Schiffs-Dampfmaschinen

Begonnen von Turbo-Georg, 20 September 2010, 14:24:41

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RoaringThunder

Tach auch!
Für mich ist es eine "Liegende X-Kolbendampfmaschine".

Ulrich Rudofsky

Rückdrehende Dampfmaschine = back-action steam engine? :?   :/DK:
Ulrich Rudofsky

hajo

hallo,

die "back-acting" oder "return connecting-rod engine" wird in der deutschsprachigen Literatur als

        "rückwirkende Maschine" (Busley), "Maschine mit rückkehrender Schubstange" (Mattschoß) bezeichnet.

Dieser Maschinentyp wurde in großer Zahl in Deutschland, Frankreich u. England in Marineschiffe eingebaut.

Nachzulesen bei

Carl Busley
Die Schiffsmaschine, ihre Construction, Wirkungsweise und Bedienung
           Kiel 1885    Bd 1, S.352ff

Conrad Mattschoß
Die Entwicklung der Dampfmaschine
          Berlin 1908    Bd 1, S.713ff

Stefan Zima
Kurbeltriebe: Konstruktion, Berechnung u. Erprobung von den Anfängen bis heute
           Braunschweig 1999


Gruß                 hajo               
       

Turbo-Georg

Hallo hajo,
Super! Vielen Dank.
Man kann eben nie alles wissen und auch nicht alle Bücher besitzen.
Aber dafür gibt das Forum.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Ulrich Rudofsky

Vielen Dank auch von mir.  Wie gesagt: "deitsches spraake, sveres spraake". 
Ulrich Rudofsky

Turbo-Georg

Hallo hajo,
also England und Frankreich kann ich mir vorstellen, aber Deutschand. Ich konnte darüber nichts finden. Hast du Informationen wann, und auf welchen deutschen Schiffen? Wer hat sie unter welcher Lizenz gebaut.
Im Voraus Dank für deine Mühen.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

hajo

Hallo,

In der 2.Hälfte des 19.jahrh. wurden Dampfmaschinen mit rückwirkender Pleuelstange in   Kriegsschiffe eingebaut. Zu dieser Zeit hatten eigentlich nur Frankreich und England nennenswerte Flotten.  Der Deutsche Bund begann gerade eine eigene Flotte aufzubauen, die dann  die
Flotte des 1867 gegründeten Norddeutschen Bundes wurde.
Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde aus der Flotte des N D B die Kaiserliche Marine.
Auch die k.u.k Monarchie benutzte diese Bauart :
,,Maschinen mit rückkehrender Schubstange waren eine beliebte Bauart; um 1870 hatten die meisten Schiffe in der k.u.k. Kriegsmarine diese Maschinen, auch in der französischen, englischen und deutschen Marinewurden solche Maschinen verwendet."(ZIMA  S.81)

Die Bauart der Dampfmaschine mit rückführender Pleuelstange kam nur bei liegenden Maschinen,  die in Schraubenschiffe eingebaut wurden, zur Anwendung.

Erste rückwirkende Maschine in Frankreich 1847 ,,Pomone"
In den  Jahren 1848-1852 entstand in Frankreich das Schraubenlinienschiff ,, Napoléon" mit von Mazeline, Le Havre erbauten rückwirkenden M. von 900PS (RADUNZ  S. 113)

Schiffe in der deutschen Marine mit rückwirkender Pleuelstange :
Panzerfregatte ,,König Wilhelm",  1868, Maudsley, London, 4-rad Steuerung, 3bar, 8000 PS
Panzerfregatte  ,,Elisabeth",           1868,      ,,                    ,,              ,,          ,,               ,,
Panzerfregatte ,,Friedrich Carl" ,   1867, geb. in Marseille
Glattdeckscorvette ,,Augusta",      1864,  Mazeline, Le Havre,Ddampfdruck 3bar, 1300 PS
Glattdeckscorvette ,,Victoria",      1864,   Mazelne, Le Havre,

Panzercorvetten     ,,E"   
Panzercorvetten    ,,G"                       = ,,Alexandrine" 1885 Stapellauf, 2400 PS
Kreuzerkorvette ,,Ersatz Nymphe" =  ,,Arkona" 1885 Stapellauf, 2400 PS

Die wirkliche Anzahl eingebauter Maschinen ist wohl nicht mehr festzustellen. In den einschlägigen Schiffslisten wird auf diese Besonderheit des Schiffsantriebes nicht eingegangen.
Die oben genannten Schiffe sind nur einige die in der technischen Literatur namentlich erwähnt sind.

Gruß           hajo



Turbo-Georg

Hallo hajo,
das Ergebnis deiner Recherchen finde ich sehr interessant, du hast dir viel Mühe gemacht. Recht vielen Dank!
Ich werde wohl meinen Interessensschwerpunkt vom deutschen Dampfmaschinenbau nicht nur auf Europa ausweiten müssen, sondern ihn auch um einige Jahrzehnte zurück verlagern.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

hajo


hallo Georg, hallo Dampffreunde

Noch einige ,verspätete, Bemerkungen zu den Erfahrungen von  Hans (Antwort 32)
die ich voll bestätigen kann, insbesonders die viele Arbeit die die Ventilkästen der Cargopumpen verursachten
1969 bin ich auf einem ähnlichen Schiff (,,Dora Fritzen", Bauj. 1954) gefahren. Obwohl  Motorschiff wurde  alles was nicht dem Vortrieb diente mit Dampf angetrieben.

Kurze Darstellung der Maschinenanlage:

Als Hauptmaschine ein MAN 8KZ 78/140 A , 2 x MAN Hilfsdiesel mit Generatoren und auskuppelbaren Anlassluft Kompressoren.
Alle Dieselmotoren ohne Turbolader, heute vollkommen undenkbar.
Notwendige Pumpen für den Betrieb der Hpt.masch. Und der HD's  wurden mit 110V Gleichstrommotoren betrieben.

Der Rest der Anlage war reiner Dampfbetrieb:
2 X Scotchboiler, 3 – flammig, 14 bar
2 X WEIR Naßluftpumpe als Vakuumpumpe für den Kondensator
2 X WEIR Kesselspeisepumpe
2 X Dampfkolbenmaschine als Antrieb des Kesselgebläses
2 X Duplexpumpen als Brennstoffpumpen
1 X Zirkuline zur Kühlwasserversorgung des Kondensators
1 X Dampfdynamo 150kW , 110V DC
4 X liegende Tandem-Duplex Pumpen (Cargopumpen), 38 doppelhübe/min, 500m3/h
1 X stehende Duplexpumpe als Strippingpumpe 65m3/h
1 X stehende Duplexpumpe als Butterworthpumpe
1 X stehende Duplexpumpe als Lenzpumpe für den Maschinenraum
Anker- und Verholwinden dampfgetrieben
Abgaskessel  La Mont – typ
------

Heutige Tanker sind auch Motorschiffe ( der turbinengetriebene Tanker ist so gut wie ausgestorben)
Als Beispiel : MT ,, Monte Toledo", Bauj. 2004, 160 000to.
2 X MITSUBISHI D-type Wasserrohrkessel, 16bar, deckengefeuert, 40t/h
3 X Turbinengetriebene cargopumpen
1 X Duplexpumpe als Strippingpumpe
Vakuumerzeugung durch 2-stufigen Dampfstrahler
1 X Economiser zur Dampferzeugung während der Reise

Anker- und Verholwinden haben hydraulischen  Antrieb.

Soweit nochmal zum Dampfbetrieb auf alten und neuen Tankern

Gruß                     hajo


Captain Hans

Hallo Hajo

diene Auflistungen sind super und sie spiegeln auch meine verschiedenen Schiffe wieder. top

Allerdings hatte wir auf VLCCs´und ULCCs (270 000 tdw und 350 000 tdw, SANKO) 1976 und 77
noch vollen Dampfbetrieb an Deck.

viele Grüße an einen Fahrensmann
Ich nehme an du bist in der Maschine gefahren :?

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

hajo

Hans, so ist es.

nach einer Lehrzeit als Maschinenschlosser habe ich alle Stationen durchlaufen.
Seit 1988 fahre ich als Chief auf Tankern und OBO's, abgesehen von 3 Jahren auf Containerschiffen.
Aber wenn man sein ganzes Leben nur Massengut und Öl gefahren hat, macht es auf einem Schachteldampfer keinen Spaß.

grüße       hajo

Captain Hans

Hallo Hajo

du fährst immer noch - toll.

Das mit den Schachtelschiffen ging mir damals genauso.
Hab die letzten 12 Jahre (bis 1983) nur Spezialjobs mit Tankern, Hochseeleichterungen,
Schubschleppern und Bargen auf dem Rio Plata gemacht.
Mir der Schiffahrt gehts ja nun auch wieder bergauf top

wünsch dir allzeit gute Fahrt

liebe Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Turbo-Georg

#72
Hallo Freunde,

ich erhielt eine Email-Anfrage zur Bedeutung der beiden Diagramme rechts oben im Bild ,,Verbundmaschine" und ihre Beziehung zum dargestellten
p-v-Diagramm.
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12823.30.html

Meine Antwort möchte ich mit zwei Links hierzu ins Forum stellen.

Diese Diagramme stellen die so genannten Indikator-Diagramme der betreffenden Verbundmaschine dar, und zwar das obere den HD-Zylinder und das untere den ND-Zylinder.
Die senkrechte Ordinate bildet den Druck-Verlauf im jeweiligen oberen und unteren Zylinderraum ab. Die waagerechte Ordinate beinhaltet den Hub bzw. den Kolbenweg.
Die Kurven für den oberen bzw. den unteren Zylinderraum weichen geringfügig von einander ab, da der untere Zylinderraum durch die, durch ihn führende Kolbenstange beeinflusst wird.

Diese Diagramme wurden mit einem so genannten Indikator, einer Art Druck-Schreiber, zur Ermittlung der Maschinen-Leistung erstellt. Der Kolben des Indikators wurde hierzu über einen entsprechenden Anschluss mit dem jeweiligen Zylinderraum verbunden. Je nach Messbereich standen verschieden Druck-Federn zur Verfügung.
Ein, mit dem Kolben verbundener Schreibstift wurde über eine Trommel geführt, die von der auf- bzw. niedergehenden Kolbenstange (Kreuzkopf) des entsprechenden Zylinders angetrieben wurde.
Die Diagramme wurden auf das jeweilige Zylinder-Volumen umgerechnet (gelb) und maßstäblich richtig in das p-v-Diagramm des Dampfes (grün) übertragen.
Neben der ,,indizierten", das heißt der inneren Leistung, konnte der Konstrukteur eine Vielzahl an weiteren Informationen entnehmen, z.B. den inneren Wirkungsgrad aus dem Verhältnis der indizierten Flächen zur Gesamtfläche sowie die auftretenden Verluste im Verlauf des Prozesses.

[wiki]Indikator_(Technik)[/wiki]
[wiki]Indizierte_Leistung[/wiki]

Ich stelle gerade fest, dass der erste Link nicht richtig funktioniert. Bitte unter Google Indikator (Technik) eingeben.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

t-geronimo

Jetzt funktioniert auch der erste Wiki-Link. ;)

Bei Wiki-Links wird die letzte Klammer irgendwie nicht mit genommen:
--/>/> http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7352.0.html
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Turbo-Georg

Hallo Thorsten,

danke für deine Mühen.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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