Fragen zum Kriegstagebuch U-392

Begonnen von Albatros, 30 Mai 2008, 21:50:39

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Albatros

Tach auch,

Hab zum Kriegstagebuch von U-392 einige Fragen die ich in diesem Thread mal nacheinander stellen möchte.

Dann mal zur ersten Frage:

Auf Rot 33A von Geleit aufgenommen.
FT:1601/34 "U-390"  "U-392"  "U-744" von Geleit aufgenommen,schalte Karl-Otto   -"U392"-

Was bedeutet jetzt schalte Karl-Otto ?.    Irgend eine Einstellung an der Funkanlage?.Auf Empfang?



Gruß an alle, :MG:

Manfred


Schorsch

#1
Hallo Manfred,

ich versuche mich 'mal an einer Deutung.

Die Führung der Uboote durch den B.d.U. erfolgte über sogenannte U-Boot-Funk-Schaltungen oder Verkehrskreise. Das bedeutet, je nach Einsatzgebiet, Jahres- und Tageszeit schalteten die Boote auf bestimmte, vorgegebene Gruppen von Frequenzen. Auf diesen Frequenzen erfolgte dann der Austausch der für das Boot bestimmten bzw. vom Boot gesendeten Funksprüche mit der zuständigen Landfunkstelle. Die Landfunkstelle wiederum stand mit der Befehlstelle des B.d.U. über die sogenannte Leitwelle in Verbindung und erhielt so die an das Boot zu übermittelnden Funksprüche oder leitete empfangene Funksprüche an die Befehlsstelle weiter.

Aus Geheimhaltungsgründen scheinen die verschiedenen Schaltungen mit (wechselnden (?)) Kodenamen bezeichnet worden zu sein.

Folgende Schaltungen könnten sich hinter Karl-Otto verbergen:
Mein Favorit wäre die Schaltung Küste, da gültig für Boote im Bereich von Südnorwegen bis Frankreich, ferner für die ein- und auslaufenden Boote und die Boote in Bereitschaft.

Weitere mögliche Schaltungen wären die nachstehenden, die ich aber aufgrund des Inhaltes des angegebenen FTs ausschließen würde.
Irland-Schaltung für Boote innerhalb der Verbindungslinie Südspitze Grönland-Kap Vincent an der Südwest-Spitze Spaniens,
Amerika-Schaltung I zwischen Irland und 75° West und 30° Nord,
Amerika-Schaltung II ab 75° West mit Golf von Mexiko, der Karibik bis zum Äquator.

Auszuschließen wegen der Flottillenzugehörigkeit von U 392 sind meiner Meinung nach
Afrika-Schaltung (I und II) für den Südatlantik und den Indischen Ozean,
Schaltung Norwegen mit der Gruppe Nord und der Schaltung Norwegen
Schaltung Mittelmeer und
die Schaltung Schwarzmeer.

Ich hoffe, dass ich helfen konnte.
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Albatros

Hallo Schorsch,

das könnte gut hinkommen mit Schaltung Küste,sie waren von Kiel Richtung Kristiansand unterwegs und hatten den Großen Belt bereits hinter sich als besagter Funkspruch abgegeben wurde.

Dank Dir,vielleicht hat ja sonst noch jemand eine Erklärung oder Bestätigung?.

Gruß, :MG:

Manfred

Albatros

Tach auch,

so dann mal weiter,

ich werde hier auch die eine oder andere Interessante Begebenheit von der ersten Feindfahrt U-392 mit rein nehmen.
So z.B.
03.12.43 von 15 Uhr 41 bis 17Uhr15 Tieftauchversuch auf AN 3635,Tieftauchen auf 2A-20 also auf 140m.
Boot hält gut dicht bis auf einige Flansche die nachgezogen werden.Auf 2A wird der achtere druckfeste Behälter (für die 2 cm Munition)eingedrückt.Unbrauchbar,ob der Behälter bei dem kurzen Aufenthalt in Marviken gewechselt wurde ist dem Kriegstagebuch nicht zu entnehmen.
Demnach sind sie wohl nach dem der Behälter eingedrückt wurde 20 m höher gegangen.
Welcher Behälter ist gemeint,der unter dem Flaggenstock?.Vielleicht kann jemand mal die Behälter bezeichnen die zu sehen sind.



Gruß an alle, :MG:

Manfred


Schorsch

#4
Hallo Manfred,

Deine Vermutung wäre in Bezug auf der gezeigten Planausschnitt richtig. Dass allerdings U 392 schon den Turmumbau IV besessen hat, den die eingescannte Skizze zeigt, glaube ich nicht. Nach meinen Quellen wurden die Neubauboote erst ab Oktober 1943 mit dieser Turmvariante ausgerüstet. Für diesen Umbau spräche allerdings das Datum des Vorfalls, da die Umrüstung von Frontbooten ab Sommer 1943 in Angriff genommen wurde. (Aber das schon bei einem funkelnagelneuen Boot vor seiner ersten Feindfahrt...!?)

Auf der Skizze jedenfalls sind (von achtern nach vorn) am Ende des Wintergartens ein Bereitschaftsbehälter für Flak-Munition des Geschützes im Wintergarten zu sehen, es folgen zwei liegende Behälter für Rettungsschlauchboote und dann nebeneinander zwei weitere Bereitschaftsbehälter für das Wintergartengeschütz. Je nach Fla-Armierung des jeweiligen Bootes erfolgte dort die Lagerung von 20mm- oder 37mm-Munition. Im Achterbereich der Brücke befinden sich dann noch zwei weitere Behälter für 20mm-Munition.

Beim Turmumbau II, den ich bei U 392 vermuten würde, befanden sich zwei Bereitschaftsbehälter für 20mm-Munition nebeneinander im vorderen Bereich des Wintergartens. Für die Aussage, ob und wo sich im hinteren Bereich der Brücke auch noch Behälter befanden, habe ich zwar keine Belege, von der Tatsache, dass sie vorhanden waren, gehe ich aber aus.

Mit freundliche Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Albatros

Hallo Schorsch,

hab Dir eine PM gesendet,auf der Du sehen kannst welchen Turm U-392 bei Indienststellung hatte.

Gruß, :MG:

Manfred

Albatros

Hallo,

nach kurzem PM-Wechsel mit Schorsch ist klar das es sich bei U-392 um den Turmumbau II handelt und nicht wie in der Skizze zu sehen um Turmumbau IV.

Gruß, :MG:

Manfred

Albatros

#7
Und weiter geht es mit meinen Fragen,

Am 04.12.43 um 16 Uhr 27 bis 17 Uhr 25 in AN 2997 Tieftauchversuch auf Entlassungspunkt.Nach dem Auftauchen mit HHF und 3 Dez--Zacks Kurs West aus Küstenvorfeld abgelaufen.

HHF wird immer wieder erwähnt scheint ja wohl eine Fahrstufe zu sein,Halbe-Fahrt ?.aber wieso HHF?.

24.12.43 05 Uhr 40 erste Naxosortung,wischt einmal über uns weg,kommt wieder und hält uns fest.Oben nichts zu sehen,mit Alarm getaucht,bis zum Tauchen gleichbleibender Dauerton,nimmt anscheinend zum Schluß etwas Energie raus.

Das Naxos FuMB 7 war ja als Radardetektor auf den Booten im Einsatz aber scheinbar konnte man damit auch Nachrichtendienste Beobachten.

So lautet jedenfalls eine Meldung im Kriegstagebuch,24.12.43 02 Uhr,Nachrichtendienst (franz.holl.)über Naxos beobachtet,.........oder verstehe ich das nicht richtig?.

Gruß an alle, :MG:

Manfred

Albatros

#8
Tach auch,

da scheinbar zu HHF keinem etwas einzufallen scheint und zum Naxos auch nicht mach ich mal weiter.

Am 26.12.43 hat U-392 ein Gefecht in einem mir unbekannten Geleitzug.Hier kann man mal deutlich erkennen wie solche Begegnungen sich in der Realität abgespielt haben,welche Bedingungen im Nordatlantik herrschten und mit welchen Schwierigkeiten die U-Boote zu kämpfen hatten.Obwohl scheinbar deutlich Treffer beobachtet wurden sind dem Boot aber keine Versenkungserfolge nach dem Kriege zugesprochen worden.

                                                 -----------------------------------------

26.12.43.--04 Uhr  Standort AL 4825 Beabsichtige Unterwasserhorchfahrt.Wird aber nicht durchgeführt da 04 Uhr 32 Stb voraus aus einer Regenbö ein Schatten heraustritt.E. 500-800m.IWO dreht sofort mit AK voraus und hart Bb ab.Während des Abdrehens läuft an der anderen Seite ein 2.Fahrzeug an(Tanker).Sehr hohe Geschwindigkeit.Wir haben jetzt also an beiden Seiten ein Fahrzeug.Entfernung zu beiden knapp 200m.Der Dampferausguck muß uns von oben in die Brücke sehen können.Sacken lassen geht leider nicht mehr,da achtern im Kielwasser ein schmaler Schatten hängt.Dampfer an Bb ca 4000 BRT,gibt Alarm mit seinem Heuler und dreht nach Stb.Hat ziemlich gut aufgepaßt,wenn er uns nicht gehört hat.Mit Alarm getaucht.Während des Tauchmanövers will Diesel und E-Maschine Mg-Beschuß gehört haben.Auf 2A gegangen,da ich annahm daß der hinter uns hängende Zerstörer uns ebenfalls bemerkt hatte.Werde von Geleit überlaufen.Es geschieht aber nichts.Im GHG 5-6 Horchpeilungen.An Bb. und Stb. je ein Zerstörer:wandern nur langsam voraus.Langsam hochgezogen und als Stb. Zerstörer in 40° peilt aufgetaucht.Stb. voraus helles Licht.Darauf zu gelaufen.Scheint auf den Wellen zu tanzen.Da ich irgendeine dumme Sache vermute,auf rw 50° gegangen und der anderen Zerstörerpeilung nachgelaufen.Kommt nicht in Sicht.
05 Uhr 13 Zum Horchen getaucht.Horchpeilung an Stb.Aufgetaucht,nachgestoßen.Es ist wieder das helle Licht.Dreht sich um Handscheinwerfer:daneben ein weiteres weißes Licht,weiter achteraus eine blaue Hecklaterne.Wir sind durch seinen Handscheinwerfer geblendet und können nicht ausmachen um was es sich eigentlich handelt.
An seiner Stb.Seite aufgelaufen und näher herangestaffelt.Es ist ein flacher,langgestreckter Schatten,Vierkandbrücke,und aus der Brücke heraus hoher schlanker Mast.Also Zerstörer oder Fregatte.Ob er uns ortet (FuMo unklar)oder horcht weis ich nicht,er fummelt aber laufend mit seinem Scheinwerfer zu uns herüber.Als wir auf gleicher Höhe liegen,auf Angriffskurs gegangen.07 Uhr 05 , 3 er-Fächer aus Rohr I (T3),III (Fat 2),Geradeausschuß,IV (T3).Tiefe 5,Vt 0,Vg 12 Bug Ik 100,E. 1000 Länge 120, Schußw.340°Streuw.4,8,Seite 359°,Vorh.17.Nach 48 Sekunden ein Oberflächendetonierer,nach weiteren 20 Sekunden Treffer mittschiffs oder unter der Brücke beobachtet.Dunkle Detonationswolke,sehr harter,dumpfer Knall.Nach weiteren 30 Sekunden 3.Torpedodetonation,wobei leichter Feuerschein bemerkt wurde.Ziel nicht erkannt.Es folgen 2 leichte Detonationen,und dann eine schwere in Richtung des letzten Treffers.Abgedreht und wieder auf Parallelkurs gegangen.Lichter auf dem Zerstörer sind mit dem Treffer verschwunden,bis auf Blaulicht,das nach mehrmaligem Untertauchen verschwindet.Weiteres konnte nicht beobachtet werden,da Boot in diesem Augenblick von einer schweren See von achtern überlaufen wird.Dieselzuluftmast abgesoffen,Diesel stoppt,5-6 to. Wasser im Boot obwohl Turmluck noch zugeworfen werden kann.07 Uhr 40 Da anschließend nichts mehr zu sehen war,zum Horchen getaucht.Nichts zu hören.08 Uhr 12 Aufgetaucht in 70° nachgestoßen.09 Uhr 02 getaucht.Nichts zu hören.09 Uhr 17 aufgetaucht.09 Uhr 32 Dämmerung beginnt.Da auch jetzt nichts zu sehen ist,auf 280° gegangen und Rückmarsch zum alten
Vp.-Streifen angetreten.

Gruß an alle, :MG:

Manfred

Albatros

Ach ja,fast vergessen,mit ein paar Abkürzungen weis ich mal wieder nichts anzufangen.Bei der Torpedo/Feuerleiteinstellung:VT 0, Vg 12 Bug, Ik 100,Länge 120,Seite 359°,
Bitte da mal um Aufklärung.

Gruß, :MG:

Manfred

Schorsch

#10
Hallo Manfred,

die präsentierten Angaben sind meiner Meinung wie folgt zu interpretieren:

Tiefe 5 = 5m als gewählte Lauftiefe des Torpedos (lässt auf Verwendung der Magnetpistole schließen)
Vt 0 = gewählte Torpedogeschwindigkeit (hier würde ich einen Schreibfehler vermuten; da alle drei gefeuerten Torpedos Elektroantrieb hatten und bei der angegebenen Entfernung von 1000 m sollte hier 30 kn stehen)
Vg 12 = Gegnerfahrt 12 kn
Bug lk 100, = Bug links mit einem Lagewinkel von 100°, d.h. der Gegner würde das Uboot unter einem Winkel von 100° zu seinem eigenen Kurs an Backbord peilen (bei Lage 0 hielte er direkt auf das Uboot zu, bei Lage 180 würde er sich schnurstracks von ihm entfernen; bei Bug rechts, Lage 90 hätte er das Uboot genau an Steuerbord)
Länge 120 = Länge des Zieles in Meter; notwendig, um den Streuwinkel einzustellen
Schusswinkel 340° = Abgangswinkel des Torpedos bezogen auf den aktuellen Kurs des Ubootes
Streuwinkel 4, 8 = der Seitenvorhalt (bezogen auf die aktuelle Peilung zum Gegner) von 17° für den ersten Torpedo wird beim zweiten zu 21°, der dritte Torpedo wird mit einem Vorhalt von 25° losgemacht
Seite 359° = das Uboot peilt den Gegner unter einer leichten Abweichung nach links fast über dem Vordersteven

Hätten die Schussunterlagen 100%-ig gestimmt, hätte nach ca. 93 Sekunden und etwa 1400m Torpedo-Laufstrecke die erste Explosion stattfinden müssen.

Schönen Abend noch!
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Albatros

Hallo Schorsch,

top Fehler liegt bei mir VT ist 30. :MV:

Gruß, :MG: und eine schöne Woche wünscht Dir

Manfred

Albatros

Tach auch,

ich fahre dann mal mit dem Kriegstagebuch von U-392 fort.

Am 27.12.43 um 19 Uhr 13 Aufgetaucht.

Beim Überwassermarsch wird wie an den vorhergehenden Tagen über Naxos engl.Nachrichtendienst in mehreren Sprachen gehört.Und zwar mit einer erheblichen Lautstärke und Klarheit,wörtlich zu verstehen.Es ist eine der Wellen auf dem 49,41,31,25,15 m Band.

Am 1.1.44 um 5 Uhr 50 folgender Eintrag : Ortung

Ich bin mir nicht ganz klar ob es nun wieder der Sender ist oder nicht.Das Geräusch ist etwas heller.8 Dez vom alten Kurs abgegangen,Aphrodite gestartet,beim Ablaufen 3 Dez zurückgedreht.Ortungsbrummen reist ab.Weiter abgelaufen dann getaucht.

                                              -------------------------------------------

Zum Naxos : also ich zumindest habe noch nie darüber gelesen das solches (Radio hören)mit dem Naxosgerät beobachtet wurde obwohl ich mir vorstellen kann das so etwas Möglich war/ist.

Und dann als Frage an alle, es ist zu lesen : Aphrodite gestartet,was war denn Aphrodite ?  :MV:

Gruß an alle, :MG:

Manfred

Teddy Suhren

Hai

Zitat von: Albatros am 08 Juni 2008, 13:26:04
Und dann als Frage an alle, es ist zu lesen : Aphrodite gestartet,was war denn Aphrodite ?  :MV:

Ein Ballon mit Düppelstreifen zur Radarstörung.
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Schorsch

Hallo,

die Aufgabe von Aphrodite (eingesetzt ab Juni '43) war genaugenommen das Täuschen des gegnerischen Radars durch das Erzeugen eines Scheinzieles, das in seiner Größe etwa dem Radarecho eines aufgetauchten Bootes entsprach. Das kommt auch in der offiziellen Bezeichnung FuMT 1 (Funk-Meß-Täuschungsgerät) zum Ausdruck. Als Störgerät hätte es in der deutschen Nomenklatur die Bezeichnung FuMS getragen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch



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