SCHARNHORST 1942 Gotenhafen mit POTSDAM

Begonnen von SchlPr11, 17 Dezember 2016, 12:03:00

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Herr Nilsson

Aus den Tiefen meines Gedächtnisses gekramt, erinnere ich mich vage an folgende Sachverhalte:
Weiße Mütze vom 20.4. bis 30.9. d.h. blaue Mütze vom 1.10. bis 19.4.
Normaler Gottesdienst war freiwillig Sonntags und (häufig?) bestuhlt. Gottesdienste zu Gedenktagen waren Pflichtveranstaltungen.
Müsste ich aber ggf. morgen nochmal verifizieren.

Die Winkelmessung des Schattens lässt außer acht, dass die Sonne nicht genau parallel zur Hauswand Schatten wirft. Ich bezweifle, dass man den Winkel so ohne weiteres direkt ablesen kann.
Gruß Marc

Hägar

Hallo, Herr Nilsson

Zweifel beleben das Geschäft, aber trotzdem die Nachfrage, worin er konkret besteht und was ich mir geometrisch darunter vorstellen soll, dass 'die Sonne nicht genau parallel zur Hauswand Schatten wirft'.
Dass es eine Unschärfe in der Messung gibt, ist dabei ohne weiteres zugegeben.

Die konkrete Situation im seinerzeitigen Gotenhafen war geometrisch relativ unkompliziert, da die Pier des Seebahnhofs fast ost-west ausgerichtet war (und ist) (ca. 84°).
Die Kaje mit dem betürmten Gebäude verlief im rechten Winkel dazu, also ca. 354°, und man darf annehmen, dass die Gebäudefront parallel dazu war.
Die schattenwerfende nördliche Balkonbrüstung dürfte rechtwinklig zur Hauswand ausgeführt gewesen sein und nicht irgendwie schräg.
Der Fotograf befand sich damals rund 250/260 m von der Gebäudefront entfernt (gegisst nach Länge POTSDAM).
Man kann also – bei aller Unschärfe – sagen, dass er von Osten her auf eine quasi nord-süd-verlaufende Wand sah, auf die eine ost-west-verlaufende Balkonbrüstung ihren Schatten warf.

Einig sind wir uns ja sicher, dass die Balkonbrüstung beim Sonnenaufgang über der Danziger Bucht einen waagerechten Schatten warf (mal außer acht lassend, mit welchem Azimut).
Weiterhin gibt es sicher keinen Dissens, dass der Winkel zu der Zeit, als die Sonne in der Flucht des Gebäudes stand (also quasi zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ostseite insgesamt in den nachmittäglichen Schattenbereich 'rutschte'), die Sonnenhöhe angab. Alle Winkel zwischen SA und Mittag (etwa, weil nicht in 180°, sondern in 174° stehend) müssen also zwischen Null und Sonnenhöhe gelegen haben.
Insofern allgemein: Auch ohne jede Winkelmessung ist eine vormittägliche Schattensituation belegt.

Die gemessenen +- 53° des Schattenwurfs erlauben eine Grenzwertbetrachtung für die Sonnenhöhe, nämlich: Wann im Jahr wurde in Gotenhafen ein Winkel von +- 37° überhaupt erreicht – im Winterhalbjahr ja jedenfalls nicht, denn am 21.12. kam sie gerade mal 12° über den Horizont.
Mit dieser Grobfrage kommt man vereinfachend auf die Datumsgabel, die ich angegeben hatte.

Da wir ja nun doch noch etwas detaillierter eingestiegen sind, kann man qualitativ noch dies hinzufügen.
Wie gezeigt, haben wir es mit einer Vormittagssituation zu tun. 
Das heißt, dass der Winkel von +- 37° eben noch nicht das erreichbare Mittagsmaximum darstellt, das vielleicht 40° oder auch 45° betragen haben kann.
Ein solcher Sonnenstand bedeutet natürlich, dass sich die Zeitgabel weiter einschränkt, um wieviel, kann man aber leider eben nicht sagen.

Das wäre ein wenig anders, würde man die Länge der Balkonbrüstung kennen. Dann könnte man aus der Schattenlänge noch das Sonnenazimut ermitteln und damit die Tage, an denen die Sonne irgendwann am Vormittag eine Höhe von +- 37° durchlief. Wer möchte, kann sich ja auch am Winkel der Offiziersschatten gegen die Wegerung der Schanz versuchen unter der Annahme, dass die Stöße in Schiffsrichtung verliefen und die Mittschiffslinie von SH parallel zur Kaje anzusetzen ist. Man kann Fotos schon eine Menge an Geheimnissen entlocken :-)

Nur als Beispiel: Am 01.09. stand die Sonne um 10:35 DSZ in 138°/37° Höhe, und peilte um 12:28 in 174°/44° Höhe.
Klar ist jedenfalls, dass – dunkle Kopfbedeckungen hin oder her – ein Termin nach dem 1.10. nicht in Frage kommt.
An diesem Tag erreichte sie mittags nur noch eine Maximalhöhe von 32,5°, vormittags also noch entsprechend weniger, und das liegt außerhalb jeden Winkelmessfehlers im Bild.

Hoffend, dass dieser 'Aufsatz' einigermaßen nachvollziehbar und die Sachlage zumindest im Prinzip geklärt ist,
Gruß - Hägar

Herr Nilsson

Ich meinte, dass für den Fall, dass das Gebäude in Nord-Süd-Richtung steht und der Kai in Ost-West-Richtung liegt, man den Winkel wohl ablesen kann. Aus meiner Sicht macht aber der zeitliche Entfernung vom Mittagsstand der Sonne sehr wohl etwas aus. Ich war also mal bautätig und habe einen Balkon konstruiert und ihn bei gleicher Sonnenhöhe aus unterschiedlichen Winkeln bescheinen lassen. So wie ich das sehe, erscheint der scheinbare Sonnenstand umso höher je früher es am Tag ist. Ich bitte zu entschuldigen, dass das PostIt für den Schattenverlauf am "Mittag" nicht ganz exakt ausgerichtet ist, der Effekt im Vergleich zum "Vormittag" und "Morgen" sollte aber gegenüber dieser Referenz trotzdem zu sehen sein.
.....oder denke ich jetzt total verkehrt? ::B)

Außerdem hat die Balkonbrüstung womöglich einen zusätzlichen Effekt, da alle anderen Schatten im Bild anscheinend flacher verlaufen. Der Winkel sollte, wenn Du recht hast ja für alle gleich sein, oder?

Gruß Marc

Herr Nilsson

Zitat von: Herr Nilsson am 19 Dezember 2016, 21:02:02
Aus den Tiefen meines Gedächtnisses gekramt, erinnere ich mich vage an folgende Sachverhalte:
Weiße Mütze vom 20.4. bis 30.9. d.h. blaue Mütze vom 1.10. bis 19.4.
Normaler Gottesdienst war freiwillig Sonntags und (häufig?) bestuhlt. Gottesdienste zu Gedenktagen waren Pflichtveranstaltungen.
Müsste ich aber ggf. morgen nochmal verifizieren.

Wie versprochen:
Gruß Marc

bettika61

Hallo,
von o.g. möglichen Veranstaltungen trifft es m.E.  am ehestens die "militärische Feier mit religiöser Weihe"
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

kgvm

Danke, Herr Nilsson.
Sowohl die Bedeckung des Altars mit der Kriegsflagge als auch die zahlreiche Teilnahme sprechen also gegen einen (freiwilligen) regulären Gottesdienst, es wird sich schon um einen Gedenktagsgottesdienst gehandelt haben.
Trauerfeier dagegen erscheint wegen des Fehlens von Sarg oder Särgen eher unwahrscheinlich und ein Bordflugzeug wurde ja offenbar nicht vermißt, was das Fehlen von Särgen erklären könnte.

Urs Heßling

moin, Beate,

Zitat von: bettika61 am 20 Dezember 2016, 13:59:14
von o.g. möglichen Veranstaltungen trifft es m.E.  am ehestens die "militärische Feier mit religiöser Weihe"
Super Fund top :MG:

Ich wollte schon selbst einen Beitrag schreiben, daß ich an einen mit der Hakenkreuzflagge geschmückten Altar mit einem Mikrofon darauf nicht glauben konnte, weder ev. noch kath.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Hägar

Moin, Herr Nilsson

Dein letzter Punkt ist schnell 'abgearbeitet': Selbstverständlich sind alle Schattenwürfe parallel.
Dass es hier eine Diskrepanz zwischen deinen gelben Linien und meinem grauen Strich gibt, ist einfach auf die Quick-and-dirty-Methode zurückzuführen, als ich auf Archers Nachfrage hin nur schnell deutlich machen wollte, um welchen Winkel es geht.

Was deinen anderen Einwand angeht, so glaube ich, dass der Denkfehler darin besteht, dass du bei deinem Versuch in geringer Entfernung in einem Bogen um die PostIt-Kante herumgegangen bist.
Mit anderen Worten, du hast die Entfernung zur Kante verändert. Auf diese Weise kann man im Grunde alle denkbaren Schattenwinkel erzeugen.
Unsere Sonnensituation ist ja aber eine grundsätzlich andere, denn die Lichtquelle bleibt zeitunabhängig im (geometrisch) Unendlichen; lediglich Azimut und Höhe ändern sich.

Stellen wir uns als Situation vor, das Auge des Betrachters liegt in der Linie der Balkonbrüstung, die Sonne geht hinter ihm auf (Voraussetzung: kein Morgennebel :-)).
     Effekt: Die (Nord-)Kante der Balkonbrüstung wirft keinen Schatten.
Nun macht sich die Sonne auf den Weg zum Mittagspunkt und steigt links hinter dem Betrachter allmählich auf.
     Effekt: Auf der Wand entsteht eine Schattenkante. Sie spannt eine virtuelle Fläche auf, die durch drei Punkte definiert ist: 
     Innenecke Mauer/Balkonbrüstung (A) * Außenecke Balkonbrüstung (B) * Endpunkt des Schattens (C).
     Dieses Dreieck im Raum ist so an die Sonne gekoppelt, dass sich
     > die Sonnenrichtung aus der auf den Boden projizierten Linie B/C ergibt und
     > die Sonnenhöhe als Projektion derselben Linie B/C auf die senkrechte Wandfläche.
     Das aber ist die Linie A/C.
     (Wohlgemerkt: Wir sprechen hier von der Situation einer Ost/West- bzw. Nord/Süd-Ausrichtung; bei schrägwinkliger Konfiguration wird's etwas komplizierter.)

Wenn man deinen Versuch adaptiert, will heißen, die Sonne würde sich horizontparallel bewegen, dann bliebe der Winkel der Projektion der Linie B/C auf die Wand natürlich gleich. Was sich ändern würde, wäre ihre Länge.
Kurzer Sinn der langen Rede: Was wir auf der nord-süd-fluchtenden Wand sehen, ist +- der Höhenwinkel der Sonne zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Würdest du mir in dem Gedankengang zustimmen, Herr Nilsson?

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Wenn wir nun wieder zu dem eigentlichen Bild zurückkehren, also dem Bildinhalt, dann würde ich – zunächst mal als These – den 03.09.42 in den Ring werfen.
Dies war der dritte Jahrestag, an dem der Krieg durch den Kriegseintritt des UK gerade für die Marine seine wesentliche Wendung bekommen hatte.
Man erinnere sich an Raeders resignierendes 'Die Marine könne nur zeigen, dass sie ehrenvoll zu sterben wisse, etc.'.
Was spräche dagegen, dass man den Jahrestag nunmehr zum Anlass nahm, um die damalige Sicht zu relativieren, auf die durchaus vorhandenen tatsächlichen oder vermeintlichen Kriegserfolge der Marine zurückzublicken, aber auch der eigenen Opfer zu gedenken und gleichzeitig einen motivierenden Blick in die Zukunft zu werfen?
Vor einem solchen Szenario scheint mir Beates Fundstück der 'militärischen Feier mit religiöser Weihe' (top) exakt ins Bild zu passen.
Nur der Vollständigkeit halber hier noch die Sonnendaten, grins: Am 03.09. stand sie um 10:40 DSZ in rw. 140°/37° Höhe.

Das KTB SH hat in dieser Hinsicht leider keinen Eintrag (fällt mir gerade ein: Steht vielleicht in Bredemeiers Schiffsbiographie etwas?).
Unterstellt, der dargestellte Gedankenansatz trägt, kann man vermuten, dass es vielleicht keine SH-spezifische Veranstaltung war, sondern eine dekretierte 'von oben'.
Ist im KTB Skl möglicherweise etwas vermerkt? Oder dann auch: In KTBern anderer Einheiten?

Vielleicht eine Aufgabe für alle die, die vom Weihnachtsgebäck und Gänsebraten genug haben :-)
Gruß – Hägar

Herr Nilsson

 :?

Ich habe das Sonnenrollo im Büro hochgezogen und habe mein "Gebäude" einfach nur gedreht. Bei gleicher Sonnenhöhe (Abstand der Aufnahmen max. 10 Sekunden) gibt es je nach Lage des "Gebäudes" unterschiedliche Winkel des Schattens.
Gruß Marc

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