Torpedoschnellboote Pr. 206 - SHERSHEN in Volksmarine

Begonnen von SchlPr11, 15 März 2021, 11:28:34

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Urs Heßling

moin,

Zitat von: 2M3 am 19 Dezember 2022, 14:12:32
Was könnte der Grund für die sowjetische Marine gewesen sein, neben den damals hochmodernen kampfstarken RS-Booten, auf WK2-Technologie basierende TS-Boote mit ungelenkten Dampfgastorpedos kurzer Reichweite (max. 8000 m bei 39 kn) einzuführen?
eine Möglichkeit wäre folgende Überlegung (eher "west-maritim" :wink: )
- Flugkörpertreffer führen "nur" zu einem "mission kill", d.h. das Ergebnis ist Kampfunfähigkeit; das Schiff kann repariert und ggf. nach x Wochen wieder eingesetzt werden.
- Torpedotreffer führen zum dauerhaften Verlust des Schiffs.
Wenn das Letztere das angestrebte Ergebnis ist, können die TS-Boote im "Nachschlag" eingesetzt werden.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

M-54842

Hallo Urs,

so in etwa würde ich die ,,Ausweitung des Erfolges" auch interpretieren.

der erste

Bis Mitte der 80er Jahre sah man den Einsatz so und er wurde auch trainiert. Das änderte sich aber. TS Boote gingen außer Dienst und den verbliebenen wurden dann andere Aufgaben gestellt. Man sollte auch davon ausgehen, das der Einsatz der TS Boote als Torpedoträger in einem möglichen Konflikt nicht so durchgeführt worden wäre, wie angenommen. Auch der Zuschnitt der SSG`n (Schiffsschlaggruppen) wäre ein anderer gewesen, als es immer in den Übungen dargestellt wurde.
Bei den TS Booten Prj. 206 gehe ich davon aus, das die sowjetischen Boote durchaus andere Torpedos, in Bezug auf Lenksystem und Antrieb, an Bord hatten als wir. Dafür hatte ich mich allerdings in den letzten Jahren nicht interessiert. Aber ich kann mich erkundigen. Das schnelle Torpedoträger nicht so der Renner waren, sah man ja auch ein und hat dann mit der Entwicklung der Prj. 206M dem auch Rechnung getragen und diese Boote mit einer absenkbaren hydroakustischen Anlage versehen und auch U-Jagdtorpedos eingesetzt. Neubau und Entwicklung endete in der SU aber Ende 70er Jahre. In Polen begann man mit der Einführung selbst entwickelter kleiner TS Boote vom Prj. 664 Anfang der 70er Jahre (8 Stück gebaut, 4x Dieselmotoren M50F3, 1 Gasturbine, 84-86 außer Dienst).
Sicherlich ist der Einsatz der Bordbewaffnung von den Umständen/Einsatzbedingungen abhängig. Bei der Raketenbewaffnung gab es Begrenzungen an Bord, die vom Verhalten des Schiffskörpers abhängig waren. Bei der Artillerie war es ähnlich. Ausdrücklich geplante Waffeneinsätze bei Schlechtwetter gab es auch bei uns nicht. Wenn die Wetterlage den Einsatz nicht zuließ, wurde er abgebrochen und bei Verbesserung bzw. beim nächsten Seeaufenthalt durchgeführt. Eventuell blieb man auch länger draußen. 

2M3

Moin Holger,

Zitat von: der erste am 26 Dezember 2022, 13:54:30
Man sollte auch davon ausgehen, das der Einsatz der TS Boote als Torpedoträger in einem möglichen Konflikt nicht so durchgeführt worden wäre, wie angenommen. Auch der Zuschnitt der SSG`n (Schiffsschlaggruppen) wäre ein anderer gewesen, als es immer in den Übungen dargestellt wurde.

kannst du das mit dem anderen Zuschnitt der SSG bitte mal genauer erläutern? Eine RTS-Brigade bestand mW aus einer RS-Boot-Abteilung mit 4 Booten und einer TS-Boot-Abteilung mit 5, ab 1981 nach Auflösung der Schulbrigade 6 TS-Booten. Waren die SSG mit den RTS-Brigaden identisch?

Zitat von: der erste am 26 Dezember 2022, 13:54:30
Bei den TS Booten Prj. 206 gehe ich davon aus, das die sowjetischen Boote durchaus andere Torpedos, in Bezug auf Lenksystem und Antrieb, an Bord hatten als wir. Dafür hatte ich mich allerdings in den letzten Jahren nicht interessiert. Aber ich kann mich erkundigen.

Wäre nett, wenn du dich dazu näher erkundigen würdest  top. Vielleicht läßt sich dabei auch noch meine folgende Frage klären:

Zitat
Ein großer Teil der Shershen-Boote gingen in den Export. Gibt es dazu Angaben, ob darunter auch bereits gebrauchte Boote waren. Kern meiner Überlegung ist die Annahme, das diese Boote eventuell ab 1970 durch Einheiten der Nanuschka-Klasse ersetzt wurden, welche ihre Osa-FlaRak (Reichweite bis 11 km) auf kurze Distanz auch gegen Überwasserziele einsetzen konnten.

Laut deutscher Wiki wurden 80 Boote des Typs in der SU gebaut und 79 davon exportiert. Der angegebene Exportpreis von etwa einer Million US-Dollar legt die Vermutung nahe, das es sich dabei um Gebrauchtware handelte, die weg mußte. Hat jemand Vergleichszahlen, wieviel die Bundesmarine für ihre neuen TS-Boote der Jaguar- und Zobel-Klasse Anfang der 60er umgerechnet in Dollar bezahlen musste?

ZitatEs wurden mehr als 80 Boote des Projekts 206 auf verschiedenen sowjetischen Werften gebaut. Zusätzlich erhielt Jugoslawien die Lizenz zum Bau von sechs weiteren Booten. Projekt 206 war mit einem Marktwert im Jahr 1966 von damals etwa einer Million US-Dollar vergleichsweise preiswert[2] und fand eine entsprechend weite Verbreitung.

    Ägypten, sechs Boote
    Angola, sechs Boote
    Bulgarien, sechs Boote
    Deutsche Demokratische Republik, achtzehn Boote
    Guinea, drei Boote
    Guinea-Bissau, zwei Boote
    Jugoslawien, vierzehn Boote
    Kap Verde, zwei Boote
    Kongo, zwei Boote
    Nordkorea, vier Boote
    Vietnam, sechzehn Boote, teilweise mit dem älteren 25-mm-L/79-2M-3-System bewaffnet.

Quelle  --/>/> https://de.wikipedia.org/wiki/Shershen-Klasse#Schiffe_des_Projekts_206

Gruss Frank
Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

der erste

Im Verteidigungsfall wurden aus den RTSB SSG`N (601-605). Die SSG 601 (umgangssprachlich die Bereitschaftsbrigade) war immer die Gefechtsdienstbrigade. 2 RS und 2 TS Boote waren ja immer in sofortiger Auslaufbereitschaft mit kompletter Besatzung an Bord, dazu kamen noch eine Gruppe KTS- Boote. Alle Boote dieser SSG waren mit Gefechtsmitteln komplett ausgerüstet. Das wechselte alle halben Jahre. Dann wurde die nächste RTSB SSG 601. Generell waren alle Boote und Schiffe der Flottille nach Alarmierung nach 45 min Seeklar und Auslaufbereit. Sichergestellt wurde das durch den hohen Anwesenheitsgrad der Besatzungen an Bord.
Zu der Anzahl der gebauten Boote des Prj.206 gibt es unterschiedliche Angaben. In den unterschiedlichen Formaten (Bücher und auch Seiten im Netz) findet man 50 gebaute für die eigene Flotte, mal sind es dann wieder 80. Janes und Weyer schreibt von 50 Booten im Bestand der sowjetischen Seekriegsflotte für Anfang der 80er Jahre. In der Chronik des Konstruktionsbüros "Almas" steht, das 100 Boote für die sowjetischen Flotten und 81 Boote für den Export gebaut wurden. Russianship.info weicht da etwas ab (80/73).
Unsere Boote übernahmen wir von der baltischen Flotte. Diese wiederum übernahm die Boote in Tallinn von den Werften. Dort gab es einen Übergabestützpunkt.
Mit der Einführung der kleinen Raketenschiffe Prj.1234 hatte das aber nichts zu tun. Diese Entwicklung lief separat ab Mitte der 60er Jahre. Entwicklungsbeginn der 206er war ab 1955. Auch wenn der Hauptkonstrukteur für Prj.1234 I.P.Pegow war, der bei den Prj.206 Stellvertreter des Hauptkonstrukteurs war. Hauptbauwerften waren die Schiffbaubetriebe in Jaroslawl, Sosnowsk und Leningrad.

2M3

Moin Holger,

vielen Dank für Deinen fundierten Kommentar  top.

Wenn ich das recht verstehe,

- waren die RTS-Brigaden weniger eine taktische als eine administrative Gliederung?
- waren für den Verteidigungsfall fünf Schiffsschlaggruppen mit jeweils etwa 2 x RS-Booten Proj. 205, 2 x TS-Booten Proj. 206 und 5 x KTS-Booten Proj. 131 geplant?
- wurden die TS-Boote Proj. 206 der VM als gebraucht von der SU übernommen?
- waren die übrigbleibenden TS- und KTS-Boote zbV für Aufklärung, Minenlegen und Kampfschwimmereinsatz verplant?

Bleibt noch die Frage:

gab es bei der sowj. Flotte auch die Gliederung in RTS-Brigaden oder waren die TS-Boote "typenrein" organisiert?

Gruß Frank

Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

der erste

Die Brigadestruktur war ja Teil der Organisationsform der VM. Die Schiffschlaggruppen (auch die USSG, SLG) waren taktische Gruppen, welche für den Einsatz gebildet wurden. Da wurde durchaus gemischt. Gebrauchte Boote haben wir, soweit ich das herausbekommen konnte, nicht gehabt. Wenn Du in dem Zusammenhang meinst das wir die Boote von der BRF übernommen hatten, dann ja, Dort waren sie aber nur kurz im Einsatz. Die Überführungsbesatzungen haben auf Typgleichen Einheiten der BRF gedient und wurden für die Übernahme/Übergabe kurzzeitig gebildet. Einige haben wir später in Baltijsk oder Kaliningrad wieder getroffen. Darunter gab es auch sowjetische Kommandanten, die mehrere Boote überführt haben. Die Zusammensetzung und Aufgaben der SSG`n waren in den Dokumenten "Baltika" ausgearbeitet und nur auf Signal im Ernstfall zu öffnen. Diese wurden jährlich neu erarbeitet und ausgetauscht. Allerdings gingen einige Kommandeure (FCH`s) davon aus, das diese schon durch den Gegner aufgeklärt waren und hatten ihre eigene Pläne im Kopf, die sie im dann umgesetzt hätten. Sicherlich hatte hier ein Kmdr. der 6. Flottille andere Möglichkeiten als einer der 1. oder 4. Flottille. Zumal dann auch die Unterstellungsverhältnisse gewechselt hätten.
In der sowjetischen Flotte wurden mit Zulauf der RS Boote die TT Bezeichnungen geändert und die TS Abteilungen wurde Bestandteil der Raketenschnellboots-, Raketenschiffs- oder Überwasserschiffsbrigaden, teils auch der Küstenschutzbrigaden. Aber in der SKF ist es etwas unübersichtlich angesichts der diversen Strukturformen.

2M3

Flottenschule Parow 78-79, Ausbildung Ari-leicht, 25mm 2M3/M110 und 30mm AK-230, 79-82 Ari-Maat 1. MSR Abteilung/1. Flottille Peenemünde auf Proj. 89.2 MSR-lang/Kondor-II

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