Gabler

Gabler

Zur Messung der Überreichweiten auf Gneisenau am 04.03.41:

Wie schon bekannt betrug der linear darstellbare Entfernungsbereich der OB-Röhre des FuMG 39 auf Gneisenau 25km. Die Meßkette hatte hingegen einen Meßbereich von 75km, welcher der maximalen Umlaufentfernung eines elektromagnetischen Impulses bei einer Tastfrequenz von 2000Hz entsprach.

Aufgrund der Nichtlinearität der sinusförmigen Zeitlinie war eine Messung nur innerhalb der ersten 25km linear und damit maximal genau, darüber wurde sie in steigendem Maße ungenau. Trotzdem konnte man auch weiter entfernte Ziele mit dem Gerät messen, man mußte nur im Hinterkopf behalten, daß die Genauigkeit abnahm. Nach dem EM-II-Protokoll auf PG wurden bspw. Landzeichen im April 1941 auf bis zu 75km Entfernung im Nebel gemessen, was dem maximalen Anzeigebereich der Meßkette entsprach. Wie genau diese Entfernungsmessung war, weiß kein Mensch, die Abweichungen wurden offenbar nicht ermittelt. Wie auch, machte man ja gerade erst die ersten Schritte und wußte man bis dato auch gar nicht, welche enormen Entfernungen überbrückt werden konnten.

Man kann aber sagen, daß das Gema-Gerät nicht nur als Feuerleitgerät und als Seezielgerät (mit der erforderlichen Genauigkeit) zu verwenden war, es konnte auch noch als Navigationshilfe gegen Landzeichen verwendet werden und zwar letztlich bis zum absoluten Ende des Meßbereichs (75/200km), zumindest als Peilgerät mit Entfernungsschätzung.

Wie nun läßt sich die zunehmende Meßungenauigkeit der Anzeige mit der offenbar absolut präzisen Entfernungsmessung des Pico de Teide, bei 416km auf den Kilometer genau der gekoppelten Entfernung entsprechend, erklären?

Der NVK-Mann hatte herausgetüftelt, daß das Echosignal nicht von einem "aktuellen" Sendeimpuls stammte, sondern bereits mehrere Takte früher gesendet worden sein mußte und erst wesentlich später zurückkehrte. Die erste Messung hat er bei 410hm genommen. In dieser Entfernung lag aber weit und breit kein Ziel, da die Schiffe sich mitten im Atlantik befanden, es mußte also von einem weiter als 75km entfernten Ziel reflektiert worden sein und er errechnete wie im Bericht dargestellt die Anzahl der Perioden (k), also der Umläufe, die das Signal später zurückkehrte. Soweit, so absolut beeindruckend.

Er unterschied dann den Bereich innerhalb eines Umlaufs als "Nahbereich" (bis 75km) und denjeningen mit weiterer Entfernung als "Fernbereich". Den richtigen Wert k hat er durch wiederholte Messungen und Berechnungen unter Variation der Tastfrequenz wie geschildert ermittelt. Und so kam er auf k=5 und damit ergab sich die tatsächliche Entfernung auf 5x Umlaufentfernung + Meßentfernung, also 5x75km + 41km = 416km. Die Entfernung des Fernbereichs wurde also gar nicht gemessen, sie wurde errechnet, und zwar mit ziemlich konstanten Werten (Impulsfrequenz, Lichtgeschwinndigkeit, stationäres Ziel). "Gemessen" an der Gesamtentfernung wurde nur der Anteil im Nahbereich, also die 410hm, und diese Messung war offenbar auf den km genau!

Dem NVK-Mann war der Aufbau des Geräts natürlich bekannt und damit auch die Erzeugung des Zeitsignals mit der Sinusspannung. Um einen daraus resultierenden Fehler bei der Messung zu eliminieren oder zumindest zu verringern, sollten die eigentlichen Messungen innerhalb des linearen 25km-Bereichs der OB-Anzeige stattfinden. Vermutlich deshalb drehte Gneisenau auf das Ziel zu und verringerte seine Entfernung bis zur letzten Messung auf (226hm) also um 184 "gemessene" Hektometer auf errechnete 393,4 km. Daher die abnehmenden Meßentfernungen!

Die Meßungenauigkeit beschränkt sich also auf den tatsächlich zu messenden Nahbereich, also ab 25km bis 75km, der darüber hinausgehende Fernbereich ist augenscheinlich extrem genau zu berechnen. Aber selbst bis 41km gemessener Entfernung scheint die Abweichung unter einem Kilometer gelegen zu haben, wie der Vergleich mit der gekoppelten Entfernung auf der Karte ergab. Nach meinem Dafürhalten waren somit auch Meßentfernungen über 25km zumindest taktisch verwendbar.

Zur Erinnerung: Lütjens funkte nach dem Gefecht mit Hood in seinem Bericht, daß die englischen Kreuzer bis auf mindestens 350hm Fühlung hätten halten können. Prinz Eugen hat diese Entfernungen mit 18Sm offenbar bestätigt, ob gemessen oder gekoppelt, weiß ich nicht, vielleicht weiß das jemand hier. Es wurde jahrzehntelang spekuliert, wie er wohl auf diese Zahl gekommen sei, wo doch das Gerät einen Meßbereich von "nur" 25km gehabt hätte. Selbst Müllenheim-Rechberg erwähnt nur diese Zahl. Gießler vermutete 1971, Bismarck hätte vielleicht ein Funkmessbeobachtungsgerät an Bord gehabt.

Tatsächlich war das Vormars-Dete-Gerät auf Bismarck aber offenbar mit einem NB-Einsatz versehen, desssen Meßbereich bei 40km (400hm) lag. Und selbst mit dem OB-Rohr und der Messkette konnte man Entfernungen weit größer als 25km messen, wenn das Zielecho groß genug war, um aus dem Grundrauschen herauszutreten, und zwar sehr genau, wie wir oben sehen.

Gabler

Sorry liebe Leute, Zirkelschluß!

Habe die einzelnen Rechengänge nochmal nachvollzogen, und nein, die Sendefrequenz ist eben nicht konstant! Sie verringert sich bei jeder Messung um etwa 20 Hz, je nach Stellung des Frequenzschalters. Wenn aber die Frequenz sich ändert, ändert sich auch die errechnete Entfernung für einen Umlauf.

Beträgt sie bei genau 2000Hz noch genau 75km, so sind es bei der zweiten Messung mit 2000Hz-19Hz=1981Hz schon 75,72km. Das ganze mit k=5 multipliziert kommt man auf eine errechnete k-fache Umlaufentfernung von 378,6km und nicht mehr auf 375km wie noch bei der ersten Messung mit 2000Hz. Deshalb springt das Zielzeichen so wie er es beschrieben hat nach links und die Meßentfernung beträgt nur noch 371hm. Zusammen ergibt das immer noch dieselbe Gesamtentfernung zum Ziel von 416km (genau 415,7km). Die Messungen wurden also doch in kurzem Abstand hintereinander durchgeführt, Gneisenau hat seinen Kurs offenbar beibehalten und hat nicht auf das Ziel zugedreht wie von mir fälschlicherweise angenommen. Nochmals sorry für den falschen Schluß!

Leopard2A6EX

#798
Wie immer super recherchiert, toll geschrieben - du übertriffst dich mal wieder selber! 💪

Edit: eine spontane Erinnerung zum Thema Überreichweiten: irgendwo, irgentwann meine ich mal gelesen zu haben, dass ein Würzburg-Riese vor Cap Arcona um 1943 rum mal den Mond eingemessen oder zumindest einen Rückstrahl-Impuls registriert hat. Ist jetzt off topic da nicht Marine - die Neugier übermannt mich aber.. ..ist das totaler Humbug oder evtl auch hier per koppeln und rechnen durchführbar (384000km)?

olpe

Hallo,
... Frank, sehr beeindruckende Darlegung und Analyse ... :TU:) ... danke für die Arbeit und für's teilen ... :MG: ...

Zitat von: Gabler am 13 Mai 2025, 09:20:52gemeint ist das Handbuch für die EM-II-Ausbildung in der 3. Abteilung (E-Messwesen) der Schiffsartillerieschule (SAS) in Saßnitz, zu finden glaube ich irgendwo in der Rolle 2177.
Hier die Quelle in Gänze:
T1022 R2177 PG36733 ab Blatt 0711. Unten beigefügt ein Textauszug und eine Skizze, die die Zahlen und Angaben aus dem post #794 nochmal unterstreichen ...

Grüsse
OLPE

olpe

#800
Hallo,
Zitat von: Leopard2A6EX am 17 Mai 2025, 03:42:30Edit: eine spontane Erinnerung zum Thema Überreichweiten: irgendwo, irgentwann meine ich mal gelesen zu haben, dass ein Würzburg-Riese vor Cap Arcona um 1943 rum mal den Mond eingemessen oder zumindest einen Rückstrahl-Impuls registriert hat. Ist jetzt off topic da nicht Marine - die Neugier übermannt mich aber.. ..ist das totaler Humbug oder evtl auch hier per koppeln und rechnen durchführbar (384000km)?
Trenkle beschreibt in ,,Die deutschen Funkmessverfahren bis 1945", Ausg. 1979, S.66, die Mondgeschichte so:

Zitat:
Ein weiteres Versuchsgerät war von der Fa. Telefunken (Stepp) bei Göhren auf der Insel Rügen errichtet in worden. Diese Anlage »Würzmann« verwendete einen der Sendeleistung verstärkten »Würzburg«-Gerätesatz (560 MHz, 120 kW) mit einer dem »Wassermann« ähnlichen Antenne, bestehend aus 2 vertikalen Reihen mit je 16 Feldern des DMW-Richtfunkgerätes DMG 4K »Michael«, die an 2 feststehenden Gittermasten von 36 m Höhe befestigt waren. Mit diesem Gerät wurden Reichweiten von über 200 km gegen Flugzeuge erreicht, u.a. wurden damit Luftkämpfe über Berlin beobachtet. Vermutlich erzielte dieses Gerät auch die ersten Echos vom Mond (Entfernung 384000 km, Laufzeit der elektrischen Wellen ca. 2,5 Sekunden), da gelegentlich ein bestimmtes starkes Echo erst ca. 2½ Sekunden nach Abschaltung des Senders verschwand.

Zitat Ende.

Hier ein Bild der Anlage (Q: deutschesatlantikwallarchiv)
--/>/> "Würzmann" bei Göhren/Rügen

Grüsse
OLPE

Leopard2A6EX

Danke Olpe für's aufstöbern! Mal wieder in den Trenkle's versteckt - man muss nur wissen wo.. 🙈

Gabler

#802
Hallo Ihr zwei!

@Leopard:

auch ich habe einen 79-er Trenkle  :wink:  im Regal stehen aber diese Geschichte bisher überlesen. Dabei hatte ich noch nachgedacht, ob das denn überhaupt geht und die Funkwellen nicht vielleicht an der Ionosphäre reflektiert werden, aber das GPS funktioniert ja auch über Funkwellen und wir kennen alle die Fernsehübertragungen vom Mond oder vom Mars, von daher kann das schon so gewesen sein mit der Reflexion vom Mond. Zumal die elektromagnetischen Wellen im Vakuum des Weltalls auch keine Ablenkung oder Abschwächung erfahren.

Wer weiß, wenn der Suchstrahl der Gneisenau, der nicht den Berggipfel getroffen hat, ins Weltall entwichen ist und in einigen Lichtjahren von irgendeiner fernen Galaxie zurück reflektiert und aufgefangen wird, dann können wir sagen: Die Gema hat das gemacht  :-D

@olpe

Hab´ vielen Dank für den Quellennachweis, meine eigenen Unterlagen sind systematisch nach technischen Kriterien oder nach Schiffseinheiten sortiert, da finde ich das für mich einfacher, aber leider nicht die Rollennummer...

Ich habe aber auch noch etwas: Den EM-II-Erfahrungsbericht von Gneisenau gibt es als schwarz-weiß-pdf auf irgendeiner NARA-Rolle, da fehlt eine Seite (46). Er ist aber außerdem als Anhang im KTB Gneisenau (Band 2, Januar bis März 1941, BA-Archiv-Nr. RM 134-256) hinterlegt, und zwar als vollständiger Farbscan. Die Lesequalität ist deutlich besser als die der PDF. Ich habe den Bericht extrahiert und als Zip-Datei hochgeladen:

(Download-Link entfernt, da unvollständig)

Die Unterschrift des NVK-Mannes, ein Doktor des Ingenieurwesens, ist nicht genau lesbar, könnte Krautwig heißen. Kennt jemand diesen Namen?

Mehr folgt

Grüße

Gabler


Thoddy

#803
Danke, ich hatte bisher nur das schwarz weisse Teil. Es fehlen jedoch noch fünf Seiten nach der Kühlhaube

Zielzeichenansicht(Skizze) siehe Bild 836
das Zielzeichen löst beide Masten innerhalb der Signallänge als separat auf.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Gabler

Hi,

danke für den Hinweis, hast recht, das war ein Kopierfehler meinerseits. Ich habe den Bericht nochmal neu gepackt und hochgeladen, die Zip-Datei heißt nun: "EM-II-Bericht_Gneisenau_komplett.7z" und enthält nun 60 Blätter, also Bilddateien. In der vorherigen Datei oben waren es nur 55.

Den Downloadlink oben habe ich herausgenommen, stattdessen findet Ihr hier den vollständigen Bericht:

https://www.mediafire.com/file/dr9xkuhm33xnuau/EM-II-Bericht_Gneisenau_komplett.7z/file

Gerade die Abbildungen sind bei dem Farbscan besser erkennbar. Man sieht bspw. auf dem Foto 6 Kontakte in 4 Reihen bei der Röhre, also eindeutig der Sockel eines TS6-Senders. So zum Beispiel.

Grüße

Gabler


Gabler

Das ist der Dampfer mit den zwei Masten, auf den Thoddy hingewiesen hat, welcher in dem Bericht beschrieben wird:

https://museum.wales/collections/online/object/59985984-ea50-3ce1-bbdf-a89532c56d9f/MV-CHILIAN-REEFER-glass-negative/

"Chilian Reefer", ein modernes dänisches 1800t-Schiff, Baujahr 1936, welches von den Engländern erbeutet und für Kriegstransporte verwendet wurde. Die erste Sichtung erfolgte nach KTB am 16.03.41 um 19.03Uhr. Sechs Minuten später dreht er ab, um 19.15 Warnschuß auf 196hm, daraufhin beginnt er zu funken und erwidert das Feuer.

Die erste EM-II-Messung erfolgte nach dem EM-II-Bericht wohl erst auf 180hm, sicheres Zeichen dann auf 155hm. 19.21 nebelt der Gegner sich ein, darauf S.A. Feuereinstellung, stattdessen M.A. Feuererlaubnis auf 146hm. Anzunehmen, daß spätestens ab da radargestützt geschossen wurde, 19.29 wieder Feuererlaubnis für S.A., da Sichtbehinderung der M.A. durch Spritzwasser. Um 19.30 wird der Dampfer auf 119hm gemessen und kommt um 19:33 wieder in Sicht, woraufhin er um 19:34 von der S.A. unter Feuer genommen wird.

Da hat man also offenbar kombiniert geschossen, E-Messung per EM-II, Peilung sicherlich optisch. Erst da werden auch die ersten Treffer verzeichnet und der Dampfer stellt das Schießen ein.

Gabler

Der Vollständigkeit halber:

Der Beschuß dauert noch bis 20.06, als das Schiff von vorn bis hinten brennt und zwei Rettungsboote zu Wasser gelassen werden. Um 20.20 werden aus einem ersten Rettungsboot 3 Mann aufgenommen, beim Manövrieren auf das zweite voll besetzte Boot um 20.26 werden vom EM-II-Gerät zuerst zwei Ziele auf 178hm und auf 238hm ausgemacht, dann noch ein drittes, bei dem es sich wohl um den eigenen Versorger "Uckermark" handelt, welcher das erste Ziel als Kriegsschiff ausmacht. Die Rettungsaktion wird daraufhin abgebrochen und Gneisenau läuft mit Höchstfahrt ab. Das erste Ziel wurde von Uckermark als Schlachtschiff Nelson-Klasse identifiziert...

Zum neuerlichen Gefecht mit Nelson kam es daher dieses Mal nicht, beim Gefecht mit dem Dampfer gab es aber einen Rohrkrepierer an einem der StB-MA-Türme und einen Schwerverletzten, weil sich ein Laternenbrett löste und dem Mann auf den Kopf fiel, der dabei einen Schädelbasisbruch erlitt. Das Sinken der beschädigten "Chilian Reefer" wurde nicht beobachtet. 9 Mann kamen laut wiki dabei ums Leben.

Zu Ehren der Gefallenen:
:MG:

Gabler

Bei dem Ersteller des EM-II-Berichts handelt es sich wahrscheinlich um den Oberleutnant z.S. Dr. Franz Krautwig, geb. 20.06.1909. Er war von 1933-1935 wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU München und hat am 15.01.1936 seine Doktorarbeit abgegeben, Thema:
"Der Impulskompensator, ein Empfangsgerät für die Fernmessung nach dem Impulsfrequenzverfahren".

Über seine militärische Laufbahn ist sonst nichts weiter bekannt, er wird aber in diesem Forum als Angehöriger der Kriegsmarine gelistet:
https://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=11403.30
Weiterhin ist er offenbar gleich zwei Monate nach der Gneisenau-Unternehmung als Angehöriger des xB-Dienstes wieder eingestiegen, diesmal auf Bismarck und am 27.05.1941 zusammen mit seinem Schiff im Alter von 32 Jahren untergegangen. Auch hier in Gedenken:

:MG:

fsimon

Wow, vielen Dank für den Gneisenau Bericht. Das ist ein Schatz. Sehr spannen ist, wie beschrieben wird, dass die Spannung / Sendeleistung gesenkt wurde um die Auflösung zu erhöhen, wenn man näher am Ziel war, so dass die feinen Spitzen erhalten blieben. Das war sehr pfiffig!
Gruß
Frank

Gabler

Ja, man erhält ein wenig den Eindruck, als wäre diese kriegerische Unternehmung für ihn eine wissenschaftliche Forschungsreise, was sie ja in gewisser Hinsicht auch war. Erinnert ein wenig an Charles Darwin, der mit dem englischen Kriegsschiff "HMS Beagle" unterwegs war und auf den Galapagos-Inseln die später berühmt gewordenen Galapagos-Finken entdeckte. Aber zurück zum Frequenzwahlschalter  :-D  Dr. Krautwig schreibt unter I.2.a. (S.10):

ZitatDer Frequenzwahlschalter, der dazu dient, "Nahzeichen" von Objekten unter 75km Entfernung von "Fernzeichen" von Objekten über 75km Entfernung zu unterscheiden, hat sich... sehr gut bewährt

Diese Aussage über den Verwendungszweck des Schalters ist etwas mißverständlich, denn nur er hat ihn zu diesem Zwecke benutzt, quasi "zweckentfremdet". Wäre der Schalter dafür konzipiert worden, hätte man ja bereits gewußt haben müssen, daß die Möglichkeit bestand, im "Fernbereich", also außerhalb der eigentlichen Auslegung des 75km-Meßbereichs Echosignale empfangen und deren Entfernung über die Frequenzänderung bestimmen zu können. Davon habe ich jedenfalls bis zu seinen eigenen Erkenntnissen auf Gneisenau bislang nirgends gelesen. Krautwig selbst schreibt unter II.2.a.)aa.) Reichweite gegen Landziele (S.16):

ZitatDie Entfernung der gemessenen Landziele war so groß, dass ein besonderes Verfahren zur eindeutigen Ermittlung von k ausgearbeitet werden mußte,
was er dann selbst vorstellt. k ist die ganzzahlige Perioden- oder Umlaufanzahl. Auch ein Drehkondensator für die stufenlose Verstellung der Tastfrequenz (s.S.10f.) war nicht vorhanden, sondern wurde von ihm selbst eingebaut. Seine Berechnungsbeispiele für die Ermittlung der wahren Entfernung (ab S.18) stammen alle vom 04.03. und später im Mittelatlantik, ich führe sie mal auf, allein der beeindruckenden Beträge wegen:

1.) 04.03. 05:36: Pico de Teide 416km berechnet, 416km gekoppelt

2.) 04.03. 05:52: Bergspitze Madeira 625km berechnet, 620km gekoppelt

3.) 05.03. 01:20: Afrikanische Küste? (unklar) 620km berechnet, 750km gekoppelt

4.) 05.03. 00:14: Las Palmas 232km berechnet

5.) 05.03. 00:14 (?): andere kanarische Insel 308km

6.) 08.03. 00:40: Kapverdische Inseln 480km berechnet, gekoppelte Entfernung stimmt

und schließlich ein Schiffsziel:

7.) 05.03. 03:20: Schiffsziel (mglw. Nelson) 101km berechnet, kein Landziel in der Nähe.

Allerdings gab es schon wesentlich früher, noch im "Norden" Echosignale von Landzielen, die weit außerhalb des 75km-Meßbereichs lagen. So wurde die norwegische Küste am 26.01. auf 1000hm (100km) gemessen und wie schon erwähnt am 02.02. der Bärenberg auf Jan Mayen mit 162km. Wie diese Entfernungen bestimmt wurden, schreibt er leider nicht. Ich vermute, er hat da schon erkannt, daß diese Echosignale erst nach dem zweiten bzw. dritten Umlauf zurückkamen und hat der gemessenen Entfernung einfach 75km, bzw. 2x75km dazu addiert um sie dann mit der gekoppelten Entfernung der bekannten Ziele in dieser Richtung zu vergleichen und zu identifizieren. Sein Berechnungsverfahren für ein Vielfaches dieses Umlaufs ("k") hat er dann "erst" Anfang März entwickelt und angewendet, als er erkannte, daß Signale noch auf extrem größerer Entfernung zurückkamen.

Fortsetzung folgt

Grüße

Gabler

Impressum & Datenschutzerklärung