Schadensbild des Rudertreffers auf Bismarck

Begonnen von Schweineferkel, 03 Mai 2012, 17:56:18

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Götz von Berlichingen

#30
Zitat von: toppertino am 05 Mai 2012, 23:21:54Wäre es nicht wichtiger erstmal rauszufinden ob der Torpedo backbord oder steuerbord getroffen hat und in welchem Winkel? Daraus könnte man doch sicher etwas über den Verlauf der Druckwelle schließen und was sie wie beschädigt hat.
Bis jetzt haben wir nur ein "vielleicht backbord, vielleicht steuerbord, vielleicht von achtern".  :|

PS: Ich glaub mich zu erinnern das Müllenheim-Rechberg etwas von einem Torpedotreffer backbord achtern geschrieben hat. Aber nicht in welchem Winkel.

Lt. Ludovic Kennedy [Versenkt die »Bismarck«, Molden Taschenbuch-Verlag, Wien - München 1977, S. 177 ff.] traf der Torpedo Steuerbord achtern:

»[Lieutenant Godfrey-Faussett] kam an Steuerbord querab der »Bismarck« aus den Wolken und stellte fest, daß nur eine Maschine, nämlich die von Sub-Lieutenant Kenneth Pattisson, mitgehalten hatte; die dritte, von Sub-Lieutenant Tony Beale gesteuerte, war nirgends zu sehen. Er und Pattisson gingen zum Angriff über; Sie sahen die Steuerbordseite der »Bismarck« in Rauch und Feuer aufblitzen, die farbigen Bogen der Leuchtspurgeschosse auf sich zukommen und hörten, wie die Granatsplitter die dünne Segeltuchbespannung aufrissen [...] Doch sie setzten den Angriff unbekümmert fort, und als die »Bismarck« in die Torpedolaufbahnen eindrehte, glaubten sie, einen Treffer gesehen zu haben.

[...]

Die zwei Maschinen der fünften Rotte verloren einander [...] Ihr Führer, Lieutenant Owen-Smith, der in 1000 m Höhe in seiner Nähe Granaten explodieren sah, kam bei 200 m aus den Wolken und fand sich ein gutes Stück hinter der »Bismarck«. Während er sich in eine günstigere Position querab manövrierte und Godfrey-Faussett und Pattisson abdrehten, glaubte er eine große Wassersäule achteraus auf der Steuerbordseite der »Bismarck« aufsteigen zu sehen.

[...]

Der Matrosengefreite Herzog, Ladekanonier an einer der 3,7-cm-Fla-Kanonen auf der Steuerbordseite achtern, sah zwei Flugzeuge auf sich zukommen [...] Sie kamen so nah, daß sie unterhalb des Schußwinkels der 3,7-cm-Kanone gerieten. Die »Bismarck« drehte mit Höchstgeschwindigkeit nach Backbord ab. Wie es Herzog schien, zielte eine der Maschinen mittschiffs, die andere weiter nach achtern. Sie warfen ihre Torpedos ab, Herzog sah sie ganz deutlich, und drehten ab. Die »Bismarck« drehte weiter nach Backbord. Dann kam die Explosion.

[...]

Das Schiff drehte mit Höchstgeschwindigkeit nach Backbord, als der Treffer erfolgte, und auf der Brücke befahl Lindemann: »Ruder mittschiffs!«. Doch die »Bismarck« sprach nicht darauf an, drehte weiter nach Backbord, und fing an, stark nach Steuerbord zu krängen. Im achteren Schiffsführungsstand sah der Matrose Alfred Eich auf dem Umdrehungsanzeiger, daß das Schiff 28 Knoten lief, während die Windrose im Tochterkompaß schnell einmal um 360° drehte und dadurch anzeigte, daß das Schiff im Kreis fuhr. Müllenheim-Rechberg im achteren Leitstand warf einen Blick auf den Ruderlageanzeiger und sah, daß das Ruder bei 15° Backbord klemmte.«

Herr Nilsson

Ich gebe zu bedenken, dass ein Torpedo keine Granate ist. Der Winkel und die Laufbahn sind ziemlich unerheblich. Anhand von Aussagen von Beteiligten oder gar Büchern den exakten Auftreffpunkt herausfinden zu wollen, halte ich persönlich für aussichtslos.
Gruß Marc

redfort

Moin,
mal aus MDv. 601 Heft  3, Seite 24:

"Auf die Standortmeldung eins engl. Kreuzers hin startet ARK ROYAL die zweite Gruppe Torpedoflugzeuge. Im Sturzflug aus den Wolken angreifend gelingt es ihr , zwischen 20.55 h und 21.15 h zwei T.-Treffer aus BISMARCK zu erzielen, von denen der eine mittschiffs etwa Abt. VIII und der andere die Ruderanlage in Abt. II trifft. Dieser verhängisvolle Torpedozufallstreffer besiegelt das Schicksal des Schiffes. BISMARCK ist damit manovrierunfähig gewurden. Bei dem bis zur Sturmstärke auffrischenden Wind und dem schweren Seegang ist es unmöglich , das Schiff mit den Schrauben, die unverletzt geblieben sind, auf Kurs zu halten."

FT´s von BISMARCK::

21.05 h : Quadrat BE 6192 habe Torpedotreffer achtern.
21.15 h: Schiff nicht mehr steuerfähig !


Also nichts genaues wo der T.-Treffer exakt getroffen haben soll.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

Schweineferkel

Ich dachte es könnte vielleicht helfen, wenn der Aufbau der Steuereinrichtung bekannt ist.

Aus der der Bauvorschrift für den Schiffskörper der Schlachtschiffe F und G


Steuereinrichtungen

...
Für jedes Ruder ist eine Steuereinrichtung mit einer elektrisch betriebenen Rudermaschine und einer Handsteuervorichtung zu vorzusehen. Die beiden Rudermaschinen sind in voneinander getrennten, wasserdichten Räumen im Plattformdeck Spant 21,5 und 27 aufzustellen und durch zwei querschiffs geführte Wellen so zu verbinden, dass durch jede Rudermaschine beide Ruder gemeinsam oder auch einzel bewegt werden können. Die Kupplungen sind so auszubilden und die Gestänge so zu führen, dass beide Ruder auch dann von der einen Rudermaschine auf die andere geschaltet werden können, wenn der Bedienungsraum der auszuschaltenden Maschine unzugänglich ist. Ebenso soll jede Handsteuervorrichtung von ihrem Raum aus in Betrieb genommen werden können, ohne dass die Rudermaschinenräume betreten werden. Die Handsteuervorrichtungen sind in dem selben Deck Spant 27 bis 32 anzuordnen.

Als Ruderantrieb ist die Schraubspindelanornung zu wählen. Es sind zwei Anlagen vorzusehen, von denen jede einzeln in Betrieb genommen werden kann.


...


Die Ruder befanden sich ungefähr bei Spant 12,5. in Abteilung I (mir fällt keine bessere Bezeichnung ein). Die Rudermaschine und der Rest in Abteilung II. Beide Abteilungen waren durch ein Schott bei Spant 21,5 getrennt ( siehe Plan bei Axis Battleship). 

Spee

Servus,

interessante Fragen!
Hat jemand eine gute Zeichnung der Ruderanlage (Seiten- und Draufsicht!)?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Baunummer 509

"Gut", naja. Musste die Qualität ziemlich zusammenstauchen, damit ich sie hier einfügen kann.

Dafür darf ich sie zumindest zeigen (denke ich zumindest). Sind aus der NARA Bismarck Tirpitz Hull Construction.

Gruß

Sebastian

P.S. Falls ich sie nicht zeigen darf, bitte Bescheid geben oder entfernen
P.P.S Die meisten Zeichnungen sind von TP, ich denke in diesem Bereich sollten sie aber ziemlich ähnlich gewesen sein. Zumindest was die wichtigsten, strukturellen Dinge anbelangt

Spee

Servus,

danke, das ist schon sehr schön und ausreichend.
Betrachtet man sich die Draufsicht wird klar, das die Ruder um ca. 130-140° umschlagen müßten, um in den Bereich der Schraube zu gelangen. Das würde voraussetzen, daß die Rudergestänge komplett vom Ruder abgetrennt sein müßten. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ein solchen Schwenkbereich überhaupt möglich ist, d.h. der Ruderschaft überhaupt in diesem Bereich drehbar ist. Gibt es vielleicht dazu Daten/Hinweise etc.?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

redfort

Moin,
gemäß Plan RM 25 3-174 Ruder- und Schraubenanordnung BS konnten die Ruder bei Hartruderlage jeweils nach Bb. und Stb. bis zu 40° geschwenkt werden.
So wenn man die Maße des Ruders nimmt in ihrer größten Länge ( 4365 mm )  um die Mittelschraube zu treffen müsste diese um Spee genannten Werte umschlagen.  Zwischen Ruderschaft (Spant 12,5) und Mittelschraube ( 20 mm hinter Spant 16,5 ) liegen 4 m.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

t-geronimo

Muß es denn umschlagen, um in die Schraube zu gelangen, oder kann es nicht auch einfach dorthin knicken, dabei aus dem Koker reißen, einmal kurz in die Schraube geraten und dann gen Meeresgrund trudeln?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Teddy Suhren

Könnten es nicht auch Splitter vom Torpedo gewesen sein, die die Schraube kurzzeitig berührt haben?
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Ingo

Mir ist da neulich etwas zu dem Thema in den Sinn gekommen. Mangels Fachwissen und aussagekräftiger Literatur weiß ich nicht ob das so richtig ist, aber evtl. ja ein Hinweis zu dem Thema der bis jetzt nicht beachtet wurde.

MR schreibt in seinem Buch BS wäre nach dem Treffer (stabil?) im Kreis gefahren und habe deutlich gekränkt und auch Tovey wurde berichtet BS hätte zwei Vollkreise gelaufen.

Das hört sich für mich nach einem eher engen Radius an und da frage ich mich (als Laie) ob das mit einer derart beschädigten Ruderanlage wie sie am Wrack zu finden ist und wie es hier diskutiert wird überhaupt möglich ist!? Dazu müßte doch noch einiges an stabiler Ruderfläche vorhanden gewesen sein?

Im Gegensatz dazu legte sich BS am nächsten Tag nur noch in den Wind, was für mich nicht zu der Kreisfahrt passt. Müßte ja bedeuten dazwischen hätte sich etwas an der Lage der Ruder verändern müssen?

Thoddy

gemäß Kreisfahrten hat Bismarck bei Ruder-Hartlage maximal 1,5° gekrängt
Kreisbahndurchmesser bei 15° Ruderlage ca 1000 m
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

toppertino

@ Ingo
ZitatIm Gegensatz dazu legte sich BS am nächsten Tag nur noch in den Wind, was für mich nicht zu der Kreisfahrt passt. Müßte ja bedeuten dazwischen hätte sich etwas an der Lage der Ruder verändern müssen?
Es ließ sich definitiv kein gerader Kurs mehr steuern. Bismarck hatte bei Testfahrten gezeigt das sie, bei Ruderausfall und nur mit Schrauben gesteuert, das Bestreben hatte in den Wind zu drehen. Und genau das passierte am 27. Mai: Wind aus Nord-West =Kurs nach Nord-West. Steht alles in MR´s Buch.

@Thoddy
Nur 1,5° Krängung bei Hartruderlage??? Bei welcher Geschwindigkeit? Oder hat sich da der Fehlerteufel in Form eines Kommas eingeschlichen?
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

Peter K.

ZitatBismarck hatte bei Testfahrten gezeigt das sie, bei Ruderausfall und nur mit Schrauben gesteuert, das Bestreben hatte in den Wind zu drehen.

Diese Eigenschaft hat jedes einigermaßen brauchbar konstruierte Schiff, wenn es nicht angetrieben und gesteuert wird!
Eine leichte Luvgierigkeit ist im Gegensatz zur Leegierigkeit durchaus erwünscht und erhöht beispielsweise die Sicherheit gegen Querschlagen bei Maschinenausfall.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

toppertino

@Peter
Zumindest ist Ingo´s Frage damit geklärt.
Bismarcks NNW-Kurs erklärte sich doch durch die Kombination Wind-klemmendes Ruder-langsame Geschwindigkeit.
Und die schwere Steuerbarkeit allein mit den Schrauben liegt an der Divergenz(?) der Schraubenwellen.
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

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