Reichsmarine und B- Haushalt.

Begonnen von Q, 19 August 2009, 11:49:35

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Q

Gibt es genauere Infaormatioen, wie gross dieser Inoffizielle Marinehaushalt durch den Verkauf von Reichsmarineschiffen war?

Welche Verkaeufe haben wieviel Einnahmen erbracht?

Mir faellt da erstmal nur die Niobe ein, die an Yugoslawien verkauft wurde.

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

ufo

Gar kein so einfaches Thema!

Chef der Reichsmarine war ja gar kein sooo leichter Job! Hatte man grad eine Republik ueberstanden, die man dauernd besch****** musste, hatte man auf einmal einen Fuehrer am Hals, der staendig noergelte, dass das mit dem Ruesten alles ja so schnell nicht ginge. Da galt es rasch Rechtfertigungsschriften zu verfassen.Aus dieser Phase des Nationalsozialismus entstammen einige sehr schoene und sehr enthuellende Dokumente zum Tun und Lassen der Reichsgroessen. Ein Highlight dabei ist:

Kapitaen z.S. Schuessler (1937) "Der Kampf der Marine gegen Versailles", herausgegeben als Marine Dienstvorschrift Nummer 352

Darin beschreibt der gute Mann liebevoll die Rechtsverletzungen der Reichsmarine zum Zwecke der Umgehung des Versailler Vertrages. Das Dokument sollte der Rechtfertigung der Marine vor Hitler dienen und klar machen, dass ein moegliches Versagen keineswegs – also wirklich keineswegs – mit mangelnder Vorbereitung zu tun habe.

Zu Raeders Unglueck ging der Krieg dann verloren und die Allierten bekamen das Buechlein in die Haende. Die Franzosen waren so dermassen entgeistert davon, dass die Deutsche Marine sich seitenlang ruehmte den Versailler Vertrag unterlaufen zu haben, dass sie das Machwerk flugs in Franzoesische uebersetzten. Solch ein Heftchen hatte ich mal ergattert und mich dadurch gequaelt. Inzwischen gibt es den Schuessler aber meines Wissens nach auch online auf deutsch:
Mehrere Law Departments haben inzwischen die Verhandlungsbaende von den Nuernberger Prozessen online. In Band 34 ist unter der Dokumentennummer 156C der Schuessler zu finden (nebst diversen anderen hoechst interessanten Dokumenten! Es lohnt sich mal die Baende zur Marine zu studieren!).

In dem Buechlein findest Du eine sehr schoene Auflistung der Aktivitaeten der Reichsmarine mit ihren zunachst als 'schwarze Fonds' bezeichneten Nebenhaushalten und spaeter dann dem von der Reichsregierung abgesegneten 'B-Haushalt'. Gerade der 'halboffizielle' B-Haushalt ist keineswegs nur durch Schiffsverkaeufe gefuellt worden. Der ist als Teil des Reichshaushaltes durchaus auch aus Steuergeldern gefuettert worden. Die urspruenglichen 'schwarzen Fonds' der Reichsmarine sind zum Teil auch aus recht abenteuerlichen wirtschaftlichen Unternehmungen gefuellt worden. Hier ist der Schuessler wieder ganz aufschlussreich.


An konkreten Zahlen hab ich ohne viele Texte zur Hand zu haben jetzt nur fuer beispielsweise 1933:
B-Haushalt: 21 Mio Reichsmark,
offizieller Marinehaushalt: 186 Mio Reichsmark (im selben Jahr noch um ueber 100 Mio Reichsmark aufgestockt).

In 1932, dem letzten Jahr der Republik hat der B-Haushalt noch hingegen bei nur 7 Mio Reichsmark gelegen.

(Diese Zahlen nach Holder Herwig; 'Inovation ignored; The Submarine Problem', 227ff in 'Military Inovation in the Interwar Period', Murray, Millett (Herausgeber))


Weitere Zahlen zum Umfang dieser 'schwarzen Fonds' und des Haushaltes B solltest Du finden bei Jost Duelffer; 'Weimar, Hitler und die Marine' von 1973. Das gute Stueck ist trotz seines Alters nach wie vor das massgebliche Buch zur Reichsmarine. Das hat seitdem keiner ueberboten. Leider ist der Duelffer recht rar und wenn man einen finded, dann oft fuer einen heftigen Preis. Andererseits – bei ebay finded sich auch immer mal einer fuer unter einen Zehner und in Antiiquariaten stoebern ist auch nie verkehrt.

Auch Werner Rahn; 'Reichsmarine und Landesverteidigung' hat meines Wissens nach Zahlen fuer einige Jahre der Reichsmarine.


Ciao,
Ufo

Q

Danke UFO ich habe mich die letzten Tage mal durch deine Buercherthreats geackert. Du scheinst zur RM sehr viel schon gelesen zu haben. Ich werde jetzt erstmal die oben benannten Buecher in Berliner Bibos suchen.

Die KWG hatte auch einen Schwarzen Haushalt scheint, das sowas Gang und Gaebe gewesen zu sein.

Don´t Panic

Edit:

UFO ich habe gerade in der Post die Einladung zur Hochzeit am 20.09.2009 einer Guten Freundin in Lanarkshire bekommen, vielleicht koennten wir ja bei der Gelegenheit mal ein kleines Treffen Organisieren.

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St.Ex

Q

Ich habe mich gerade mal auf die Suche des Online Nuernberger Prozesses gemacht. Aber leider sind mir da nur Prozesstage als Gliederung aufgefallen weisst du zufaellig welcher Prozesstag sich mit der Marinedienstvorschrift Nr. 352 befasste?

Don`t Panic
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ufo

Doch, doch – die Reichsmarine ist schon so einer der Bereiche, die es mir angetan haben. Ob ich nu' viel dazu gelesen hab ... weniger als ich gern haette aber so dit un dat.


Was Scotlandbesuche betrifft: Herzlich willkommen! Ist schon schoen hier und West-Scotland hat durchaus so dies und das an nicht-maritimen und maritimen Sehenswuerdigkeiten zu bieten. Glasgow allein wartet mit atemberaubenden Sammlungen von Schiffsmodellen bis zu wunderbaren, maritimen Antiquariaten mit genug Unterhaltung fuer einige Tage auf. Doch, doch – Treffen sind immer eine gute Idee!
Ausserdem ist anstehender Besuch mit maritimen Interessen ja vielleicht mal ein Anlass fuer mich meine Bibliothek endlich wieder aus den Umzugskartons zu bekommen. :roll:


Den Schuessler ... jaaa ... ich muss gestehen ich weiss nicht wo genau im Prozess die Dokumente auftauchten und wo die folgerichtig einsortiert sein sollten. :|

Hier aber zum Beispiel:
http://www.loc.gov/rr/frd/Military_Law/NT_major-war-criminals.html
sind die Dokumentar Baende vom Prozess online verfuegbar. Fuer den Schuessler brauchst Du Band 34 und dortselbst dann eben das Dokument 156C auf Seite 539 im File (entspricht Seite 530 im Original Buch). Viel Spass beim Lesen.

Ufo

Q

Danke nach 2 minuten PDF Ladezeit habe ich es jetzt auch.

Nach der Klaerung der Unterbringung, koennen wir das Treffen Nord/West Marinearchiv ja per PN regeln, wuerd mich freuen.

Don´t Panic
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Thomas

Geht es um die Einspeisung diverser "Einnahmen" in den Lohmann-Fonds?

Die Einnahmen bis ca. Mitte 1928 betrugen insgesamt 19,7 Mio. RM, allerdings gab es außer Schiffsverkäufen auch einige weitere Einnahmenquellen (u.a. auch "Kredite", Filmgeschäft, Ruhrgelder etc.). Die Schiffsverkäufe betreffen also nur einen Teil der Summe, der Gesamtbetrag erlaubt aber vielleicht eine erste Eingrenzung.
Quelle: Rahn, Reichsmarine und Landesverteidigung 1919-1928, S. 227 ff.

Q

Den Rahn habe ich dank Spee auch zur Hand. Bin gerade dabei eine Tabelle zusammen zu stellen die einzel Posten beruecksichtigt und sehr detailiiert sein soll. Stosse allerdings auf ein paar Probleme, da es etliche illegale Einnahmen gab, diese aber Teilweise fuer legale aktivitaeten verwaendet wurden. So z.B. Devisen durch verkauf von Zeisoptiken der Kaiserlichen Marine die dann fuer Kosten der Auslandsaufenthalte/reisen der Kleinen Kreuzer 1922-1929 verwendet wurden. Auch illegale Gelder von der KWG fuer Reichmarineaufgaben sind verwand worden, so z.B. die Schweissversuchsanstalt und die daraus folgenden Erfahrungen im Schiffschweissen. Alles nicht so einfach. Aber zum Glueck gibt es ja deutsche Buerokratie und dank dieser sind selbst illegale aktivitaeten sehr gut dokumentiert worden.  :wink:

Don´t Panic
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