Wer hat Schuld am Abstieg und Untergang der Deutschen Kriegsmarine.

Begonnen von Benny-U-30-Licht, 22 Oktober 2008, 16:32:33

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Trimmer

Hallo Urs - Stresemann ? u.a.- Unterstützer der Politik von Wilhelm II. - Mitglied im Flottenverein - Unterstützung der Heeresleitung - Ludendorff,
                                          - Einsatz für uneingeschränkten U-Boot Krieg
Ich würde es die seltsame Wandlung vom Saulus zum Paulus nennen.
Ich habe mal in Strausberg " Reichsmarine und Landesverteidigung 1919 - 1928 " von  Werner Rahn gelesen. Hier wir eigentlich klar die Ansicht der Marineführung zum Ausdruck gebracht - Aggressive Ausrichtung nach Osten.
Interessant finde ich auch den Beitrag von Peter K.  im Forum vom28.Juli 2006 - sollte man vielleicht noch mal durchlesen

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Spee

Servus Urs,

ich meine in meinem letzten Absatz nicht die innenpolitische Frage, sondern die gesamtpolitische Konstellation. Die Marine ab 1900 erfüllte sich mit ihrem eigenen Bau einen eigenen Wunsch, im Sinne "Wir brauchen uns!"
Die Kaiserliche Marine entstand m.E. nicht aus der Notwendigkeit ihres Besitzes, sondern aus dem Wunsch groß sein zu dürfen/wollen. Damit ging die Kaiserliche Marine aber an den politischen Notwendigkeiten völlig vorbei.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Trimmer

Thomas -  sehe ich etwas anders.

Tirpitz:" Die Seeinteressen Deutschlands sind seit der Errichtung des Reiches in ganz ungeahnter Weise gestiegen. Ihre Erhaltung ist zu einer Lebensfrage Deutschlands gewurden "
- a )  Handel und dt. Industrie schützen   b) Halbhegemoniale Stellung Deutschlands in Hegemoniale umwandeln  c) Seemacht England steht dem entgegen ( Platz an der Sonne )

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Spee

@Trimmer,

a) absurd, da allein nicht möglich b) unnötig und letztendlich tödlich für das Kaiserreich c) ohne a und b steht c als Frage nicht im Raum.

Die Erklärung der Seeinteressen erklärt nur die eigene Existenz. Eine Notwendigkeit ist darin nicht zu erkennen.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Pam

Moin zusammen,

also wenn ihr schon in der Geschichte der Kaiserlichen Marine zurück geht dann fangt doch im Jahr 1871 an.  :-D

Wenn ich richtig gelesen habe wurde das Flottengesetz 1898 in Kraft gesetzt und der Aufbau der Marine voran getrieben. Was durchaus mit dem Flottenbegeisterten Kaiser Wilhelm II und Tirpitz zu tun hatte. Nach wie vor sehe ich das so, das sein Wettrüsten mit England und die Marokkokrise (und alle weiteren politischen Ereignisse) jener Zeit dazu beigetragen haben das die Marine schon im Aufbau dem Untergang geweiht war.
Alles andere was nach dem 1. WK kam war doch nur weiteres Kanonenfutter zum "neuen Wettrüsten", welches sich dann nicht nur auf England bezog sondern als Racheakt/Auflehnung gegen die Siegermächte und dem Versailler Vertrag.

Um das ganze mal Lachs auszudrücken... in der Frage im Titel dieser Diskussion werden weder wir noch nachfolgende Generationen zu einer Einheitlichen Antwort gelangen, es sei denn, es schlummern in den Archiven noch Dokumente die bisher noch keiner gefunden und gelesen hat. Darin ließe sich eventuell noch eine Antwort finden.
Was aber auch zweifelhaft ist.

Grüße von der Ostsee Pam
Populanten von Domizilen mit fragiler, transparenter Außenstruktur sollten sich von der Transformation von gegen Deformierung resistenter Materie distanzieren ;)

Matrose71

Mal eine Frage oder auch Anstoß!

Zitatdie Marine betrieb doch schon unter Kaiser Wilhelm II. eine eigene Sicherheitspolitik, welche an den politischen Gegebenheiten der damaligen Zeit völlig vorbei lief. Die Flottengesetze könnte man auch als weitsichtige Planung betrachten, allerdings blind (und wenn man sehen wollte wissend) am Ziel vorbei. Damit setzt die Reichsmarine nur die Tradition der Kaiserlichen Marine unter Tirpitz fort.


Aus heutiger Sicht sicherlich richtig.

Frage aber, wie sieht es mit der Sicherheitslage auf See um diese Zeit wirklich für Deutschland als erstarkendes Exportland aus?

Sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik als auch zu Beginn des 3. Reiches war Deutschland eine Exportnation, die auf Seewege für ihren Handel angewiesen war.
Warum gab es die Einführung der Bezeichnung Made in Germany vom Britischen Parlament. Waren die wirtschaftlichen Einflüsse und der Handel nicht vielleicht doch größere Aspekte als wir Heute abschätzen?
Inwieweit kam den Briten der Erste Weltkriig aus wirtschaftlichen konkurrenz Aspekten (zum Kaiserreich) doch gelegen?

Wie wäre der "Run" auf Rohstoffe (hauptsächlich Öl und Metalle) ohne der Ersten Weltkrieg mit einem militärisch und wirtschaftlich starken Kaiserreich verlaufen, dass auch Marinetechnisch auf der ganzen Welt vertreten wäre und eingreifen hätte können?

Zitatweitens wäre die Tatsache das daß deutsche Kaiserreich zwar nicht die alleinige aber doch nachweislich die Hauptverantwortung am Ausbruch des 1.Weltkrieges hatte.

Halte ich diese Aussage nur vordergründig für haltbar. Vorallendingen das Britische Empire stand in einer massiven wirtschaftlichen Konkurrenzsituation zum Kaiserreich, auf den Weltmärkten der damaligen Zeit.
Ob der Krieg dem Empire nicht gelegen kam und somit auch "forciert" wurde, ist m.M nach doch zumindestens zu hinterfragen.

Viele Grüße

Carsten

Spee

Servus,

noch weiter zurück, schon vor Marokko war die Sache gelaufen.
1898 war das Jahr, in welchem Deutschland von Britannien alles bekommen hätte. Ein gemäßigter Flottenbau (1.Flottengesetz, 17 Linienschiffe etc.) und reichlich Probleme mit Frankreich (Faschodakrise) ließen Deutschland aus Sicht der Briten als brauchbaren Partner erscheinen. Schon 1899 waren die Karten für Deutschland nicht mehr so brillant, da die Franzosen sich mittels des Sudanvertrages (der Schritt zur Entente cordiale) mit Großbritannien über die Kolonialgeographie in Afrika einigen konnte. 1900 kommt Deutschland mit dem 2.Flottengesetz (Verdopplung der Linienschiffszahl etc.) und lautem Moralapostelgeschrei wegen des Burenkrieges und befördert sich damit in der britischen Öffentlichkeit selbst ins Abseits und bereitet damit unbewußt den Boden für die Entente cordiale vor.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Kosmos

an deutscher Marinerüstung war bis 1905 nichts wirklich außergewöhnliches, erst mit den Schlachtschiffen begann ein Wettlauf, aber zu diesem Zeitpunkt waren die Fronten bereits erstarrt, und nicht Deutschland hat dieses Rennen angefangen...
Deutschland konnte damals grundsätzlich kein Freund Englands sein, weil Deutschland viel zu erfolgreich wurde, ein Schritt von einer Hegemonie auf Kontinent, das war wirkliche Bedrohung für England. In so einer Lage war eine starke Flotte eine absolute Notwendigkeit.

Schuld der Kriegsmarine an der Entwicklung ist daher vernachlässigbar. Leute die Außenpolitik des Reichs formten (und diese Außenpolitik von den Operationsplänen der Armee diktieren ließen) gehören an den Pranger.

Spee

@Kosmos,

die Verdopplung der geplanten Flottenstärke innerhalb von 2 Jahren ist nicht ungewöhnlich?
Und wie kommt die deutsche Armee als Bedrohung des Empire zum Zuge?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

bodrog

@Spee

Lieber Spee, bitte nicht so kleinlich denken :wink: wenn Russland via Afghanistan schon Indien bedroht (von Rudyard Kipling mal "Kim" lesen) und die waren nicht mal dort - jedenfalls damals nicht, dann dürfte dasselbe doch auch über den Umweg DR - Osmanisches Reich (merke auf: Bagdad-Bahn) gelten.

Greger hat in einem Buch mal bemerkt: "Das Denken in Schlachtschiffen begann."

das gilt:

a) für alle Nationen, die etwas auf sich hielten (selbst das arme Spanien)
b) Alfred T. Mahan war das Dogma der Epoche (und selbst die Franzosen mit ihrer "Jeune École" habe mitgemacht)

und bis jetzt haben wir nur an der Oberfläche gekratzt...  :-D

MfG

Ulli

PS: Je länger ich über Tirpitz nachdenke, desto komischer erscheint er mir: Wie kann man nur auf so eine abstruse Idee wie den Risikogedanken kommen - überintelektuell und absolut wirklichkeitsfremd (der hätte sich mal mit der Spieltheorie auseinandersetzen sollen, leider gabs die noch nicht)

Leutnant Werner

@97 Kosmos: Die Deutsche Marinerüstung hatte die Briten schon 1904 in eine Entente mit Frankreich getrieben. Und das völlig unnötig. Man bedenke: 1890 hatte die Marine ein Sammelsurium von rund einem Dutzend hochseefähigen älteren Panzerschiffen. Zwischen 1891 und 1905 entstand dann eine Marine, die über neue 24 Schlachtschiffe (in Dienst oder vom Stapel) und 8 Küstenpanzerschiffe verfügte, und von den "alten Eimern" waren auch nochmal wenigstens 4 effektiv modernisiert worden.
Und Du denkst, die deutsche Marinerüstung bis 1905 war nichts Außergewöhnliches? Da muss eine Wahrnehmungsstörung vorliegen...

Deutschland war übrigens auch nicht in einen "Handelskrieg" mit England eingetreten und wäre dem englischen Handel nie wirklich gefährlich geworden. Zwar hatte die deutsche Handelsmarine deutlich aufgeholt (ca ein Drittel von dem, was die Briten hatten), was der deutschen Industrie und ihren Produkten zu verdanken war, und hatte im Amerika-Handel das Primat. Aber die Deutschen konnten die Märkte der Briten in deren eigenen Kolonien nie penetrieren.

Matrose71

@ Leutnant Werner

ZitatZwar hatte die deutsche Handelsmarine deutlich aufgeholt (ca ein Drittel von dem, was die Briten hatten), was der deutschen Industrie und ihren Produkten zu verdanken war, und hatte im Amerika-Handel das Primat.

Und inwieweit hat das die Briten wirklich gestört?
Wie sehr ging ihnen der Erfolg der deutschen Industrie und ihren Produkten wirklich auf die "Nerven"?
Wie hoch war der "finanzielle Schaden" für das Britische Bruttoinlandsprodukt oder Exportbilanz?

Und hätten nicht die deutschen Industrieprodukte weiterhin die Britischen auf den Weltmärkten massiv unter Druck gesetzt?
Viele Grüße

Carsten

Thomas

Zitat von: Leutnant Werner am 04 April 2011, 21:14:29Deutschland war übrigens auch nicht in einen "Handelskrieg" mit England eingetreten und wäre dem englischen Handel nie wirklich gefährlich geworden. Zwar hatte die deutsche Handelsmarine deutlich aufgeholt (ca ein Drittel von dem, was die Briten hatten), was der deutschen Industrie und ihren Produkten zu verdanken war, und hatte im Amerika-Handel das Primat. Aber die Deutschen konnten die Märkte der Briten in deren eigenen Kolonien nie penetrieren.

Auf den Punkt gebracht.  :MG:

Das Märchen vom Handelskrieg ist wohl nie auszurotten, inkl. das überzeichnete "made in Germany" als Randaspekt des damals üblichen Protektionismus.
Die harten Bandagen liefen vielmehr über die (Schutz-)Zölle, nicht über die weichgespülte Etikettierung.

Weiterführend ist die Studie von Ross Hoffman, Great Britain and the German Trade Rivalry 1875-1914 (1983).

ede144

Zitat von: Trimmer am 02 April 2011, 17:58:09
Thomas - nur mal ein kurzer Hinweis. Die " Dolchstoßlegende " entstand mit der Revolution Nov. 1918 in der Heimat. Nach wie vor galt " Im Feld unbesiegt".

Gruß - Achim - Trimmer

Das ist richtig, aber wer hat dann die Politiker unter Druck gesetzt mit dem Spruch:"Für heute kann ich garantieren das die Front hält, für morgen nicht mehr"
Ist schon interessant wenn man ein paar Wochen vorher noch glaubt gewinnen zu können.

Gruß
Thomas

Urs Heßling

moin,

Vorschlag: ab #88 abtrennen, neuer Thread "Marinepolitik und Rüstung der Kaiserlichen Marine" oder ähnlich ...

gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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