Schiffs-Dampfturbinen

Begonnen von Turbo-Georg, 14 Oktober 2010, 19:41:21

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Turbo-Georg

Zur Erläuterung des Aufbaus einer Schiffs-Turbinenanlage kommen wir auf die Darstellung der Turbinen eines Kreuzers in den Bildern 10 und 11 zurück.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Marschturbinen in ihrem Aufbau kaum von dem der Hauptturbinen. Dieser Eindruck wird noch bestärkt, wenn man berücksichtigt, dass beide Zeichnungen zum besseren Verständnis unterschiedlich dargestellt wurden.
Während der Marschturbinensatz vergleichsweise realistisch als Draufsicht auf die so genannten Trennfugen der Turbinengehäuse mit den wichtigsten Baukomponenten gezeichnet wurde, liegt bei der vereinfachten Darstellung des Hauptturbinensatzes der Schwerpunkt bei der Darstellung der Dampfwege durch die Turbinen, mit Überströmbogen und Abdampfstutzen
Steuer- und Manövrierventile gehörten selbstverständlich auch zu einer Marschanlage wie in Bild 10 und unterschieden sich wegen der unterschiedlichen Leistung beider Anlagen lediglich durch ihre Abmessungen.

Dem aufmerksamen Betrachter dürfte dennoch der unterschiedliche Aufbau der jeweiligen Nd-Turbinen nicht entgangen sein.
Bei der Nd-Turbine des Hauptturbinensatzes handelt es sich im Gegensatz zu der bekannten Bauform der Nd-Turbine der Marschanlage, um eine Doppelstrom-Turbine, vielfach auch als ,,doppelflutig" Turbine bezeichnet.
Bei der doppelten Leistung der Hauptturbinen gegenüber den Marschturbinen, kann man davon ausgehen, dass die Hauptturbinen auch von der etwa doppelten Dampfmenge durchströmt werden. Diese Dampfmenge beansprucht bei der Expansion auf Kondensatordruck auch nahezu den doppelten Raum und damit auch größere Durchtrittsquerschnitte. Im Allgemeinen werden die Schaufeln der Nd-Turbinen kontinuierlich verlängert, um dem größer werdenden Dampfvolumen Raum zu schaffen.
Im vorliegenden Fall wurde eine zu große Schaufellänge vermieden, indem der Dampfstrom in eine zweiteilige Nd-Turbine geführt wurde. Durch die Aufteilung der Strömung in entgegen gesetzte Richtungen, heben sich auch die sonst bei Überdruckturbinen üblichen axialen Schubkräfte auf. Ein Entlastungskolben zum Ausgleich dieser Kräfte wie bei der Nd-Turbine der Marschanlage entfällt somit. Hierdurch verringert sich auch ein wenig die ansonsten Bauart bedingte, größere Länge der Turbine.

Die Gehäuse sowohl von Turbinen mit Radläufern, als auch mit Trommelläufern wurden bis auf ganz geringe Ausnahmen, etwa bei Kleinst-Turbinen in zwei Teilen gefertigt.
Die Trennfuge beider Teile verlief dabei waagerecht auf der Mittellinie zwischen zwei entsprechend breiten Flanschen. Die Gehäuseflansche wurden durch eine Vielzahl kräftiger Schraubenbolzen verbunden und entweder rein metallisch mit Ölgraphit-Zwischenlage oder mit ölgetränktem Hartpapier abgedichtet. In den unteren Gehäuseteil eingeschraubte, ausreichend lange, zylindrische Führungen, gestatteten mit Hilfe mehrerer Hebevorrichtungen das gefahrlose Anheben des Oberteils, ohne dass es zur Berührung und somit zur Beschädigung der Schaufeln führte. Die feststehenden Leitschaufelkränze waren ebenfalls auf der Mittellinie geteilt, die Anzahl der Schaufeln mussten daher immer geradzahlig sein.

Die Läuferwelle war an den Gehäuse-Durchführungen durch so genannte Labyrinthdichtungen oder auch Kohlestopfbuchsen (Außenstopfbuchsen) mit Sperrdampf abgedichtet (Bild 12) und lagerte beidseitig in Trag- bzw. Stützlagern, ausgeführt als Gleitlager mit Druckölschmierung (Bild 13). Es gab aber innerhalb der Turbine auch weitere Wellen- oder Trommeldichtungen (Innenstopfbuchsen) zur Abdichtung der einzelnen Druckkammern.

Labyrinthdichtung bestanden einerseits aus einer Anzahl kurzer, schmaler Ringe, die in die Welle eingedreht waren und andererseits aus federnden Metallringen die in die jeweiligen Ringnuten ragten.
Kohlestopfbuchsen bestanden aus eingeschliffenen, geteilten Ringen aus Kohle, die von federnden, ebenfalls mehrfach geteilten  Metallringen oder Schlauchfedern gegen die rotierenden Dichtflächen der Welle gedrückt wurden.
Die Wellendichtungen wurden von Dampf durchströmt, Sperrdampf genannt, dessen Druck durch die Drosselwirkung in den einzelnen Ringkanälen verringert wurde um schließlich in den Kondensator geleitet zu werden.
Auf die Notwendigkeit den entstehenden axialen Schub, der durch den Rückdruck an den Laufschaufeln von Überdruckturbinen entsteht, durch Entlastungskolben auszugleichen (Ausgleichkolben), wurde bereits bei deren Behandlung hingewiesen. Die Ausgleichkolben verfügten zur Abdichtung ebenfalls über Labyrinth-Dichtringe. Dieser Schubausgleich war jedoch bei schnellen und großen Leistungsänderungen nicht immer voll wirksam. Zum Schutz des Läufers gegen Verschiebung in Längsrichtung, wurden am Ende der Läuferwellen zusätzlich Einscheiben-Drucklager mit Drucköl-Schmierung (Bild 13) angeordnet.
Die Verbindung der Turbinenwelle mit dem Getriebe-Ritzel erfolgte über feste Zahnkupplungen.

Die Nd-Turbinen der Marsch- und Hauptturbinensätze haben in ihrer Abdampfkammern integrierte Rückwärtsturbinen. Bekanntlich werden im Vakuum die Radreibungs- und Ventilationsverluste beim Mitlaufen der Rückwärtsturbine in Vorwärtsfahrt klein gehalten. Hier bestanden sie jeweils aus einem zweikränzigen C-Rad und vier Kränzen mit Überdruckschaufeln. Sie hatten eine, zum Manövrieren des Schiffes ausreichende Leistung von etwa 35% der Vorwärtsleistung. Die klein und leicht gebauten Rückwärtsturbinen hatten einen niedrigen Wirkungsgrad und verbrauchten die gleiche Dampfmenge wie die Vorwärtsturbinen, aber bei den wenigen Rückwärtsfahrten wurde das in Kauf genommen.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

#16
Zur Regelung der Turbinenleistung verfügten die jeweiligen Hd-Turbinen über drei oder vier  Düsengruppen mit zugehörigen Fahrventilen. Durch Zu- oder Abschalten dieser Düsengruppen erfolgte eine Regelung der Dampfmenge, die durch die Turbine strömte.
In den  Schaufeln eines Curtis- bzw. C-Rades wurde zuerst die hohe Dampfgeschwindigkeit bis auf einen geringen Rest herabgesetzt (Geschwindigkeitsstufung). Nach dem Verlassen des zweiten C-Rad-Schaufelkranzes wurde durch die Formgebung des Gehäuses das anfallende Kondenswasser aus dem Dampf geschleudert, so dass der Dampf nahezu trocken in die folgenden Gleichdruck- bzw. Überdruckschaufeln des Trommelläufers gelangte.
Über mehrere Entwässerungen an den tiefsten Punkten des Gehäuses wurde das Kondensatwasser in den Kondensator abgeführt.

Bild 14 verdeutlicht die Weiterentwicklung im Schiffsturbinenbau durch die Darstellung des Bb-Turbinensatzes  eines weiteren Kreuzers der DKM.
Ein wesentlicher Unterschied zur Kreuzer-Anlage in Bild 9 ist das Fehlen zusätzlicher Marschturbinen.
Diese gut durchkonstruierten Anlagen wirkten durch die erhöht angesetzten Hd-Turbinen kompakt und modern. Die Hd-Turbinen arbeiteten, wie die beiden Doppelstrom-Nd-Turbinen über jeweils eine Welle mit Ritzel auf das Getriebe mit einfacher Übersetzung.  Die beiden Anlagen des Schiffes verfügten über jeweils eine ausrückbare Klauenkupplungen und ein Drucklager.
Die Hd-Turbinen hatten neben den üblichen, abschaltbaren Düsengruppen vor dem C-Rad, drei weitere Zudampf-Anschlüsse zur Beaufschlagung des Hd-Trommelläufers.
Das Bild 15 zeigt die Hd-Turbine dieser Anlagen. Wir erkennen neben einer Vielzahl uns mittlerweile bekannter Details, wie den Ausgleichkolben mit Labyrinth-Dichtung vor dem zweistufigen C-Rad und die Kohle-Stopfbuchsen, die Anschlüsse zur Entwässerung sowie die Anschlüsse für den Zudampf I bis III.
Wir wissen, dass bei einer Dampfturbine der höchste Wirkungsgrad nur bei der Nennleistung erreicht wird, die ihrer Berechnung zugrunde liegt. Die Dampfgeschwindigkeiten und die Düsenanstell- und Schaufelwinkel sind im Allgemeinen hierauf abgestimmt. Bei niedrigeren Fahrstufen  entfernt man sich durch Regelung der Dampfmenge oder durch Drosselung des Dampfes jedoch von dieser Nennleistung und damit auch vom günstigen Wirkungsgrad.
Um den Brennstoffverbrauch bei Marschfahrt niedrig zu halten, wurden in Anlagen nach Bild 9 daher neben den Hauptturbinen zusätzlich für die Marschfahrt optimierte Turbinen eingebaut.
Die Anlagen nach Bild 14 wurden jedoch so ausgelegt, dass beim Öffnen aller Fahrventile der fünf Düsensätze nur maximal 40 % der Höchstleistung erreicht wurden. Die Düsensätze 1 und 2 galten dabei als Marschdüsen und waren mit einem größeren Anstellwinkel als die Haupt-Düsensätze 3 bis 5 versehen. Bei befohlener Höchstgeschwindigkeit wurde der Hd-Turbine über Zusatzventile (Zudampf I bis III) unter Umgehung der ersten Stufen zusätzlich Frischdampf zugeführt. Diese Regelart ergab einen breiten Leistungsbereich bei akzeptablem Wirkungsgrad. Zusätzliche Marschanlagen wurden daher entbehrlich.

Bei langsamer Fahrt voraus (≈ 14 sm/h) wurde nur das Fahrventil für den Düsensatzes 1 geöffnet. Bei Marschfahrt (≈ 17 sm/h) waren die Düsensätze 1 und 2 in Betrieb. Bei forcierter Marschfahrt (≈ 24 sm/h) wurden alle Fahrventile geöffnet. Bei den zwei Geschwindigkeitsstufen für volle Fahrt (≈ 26 sm/h und ≈ 28 sm/h) und bei Höchstfahrt wurde über entsprechende Ventile der Zudampf I bis III auf die jeweiligen Stufen des Hd-Trommelläufers aufgeschaltet.
Die Einrichtungen zur Turbinenregelung sowie weitere Turbinen-Hilfseinrichtungen und Apparate werden wir in einem gesonderten Beitrag behandeln.

Bild 16 zeigt die zu den Anlagen gehörige Nd-Turbine mit der in die Abdampfkammer eingebauten Rückwärtsturbine. Die Rückwärtsturbine bestand aus einem zweikränzigen C-Rad und einer vierstufigen Überdruckturbine. Die Nd-Turbine war hier als Doppelstrom-Turbine ausgelegt und hatte zwei Flansche für die Abdampfbögen zum Kondensator. Gut zu erkennen sind der ,,gebaute" Trommelläufer mit den Entwässerungsanschlüssen sowie einige nicht näher bezeichnete Komponenten zur Messung der Lagertemperatur und des axialen Läuferspiels. Aus den bekannten Gründen entfällt hier ein Ausgleichkolben.

Der Betrieb mit Hochdruckdampf führte zu keiner grundsätzlichen Änderung seiner  Arbeitsweise in den Turbinen. Größere Wärmegefälle und höhere Dampftemperaturen erforderten allerdings einige Rücksichten hinsichtlich Wärmedehnung, Materialfestigkeit und Abmessungen. Hochdruckdampf hat bekanntlich eine größere Dichte. Das bedeuten, dass bei voller Beaufschlagung die Schaufeln der Hd-Stufen sehr klein würden. Das Verhältnis der Abmessungen der Schaufelkanäle zu den Spalten würde ungünstig und die Verluste würden steigen. Das führte zu Turbinen mit kleineren Durchmessern bei hoher Drehzahl und weniger Stufen.
Damit nicht nur die Abmessungen, sondern auch die auftretenden Temperaturunterschiede klein gehalten wurden, war darüber hinaus eine Aufteilung in drei oder vier Einzelturbinen erforderlich. Das zeigt uns auch, dass der Betrieb mit Hochdruckdampf erst bei Anlagen mit großer Leistung sinnvoll war.

Die schematische Darstellung des Backbord-Turbinensatzes einer Hochdruck-Schiffsturbinen-Anlage zeigt Bild 17.
Mit einer Leistung von insgesamt 60.000 PS bei 3000 U/min gehörte sie bereits einer höheren Leistungsklasse an. Jeder Turbinensatz bestand aus einer Hd-Turbine mit zweikränzigem C-Rad sowie einem Trommelläufer mit Überdruckschaufeln, einer ähnlich aufgebauten Md-Turbine und zwei als reine Überdruck-Turbinen ausgeführten Nd-Turbinen.
Auch die Rückwärts-Turbinen-Anlage war geteilt in eine separate Hd-Rückwärts-Turbine mit C-Rad und zwei in die Nd-Turbinen eingebauten, vierstufigen Nd-Rückwärts-Turbinen. Die Rückwärts-Leistung entsprach etwa 25 % der Vorwärts-Leistung.
Die Dampfführung geht aus der Abbildung hervor und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Eine Dampfleitung führte zum Druck-Ausgleich von der Md-Turbine zu den Nd-Turbinen. Bei Hochdruck-Turbinen kamen ausschließlich Labyrinth-Dichtungen zum Einsatz.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Leider ist wieder beim Kopieren ein Text-Teil zum letzten Posting verloren gegangen. Da ein nachträgliches Einfügen nicht mehr Möglich ist, hänge ich es hier an.

Wie bei der in Bild 9 dargestellten Schiffs-Turbinenanlage verfügten auch die Kreuzer-Anlagen nach Bild 14 und 17 über zusätzliche Dieselmotoren für Hafenmanöver oder kleine Marschfahrt. Die Schaltung erfolgte entweder wie in der Beschreibung zur Anlage in Bild 9, oder die bis zu vier Dieselmotoren waren auf eine dritte, in der Mitte angeordnete  Schraubenwelle aufschaltbar. Die umsteuerbaren Motoren konnten nach Bedarf über Vulkan-Kupplungen bei drehender Welle zu- oder abgeschaltet werden. Die Leistung von vier Dieselmotoren vermittelte einem Dreischrauben-Kreuzer eine ausreichende Marschgeschwindigkeit bei niedrigem Brennstoffverbrauch, so dass auf den Einbau besonderer Marschturbinen verzichtet werden konnte. Erst bei Geschwindigkeiten ab 14 sm/h wurden die Dampf-Turbinen in Betrieb genommen und die Motoren abgeschaltet. 
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Captain Hans

Mann Georg deine Ausführungen haben die Qualität einer Diplomarbeit  - einfach Spitze top top top

liebe Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Turbo-Georg

#19
Der Brennstoff-Verbrauch ist nicht nur in der kommerziellen Schifffahrt bis heute ein wichtiger Kostenfaktor; auf Kriegsschiffen bildet er darüber hinaus eine strategische Komponente. Es gibt in der neueren Seekriegsgeschichte genug Beispiele dafür, dass Erfolg versprechende Operationen abgebrochen werden mussten, weil der Brennstoffvorrat zur Neige ging. Es galt also in jedem Falle sparsam mit Brennstoff umzugehen. Dabei ist es unerheblich ob es sich um Kohle handelte oder um Öl.
Die Konstrukteure und später die verantwortlichen Schiffsingenieure standen bei Schiffen mit Dampfturbinen-Antrieb hierbei vor einer besonderen Herausforderung. Bei den Dampfturbinen der Kraftwerke an Land oder den späteren Schiffsantrieben mit Turbo-Generatoren wird bzw. wurde bei ständig konstant gehaltener Drehzahl ein optimaler Wirkungsgrad erzielt. Im Gegensatz hierzu mussten aber Schiffs-Dampfturbinen den Forderungen gerecht werden, wonach Schiffs-Antriebsmaschinen schnell und leicht regelbar sein müssen, um durch wechselnde Schraubendrehzahl und Maschinenleistung das Schiff sicher zu Manövrieren.
Nicht nur beim Manövrieren im Hafen und beim Schleusen, beim Festmachen und Verholen und beim Ein- und Auslaufen wurden wechselnde Drehzahlen bzw. Leistungen von der  Schiffsleitung befohlen. Auch bei schlechter Sicht durch Nebel oder bei schwerem Wetter mit Wind und Seegang musste die Schiffsgeschwindigkeit und damit Drehzahl und Leistung der Maschine über einen längeren Zeitraum herab gesetzt werden.
Bei schwerem Wetter bestand darüber hinaus die Gefahr des Wellenbruchs, wenn die Schrauben beim Freikommen durchgehen und ohne Belastung frei in der Luft wirbeln. Auf solche oder andere unmittelbare Gefahren für Turbinen-Anlage und Schiff musste man schnell reagiert können.
Nun wissen wir aber, dass sich die Regelung von Dampfturbinen schwieriger gestaltet als die von Kolben-Dampfmaschinen und Verbrennungsmotoren; bei denen kann die Änderung von Drehzahl und Leistung durch vergleichsweise einfache Drosselung erfolgen. Wobei sich der Brennstoff-Verbrauch in etwa proportional zu den Änderungen verhält.
Wir wissen zwischenzeitlich dass sich Dampfturbinen bei der Änderung wichtigster Einflussgrößen völlig anders verhalten. Je mehr man sich bekanntlich von ihren wirtschaftlich optimierten Konstruktionsleistungen durch Senkung der Drehzahl entfernt, umso ungünstiger wird der Wirkungsgrad und umso höher werden der Dampf- und damit der Brennstoffverbrauch.   
Alle bisher vorgestellten Turbinenarten und Anlagen-Varianten stellen letztendlich die Versuche dar, diesen besonderen Gegebenheiten von Dampfturbinen gerecht zu werden.
Hierzu zählen auch Maßnahmen und Verfahren zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, wie Erhöhung des Dampfdruckes bzw. das Überhitzen des Dampfes oder spezielle technische Einrichtungen wie Fahrventile zur Zu- oder Abschaltung einzelner Düsengruppen oder ganzer Turbinen oder ggf. eigenständige Dampfturbinen-Anlagen für Marschfahrt.

Die Leistung einer Turbine wird neben dem Wirkungsgrad von den zwei Faktoren  Wärmegefälle und Dampfmenge bestimmt. Will man die Leistung ändern, muss man also einen der Faktoren ändern. Wie wir bereits wissen, waren bei voller Leistung alle zu den Düsengruppen führenden Fahrventile geöffnet. Durch Schließen eines oder mehrerer dieser Ventile wurden Düsengruppen abgeschaltet. Eine kleinere Dampfmenge durchströmte nun die Turbine, die Leistung wurde geringer. Wir sprechen von der Dampfmengen-Regelung.
Bei der Mengenregelung bleiben das Wärmegefälle und damit die Dampfgeschwindigkeit unverändert, die Verluste halten sich in Grenzen. Die Regelung ist durch die begrenzte Anzahl der schaltbaren Düsengruppen recht grob.
Das Prinzip der Mengenregelung durch Düsengruppen-Schaltung zeigt Bild 18 oben links. Die Düsengruppen waren meistens gegossene Bauteile, die vor dem C-Rad im Gehäuse der Hd-Turbine angebracht wurden (Bild 18 Mitte links). Zur Minderung der Düsenverluste durch bessere Oberflächenqualität der Kanalwände, waren sie bei Hochdruck-Heißdampf-Turbinen häufig auch aus einem Stück gefräst.
Die Feinregelung erfolgte über ein Fahrventil, dessen Spindel hierzu mehr oder weniger nieder gedreht, also nur teilweise geschlossen wurde. Durch die Verengung des Ventil-Querschnittes erfolgte eine Drosselung des Dampfdrucks und der Dampfmenge sowie eine Verkleinerung des Wärmegefälles; daher die Bezeichnung Drosselregelung. Durch das kleinere Wärmegefälle sinkt die Dampfgeschwindigkeit, der Winkel unter dem der Dampf in die Schaufeln einströmt verändert sich mit den bekannten Folgen. Bei der Drosselregelung entstehen somit Verluste, die den spezifischen Dampfverbrauch erhöhen. Von der Dampfdrosselung sollte also möglichst wenig Gebrauch gemacht werden.
Das Prinzip der Drosselung wird in Bild 18 unten links dargestellt. Das gleiche Bild zeigt uns rechts ein Fahrventil für Nocken-Steuerung. Mehrere solche Fahrventile wurden zu einer Fahr-Einrichtung zusammengefasst (Bild 19).

Bevor wir auf die Wirkungsweise der Fahreinrichtungen eingehen, betrachten wir wieder einmal einen Ausschnitt des Mollier-Diagramms (Bild 20). Es zeigt uns neben dem Einfluss von Druck- und Temperaturerhöhung auch den Einfluss der Dampfdrosselung auf das nutzbare Wärmegefälle. Die gestrichelt gezeichneten, senkrechten Linien stellen dabei das jeweilige theoretische Wärmegefälle dar und die stark ausgezogenen Linien den in etwa realistischen Verlauf der Expansion in einer Dampfturbine unter dem Einfluss der Verluste (siehe hierzu Antwort # 16  http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html ).
Die jeweiligen Expansionslinien enden bei einem Kondensatordruck von 0,04 ata.

Bei der Linie 1 wurde bei einem Dampfdruck von 20 ata die Dampftemperatur mit 300 Grad Celsius so gewählt, dass die Dampffeuchtigkeit am Ende der Expansion, also am Ausgang der Turbine einen maximalen Wert von 12 % nicht überschreitet (hier x = 0,89, also 11 %). Das theoretische Wärmegefälle beträgt 235 kcal/kg.
Die Linie 2 zeigt uns nach Erhöhung des Dampfdrucks auf  40 ata bei gleicher Dampftemperatur zwar eine gewünschte Erhöhung des Wärmegefälles auf 250 kcal/kg, aber die zulässige Dampffeuchtigkeit in den Endstufen der Turbine wird mit 16 % (x = 0,84) deutlich überschritten. Der Pfeil A verdeutlicht den Verlauf dieser Druckerhöhung.
Erst eine gleichzeitige Erhöhung der Dampftemperatur auf ca. 380 Grad Celsius, dargestellt durch den Pfeil B und die Linie 3 bringt die Dampffeuchtigkeit mit etwa 10,5 % (x = 0,985) wieder in den zulässigen Bereich. Gleichzeitig erhöht sich durch diese Maßnahme das Wärmegefälle auf 275 kcal/kg.
Die Drosselung dieses Dampfes von 40 ata auf 5 ata zur Feinregulierung der Turbinenleistung stellt die Linie 4 dar.
Im verengten Querschnitt des Fahrventils findet durch teilweise Entspannung des Dampfes eine Druckabsenkung statt. Ähnlich einer Dampfdüse wird dabei Druck in Geschwindigkeit umgewandelt ohne dass äußere Arbeit verrichtet wird. Durch die dabei auftretenden Reibungen und Verwirbelungen entsteht Verlustwärme, die zwar im Dampf erhalten bleibt, aber zur Arbeitsleistung in der Turbine nicht mehr zur Verfügung steht.
Die so genannte Drossellinie verläuft daher waagerecht, der Wärmeinhalt des gedrosselten Dampfes und damit auch die aufzuwendende Erzeugungswärme bleiben also unverändert, obwohl nun das Wärmegefälle auf 205 kcal/kg gefallen ist. Der gedrosselte Dampf wird durch die Verlustwärme überhitzt, der Wärmeinhalt des Abdampfes ist höher und sein Dampfgehalt ist gestiegen.

Bei größeren Kriegsschiffen finden wir eine Fahr-Vorrichtung, die das Öffnen und Schließen der Fahrventile mehrerer Düsengruppen in einer bestimmten Reihenfolge erlaubte. Hierzu wurden die einzelnen, entlasteten Doppelsitz-Ventile nebeneinander auf dem Gehäuse z.B. der Hd-Turbine angeordnet und ihre Spindeln durch die Nocken (Kurvenscheiben) einer gemeinsamen Welle bewegt. Die Welle wurde über ein Getriebe per Handrad betätigt.
Die vergleichsweise einfache Ausführung (drei Fahrventile) einer solchen Gruppenventil-Steuerung auf der Hd-Turbine des Schwedischen Torpedobootes ,,Wrangel", erbaut 1918 bei De Laval Angturbin A.B. zeigt uns Bild 19 links (Engineering, Okt.1919).
Durch die Gestaltung  und Anordnung der Nocken konnte jede beliebige, aber zwangsläufige Reihenfolge des Öffnens oder des Schließens sichergestellt werden. Fehlschaltungen oder unnötige Drosselverluste durch das manuelle Öffnen und Schließen einzelner Ventile wurden somit ausgeschlossen.
Später wurden die Nockenwellen auch durch geeignete hydro-mechanische Antriebe bewegt (Bild 19 rechts). Bei den moderneren Turbinenanlagen der DKM wurden die Spindeln der einzelnen Fahrventile bereits direkt durch Öldruck-Kolben über entsprechend gestaltete, abgesetzt bedienbare Öldruck-Steuerschieber betätigt.

Die Dampfverbrauchs-Kurven zweier älterer Kriegsschiffe zeigt Bild 21.
Auf der jeweils linken Ordinate ist der spezifische Dampfverbrauch, auf der rechten Ordinate die prozentuale Antriebsleistung und auf der Abszisse die Schiffs-Geschwindigkeit aufgetragen.
Die strichpunktierten Kurven verdeutlichen die, zu einer bestimmten Schiffsgeschwindigkeit erforderlichen Antriebsleistungen in Prozent der Konstruktionsleistung (Nennleistung der Turbinen-Anlage). Die dick ausgezogenen Kurven stellen den Dampfverbrauch in Abhängigkeit von der Schiffsgeschwindigkeit und die zugehörigen Düsengruppen-Schaltungen dar.

Als Beispiel nehmen wir ein Dreischrauben-Linienschiff mit einer Gesamt-Konstruktionsleistung von 40.000 PS. Die drei Turbinensätze aus Hd- und Nd-Turbinen wirkten auf je eine Schraubenwelle. Die Leistungsregelung erfolgte über sechs Düsengruppen am Eingang der Hd-Turbinen, die über die einzeln absperrbaren Fahrventile I bis VI gesteuert wurden.
Bei äußerster Kraft, also deutlich über 22 sm/h wurden alle sechs Fahrventile geöffnet (Düsengruppenschaltung 6). Wie wir sehen war hier mit 6,2 kg/PS/h der spezifische Dampfverbrauch am günstigsten.
Bei den Schaltungen 1 bis 5 wurden nur folgende Fahrventile geöffnet:

Schaltung 5, > 22 sm/h, die Fahrventile 1 bis 5,
Schaltung 4, ≈ 22 sm/h, die Ventile 3, 4 und 5,
Schaltung 3, ≈ 18 sm/h, das Ventil  3,
Schaltung 2, ≈ 15 sm/h, die Ventile 1 und 2,
Schaltung 1, ≈ 12 sm/h, das Ventil 1.

Bei Geschwindigkeiten unter 15 sm/h bediente man sich einer ökologischeren Marschschaltung, der so genannten Roelling-Schaltung.
Hierbei wurden die Hd-Turbinen der beiden Seitenwellen, sowie die Nd-Turbine der Mittelwelle abgeschaltet und durch Schieber in den Überströmbögen von den zugehörigen Hd-Turbinen bzw. der Nd-Turbine getrennt und zwei Überströmbögen von der Hd-Turbine der Mittelwelle zu den Nd-Turbinen der Seitenwellen geschaltet.
Es wurden lediglich die Fahrventile I, II und III der mittleren Hd-Turbine geöffnet. Der Dampf durchströmte nur die mittlere Hd-Turbine und anschließend die beiden Nd-Turbinen der Seitenwellen. Hierdurch ergab sich eine Senkung des Dampfverbrauchs von etwa 11,5 % gegenüber der Hauptschaltung.
Geschwindigkeitswerte innerhalb der Schaltungsbereiche, wie z.B. zwischen 18 sm/h und 15 sm/h in der Schaltung 3, konnten zwar durch Dampfdrosselung am letzten Fahrventil eingestellt werden, wurden aber wegen der steigenden Drosselverluste und dem damit verbundenen höheren Dampfverbrauch weitgehend vermieden. Erst durch Rückschaltung auf die nächst niedere Schaltung ging der Verbrauch etwas zurück, da wieder der volle Dampfdruck wirkte (gezackte Kurven).
Wir sehen, dass Geschwindigkeiten unterhalb von etwa 10 sm/h nur noch in der Motorenschaltung wirtschaftlich sinnvoll waren.

Noch schwieriger bei Marschfahrt einigermaßen günstige Dampfverbrauchs-Zahlen zu erzielen, war es bei dem Torpedoboot unseres zweiten Beispiels.
Durch das äußerst beschränkte Gewicht und die Form des Rumpfes, war der Leistungsbedarf bei Marschfahrt gegenüber der bei voller Fahrt recht gering. Unter 15 sm/h wurde daher in Motorenschaltung gefahren.
Bei voller Fahrt von etwa 34 sm/h waren in der Schaltung 5 von den insgesamt fünf Fahrventilen, die Fahrventile III, IV und V der Hauptstufen geöffnet. In der Schaltung 4 wurde das Fahrventil V geschlossen. Es blieben also bis zu einer Geschwindigkeit von 23 sm/h nur die Fahrventile III und IV geöffnet. Bei weiter sinkender Geschwindigkeit  wurden in der Schaltung 3 die bisher überbrückten Marschstufen eingeschaltet. Ein entsprechender Überführungskanal, der den Dampf vom C-Rad zu den hinter der Überbrückung liegenden Stufen führte, wurde geschlossen. Nach Einschaltung der Marschstufen durch Öffnen der Fahrventile I und II wurden die Fahrventile III und IV geschlossen. Der Erfolg dieser Maßnahme, nämlich die Senkung des Verbrauchs um 15 % ist aus der Kurve ersichtlich. In Marschschaltung wurde nur noch mit den Fahrventilen I und II reguliert, bis bei 17 sm/h nur noch das Ventil I geöffnet blieb.
Diese Topedoboot-Anlage hatte eine Konstruktionsleistung von 13.000 PS bei 2300 U/min.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

t-geronimo

Ganz kurze Frage:

Kann es eigentlich copyright-technische Probleme geben, weil die Grafiken und Skizzen aus einem Buch sind, ohne eine Genehmigung zu haben?
Oder ist da alles in Butter?

Nicht böse sein, aber wir haben da schon unschöne Erfahrungen machen müssen.  :|
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Turbo-Georg

#21
Hallo Thorsten,
die Zeichnungen stammen aus den Unterrichstheften der Marineschulen der Schiffsmaschinen-Inspektion Cuxhafen der DKM von 1942 und wurden von mir für den Bericht bearbeitet bzw. verändert. Man fand sie nach dem Krieg in einer Vielzahl von Fachveröffentlichungen.
Wer ist im urheberrechtlichem Sinn Rechtsnachfolger der Kriegsmarine-Schulen? Ich habe keinen gefunden und deshalb diese Quellen genutzt.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

t-geronimo

Das sollte dann OK gehen!! :TU:)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Langensiepen

Wer ist im urheberrechtlichem Sinn Rechtsnachfolger der Kriegsmarine-Schulen? Ich habe keinen gefunden und deshalb diese Quellen genutzt...   Rein rechtlich ist es die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches und damit auch der Marineschulen. Das ist aber rein akademisch da es keinen interessiert. So sind z.B. eigentlich die Fotonegative die Buchheim für seine Bilderbücher benutz hat Eigentum der BRD. Die Filme hatte er ja in seiner Eigenschaft als PK Mann erhalten und wohl auch dienstlich fotografiert. Na ja, ist alles nicht so tragisch. Was mich mal interesieren würde ist, was ist den die Marineschule Cuxhaven?  Wo war die denn? Oder ist die TMS Wesermünde gemeint.  Gruß

Turbo-Georg

#24
Hallo Langensiepen,
eigentlich müsste es heißen:
Marineschulen im Bereich der Schiffsmaschinen-Inspektion Cuxhaven. Wo im einzelnen diese Schulen lagen, ist nicht zu entnehmen.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Langensiepen

Man lehrnt dazu. Hab aber noch nie was davon gehört, das es in CUX eine Techn. Marineschule oder deren Ableger gab. War doch alles in Wesermünde ?  Kannte in Bremerhaven von den Werften und der Schule ne Reihe von Ex-Fachlehrern und Ausbilder von der TMS Wesermünde  ( Suppenkoch , H.Braun , M.Michels, Bergmann , Glasser)  aber von Cuxhaven war nie die Rede. Würde mich interessieren wo in CUX die Schule war. Gruß

Turbo-Georg

Zum Abschluss des Berichts noch einige Anmerkungen zu den wichtigsten Sicherheits- und Hilfseinrichtungen bei Dampfturbinen.
Bei Schiffs-Dampfturbinen bildeten unzulässige Betriebszustände durch die hohen Drücke und Temperaturen ihres Betriebsdampfes, sowie die mit hoher Drehzahl bewegten Massen eine besondere Gefährdung für Maschinenpersonals und  Turbinenanlage.
In kritischen Situationen galt daher in erster Linie die weitere Zufuhr von Frischdampf schnell und sicher zu unterbinden.
Zur Absperrung dienten so genannte Schnellschluss-Einrichtungen. Die wesentlichsten Kriterien zu ihrer Auslösung waren:

1.) Überschreitung der zulässigen Turbinendrehzahl um mehr als 10 %, u.a. bei Verlust oder Bruch einer Schraube, Bruch der Schraubenwelle oder anderer wichtiger Komponenten des Antriebsstranges, wie Kupplungen oder Getriebe.

2.) Abfall des Turbinenöl-Drucks unter einen bestimmten Wert durch Ausfall oder Bruch von Anlagenteilen wie Ölpumpen und deren Antriebe, Ölfilter, Ölkühler oder Ölzuleitungen.

Unter bestimmten Umständen wurden weitere Überwachungseinrichtungen in die Auslösung des Schnellschlusses einbezogen. Wie z.B.:

3.) Unzulässige Druckerhöhung in der Turbine, hervorgerufen durch Beschädigungen oder Verschmutzung.

4.) Minderung oder Verlust des Vakuums im Kondensator durch Lufteinbruch oder Ausfall der Kühlung.

5.) Veränderung der axialen und radialen Lage des Läufers mit der Gefahr der Schaufelberührung bei Abnutzung der Drucklager-Backen oder Undichtigkeit der Labyrinth-Dichtung des Ausgleichskolbens sowie durch defekte Stützlager.

Die Schnellschluss-Einrichtungen bestanden im Wesentlichen aus Schnellschluss-Ventilen oder bei Hochdruckanlagen aus Schnellschluss-Klappen, die in die Haupt-Zudampfleitung der Turbinenanlage eingebaut waren. Am Anfang der Entwicklung wurde der Schnellschluss rein mechanisch über entsprechende Gestänge mit Sperrklinken durch Federkraft ausgelöst, wie später nur noch bei Kleinturbinen zum Antrieb von Hilfsmaschinen (Bild 22).
Bei moderneren Anlagen erfolgte die Auslösung des Schnellschlusses wie die übrige Steuerung der Turbine über Drucköl. 
Der Anstoß zur Auslösung erfolgte sowohl bei den mechanischen Einrichtungen als auch bei denen mit Druckölsteuerung über Fliehkraftbolzen in den Turbinenwellen.
Bei Überschreitung der Drehzahl überstieg die Fliehkraft der Bolzen die einstellbare Kraft einer Bolzenfeder. Der Bolzen trat aus der Welle hervor und löste bei mechanischem Schnellschluss über eine Sperrklinke eine unter starken Druck vorgespannte Einklinkfeder. Über einen Hebel und die so genannte Schnellschluss-Stange wurde das Schnellschluss-Ventil entriegelt und durch Federkraft geschlossen.
Bei Schnellschluss-Einrichtungen mit Drucköl-Steuerung (Bild 23) erfolgte der Dampfabschluss über eine Klappe mit Gelenk. Bei ausreichendem Öldruck in einer Röhrenfeder mit Schubstange und Winkelhebel, wurde über einen Schnapphebel die Schlussvorrichtung verriegelt und die Klappe offen gehalten. Bei sinkendem Öldruck (siehe 2.) wurde die Klappen-Verriegelung frei gegeben und die Klappe durch eine starke Zugfeder geschlossen.
Bei Überschreitung der zulässigen Turbinen-Drehzahl (siehe 1.) wurde durch die Fliehkraftbolzen in den Turbinenwellen eine Sperrklinke entriegelt, die einen unter Federdruck stehenden Öl-Steuerschieber frei gab. Der Steuerschieber schloss und entlastete die Drucköl-Verbindungsleitung zur Schnellschluss-Klappe. Durch den fehlenden Öldruck in ihrer Röhrenfeder schlägt die Klappe dicht.
Das galt auch bei Druckerhöhung in der Turbine (siehe 3.) oder Verlust des Vakuums im Kondensator (siehe 4.). Zu diesem Zweck wurden über zusätzlich an der Auslöse-Vorrichtung angebrachte kleine Steuerzylinder mit Kolben die Sperrklinken der Öl-Steuerschieber betätigt. Diese Steuerkolben besaßen der Höhe des Drucks entsprechend einstellbare Federn und waren besonders zur Überwachung des Kondensator-Vakuums nicht selten als Membran-Kolben oder als direkt in die Öl-Zuleitung geschaltete Membranventile ausgeführt.
Häufig wurde dem Maschinenpersonal bereits beim ersten Auftreten von Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf die bevorstehende Auslösung der Schnellschluss-Einrichtung durch Hupen oder Flackerlicht angekündigt.
Die Schnellabschaltung der Turbinen konnte auch von Hand erfolgen. Entweder direkt über Schlagbolzen an den Auslöseeinrichtungen oder vom jeweiligen Steuerstand durch Absperren und Entlasten ihrer über den Steuerstand geführten Drucköl-Zuleitungen.

Eine Einbeziehung der Überwachungseinrichtungen zur Lage der Turbinenläufer (siehe 5.) in den Schnellschluss erfolgte in der Regel nur bei größeren Anlagen. Üblicher Weise wurden diese Einrichtungen durch das Maschinenpersonal regelmäßig kontrolliert; die Ergebnisse der Sichtung wurden in ein Lagermessbuch eingetragen und mit den Angaben des Turbinen-Herstellers verglichen.

Nach Auslösung des Schnellschlusses erfolgte die Wiederherstellung des vorherigen Betriebszustandes fast ausschließlich manuell durch das Maschinenpersonal. Damit sollte sichergestellt werden, dass vor der Wiederinbetriebnahme der Turbinen die Ursache der Auslösung ermittelt wurde.
Bei den älteren Nassdampf-Anlagen mit ihren recht komplizierten Schellschluss-Ventilen war der hierfür erforderliche Zeitaufwand nicht unerheblich. Die Schnellschlussventile der Sattdampf-Großanlagen wurden zwar bereits über Druck-Öl betätigt und hatten hierzu sowohl für die Hauptturbinen als auch für die Marschturbinen angebaute Druck-Öl-Zylinder mit Kolben, aber neben dem eigentlichen Hauptventil besaßen sie noch ein kleineres Entlastungsventil. Beide Ventile wurden nach dem Schluss durch den anstehenden Dampf belastet. Bevor das Hauptventil entlastet werden konnte, musste erst das Entlastungsventil entlastet werden. Das erfolgte zwar über eine Gewindespindel mit Unterstützung durch Federkraft und einen kleinen Dampfkolben, welcher mit dem Kondensator verbunden war, aber die Prozedur zur Wiederherstellung der Bereitschaft war kompliziert und langwierig.
Die mechanische Schnellschluss-Einrichtung für kleinere Anlagen oder Hilfsmaschinen (Bild 22) war dagegen weniger kompliziert. Hier musste zur Öffnung zuerst mit dem Handrad die Ventilspindel ganz nieder gedreht werden, um die Ventilfeder wieder zu spannen. Mit den beiden Handhebeln wurde die Sperrklinke eingeklinkt und die Auslösung wieder in Bereitschaftsstellung gebracht. Nun wurde mit dem Handrad das Ventil bis zum Anschlag der Spindel an der Gewindebuchse geöffnet.

Die Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft einer Schnellschluss-Klappe erfolgte zwar auch manuell, war aber relativ einfach. Beim Absinken der Turbinendrehzahl gab der Fliehkraftbolzen die Sperrklinke frei und der Öl-Steuerschieber rastete nach Anheben ein. Das Druck-Öl wurde auf die Zuleitung zur Klappe geschaltet. Nach Entlastung der Klappe über das Entlastungsventil konnte mit dem Rückstellhebel die Klappe geöffnet werden und die Verriegelung rastete ein.

Bis zur Wiederinbetriebnahme des Antriebs oder der Herstellung einer Notschaltung war das Schiff in seiner Manövrierfähigkeit stark eingeschränkt, wenn nicht gar Bewegungsunfähig. Es soll Berichten zu Folge, bei älteren Anlagen gelegentlich während des Gefechts durch die Stoßwellen beim Abschuss der großen Kaliber zur Auslösung des Schnellschlusses gekommen sein. Jeder wird sich vorstellen können, in welch hohem Maße das Maschinenpersonal in einer solchen Situation gefordert war.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Captain Hans

Hallo Georg

einfach toll wie du uns alles detailiert erklärt hast. top top top

möchte mich im Namen aller sehr herzlich für deine Berichte bedanken. :TU:)

liebe Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Turbo-Georg

Hallo Hans, liebe Freunde und Leser,
andere wichtige Aufgaben nahmen mich in den letzten Wochen in Anspruch, ich hatte daher etwas wenig Zeit zum Schreiben.
Es gäbe noch ein Unmenge über Schiffs-Dampfturbinen zu berichten, aber es sollte ja auch nur ein kurzer Einblick sein.
Ich hoffe ich konnte dennoch dazu beitragen die Technik der Schiffsantriebe mit Dampfturbinen etwas besser zu verstehen.
Ich werde zur gegebenen Zeit gerne noch mal auf dieses Thema zurückkommen.
Die Zeit zur Beantwortung von Fragen werde ich mir aber immer nehmen.

Bis bald!
Euer Turbo-Georg
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

vilsa

Klasse Texte.....weiter so ! Ich werde in Zukunft ein treuer Leser sein.
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