Verbleib des Fischdampfers "Otto Flohr"

Begonnen von Paul Spohn, 18 Dezember 2013, 21:30:23

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Paul Spohn

Hallo liebes Forum,

mein Großvater Albert Spohn war in den 1930iger Jahren bis zum Kriegsausbruch Kapitän auf dem Fischdampfer "Otto Flohr" Kennung: P.C. 317. Wenn ich mich an Berichte meiner Familie erinnere fuhr er hauptssächlich von Cuxhaven aus zum Fang bis Nord-Norwegen.

Ich habe jetzt ein Foto des Schiffes gefunden und werde es hier einstellen.

Da die Hochseefischreiflotte nach dem 1. Sept. 1939 an die Marine ging interessiert mich der Verbleib des Schiffes im Krieg oder danach.

Beste Grüße

Paul

HJH

Moin Paul,
da kein Dein Opa aber nur wenige Tage an Bord gewesen sein, da der Dampfer erst im Juli fertig wurde.
Die Geschichte des Dampfers wurde etwas ausführlicher als die unten stehenden Daten in
Männer vom Morgenstern - Heimatbund an Elb- und Wesermündeung, Jahrbuch 2008, S. 257-272 beschrieben.
Einen Sonderdruck davon habe ich leider nicht mehr. Das Buch gibt es aber bestimmt über die Fernleihe.
Anbei die Daten des Dampfers:

OTTO FLOHR                                   1939 - 1944
D U B P, ab 4.: F P T P, ab 51: D E U P
1939 Deschimag, Werk: Seebeck, Wesermünde (629)
639 BRT, 235 NRT
57,01 x 8,58 x 4,43 m, 5,03 m
M= 1939 Bauwerft, III Abd., 1000 PS
380 x 610 x 1000 mm, 660 mm, 12,7 kn
K= 1939 Bauwerft,  16,  250
5400 Korb, 23 - 25 Mann

   06.1939  Stapellauf
   07.1939  Ablieferung
      1939  OTTO FLOHR = PC 317
            "Nordsee" Deutsche Hochseefischerei AG,
            Cuxhaven                                        (Ge)
05.09.1939  an Kriegsmarine: (erfaßt)
05.09.1939  Umbaubeginn bei Bremer Vulkan, Bremen-Vegesack
19.09.1939  Fertigstellung
21.09.1939  M 1801 (Indienststellung)
10.02.1942  02.05 Uhr, schwer beschädigt Nordsee n. Ameland,
            0,5 sm o. Tonne E bei Räumarbeiten an eigener
            Minensperre
11.02.1942  18.30 Uhr, eingeschleppt Wesermünde
            repariert bei Bauwerft
04.08.1942  Probefahrt
15.01.1943  M 4450
08.06.1943  03.32 Uhr, kollidiert beim Einlaufen Dieppe mit
            deut. Motorschlepper H 10 S = ROLAND GARROS
            (1927 / 80 BRT)
            H 10 S = ROLAND GARROS gesunken
11.05.1945  beschlagnahmt in La Rochelle von Frankreich
   1945/49  Rückbau zum Fischdampfer in Nantes
      1946  OTARIE = F 1031
            franz. Regierung, Fecamp                        (Fr)
            (Mgr:) Armateurs de la Grande Peche de Fecamp et
            du Havre
            Vermessung: 419 BRT, 185 NRT
            184.5' x 28.1' x 16.9'
   12.1951  verkauft
      1951  SAARLAND = BX 608
            Partenreederei
            (K-R:) Siebert & Co., Bremerhaven               (Ge)
            neue Vermessung: 657 BRT, 238 NRT
   07.1953  SAARLAND = BX 608
            Partenreederei
            (K-R:) Siebert & Co., Bremerhaven               (Ge)
            (Chart:) Cuxhavener Hochseefischerei GmbH
28.06.1954  verkauft
29.06.1954  PREUSSEN = BX 608
            Cuxhavener Hochseefischerei GmbH, Bremerhaven   (Ge)
30.04.1962  an Hamburg zum Abbruch bei Walter Ritscher

Gruß Hans

Paul Spohn

Hallo Hans,

vielen Dank für die ausführliche Verbleibbeschreibung der Otto Flohr. In der Tat, die Zeit zwischen Indienststellung und Abgabe an die Kriegsmarine war sehr kurz, dürfte wahrscheinlich mal grade für ein Fangreise gereicht haben.
Das er Käptn war auf dem Dampfer ist aber verbürgt.

Danke für den Buchtipp, werde mal schauen.

Beste Grüße und frohe Weihnachten

Paul

HJH

Hallo Paul,
da hätte ich selbst drauf können können, dann war Dein Opa Alfred Spohn.
Der Dampfer machte zwei Reisen, 9. Juli 1939 zur Bäreninsel, 27. Juli 1939 am Markt mit 4500 Korb, und 29. Juli 1939 wieder zur Bäreninsel und 21. August mit 4900 Korb am Markt.
Gruß Hans

kgvm


Paul Spohn

Hallo,

gut aufgepaßt lieber kgvm: ALBERT war sein Vorname, SPOHN sein Nachname. Er wurde 1889 in eine Fischerfamilie im Fischerdorf Neupassarge am Frischen Haff bei Braunsberg/Ostpreußen geboren. Als er mit 14 Waise wurde kam er zu einem Onkel aufs Boot und wurde Hafffischer. !910 wurde er zur kaiserlichen Marine gezogen und diente dort bis 1913 beim Ostindien Geschwader zwischen Tsingtau und Bismarck-Archipel. Bis zum 1. WK fuhr er als Vollmatrose auf Fischdampfern der Hochseeflotte von Hamburg aus auf Fang.
Mit dem Beginn des 1. WK wurde er aktiviert und war bei der Küstenschutzflotille auf der Ostsee. Hier erhielt er eine nautische Ausbildung, so dass er gegen Kriegsende als Bootsmann ein Vorpostenboot führte. Die nautische Ausbildung erlaubte es ihm nach dem 1. WK zunächst als Steuermann und später als Kapitän bis zum Beginn des 2. WK auf Fischdampfern der Hochseefischereiflotte zu fahren. Zunächst von Hamburg, aber dann hauptsächlich von Cuxhaven aus bis Nordnorwegen und ins Weiße Meer hinein zu fahren. Häufig endeten die Fangreisen nicht in Cuxhaven sondern im britischen Hull und Aberdeen.
Im 2. WK war er als Sonderführer bei der Luftwaffe im Seefliegerbergedienst eingesetzt, hauptsächlich Ostsee sowie dänische und norwegische Küsten.
Nach dem 2. WK musterte er auf dem zweiten Fischdampfer-Nachkriegsneubau (etwa 1949), der ECKERNFÖRDE an und fuhr noch einige Zeit und setzte sich dann aber bald zur Ruhe auf dem kleinen Bauernhof in Dithmarschen, den er seiner Frau Rosa 1928 gekauft hatte. Dort verstarb er im Sommer 1954 an einem Herzinfarkt. Damals war ich sechs Jahre alt und noch heute erinnere ich mich gerne an ihn, allerdings Salzheringe esse ich bis heute nicht, die standen zu jener Zeit bei uns fässerweise herum.

Beste Grüße

Paul

HJH

Danke Klaus Günther, da habe ich ja in meinen Notizen einen dicken Bolzen versteckt gehabt.
Gruß Hans

Urs Heßling

moin,

Zitat von: HJH am 19 Dezember 2013, 11:28:43
10.02.1942  02.05 Uhr, schwer beschädigt Nordsee n. Ameland, 0,5 sm o. Tonne E bei Räumarbeiten an eigener Minensperre
in Anbetracht des Datums und der Umstände erlaube ich mir die Vermutung, daß diese Räumarbeiten in Vorbereitung des Unternehmens "Cerberus" (Kanaldurchbruch) stattfanden.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Jong

Zitat von: Paul Spohn am 19 Dezember 2013, 16:22:06

1910 wurde er zur kaiserlichen Marine gezogen und diente dort bis 1913 beim Ostindien Geschwader zwischen Tsingtau und Bismarck-Archipel.


Woher kommt denn diese in Verbindung mit der Kaiserlichen Marine bis dato unbekannte Bezeichnung Ostindien Geschwader ?

Gruß
Jong

HJH

Moin Urs,
mit der Vermutung liegst Du richtig (siehe KTB 18. Minensuchflottille)
Gruß Hans

Paul Spohn

Hallo Jong,

danke für den Hinweis, Ostindien und Ostasien habe ich wohl irgendwie durcheinander bekommen. Muß wohl richtig Ostasiengeschwader heißen.
Bei Wikipedia gibt es einen guten Überblick über diesen Teil der kaiserlichen Marine.

Beste Grüße

Paul

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