Dr. Benjamin Miertzschke "Deutsche Marinepolitik im Ersten Weltkrieg"

Begonnen von mhorgran, 30 Juni 2025, 20:58:26

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Urs Heßling, Kuk, magellan und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

bodrog

Ich weiß nicht, wir fangen hier idR sachlich an, dann verzettelt sich die Geschichte in Einzelheiten und anschließend landen wir bei Vorwürfen. Irgendetwas läuft doch schief - oder nicht?

Ich pers. würde die Geschichte anders aufdröseln wollen:

das fängt mit dem Two Power standard 1889 an und endet offiziell mit Ausbruch des WK I und das obwohl die Flottenplanungen zT ganz erheblcih darüber hinaus gingen...

Dazu kommt der erhebliche technische Fortschritt zwischen 1889 (über mehrere Zäsuren) bis WK I allein was Schiffbau betrifft. Dann gäbe es noch den Fortschritt atilleristischer Art und folgend taktischer Art. Alles zusammen führt zu anderen strategischen Annahmen und nicht zu letzt wird das Bündnissystem mehrfach auf den Kopf gestellt. Und wenn das alles irgendwie im Hinterkopf bleibt, dann käme man hier langsam in sachliche Bahnen

So long

TW

Zitat von: bodrog am Heute um 13:32:52Ich pers. würde die Geschichte anders aufdröseln wollen:
das fängt mit dem Two Power standard 1889 an und endet offiziell mit Ausbruch des WK I

Laut Thema dieses Threads sollte die Diskussion ursprünglich mit dem Beginn des 1. Weltkrieges einsetzen.
Deswegen würde ich vorschlagen, dass wir uns darauf konzentrieren, wie Flottenkommando und RMA auf die tatsächliche Lage 1914-1918 reagierten. Ab wann änderten sich Maßnahmen im Kriegsschiffbau ? Welche Strategien zur Überwindung der Blockade wurden diskutiert und tatsächlich durch geführt. Machte der geplante letzte Großeinsatz im Oktober 1918 strategisch überhaupt noch Sinn? Wieso war der Angriff auf die britischen Blockadeschiffe am Ende plötzlich sinnvoll und vorher nicht ? Oder war es geplante Vernichtung der eigenen Hochseeflotte samt ihrer Besatzungen im Kampf ?
Schönen Gruß aus Stuttgart
Thomas

TW

Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:571) Das Flottengesetz verschwand während des Krieges mitnichten, wie lange angenommen, in der Bedeutungslosigkeit. In den ersten Kriegsmonaten (bis Frühjahr 1915) sah die Marine den Krieg sogar als ,,goldene Gelegenheit", um in der Flottenstärke mit Großbritannien gleichzuziehen.

Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:572) An die Stelle der rangierten Schlacht in der Nordsee, oder zumindest als deren strategische Ergänzung, sollte der Einsatz von ,,Kampfgruppen" (Schlachtkreuzer bzw. schnelle Großkampfschiffe mit Kreuzer- und Zerstörerschirm) auf den Ozeanen treten. Hierdurch sollten die britischen Versorgungswege gestört, die britische Flotte aufgerieben (Diversionsprinzip) und eine eventuelle Entscheidungsschlacht vorbereitet werden. Ähnlich den Ideen, die Raeder später in der Kriegsmarine verfolgen sollte.

Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:573) Zur Umsetzung dieser Strategie war es natürlich sinnvoll, weitere Meereszugänge zu erhalten. Entsprechende Kriegszielpläne sind ja schon länger bekannt (...). Die Marine plante u.a. den Bau einer Flottenbasis in Belgien, Eroberung französischer Häfen, Stützpunkte am Nordmeer (Finnland), in der Türkei und an der Adria, hinzu sollten im Idealfall noch Inseln, z.B. Faröer und Teile der Azoren, kommen.

Schönen Gruß aus Stuttgart
Thomas

beck.Schulte

Ach Mensch Ulrich! Ich dachte wir sind hiermit durch. Was im Detail Neues zu Tirpitz oder Sinn/Unsinn seiner Flottenpolitik gibt es nur nach Quellenstudium und das tut sich hier keiner an. Also nur aus Büchern und dem Internet, was hier der Fall ist und damit wird wohl nix neues kommt. Gruß an dich  8-)

Matrose71

Zitat von: TW am Heute um 14:56:20
Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:571) Das Flottengesetz verschwand während des Krieges mitnichten, wie lange angenommen, in der Bedeutungslosigkeit. In den ersten Kriegsmonaten (bis Frühjahr 1915) sah die Marine den Krieg sogar als ,,goldene Gelegenheit", um in der Flottenstärke mit Großbritannien gleichzuziehen.

Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:572) An die Stelle der rangierten Schlacht in der Nordsee, oder zumindest als deren strategische Ergänzung, sollte der Einsatz von ,,Kampfgruppen" (Schlachtkreuzer bzw. schnelle Großkampfschiffe mit Kreuzer- und Zerstörerschirm) auf den Ozeanen treten. Hierdurch sollten die britischen Versorgungswege gestört, die britische Flotte aufgerieben (Diversionsprinzip) und eine eventuelle Entscheidungsschlacht vorbereitet werden. Ähnlich den Ideen, die Raeder später in der Kriegsmarine verfolgen sollte.

Zitat von: B.M. am 11 August 2025, 14:21:573) Zur Umsetzung dieser Strategie war es natürlich sinnvoll, weitere Meereszugänge zu erhalten. Entsprechende Kriegszielpläne sind ja schon länger bekannt (...). Die Marine plante u.a. den Bau einer Flottenbasis in Belgien, Eroberung französischer Häfen, Stützpunkte am Nordmeer (Finnland), in der Türkei und an der Adria, hinzu sollten im Idealfall noch Inseln, z.B. Faröer und Teile der Azoren, kommen.



Ich habe das auch gelesen und habe es als pure Fantasie eigentlich abgehakt, sicherlich kann man darüber sprechen, aber in Wirklichkeit sind es zu dem Zeitpunkt fantastische Fantasien.

1. Woher sollte das Geld für das "Alles" kommen?!
Ich meine gut Militärs setzen sich nicht so oft mit dem Finanziellen auseinander, aber selbst dem größten Fantasten musste nach zig Kriegsanleihen klar sein, dass das völlig unbezahlbar ist, auch wenn man den Krieg "gewinnt" oder ein Unentschieden erreicht.

2. Technik und Logistik, weil das war alles mit Kohle Feuerung ziemlich völlig unmöglich und selbst im WWII stand die Taktik auf sehr bescheidenen Beinen (kurzen = Reichweite) wie wir gesehen haben.

3. Nicht mal ein allumfassender Sieg hätte die "Träume" von Teilen der Marine (ich kann nicht glauben das alle so unterwegs waren) auch nur Ansatzweise ermöglicht, denn die USA gab es ja auch noch und GB konnte man zu der Zeit nicht "invasieren".

Für mich lesen sich die Punkte als wenn Jemand völlig "der Gaul durchgegangen ist", aber nichts über das man wirklich nachhaltig diskutieren könnte.

Zitat von: bodrog am Heute um 13:32:52Ich weiß nicht, wir fangen hier idR sachlich an, dann verzettelt sich die Geschichte in Einzelheiten und anschließend landen wir bei Vorwürfen. Irgendetwas läuft doch schief - oder nicht?

Ich pers. würde die Geschichte anders aufdröseln wollen:

das fängt mit dem Two Power standard 1889 an und endet offiziell mit Ausbruch des WK I und das obwohl die Flottenplanungen zT ganz erheblcih darüber hinaus gingen...

Dazu kommt der erhebliche technische Fortschritt zwischen 1889 (über mehrere Zäsuren) bis WK I allein was Schiffbau betrifft. Dann gäbe es noch den Fortschritt atilleristischer Art und folgend taktischer Art. Alles zusammen führt zu anderen strategischen Annahmen und nicht zu letzt wird das Bündnissystem mehrfach auf den Kopf gestellt. Und wenn das alles irgendwie im Hinterkopf bleibt, dann käme man hier langsam in sachliche Bahnen

So long

Sehe ich sehr ähnlich!  :TU:)
Viele Grüße

Carsten

bodrog

Mensch Börnd, und ich dachte, dass der Kinderspeisenkreuzer gedanklich 1916 schon vorhanden war (man also durchaus lernfähig war im RMA) könnte man hier einpflegen... da wird das wohl nix

Matrose71

Zitat von: bodrog am Heute um 15:39:02Mensch Börnd, und ich dachte, dass der Kinderspeisenkreuzer gedanklich 1916 schon vorhanden war (man also durchaus lernfähig war im RMA) könnte man hier einpflegen... da wird das wohl nix

Ob die 1916 schon daran gedacht haben einen Kreuzer mit einer kompletten Motorenanlage anzutreiben, habe ich so meine Zweifel.
Viele Grüße

Carsten

bodrog

@Matrose71 - du darfst gern zweifeln... Aber überlege bitte auch, warum auf Biegen und Brechen der Diesel für die großen Schiffe ab 1912 her sollte! Eine Thematik, die hier im Forum immer nahezu untergeht  :KS/:  die (und damit auch der Amtschef) werden sich doch wohl dabei etwas gedacht haben... - oder meinst du nicht?

beck.Schulte

Ulrich, na ja: Ich bin– vermeintlich- der Kleinboot-Fachidiot. Das führt dazu, dass das, was Tirpitz oder seine Jünger so von sich hinträumten mich nicht sonderlich berührt.  Was ich aber über die Jahrzehnte hin beobachtete ist, dass der Minenkrieg und überhaupt das Küstenvorfeld kaum Beachtung findet. Aber lasse man, ich lese ja gern deine Beiträge ( wie auch die der anderen)!  :-D

Matrose71

Zitat von: bodrog am Heute um 15:57:35@Matrose71 - du darfst gern zweifeln... Aber überlege bitte auch, warum auf Biegen und Brechen der Diesel für die großen Schiffe ab 1912 her sollte! Eine Thematik, die hier im Forum immer nahezu untergeht  :KS/:  die (und damit auch der Amtschef) werden sich doch wohl dabei etwas gedacht haben... - oder meinst du nicht?

Ja klar, das streite ich auch überhaupt nicht ab, aber man muss das dann auch an der Realität messen.

Sie haben es bis Ende des Krieges nicht "geschafft" und es gab null Erfahrungen.
Konnte der Motor ein Schlachtschiff alleine antreiben und wie schnell, also welche Geschwindigkeit konnte entwickelt werden.
Wie verhält sich der Diesel mit dem Turbinenantrieb bei verschiedenen Fahrstufen etc.

Die Technik (Diesel) war so groß und schwer das man sie erstmal nur für Schlachtschiffe vorsah, von Kreuzern war da noch nicht die Rede.

Klar durch die Firma MAN gab es in DE die Möglichkeit über andere Antriebe (abseits von Dampfturbinen) nachzudenken, aber zur technisch machbaren Reifeprüfung schaffte man es nichtmal bis zum Ende des WWII, denn das wären V12Z 32/44 und V12Z 42/58, für die gesamte Marine gewesen.
Viele Grüße

Carsten

bodrog

Jo Bernd, deine sind auch fundiert (man muss halt nur genug Akten lesen und zwar die ganz großen und auch die ganz kleinen). Ich hätte meinen Einwurf ja nicht gemacht, wenn ich das selber nicht gelesen hätte (es wurde auch für notwendig befunden zu den Akten zu nehmen - also nicht nur eine Furz-Idee). Wir könnten uns hier auch über die Brauchbarkeit von T-Booten und Kleinen Kreuzern unterhalten - und zwar auf Aktenbasis - nur da sieht es etwas anders aus, als man gemeinhin lesen kann... So als Anmerkung für die Mitlesenden: Der brauchbarste Kl. Kreuzer der Kaiserlichen war (wer hättes es erwartet?): Pillau. Grund: Die Zahl der Ölkessel. Kann man hier nirgendwo lesen - intern ist das aber so gesehen worden. Dann folgten Brummer und Bremse und dann der Rest... Mit dem Akteneintrag lassen sich diverse Fahrbereiche korrigieren wobei manche im Gröner Bd. 1 und 2 recht gut sind und andere sehr weitab liegen (das ganze nach 2 1/2 Kriegsjahren Erfahrung)

Matrose71

Zitat von: bodrog am Heute um 16:30:49Der brauchbarste Kl. Kreuzer der Kaiserlichen war (wer hättes es erwartet?): Pillau. Grund: Die Zahl der Ölkessel. Kann man hier nirgendwo lesen - intern ist das aber so gesehen worden. Dann folgten Brummer und Bremse und dann der Rest... Mit dem Akteneintrag lassen sich diverse Fahrbereiche korrigieren wobei manche im Gröner Bd. 1 und 2 recht gut sind und andere sehr weitab liegen (das ganze nach 2 1/2 Kriegsjahren Erfahrung)

Pillau ist doch mit Elbing zusammen die kl. Kreuzer Klasse die im Auftrag für die russische Marine gebaut und dann beschlagnahmt wurden?!
Die hatten Yarrow Kessel wenn ich das recht in Erinnerung habe und wahrscheinlich alle Ölgefeuert und sie waren die ersten kaiserlichen kl. Kreuzer mit 15cm Ari.
Das negative was ich gelesem habe, das sie im Vergleich zu dem anderen kl. Kreuzern keinen Gürtelpanzer hatten.
Viele Grüße

Carsten

beck.Schulte

Lieber Thüringer Landwirt.  Passt auf, dass ihr euch hier nicht verzettelt!  Während Tirpitz & seine Mackers das Super-Linienschiff für den deutsche Endsieg 01 gedanklich durchdachten, sah es vor ihrer Haustür bitter für sie aus. Die Mine begann die Bewegungsfreiheit im Sperrgebiet langsame abzuschnüren.  Jetzt hatte die HSF ausgespielt. Ein wenig Rückhalt innerhalb der deutschen Sperren mehr war nicht drin.  Was folgte waren meist halbherzige Aktion, es fehlte an allem. Wer mal einen Blick ins KTB der SBK BHV wirft, die auch für die Freistellung von Fachpersonal auf den Weserwerften zuständig war, sieht, dass um jeden Nieter, jeden Zimmermann gefeilscht wurde und selbst Pockholz war nicht mehr zu beschaffen  . Na ja solch Themen wie auch die War-Crime-Liste, der Baumwoll-Import usw usw finden bei den staatlichen Marine-Historikern  kein Interesse. Grund dafür? Das fehlt das gesellschaftspolitische Element bei diesem Kleinkram.
Nun aber macht man weiter, ich will schließlich hier was zu lesen haben.  :-D

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