Sinnhaftigkeit der 600t-T-Boote

Begonnen von Huszar, 19 Oktober 2014, 20:10:45

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Huszar

Hallo,

Im Dieselzerstörer-Thread kam ja die Frage nach dem Sinn der "600t"-T-Boote auf. Und gleich der zugehörige Thread dazu.

Die Entwürfe für solche Boote (Dtl, Fr, It, J) ging ja auf die internationalen Flottenverträge zurück, wo den Unterzeichnern freigestellt wurde, eine beliebige Anzahl Einheiten unter 600t zu bauen, die dann nicht auf die Zerstörer-Tonnage aufgerechnet wurden. Ebenfalls wurden Schiffe zwischen 800 und 2000 Tonnen freigestellt, wobei die keine T-Rohre haben durften, höchstens 21Kn laufen durften, und eine begrenzte Zahl an Kanonen haben durften. Uns interessieren hier aber nur die unter-600-Tonner.

Für jeden dürfte es damals klar gewesen sein, dass auf solch einer beschränkter Tonnage kein all-rounder geht, die Entwürfe mussten auf klar umrissene Aufgabenstellungen ausgerichtet werden. Etwas anderes würden die Boote nicht, oder nur sehr eingeschränkt erledigen können (wie auch in der Realität auch vorgeführt). Auch müssen eindeutige Kompromisse eingegangen werden.

Trotzdem haben mM diese Boote eine Darseinsberechtigung, zwar nicht in der ersten Linie, dafür aber für zweitrangige Aufgaben, womit sie echte Zerstörer freimachen können. Mögliche Versionen für die 600-Tonner sind:

1, Schneller Geleiter
Name sagt alles. U-Jäger.
Hier wird der Schwerpunkt auf Seeausdauer und Seefähigkeit gelegt, T-Waffe ist nur als Gelegenheitswaffe an Bord (2 Rohre, eventuell fest eingebaut, vielleicht kleineres Kaliber), Kaliber der Rohrwaffen ist auf 7-9cm begrenzt (Flak), dafür hat man eine recht starke U-Abwehr-Bewaffnung. Geschwindigkeit kann unter 30Kn liegen. Eventuell tertiär als Minenleger brauchbar.
Vorteil: Zerstörer werden im Geleitschutz ersetzt
Nachteil: besteht gegen Überwasser-Einheiten kaum

2, Torpedo-Kanonenboot
Wäre als Wachschiff für abgelegene Gebiete vorzusehen, oder als Geleiter in Gebiten, wo mit dem Auftauchen gegnerischen Überwasser-Einheiten gerechnet werden kann.
T-Waffe ist weiterhin nicht überproportional (2-4 Rohre), dafür stärkere Kanonenbewaffnung (bis 12,7cm?), U-Jagd-Ausrüstung, Seeausdauer und Seefähigkeit sind auch keine Prioritäten, die Geschwindigkeit sollte aber 30Kn nicht unterschreiten. Oder beliebige Kombination dieser Eigenschaften
Vorteil: kann gegnerische Zerstörer zumindest beunruhigen, mit Aussicht auf Erfolge
Nachteil: U- und Luft-Abwehr nur mässig

3, Angriffsboot
Während die ersteren eher defensive Boote sind, ist diese Kategorie eindeutig auf Offensive ausgelegt.
T-Bewaffnung sollte so stark, wie nur irgend möglich sein (6 Rohre), eine hohe Geschwindigkeit (32Kn+) ist ebenfalls vorzusehen, dafür ist die Kanonenbewaffnung, Seeausdauer, Seefähigkeit nebensächlich.
Vorteil: billige Schiffe, die schön austeilen können (fr. Junge Schule von vor 1900 lässt grüssen!  :-D)
Nachteil: für Geleitaufgaben kaum brauchbar, in offenen Seegebieten praktisch nicht einsetzbar.

So, eure Meinungen?

mfg
alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

J.I.M

Erstaml eine Frage: Hat jemand angaben, Was ein Torpedorohrsatz(3er/4er) der Kriegsmarine mit Torpedos mit allem Drum und dran gewogen hat?
Hätte man Gewichtsneutral die 600t Boote auch mit 2 105mm + 3-4 Torpedorohren bauen können?

JIM

bodrog

Interessanter Threat, aber die Franzosen (Melpomene-Klasse) und die Japaner (Tomozuru-Klasse) sind mit diesem Typ baden gegangen (die Japaner wörtlich)... wenn  ich mir die dt. Entwürfe prä-WK I ansehe, dann wäre das ein Rumpf irgendwo zwischen S 138 und V 161 mit der Erstausrüstung aber ohne VTE-Maschine...

MfG

Kajot

Typ I und II finde ich nachvollziehbar und positiv. Hätte die KM deutlich weitergebracht.
Aber 3. "Angriffsboot", das seine offensiven Fähigkeiten ausschließlich auf T´s beschränkt, ist mir zu beschränkt. Ich beziehe mich wieder auf Typ 35 und 37.
Das Argument mit den vergrößerten S-Booten kann ich nicht nachvollziehen, denn die waren in "Normalgröße" vorhanden und besaßen keine schlechten Seeeigenschaften. Die deutschen S-Boot-Einsätze in der Ostsee, im Mittelmeer, im Kanal und vor der englischen Ostküste haben gezeigt, dass das mit ihnen sehr gut machbar war. Daher: wie weit wollte man den Einsatzbereich denn noch erweitern? Scapa Flow?  :-D
Ich vermute dahinter wieder mal den Raeder, der noch die T-Boote im Skagerrak beim Durchbruch durch die Schlachtlinie im Sinn hatte.

Und dann noch die Anzahl! 21 Boote dafür zu verwenden, war angesichts der damaligen Situation irrsinnig. Besonders beim Typ 1937 - Baubeginn 2 Monate nach Kündigung des deutsch-englischen Vertrages!
Du schreibst, die Bestellungen waren ´raus, das Material bestellt etc., also zu spät. Als wenn es das erste Mal gewesen wäre, dass die Marine Aufträge storniert hätte. Man denke nur an den Baustopp GU.

Im übrigen hat die Geschichte ja ihr Urteil über die Boote gesprochen. Sie waren schlichtweg nutzlos. Und ob man davon leicht abgeänderte Varianten hätte bauen können, die aber eine adäquate Gewichtung gehabt hätten, wage ich zu bezweifeln - vielleicht wären die Stabilitätsprobleme etwas geringer ausgefallen, mehr aber auch nicht.

Peter K.

Zu bedenken bleibt bei einer Beurteilung, dass beim Flottentorpedoboot 39 bereits für weitere Boote des Torpedoboots 37 in Beschaffung befindliche Maschinenanlagen verwendet werden mussten!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

p-kreuzer

Moin,
ich persönlich finde das eine ganz, ganz spannende Schiffsklasse! Irgendwie gefallen mir die "Lütten" :-D
Zumindestens ist es möglich in der Größe was gescheites zu konstruieren, siehe z.b.:
https://en.wikipedia.org/wiki/Sleipner-class_destroyer

und auch die wären in einer abgespeckten Version nutzbar, bzw. waren es nach dem Umbau als Geleitboote ja tatsächlich noch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tomozuru-Klasse

auch interessant Richtung großes S-Boot, aber für hier vielleicht denn doch zu klein:
http://www.navypedia.org/ships/thailand/th_dd_trad.htm

Grundsätzlich finde ich das eine Kombination der im Startbeitrag genannten Nummern 1+2 sinnvoll und möglich war, das Angriffsboot eher nicht. Speziell die norwegischen Sleipners gefallen mir ausgezeichnet, mit 3x10cm und 2x53,3TR bei 30+Kn und lt norw. Wiki 3500sm/15Kn Reichweite(stimmt das überhaupt???)
Was könnte man in der Gewichtsklasse mehr verlangen?
So etwas in der Art finde ich hätte etliche der Probleme der DKM im Küstenvorfeld deutlich reduzieren können.

Gruß
Jürgen


Urs Heßling

moin,

Zitat von: Kajot am 19 Oktober 2014, 22:19:32
Das Argument mit den vergrößerten S-Booten kann ich nicht nachvollziehen, denn die waren in "Normalgröße" vorhanden und besaßen keine schlechten Seeeigenschaften. Die deutschen S-Boot-Einsätze in der Ostsee, im Mittelmeer, im Kanal und vor der englischen Ostküste haben gezeigt, dass das mit ihnen sehr gut machbar war.
Wenn wir ganz ehrlich sein wollen: die guten Seeeigenschaften besaßen erst die ab Mai 1940 zulaufenden Boote mit der "geschlossenen Back" (ab S 26).
Man könnte sich ein "linear vergrößertes" S-Boot mit einer Verdrängung < 200 t vorstellen, aber hätten dafür (mit einem 4-Wellen Antrieb wie beim Typ Jaguar der Bundesmarine) damals schon genug leistungsstarke Dieselmotoren zur Verfügung gestanden ?
Meines Wissens hat die Reichsmarine wegen des Fehlens dieser Antriebsoption die im Versailler Vertrag zugestandenen zwölf 200-Tonnen-Boote nie gebaut.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Sven L.

Dann würde ich die A-Klasse aus dem WWI einfach als Neuauflage bauen. Waren feine Teile, die sich im Kanal gut behauptet haben.

Besonders die letzte Variante A-III.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


_________________________________
Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Sven L.

Ich zitier mal aus dem Wiki:

ZitatA III - Boot (Amtsentwurf 1916)

Im Laufe des Krieges stellte sich heraus, dass die Boote der A II-Klasse auch noch nicht voll befriedigten. Das Konstruktionsamt der Marine entwarf darauf hin unter Rückgriff auf das 1910 von der Schichau-Werft für die Dänische Marine gebaute Torpedoboot Tumleren ein größeres Zwei-Schrauben-Boot. Im Gegensatz zu den A I und A II Booten zeigten diese Fahrzeuge hervorragende See-Eigenschaften.
Technische Daten der A III - Boote ab A 56
Länge: 60,0 - 61,10 m
Breite: 6,30 m - 6,40 m
Tiefgang: 2,34 m
Verdrängung: 381 - 392 t
Antrieb: 2 ölgefeuerter Wasserrohrkessel und 2 Schichau-Getriebeturbinen bzw. 2 direktwirkende AEG-Vulcan-Turbinen mit 5800 - 6000 PSw auf zwei Wellen
Höchstfahrt: 26,7 - 28,2 kn
Bewaffnung: 2 × 8,8 cm Utof[2] L/30, 1 Torpedorohr 45 cm (aber SMS A 80 3 × 8,8 cm Utof L/30, kein Torpedorohr)
Besatzung: 50-55 Mann

Den A-II-Booten folgte eine Serie von zwölf vergrößerten A-III-Booten. A 56 bis A 67 sowie A 80 bis A 91 entstanden bei der Vulcan-Werft in Stettin und A 68 bis A 79 und A 92 bis A 95 wieder bei Schichau. Dies waren die letzten Boote der A-Serie.

Da der Typ A-III in seinen Leistungen überzeugte, sind nach einem technisch modifizierten Entwurf ab dem Jahr 1941 eine Serie von 24 weiteren Booten als so genannte Große Torpedofangboote für die Kriegsmarine erbaut worden. Die Abmessungen und Leitungsparameter blieben in etwa gleich, nur wurden die Boote primär für den Transport von Torpedos im Rahmen der Ausbildung verwandt und nicht mehr im Seekrieg.

Ich denke da könnte man mehr draus machen (in der Neuauflage)
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Clausewitz - Vom Kriege

Urs Heßling

moin,

Dann wäre doch A III für Typ 1 (SG) und Sleipner für Typ 2 (TK) eine Konstruktionsalternative.

Das Angriffsboot (Typ 3) muß sich einem artilleristisch überlegenen Gegner-Geleitfahrzeug durch höhere Geschwindigkeit entziehen können. Damit geraten wir zu einer Forderung v > 34 kn.

Gruß, Urs
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Spee

Servus,

Dann würde ich die A-Klasse aus dem WWI einfach als Neuauflage bauen. Waren feine Teile, die sich im Kanal gut behauptet haben.

Wo hast du denn den Schmarrn her?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Sven L.

Zitat von: Spee am 20 Oktober 2014, 05:22:03
Servus,

Dann würde ich die A-Klasse aus dem WWI einfach als Neuauflage bauen. Waren feine Teile, die sich im Kanal gut behauptet haben.

Wo hast du denn den Schmarrn her?

ich Rede ausschließlich vom A-III Typ. Wenn du was gegenteiliges zu behaupten hast, nenne deine Quelle. Meine habe ich genannt. Insofern hättest du dir deinen Post in der Form sparen können  :roll:
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Huszar

Moin, Moin,

Zitatich Rede ausschließlich vom A-III Typ. Wenn du was gegenteiliges zu behaupten hast, nenne deine Quelle. Meine habe ich genannt. Insofern hättest du dir deinen Post in der Form sparen können
Die Quelle ist - glaube ich - eine gewisse Diplomarbeit  :-D

Zum Thema:
man kann auch anders, als mit den 600-Tonnern baden gehen. Die Italiener waren mit ihren Spicas auch recht zufrieden. Die Norweger wurden auch angeführt, und die Dänen hatten auch einen Typ (sogar auf unter 500t). Man darf halt die Boote nicht mit Zeugs überladen, und sie sinnfremd einsetzen (wie Fr, Dtl und J es gemacht haben).
Die Angriffsboote würde ich auch in Schutz nehmen. Sind seefähiger, als normale S-Boote, dafür mit wesentlich schwererem Punch, und können nicht mit Maschinenkanonen/leichten Kanonen abgedrängt werden. Klar, eine höhere Geschwindigkeit ist für die Pflicht.

Wenn wir aber schon dabei sind:
600-Tonner machen nicht für jedes Land sinn.
England und die USA brauchen die eigentlich nicht, haben ja massig ältere Zerstörer vorhanden, für Geleitaufgaben und in den Kolonien sind die 800-2000-Tonner interessanter.
Für Japan machen die bedingt Sinn, haben ja kaum ältere Boote. Für ozeanische Geleitaufgaben sind die 800-2000-Tonner interessanter, allerdings hätten die kleineren in den Kerngebieten eine Darseinsberechtigung. Mit der Fixierung auf die Entscheidungsschlacht sind die Angriffsboote als Billigvariante nicht verkehrt.
Für Dtl, Fr und Italien machen sie dann wieder Sinn, da keine älteren Einheiten (im Falle Italien gibts die, sind aber schon zu alt und für den ERsatz reif), und relativ wenige ausgewachsene Zerstörer. In den beengten GEbieten (südliche Nordsee, Mittelmeer, Kanal, Biskaya) wären die kleinen durchaus brauchbar. Dafür sind die 800-2000-Tonner weniger interessant.
Für die Russen machen die Boote auch bedingt Sinn, wobei sie praktisch Null Geleitaufgaben hätten.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Spee

Servus,

ich Rede ausschließlich vom A-III Typ. Wenn du was gegenteiliges zu behaupten hast, nenne deine Quelle. Meine habe ich genannt.

Deine Quellen konnte ich nicht finden. Wo nochmal?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Matrose71

Das ganze steht in Wiki

http://de.wikipedia.org/wiki/A-Boot#A_III_-_Boot_.28Amtsentwurf_1916.29

Als Quelle werden diese Bücher genannt vom gleichen Author:

Harald Fock: Schwarze Gesellen. Bd. 1 Torpedoboote bis 1914. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1979.
Harald Fock: Z-vor! Bd. 1 Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten 1914 bis 1939. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1998.
Viele Grüße

Carsten

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