350mm L52 SK C/34 -Abschätzung der Grundwerte.

Begonnen von delcyros, 25 Mai 2009, 18:39:40

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delcyros

Für den Vorschlag 2 des Scharnhorst threads wurde ein modernes, Mitte der dreißiger durchkonstruiertes 350mm Geschütz angenommen. Wie komme ich auf die Gewichte und Daten? Das Geschütz wurde nie realisiert, die Frage ist daher berechtigt.
Dazu sind einige Vorüberlegungen notwendig. Das 350mm L45 der Wk-1 Mackensen-Klasse dient als Ausgangspunkt. Es verschoß ein 600 kg schweres Geschoß mit einer V0 von 815 m/s.
Angaben über Turmgewichte des Zwillings sind mir nicht zugänglich. Doch dazu später mehr.
Annäherungsweise habe ich versucht, das Problem grafisch zu lösen.
Zuerst zum Geschoßgewicht. Da wir sicher sein können, dass die neue Kanone länger und leistungsfähiger sein wird gehe ich im folgenden von 52 Kaliberlängen aus (28cm L52 der Panzerschiffe, 35cmL52 des Vorschlags 2 anstelle Scharnhorst, 38cm L52 der Bismarck und schließlich 40,6cm L52 der H-Klasse geben eine nette Entwicklungslinie).
Wenn man die Kaliber gegen die Geschoßgewichte plottet (vgl. Abb.) kommt dabei dies heraus:

Bei 52 Kaliberlängen sollte also das Geschoßgewicht nach dem Richards-Modell (rote Kurve für 50 Kal.) genau zwischen 600 und 650 kg liegen. Tatsächlich sollte das neue 350mm L4,4 Geschoß 625 kg wiegen. Perfekt!
Aber: Für kleinere Kaliber (8", 6" und 4.1") überschätzt das Modell zunehmend das Geschoßgewicht, im uns interessierenden Bereich ist es aber hinreichend korrekt.
Als nächstes interessiert mich die V0. Diese läßt sich mit dem Geschoßgewicht und der Mündungsenergie errechnen. Aber welche Werte kann man für die Mündungsenergie in Aussicht stellen? Nochmal grafisch:

Bei 52 Kaliberlängen erwarten wir also eine Mündungsenergie im Bereich von 430 bis 440, eher um 438, womit das "neue" 350mm Geschütz fast 10% leistungsfähiger ist als das alte. Hinsichtlich der Mündungsleistung liegt dieses Geschütz damit mittig zwischen dem britischen 14"/45 (King George V-Klasse, 13,5% weniger Leistung) und den 15"/42 (QE, R, Hood, Vanguard, 12,3% mehr Leistung). Immerhin!
Damit ergibt sich eine wahrscheinliche Mündungsgeschwindigkeit von 835 m/s mit RP/C 32 und einem 625 kg schwerem Geschoß. Für den ballistischen Koeffizient kommt ein Wert nahe 14.4 in Frage, allerdings unter der Annahme, dass es sich um ein Geschoß der 28,3cm oder 38cm L4,4 Variante handelt. Diese Schätzung ist noch grob aber ich arbeite daran (Aerodynamiker geizen um jedes 10tel Prozent).
Das bringt uns schließlich zur Frage des Turmgewichtes für Zwillingsgeschütze:

Zur Klärung sind natürlich mehrere Aspekte von Interesse: Rohrerhöhung eher 20 Grad oder doch lieber 40 Grad? Geschmackssache. Aber eine Reichweite von 38.000 yard kann mit 30 Grad Rohrerhöhung und den bereits postulierten Werten erreicht werden.
Es wird deutlich, dass eine neue Turmkonstruktion auch deutlich schwerer ausfallen wird als die der Mackensens. Um die 800 Tonnen sollten schon einkalkuliert werden pro Zwillingsturm, wober eine Überhöhung 15 bis 20t. extra auf die Wage bringen.
Als Exkurs sei auf die "überschwere" 16"/52 Turmkonstruktion hingewiesen, sie paßt perfekt in die Erwartung für ein 16.5" Geschütz. Wahrscheinlich wurde es bereits mit Blick auf die schwereren Projektile für 420mm durchkonstruiert.

Thoddy

Welche Einheit hat die Mündungsarbeit?

nach meiner Rechnung sollten es 217 MJ sein Treibladung damit so um 171 kg vorausgesetzt etwa gleicher Wirkungsgrad wie die SK 38

packt man 20 % mehr Pulver rein also etwa 200kg + vergrößert den Ladungsraum auch etwa um 15%
könnte man in etwa die gleiche Durchschlagfähigkeit erreichen wie die SK 38
v0 dann um etwa 915 m/s
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Nobody

#2
Sehr schön gemacht, aber wie hast du die roten Kurven erstellt? Sie sehen quadratisch aus, sollten sie nicht einen kubischen Verlauf haben?

Geschossgewicht: 625 kg bekomm ich auch raus, wenn ich die 28 cm/L54,5 oder die 38 cm/L52 als vergleich nehme. 650 kg wenn wir in die Zukunft blicken mit mit der H (40,6 cm/L52) vergleichen.
Mit 625 kg haben übrigens auch die Ingenieure der Bismarck in den Vorstudien gerechnet, wenn ich mal wieder aus Bryer/Koop zitieren darf. (Hatte ich die Daten nicht im Scharnhorst-MA-Thread gepostet?)
Eine US Superheavy würde in diesem Kaliber übrigens rund 785 kg auf die Waage bringen.

Anfangsgeschwindigkeit v0: ein Vergleich mit F und H gibt ganz klar 820 m/s für die leichtere (625 kg) und 810 m/s für die schwerere (650 kg) Granate. Wenn ich mit den 28 cm Vergleiche komme ich auf etwa 860 bis 870 m/s. Hier rechneten unsere Vorfahren sogar mit 875 m/s, was die Frage aufwirft ob sie nicht eventuell längere Geschütze für F in Betracht zogen.

Turmgewicht: Pi mal Daumen (B-Schiff als Basis) würde ich den Doppelturm auf mindestens 820 t schätzen. Er hätte dann allerdings auch eine dünnere Panzerung als die 38er. Ein Drillingsturm wie bei den Schwestern würde ich auf 1420 t schätzen, auch hier wenn die Panzerung etwa proportional zum Kaliber ist.

Feuergeschwindigkeit: Die Ingenieure in den 30er rechneten übrigens mit gerade einmal 2,3 Schuss/Rohr und Minute.

Peter K.

Ausgehend von
- Kaliber 35 cm
- Geschossgewicht 625 kg
- Vo 875 m/s
ist eine Rohrlänge von L/52 meiner Meinung nach durchaus realistisch!

Daraus ergeben sich etwa folgende Daten nach dem Schlüssel

Rohrerhöhung in °/Auftreffgeschwindigkeit in m/s/Auftreffwinkel in °/Schussweite in m/Durchschlag Gürtel in mm/Durchschlag Deck in mm

10/540/13,8/18.654/372/71
15/488/21,8/24.597/306/95
20/466/29,6/29.352/264/124
25/462/36,5/33.376/235/157
30/468/42,5/36.759/213/190
35/480/47,6/39.411/196/221
40/496/52,1/41.331/180/252
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Peter K.

Betreffend des Turmgewichts gibt JOHOW-FÖRSTER in seiner 5. Auflage (1928) folgende Zahlen für Kruppsche Konstruktionen an:

35,56 cm Drillingsturm: 1.050 t ohne Barbettepanzer und Munition
Barbettedurchmesser: 10,3 m

35,56 Doppelturm: 740t ohne Barbettepanzer und Munition
Barbettedurchmesser: 8,8 m

Turmpanzerung jeweils: Front 300 mm, Seite 220 mm, vordere schräge Decke 150 mm, waagrechte Decke 100 mm

Für das 35,56 cm L/50 Geschütz von Krupp wird ein Geschoßgewicht von 620 kg und eine Vo von 900 m/s bei einer Geschützladung von 227 kg angegeben!
Grüße aus Österreich
Peter K.

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Thoddy

Zitat von: Peter K. am 26 Mai 2009, 00:03:42


Für das 35,56 cm L/50 Geschütz von Krupp wird ein Geschoßgewicht von 620 kg und eine Vo von 900 m/s bei einer Geschützladung von 227 kg angegeben!
einverstanden, wobei an der Pulvermenge stimmt wohl was nicht.
Was für ein Pulver wurde hier verwendet. es kann nicht RPC 38/32/12 sein
sieht fast nach einbasig 100% Schießbaumwolle wie US SPD aus oder Nitropenta aus.

die SK 38 hat mit 212 kg Treibladung 269 MJ Mündungsenergie
hier werden mit 227 kg 251 MJ Mündungsenergie erreicht (mit ~15% mehr Treibladung ~9% weniger Output)


im übrigen würde ich englische AP Geschosse nehmen, die benötigen die geringste Energie pro cm durchschlagener Panzerung
US Geschosse benötigen vergleichsweise mehr Energie (15%), um durch die gleiche Panzerung zu kommen

Ergänzend sollten die AP Kappen nach Kruppscher Art befestigt werden um mit vorgeschalteten Panzerplatten besser zurecht zu kommen
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Peter K.

Nun, das hohe Gewicht der Treibladung ist mir natürlich auch aufgefallen, aber ich habe ja nur die Daten aus besagter Quelle wiedergegeben.
Daher scheidet aufgrund des Erscheinungsjahres (1928) das RP C/38 und RP C/32 auch automatisch aus ...
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Herr Nilsson

Zitat von: Thoddy am 26 Mai 2009, 08:00:33
im übrigen würde ich englische AP Geschosse nehmen, die benötigen die geringste Energie pro cm durchschlagener Panzerung
US Geschosse benötigen vergleichsweise mehr Energie (15%), um durch die gleiche Panzerung zu kommen

Mal ne dumme Zwischenfrage: Inwieweit sind eigentlich die Durchschlagsdaten der verschiedenen Nationen überhaupt vergleichbar? Waren die Testbedingungen identisch? Kann man solche Aussagen überhaupt so ohne weiteres Ableiten?
Gruß Marc

Huszar

Hallo,

Irgendwo im Thread über die D-Entwicklung haben wir (Harold und ich) die Gewichte auch mal nachgerechnet (oder warens die für 33cm?)

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Thor

@ Alex
ZitatIrgendwo im Thread über die D-Entwicklung haben wir (Harold und ich) die Gewichte auch mal nachgerechnet (oder warens die für 33cm?)
Beides  :-D, siehe hier; Du kommst beim 35cm-Doppelturm auf ein Gewicht von 966 to !

Gruß
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

Spee

@Marc,

ich denke schon, daß man die Leistungen etwa vergleichen kann. Wir sollten nicht vergessen das Firmen wie Krupp, Vickers oder Bethlehem Steel keine Staatsfirmen, sondern gewinnorientierte Privatunternehmen waren. Wenn Argentinien neue Kanonen für seine Schlachtschiffe kaufen wollte, dann holt es sich Angebote der verschiedenen Hersteller ein. Das ist heute so und war früher auch so.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

delcyros

Das Problem liegt wahrscheinlich in der geringen und selektiven Veröffentlichung von Tests. Für den Zeitraum bis etwa 1906 liegen im Brasseys sehr gute Angaben vor, für die Zeit danach nur punktuell (Nathan Okuns Angaben über viele Tests mit US 14" Projektilen) oder gar nicht. In der Diskussion wird scharf geschossen.
Prinzipiell hat Nathan Okun an verschiedner Stelle aber folgendes zu den Projektilen der einzelnen Nationen zu sagen gehabt (...wenn man mal seine Anti-Krupp-Haltung ignoriert und sich auf die Fakten konzentriert):
Japaner:
exzellente Durchschlagskraft gegen jede Form von homogener Panzerung, auch bei hohen Winkeln, sehr lange Zündzeit und stabile
Unterwassertrajektion. Schwach gegen oberflächengehärtete Panzerung. Kappe und Windschild teilweise verbunden (verliert Kappe am leichtesten),
sehr kleine Sprengladungen.
Briten:
Gute all-rounder mit den mit Abstand sichersten Bodenzündern. Zündet selbst wenn das Projektil vom Panzer abgewiesen wurde. Große Sprengladung.
Schwach gegen Kaliberstarke und dickere Panzerung (massive Deformation, bricht schneller auf als Krupp Geschosse), leichte Kappe. Windschild aus Stahl (instabile Unterwassertrajektion).
Amerikaner:
Exzellente Resistenz gegen Projektilbeschädigung auch unter den widrigsten Winkeln. Sehr schwere Geschosse, daher hohe ballistische
Koeffizienten (und damit einhergehende besser Leistung in der Entfernung), leichte Kappe, etwas unverläßliche Zünder, Windschild aus Stahl mit Löchern (Kavitation, daher ebenfalls unstabile Unterwassertrajektion). Sehr kleine Sprengladungen.
Deutsche:
Exzellente Durchschlagskraft gegen oberflächengehärtete Panzerung, Leichte Geschosse mit kleineren bc´s und daher weniger Leistung in der Entfernung. Mäßige Sprengladung. Windschild aus Aluminium (=break away) und schwere, Sombrero-shaped AP-Kappe (stabile Unterwassertrajektion, Kappe extrem robust). Unverläßlicher Bodenzünder.

Herr Nilsson

Hm, ich komme ja eigentlich deshalb darauf, weil es die Aussage von Marineoberbaurat Burkhardt gibt, dass die Abnahmenbedingungen des Panzermaterials erst Anfang der 30er auf reale Panzersprenggranaten mit Beschusswinkeln von 90° bzw. 60° umgestellt wurden. Eine Vergleichbarkeit mit dem alten Abnahmeverfahren und eine Einordnung der dazugehörigen Ergebnissen konnte erst dadurch hergestellt werden, dass man auf noch vorhandenen Beschussplatten entsprechende Tests nach dem neuen Verfahren durchgeführt hat. Das war zwar möglich, musste aber getan werden und war wohl auch mit Aufwand verbunden. Wie genau sahen die Abnahmebedingungen in andern Staaten aus? Sind die identisch bzw. würden sie mit sagen wir mal deutschen Granaten auf deutsches Panzermaterial zu den gleichen Zahlen führen?
Sicher hier geht es vornehmlich um die Leistungsfähigkeit von Granaten. Wie sahen denn bei denen die Testbedingungen aus, bzw. wie wurde deren Leistungsfähigkeit getestet? Waren die Testbedingungen in den verschiedenen Nationen vergleichbar und würden sie zum gleichen Ergebnis führen?

Gruß Marc

Thoddy

ich würde sagen die Daten in denn wir uns bewegen sind sehr unsicherer

faktisch beruht alles was im Internet an Daten verfügbar ist auf den
Formeln von N. Okun die wiederum  auf den US-Empirischen Formeln zur Ermittlung der Durchschlagleistung basieren
wenn man die mit US-Empirischen Formeln zur Ermittlung der Durchschlagleistung ermittelten Durchschlagleistungenm mit den echten Daten der SK 38 vergleicht sieht man, daß die Echtdaten besser abschneiden. Es liegt daher die Vermutung nahe die Amerikaner haben Ihre eigenen Geschoßdaten auf die SK 38 angewendet und kommen so zu verschlechterten Werten wobei ne Abweichung von 2 cm auf 40cm ist ja nur ein Fehler von rund 5% oder überschlägig 1 km mehr letale Reichweite für eine gegebene Panzerung

gemäß US Formel (navweaps)
18,000 m -419 mm
gem GKdos 100
18000 m -442 mm

mit N. Okuns formeln habe ich noch nicht gerechnet kann also nicht sagen auf was für Werte seine angabegemäß angepaßte Berechnung kommt

Außer den GKdosdaten der SK 38 habe ich bisher noch keine weiteren echten Tabellen(Grafen)  gesehen sondern nur mit irgenwelchen (suspekten1??!!)Formeln die mit irgendwelchen (suspekten2?) Werten annähernd eine Durchschlagslesitung ermitteln.

suspekt bedeutet irgendwelche Koeffizienten die auf einer Schätzung von Eigenschaften beruhen

nach dem motto dies Geschoss ist etwas besser(in welcher Hinsicht) als das andere kriegt der Koeffizient also 1,1 statt 1,0 hier ergibt sich die Frage warum nicht 1,3 oder 2
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Spee

@Marc,

würdest du als Käufer von Geschützen nicht erwarten, daß du ein komplettes Datenblatt bekommst und das die Tests vergleichbar sind? Es geht ja nicht um den Ankauf von 2 neuen Putzeimern für die Maatenkantine.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

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