Jutland ... und zum Dritten

Begonnen von ufo, 22 April 2005, 16:46:41

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ufo

Bumm – zum Ersten. Bumm – zum Zweiten. Bumm ... und zum Dritten!

Wenig hat in Deutschen wie in Britischen Marinekreisen für soviel Debatte, Zank, Freude, Trauer und Unverstand gesorgt wie die Explosion von drei Britischen Schlachtkreuzern vorm Skagerak.

Noch Heute erfahren wir, dass HMS Hood eine leichte Morgenübung für ein Schiff vom Schlage einer Bismarck war. Schlachtkreuzer – so weiss man schliesslich – fliegen dauernd in die Luft!

Schliesslich haben die Briten selbst gesagt, dass die Dampfer einfach zu schlecht gepanzert waren. Und das hat nicht jemand gesagt, den der Schwager der Schwester meiner Frau zufällig bei der RN kannte sondern das hat tatsächlich mal jemand gesagt; jemand, der es eigentlich wissen sollte: Admiral Jellicoe.

Warum?

Ich las mich gerade mit Spannung durch:

"Our Bloody Ships" or "Our Bloody System"? Jutland and the Loss of the Battle Cruisers, 1916
von: Nicolas A. Lambert
in: The Journal of Military History, 1998  

Der Autor schreibt dass er bei Leibe nicht in die alte Debatte eingreifen wolle, warum die Kreuzer denn eigentlich hochgegangen sind (Das hält ihn nicht davon ab das dann letztendlich durch die Hintertüre doch zu tun.)
Er untersucht wie die Royal Navy zu ihrer mehr oder minder unisono Einschätzung gelangte, dass unzureichende Panzerung die Ursache für den Verlust der Schiffe war.

Er beschreibt anhand von Dokumenten Diskrepanzen zwischen der Schlachtflotte auf der einen Seite und der Schlachtkreuzerflotte auf der anderen. Die Schlachtflotte hab ausgesprochen gut schiessen können; die Schlachtkreuzerflotte ausgesprochen schnell.

Er zitiert den Gunnery Officer von HMS Lion, der bei Dienstantritt feststellen muss, dass die Chargennummern auf den (explosionsdichen) Bereitschaftsmunitionskisten und auf den darin befindlichen Cordidbeuteln nicht übereinstimmt. Rein gar nicht! Dem auf den Grund gehend, erfährt er, dass vor Gefechten alle (!) Cordidbeutel auf den Bereitschaftskisten genommen werden und fertig zum Feuern im Turm und in den Zugängen aufgestapelt liegen. Nach Regulation durften acht Beutel Cordid zu jeder Zeit im Turm liegen. Einer einfachen Überschlagsrechnung nach mögen da bis zu dreissig oder vierzig Beutel gelegen haben – bis zu drei Tonnen Cordid. Geschützt vor Explosionswirkung durch ... Seide!
Der Autor führt weitere Beispiele an. Der Kapitän von HMS Tiger wurde vor dem Krieg offiziell gerügt, weil sein Dampfer so ausgesprochen mieserabel schiessen konnte – irrsinnig schnell aber auch irrsinnig schlecht.

Die Schlachtkreuzerflotte stellte durchweg vor dem Krieg die Schiffe, die am schnellsten schiessen konnten.
Der Preis dafür scheinen himmelschreiende Nachlässigkeiten beim Cordid Handling gewesen zu sein.

Ein schwerer Turm war ausgelegt die Detonation von acht Ladungen sicher zu überstehen ohne eine Durchzünden zum Magazin zu erlauben. Eine Detonation von mehr als zwölf Ladungen wurde als kritisch betrachtet; viel über zwölf führte zwangsläufig zu einer Magazindetonation.

Selbst vor dem Skagerak schliesslich schneiden die Schlachtkreuzer nicht sehr gut ab. Männer auf Derfflinger, die von Queen Mary unter Feuer genommen wurde berichteten hinterher von einem waren Feuerhagel, der – nur – entweder über oder zu kurz ging. Selten mal haben Queen Marys salven im Ziel gelegen aber selbst dann war die Streuung so hoch, dass Derfflinger wenig auszuhalten hatte.
Im Gegenzug hat der Deutsche Schlachtkreuzer die Queen dann in die Luft gejagt.
New Zeeland, deren 12 Zöller kaum eine Chance hatten Hippers Dampfer zu erreichen, verballerte über vierhundert Granaten der schweren Artillerie und erzielte – möglicherweise – einen Treffer.
Der Autor schreibt es sei wohl ein glücklicher Umstand, dass New Zeeland im Gegenzug auch nur einen Treffer habe einstecken müssen.

Es scheint gängige Paxis gewesen zu sein Cordid an allen möglichen und unmöglichen Plätzen aufzustapeln, um ja nur fein rasch schiessen zu können. Eine Deutsche Granate konnte dann natürlich mal eben das Aus bedeuten.


Warum dann stellte die Royal Navy fest die Schiffe seinen ihrer unzureichenden Panzerung zum Opfer gefallen?!

Direkt nach der Schlacht schreibt Beatty an Jellico es möge sein, dass überreichlich in Bereitschaft gelagertes Cordid ein Problem gewesen sein könnte.
Es kommt fast sofort nach der Schlacht eine deutliche Order heraus, dass das Bereitlegen von ungesichertem Cordid in den Türmen und den Zugängen zum Magazin ausdrücklich untersagt.

Dann beginnt man auch an höherer Stelle zu untersuchen und der First Sea Lord Admiral Henry Jackson, der Third Sea Lord Rear Admiral Frederick Tudor (verantwortlich für die Untersuchung) und der Chef der Marine Konstruktionsabteilung Tenyson d'Eyncound kommen zu dem Schluss, dass die Kreuzer verloren gingen infolge überreichlich herumliegenden Cordids.

Und dann – dann beginnt das Beförderungskarrusell zu drehen und damit auch die Einschätzung der Dinge. Admiral Jellicoe, Chef der Schlachtflotte wird First Sea Lord, Admiral Beatty, Chef der Schlachtkreuzerschwadron, wird Chef der Schlachtflotte.

Der neue First Sea Lord stellt fest, dass die Unterlagen bezüglich der Untersuchung zum Verlust der Kreuzer, gar nicht zu den Akten genommen werden müssen. Er und der neue Chef der Schlachtflotte, kommen überein, dass offensichtlich die zu dünne Panzerung der Schlachtkreuzer für den Verlust verantwortlich sei. Bedauerlich aber eigentlich niemands Schuld so richtig. Die Schiffe wurden designed als man noch 1o.ooo yards als die Gefechtsentfernung annahm. Für die gestiegene Reichweite moderner Artillerie seinen die halt einfach nicht gebaut gewesen. Schade! Akte zu.

Noch jemand wurde befördert. Frederick Tudor wurde neuer Befehlshaber des Kreuzergeschwaders in China. Einen derart atraktiven Posten bekam man sonst wohl nur, wenn man beim Galadinner mit dem König ausgerechnet beim Toast auf Admiral Nelson rülpste.  

Der letzte Moikaner aus der unrsprünglichen Untersuchungskommision, d'Eyncount von der Marine Konstruktionsabteilung kontert mit einem interessanten statistischen Faktum. Da seinen nun die Decks Britischer Schiffe so einfach zu durchschlagen. Gleich dreimal hätten Deutsche Granaten direkt in die Magazine getroffen. Nun – die Decks über den Maschienenräumen seinen nicht dicker. Die Maschienenräume nähmen rund fünfzig Prozent der gepanzerten Decksfläche ein, die Magaziene weniger als fünfzehn. Und nicht ein einziges Schiff erhielt einen Treffer in die Maschienanlage. Mehere hatten Treffer auf dem Deck obehalb der Maschienen erhalten aber nicht eines hatte einen Durchschlag zu vermelden. Drollig! Ob die Magaziene die Deutschen Granaten anziehen würden, so wurde in der Studie spötisch gefragt oder ob es nicht doch wahrscheinlicher sei, dass die Granaten einfach nur die Türme selbst getroffen hätten und die Explosion in die Magaziene durchgezünded habe?!

Es war für die Katz. Jellicoe und Beatty hatten ihre Version vom Hergang abgemacht und abgesiegelt. Und bei dieser Version blieb es dann immerdar.


Ein spannendes Beispiel wie Geschichte "gemacht" werden kann.

Ufo

Spee

@ufo,

stimmen den die Behauptungen, daß die Briten mit etwas zuviel Elan in die Schlacht gegangen sind?
Es wurde ja gelegentlich die Meinung geäußert, daß der Verschlußzustand der Schiffe nicht den nötigen Standards entsprach. Würde ja deine Äußerungen unterstützen, daß die Flammen der explodierenden Cordit-Beutel ungehindert in die nächsten Räume schlagen konnten.
Ansonsten, hast du noch mehr solcher schönen Berichte? Finde ich ja sehr lecker!!
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Scharnhorst66

Spee , das hatte nicht nur was mit dem Verschlusszustand zu tun ..
ich weiss blos nicht mehr genau , woran es lag ..
Die dtsch. Schlachtkreuzer hatten ein ähnliches Problem , was vor Jütland auch schon fast schief gegangen wäre .. ist dann auf dtsch. Seite behoben worden ..
Muss ich nachlesen und melde mich morgen dazu wieder ..
weiss auf jeden Fall wo ich suchen muss ..
" Fehler sind normal , Irrtümer üblich , Informationen selten vollständig , oft unzutreffend und häufig irreführend "
Sound Military Decision 1936
Gruss Micha

t-geronimo

Ich weiß auch nur, daß die Deutschen Umbauten an ihren Schiffen vornahmen, um den Schutz der Türme und Barbetten gegen Stichflammen zu erhöhen, weil auf Seydlitz beim Doggerbank-Gefecht ein Treffer in den achtersten Turm auch den Nachbarturm durch Stichflammen über die Umladekammern außer Gefecht setzte und nur sehr schnelles Fluten der Magazine das Schiff rettete.

Nach diesem Gefecht drängte wohl auch Fisher auf eine Untersuchung, weil es Probleme zu Hauf gab:
Entsetzlich schlechte Schießleistungen, vor allem auf Tiger, die die neuesten Feuerleitgeräte hatte, eine ungewöhnlich hohe Zahl an Deserteuren, Schwächen bei der Signalgebung usw.
Eine Untersuchung fand aber wohl nie statt, weil Churchill das in der Öffentlichkeit präsentierte Bild des Sieges nicht zerstören wollte, da er einen "makellosen" Seesieg wünschte...
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Spee

@Scharnhorst,

natürlich nicht nur der Verschlußzustand in puncto Sinksicherheit. Auch so sollen Mannlöcher u.ä. nicht unbedingt geschlossen gewesen sein usw. Solche Dinge sind bei Explosionen natürlich sehr "unangenehm". t-geronimo's Erklärung spricht ja auch für ähnliche Probleme an Bord deutscher Schiffe. Ungenügende Schutzmaßnahmen, die erst nach dem Doggerbank-Gefecht behoben wurden.

Ich denke, wir sitzen noch viel zu oft Falschinformationen auf, die von offizieller Seite ganz bewußt gestreut wurden. Vor 2 Wochen erhielt ich die Neuauflage von "Deutsche Sperrbrecher von 1914-1945".
Dort wird erwähnt, daß die deutsche Marine vor dem Ersten Weltkrieg mit vielen Mitteln Tests unternahm, Minen zu räumen. Auch ein Minenfänger (eine Art Buggerät) wurde intensiv getestet. Dieser Minenfänger war im praktischen Test wenig brauchbar. Daraufhin ging ein offizieller Bericht an den Admiralstab. Auf dem Bericht wurde dann handschriftlich vermerkt:
"Dann wollen wir es lieber bleiben lassen, bei den Engländern soll er aber gut arbeiten". Gezielte öffentliche Desinformation daraufhin?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Scharnhorst66

Also , das war dann mal so :
23 / 24 Januar 1915 , Seegefecht an der Doggerbank..

Die Dtsch. verloren dort die "Blücher" , gewannen aber einen wichtigen Vorteil gegenüber den Briten ..

Ein Treffer auf der Seydlitz offenbarte einen Fehler in der Konstruktion ..

Schlug eine Granate in einen Geschütztum , so konnte der Explosionsblitz über die unteren Munitionsmannräume in den benachbarten Turm durchschlagen .. nur sofortiges Fluten der Munitionskammern konnte dann noch eine Detonation der Munition verhindern , die das Schiff augenblicklich versenkt hätte .
Die Deutschen bauten in alle Schlachtkreuzer zusätzliche Schotten und Decks ein ..  ( z.B. doppelt zusammenhängende Schotten an den Munitionskammern , die im Gefecht geschlossen waren  )
Die Britischen Schlachtkreuzer jedoch , die den selben Fehler aufwiesen , hatten keine ähnlichen Treffer erhalten , der schwache Punkt blieb daher unentdeckt und unbehoben ..

Hier war es so , das bei der Schlacht vor / bei Jütland folgendes passierte :

Der Pulverblitz , ( wie schon von Ufo erwähnt , des bereitliegenden Cordits und Muni  ) war in den Zentralschaft des Turmes nach unten geschlagen.
Und hat dort die Munitionsbestände zur Explosion gebracht..
Das Verhängniss nahm seinen Lauf
" Fehler sind normal , Irrtümer üblich , Informationen selten vollständig , oft unzutreffend und häufig irreführend "
Sound Military Decision 1936
Gruss Micha

Huszar

Hmmm...

Da sagt einer, dass die Munitionskammern nur 15% der Decksflähe einnehmen. Frage: sind Türme denn nicht etwas kleiner, als Magazine?


Ich hab mal aus Spass nachgerechnet, wie die (umgebauten) engl. Schlachtkreuzer auf die Granaten der Bismarck reagiert hätten: die Panzerung selbst der nachgerüsteten Schlachtkreuzer bot nicht den geringsten Schutz! Es ist mir bewusst, dass im 1WK die dt. Geschützte nicht so gut waren, wie bei der Bismarck, aber auch die Panzerung der Schlachtkreuzer war damals noch dünner!

Zwar ist es nicht auszuschliessen, dass falsches Cordit-Handling zu den Verlusten beigetragen hat, aber auch die Panzerung war dermaßen lacherlich, dass dies eine Explosion begüstigte (größere Chance eines kritischen Treffers)

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Spee

Servus,

mal ein paar Details zur "Seydlitz".
Die britische 34,3cm-Granate kam um 10.43 Uhr von "Lion" auf ca. 17.000m. Sie durchschlug nicht den Turm, sondern das Deck vor Turm "Dora" , anschließend die Barbette von Turm "Dora" und explodierte in der Umladekammer desselben. Die Explosionsflammen schlugen durch den Munitionsaufzug in die darunterliegenden Räume und von dort in Turm "Cäsar". Nur 2 Mann der 165 Mann starken Turmbesatzungen überlebten den Treffer. Die Matrosen König und Sackut wurden durch den Explosionsdruck durch die Einstiegslöchern aus den Türmen geschleudern.
Der Grund, warum "Seydlitz" nicht sank war die Verwendung von Röhrenpulver auf deutscher Seite. Die britischen Geschütze schossen mit Pulver im Sinne des Wortes. Durch die Pulverform wurden die Treibladungen bei Treffern sofort zerstäubt und damit wurden verheerende Explosionen ausgelöst. Das deutsche Röhrenpulver brannte dagegen nur ab, da die Pulverstangen nicht zerstäubt werden können.
Auch die sehr schnelle Leckwehr auf der "Seydlitz" war entscheidend für das Überleben des Schlachtkreuzers.
Auf deutscher Seite scheint man auch zu diesem Zeitpunkt etwas "lockerer" gedacht zu haben. Wie sonst erklären sich 6.000kg Röhrenpulver in den Umladekammern? Wie konnten die Flammen von Turm "Dora" nach Turm "Cäsar" gelangen, wenn die Türen zwischen den Türmen ordnungsgemäß verschlossen gewesen wären?
Nach dem Gefecht wurden z.B. auf den deutschen Schiffen die Munitionsaufzüge so gestaltet, daß ein Durchschlagen möglicher Explosionsflammen nicht mehr möglich war.

Auch eine Berechnung zwischen "Bismarck" und "Repulse"/"Renown" gibt keinen Aufschluß über den besseren Schutz der deutschen Schiffe. Diese Schiffe waren nie für ein Gefecht gegeneinander konzipiert. Die britischen Schlachtkreuzer wurden für die Jagd nach feindlichen Panzerkreuzern entwickelt. Das Falklandgefecht bestätigte die Richtigkeit des Grundkonzeptes. Das von britisches Seite, wie auch von deutscher, die Schlachtkreuzer dann für ein Gefecht mit gegnerischen Schlachtschiffen herangezogen wurden, widersprach dem Konzept vollständig.
Das die deutschen Schlachtkreuzer in der Skagerrakschlacht so gut abschnitten, war der besseren Sinksicherheit der Schiffe zu verdanken, den modifizierten Schutzsystemen und der besseren taktischen Führung Hippers.
Grundsätzlich sollten man sich auch fragen, ob den die deutschen Schlachtkreuzer nicht eher einem schnellen Schlachtschiff entsprachen als dem originären britischen Konzept eines Schlachtkreuzers. Admiral Tirpitz hatte durch den Bau der "Großen Kreuzer" ab "von der Tann" durch ein schönes Hintertürchen ein paar zusätzliche schnelle Schlachtschiffe bekommen, die nicht von Reichstag genehmigt werden mußten, da sie schon im laufenden Fiskaljahr als "Große Kreuzer" genehmigt waren. Könnten nicht grundsätzlich andere Konstruktionsgrundsätze den deutschen Schiffen die bessere "Performance" gegeben haben?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mario

Zitat von t-geronimo
Zitateine ungewöhnlich hohe Zahl an Deserteuren,
wie soll ich das verstehen ??? Schiffe, die ihren Platz in der Schlachtlinie verlassen, oder doch eher Seeleute, die vorschnell ihre Gefechtsstation ohne ausdrücklichen Befehl dazu verlassen ???
Für mich wird es wohl auf ewig ein Rätsel bleiben, wie man Schlachtkreuzer zur Bindung der gegnerischen Schlachtflotte verwenden wollte. Das kann doch nur ein Himmelsfahrtkommando sein.
Oder lag es vieleicht daran, daß nach der Vernichtung der letzten deutschen Raider keine Aufgabe mehr für die britischen Schlachtkreuzer übrig geblieben war und sie deshalb mangels anderer Aufgabengebiete zur Schlachtflotte detachiert wurden ???

t-geronimo

Mehr sagen Hughes/Costello ("Skagerrak 1916") leider nicht dazu, ich tendiere aber mal zur 2. Variante (Verlassen der Gefechtsstationen) durch hauptsächlich Angst und Panik, da es für viele der britischen Schiffe das erste scharfe Gefecht überhaupt war. Da werden wohl einige schlicht die Nerven verloren haben.
Die Autoren sprechen auch von teilweiser Unterbesetzung der Abteilungen und schlechter Ausbildung, da viele Mannschaften zum ersten mal überhaupt auf bewegte Ziele geschossen haben.
Die Unterbesetzung wird aber auch nicht weiter erläutert.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Spee

@Mario,

in diesem Sinne liegst du denke ich richtig. Die britischen Schlachtkreuzer hatten außerhalb der Nordsee keine Gegner mehr.
Das man sie gern als "schnellen Flügel" in die britische Schlachtflotte eingliederte, logisch. Zusätzliche Feuerkraft für die Flotte. Die Japaner haben mit diesem Konzept (Panzerkreuzer als "schneller Flügel") im chinesisch-japanischen Krieg und besonders im russisch-japanischen Krieg gute Erfolge erzielt. Die fortschreitende Waffentechnik führte dieses taktische Konzept aber ad absurdum.

@T-G,

Betrachtet man sich die Verlust der britischen Flotte bis Mitte 1915, sehe ich schon einen Mangel an gut ausgebildetem Personal. Allein 1914 sanken mit den 5 Panzerkreuzern ("Cressy", "Aboukir", "Hogue" sowie "Monmouth" und "Good Hope") über 2.000 Mann, meistenteils Reservisten. Solche Verluste sind nur langsam zu ersetzen. Auch die Gallipoli-Operation forderte ihren Tribut von der Royal Navy. Dieses Personal fehlt dann für die neu hinzukommenden Schiffe. Das dann z.T. panische Reaktionen bei dem neuen Personal festgestellt wurden, wer kann es verdenken?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Huszar

Interesanter Weise wurden trotz des Grundkonzeptes, und den Erfahrungen Schlachtkreuzer auch im 2wk sehr oft gegen feindliche Schlachtschiffe eingesetzt.

Ich erinnere mich jetzt an den Einsatz der Hood gegen die fr. Flotte (Mers el-Kibir), und der Bismarck, die beiden anderen Kreuzer zT auch gegen die Bismarck (obwohl sie nicht zum Schuss kamen), die japanischen Kongos in den Salomonen...

Wenn wir es nicht sooo genau nehmen, auch Scharnhorst gegen den KGV, und Repulse vor Malajsien.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Spee

@Huszar,

dann schau dir mal die von dir zitierten Fälle an.
Bei Mers-el-Kebir hätten die Briten auch mit dem Monitor "Roberts" angreifen können. Die französischen Schiffe lagen an der Pier vertäut und waren nicht unter Dampf. Die Schiffe lagen zudem entgegen der britischen Angriffsrichtung. "Strasbourg" und "Dunkerque" konnten garnicht feuern. Das war kein Kampf Schiff gegen Schiff.

Die beiden britischen schweren Kreuzer haben sich ganz bewußt aus dem Gefecht herausgehalten, ihrer schwachen Panzerung wegen.

Hätten die Japaner gewußt, das "Kirishima" bei den Salomonen auf "Washington" und "South Dakota" treffen würde, sie hätten das Schiff nicht hingeschickt.

"Scharnhorst" war kein Schlachtkreuzer. Sie widersprach dem Schlachtkreuzerkonzept der Briten total. Briten=größtes Kaliber, schwache Panzerung, "Scharnhorst"=kleines Kaliber, starke Panzerung

"Repulse" wurde nicht nach Malaysia beordert, um japanische Schlachtschiffe anzugreifen. Mehr war zu diesem Zeitpunkt für die Briten nicht greifbar, als "Repulse" und "Prince of Wales", für den Aufbau der neuen Task Force in Südostasien.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

t-geronimo

Mag auch sein, daß Huszar nicht die Schweren Kreuzer gegen Bismarck meint, sondern daß Renown und Repulse jeweils in Verbänden mitliefen, die BS jagten.
Aber auch da gilt: die Briten hatten nunmal nicht so viele Schiffe, die sie zum suchen einsetzen konnten. Und diese Schlachtkreuzer hätten ja auch erstmal nur suchen sollen, nicht gleich kämpfen.
Und bei Hood hat man ja teuer dafür bezahlt, daß man nur so wenige moderne Schlachtschiffe gegen eine moderne BS ansetzen konnte.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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harold

hm- Äpfel und Birnen, beides weitläufig verwandt mitm Rosenstrauch...

Wenn ich mal für einen Schlachtkreuzer
a) hohe Geschwindigkeitsüberschüsse über potentielle Gegener, und
b) dadurch Wahl der Gefechtsentfernung, bis hin zum Entzug
ansetze, dann vergleiche:

Alaska, Pz-Deck mittig 71, außen 95 mm, Oberdeck 37mm; und
SH, Pz-Deck 80mm (Böschung 105mm), Oberdeck 50mm,

und dann diese Werte für hohe und höchste Gefechtsentfernungen ansehe, auch für radargeleitetes Feuer, kommen mir doch so ein paar Gedanken...
wirklich soo blöd war das Konzept gar nicht.
Freilich, die Um- und teilweise fast Neubauten von ww1-Veteranen haben zwar die Maschinenleistung, aber nicht die Panzerung verbessert.
Insofern müssten wir die möglichen Vergleichs-Paare strikt nach ihren Baujahrzehnten trennen -
- so als Anregung.
BTW, das Augenmerk auf innere Schutzeinrichtungen/Unterteilung/Turmpanzerung zu legen, scheint mir der gangbarere Weg, diese 3 Bumm´s und auch folgende solche nachvollziehen zu können.

MfG
Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

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