Norwegen, Neutralität und Panzerschiffe

Begonnen von Urs Heßling, 08 Dezember 2020, 14:08:35

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Urs Heßling

moin,

wenn man die Länge der Küstenlinien vergleicht, war die siamesische Marine 1939 besser aufgestellt als z.B. die norwegische ...
https://www.naval-encyclopedia.com/ww2/royal-norwegian-navy

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Ekki

Ich glaube nicht, dass der Norweger damals arm war. Die wollten halt kein Geld ausgeben. Haben sich auf die  Briten verlassen. Ging schief. Mein Opa hat da 4 Jahre verbracht :MV:

maxim

Die französischen Kräfte in Indochina waren sicher schwach und dazu von der Unterstützung im Mutterland abgeschnitten. Aber das war keine Situation, die man in den 1930ern vorhersehen konnte.

Norwegen war damals schon arm. Das war bevor sie Öl gefunden haben und zu einem der reichsten Ländern (Einkommen pro Person) in Europa wurden.

Die Norweger haben sich 1940 nicht auf die Briten verlassen, sondern auf ihre Neutralität. Die Neutralität war sowohl durch die Briten als auch die Deutschen bedroht, beide haben für den 9. April eine Invasion geplant. Die britische wurde abgesagt, weil sie die deutschen Flottenverbände für einen Vorstoß in den Atlantik gehalten haben und die Schiffe, die für die Invasion gedacht haben, dann fürs Abfangen des vermuteten Vorstoß gebraucht haben. Die Truppen wurden dann wieder eingeschifft und dann wurde es keine Invasion, sondern Unterstützung für Norwegen.

Norwegen hat sich entschieden - im Gegensatz zu Dänemark - Widerstand zu leisten. Norwegen wurde dann letztendlich von zwei Großmächten - Großbritannien und Frankreich - sowie polnischen Verbänden im Exil unterstützt - und das hatte nicht gereicht. Das macht es eigentlich klar, dass Norwegen nie die Möglichkeit hatte, sich alleine gegen die Invasion zu verteidigen. Kleine Staaten können sich militärisch nur unter besonders glücklichen Umständen gegen Großmächte verteidigen. Normalerweise haben sie keine Chance und es macht dann auch keinen Sinn massiv ins Militär zu investieren, was sowieso keine Chance hat.

Die dänische Regierung hat übrigens Großbritannien für die größere Bedrohung für die Neutralität gehalten (und lagen damit offensichtlich falsch), keine Ahnung, was die Einschätzung der norwegischen Regierung war (da müsste ich suchen).

Ekki

Dann such mal Maxim,

über die Rüstungsfähigkeit der "armen" Norweger. Die fühlten sich einmal bedroht, und zwar bei der endgültigen Trennung von Schweden Anfang des letzten Jahrhunderts. Demgemäß hatten sie vorher ein schlagkräftiges, modern ausgerüstetes Heer geschaffen, massive Befestigungsanlagen (z.B. Oscarsborg) gebaut und innerhalb eines Jahrzehnts eine Flotte mit 4 Küstenpanzerschiffen, 2 Kreuzern und 20 kleinen Torpedobooten geschaffen. Lief doch für die "armen" Norweger.

Dagegen waren die Rüstungsanstrengungen der Norweger vor dem 2WK recht beschaulich. 6 altersschwache U-Boote waren vorzuweisen als stärkste Kraft. Na gut, als dann selbst für die Norweger klar war, dass was passieren könnte, haben Sie einen Minenleger und 3 Sparzerstörer gebaut. Dann hatten sie selbst das Gefühl, das langt nicht und haben noch einmal 2 Zerstörer und 3 Sparversionen auf Kiel gelegt. Zu spät.

Jetzt reden wir nochmal über die Rezeption der Engländer in Norwegen.

Altmark-Zwischenfall. Norwegische Marine war vor Ort, setzt aber die Neutralität der Nation nicht durch. Komisch.
Landungen der Engländer und anderer Alliierter in Narvik, Nandos, Andalsnes. Haben die sich da gewehrt? Ähhhh eher nicht.
Wohin flieht der norwegische König? Nach Schweden? Ähhh, nein.
Auch einer von den Sparzerstörern flieht. Nach Schweden? Nein. Nach Russland. Auch nicht.

Norwegen hätte nur über das Meer angegriffen werden können, wegen der starken Schulter Schweden. Die haben sich sicher gefühlt. Und wenn alles nix hilft, ist immer noch der Engländer da.

Aber was hat das mit dem thailändischen Dilemma zu tun? Die Thais behaupten ja, dass sie Lamotte-Piquet getroffen hätten. Gut, wenn die panzerbrechende Munition verschossen haben, die geht glatt durch den Franzosen durch, weil der hatte nicht "all or nothing", der hatte "next to nothing". Aber ich glaube, die haben von den Japanern beim Entfernungsmesser und beim Rechner entweder sich irgendeinen Scheiß andrehen lassen oder konnten das nicht richtig bedienen. Insoweit bin ich bei Maxim, auf diese Entfernung muss man als Thai Wirkungstreffer beim Franzosen erzielen.

maxim

Genau, wenn die thailändische Marine besser trainiert und geführt worden wäre, hätte sie auch mit diesen Schiffe mehr erreichen können.

Wegen Norwegen: die Schiffe, die sie angeschafft haben, als der Konflikt mit Schweden drohte (also kurz bevor Norwegen unabhängig wurde), waren doch alles winzige Sparschiffe, die Du doch kritisierst. Die kannst Du nicht als Argument nutzen, dass Norwegen viele Möglichkeiten hatte.

Vor der deutschen Invasion war das Problem schon etwas vielfältiger. Die Briten haben Norwegen vorgeworfen, dass die Norweger die deutsche Transporte schützen würden, in denen sie ihnen die Nutzung norwegischer Gewässer erlauben - Altmark ist ein krasses Beispiel. Deshalb hat die RN angefangen die norwegischen Gewässer zu verminen. Es war nicht so, dass die Norweger die Briten unterstützen. Sie haben aus der Sicht von beiden Großmächten ihre Neutralität nicht genug durchgesetzt - und das wohl aus Angst, dass eine stärkere Durchsetzung der Neutralität als Ausrede für einen Angriff verwendet wird. Und ein solcher Angriff drohte ja sowohl von Großbritannien als auch Deutschland.

Nach Beginn der deutschen Invasion änderte sich natürlich alles: danach akzeptierte die norwegische Regierung, dass die Alliierten ihr gegen die deutsche Invasion halfen. Natürlich flohen die norwegischen Kräfte dann nicht nur nach Schweden (was sie im größeren Umfang machten und dann teilweise von der BOAC später nach Großbritannien ausgeflogen wurden), sondern auch zu ihren neuen Verbündeten. Du ignorierst den zeitlichen Zusammenhang. Die deutsche Invasion hat die meisten Norwegen dazu motiviert, sich für die Alliierten zu entscheiden - und das war vor der Invasion keineswegs so, weshalb die Nazis dachten, dass sich die Norweger begeistert ihnen anschließen würden und keinerlei Widerstand leisten würden.

Ekki

Sehe ich nicht ganz so mit den Norwegern.

Ich glaube nicht an den zeitlichen Zusammenhang. Natürlich hat Norwegen versucht, neutral zu bleiben. Und sie haben sich nicht von den Briten einschüchtern lassen, erstmal. Aber da war eine viel stärkere Verbindung nach Großbritannien von denen, gerade auch schon im 1WK. Komisch, dass die Deutschen, wie Du sagst, da auf Akzeptanz gehofft haben.

Naja, wegen den Thais haben wir schon mal ein Diskussionsergebnis. Fakten wären natürlich besser, auf die wir keinen Zugriff haben.

Ekki

Ergänzung: "Norwegische Sparschiffe". Der norwegische Admiral war ganz heiß drauf, sich mit seinen vier Vickers-Armstrong Küstenpanzern mit den Schweden zu beschießen, deren Streitmacht etwa doppelt so groß war. Er war absolut überzeugt, dass er die Schlacht gewinnen könne und machte demgemäß mehrere Eingaben. Hier siegte aber die Diplomatie, etwas, was heute nicht mehr oft gelingt.
Die Sparschiffe hätten auch Kampfkraft gehabt, lange nachdem sie veraltet waren, aber die Norweger, ganz "Sparstrumpf", hatten die mit Reservisten bemannt und auch nicht geübt. Deswegen haben die in der Schlacht, die ich mal viel früher hier als das "nullte Narvik" (in Bezug auf 1st and 2nd Narvik) bezeichnet habe, keine Chance. Willst Du treffen, musst Du üben.

Wegen den Thais könnten wir hier mal zu machen. Wegen den Norwegern vielleicht ein neuer Thread? Ich kann aber nicht viel zur Erkenntnis mehr beitragen

HG

maxim

Der Einsatz der beiden Küstenpanzerschiffe in Narvik sind sicher ein guter Vergleich mit Koh Chang: die beiden Schiffe hätten den Zerstörern sicher sehr zusetzen können. Allerdings waren sie wohl zu "höflich", haben also erst mal angefragt - und als Reaktion eine Torpedosalve bekommen (zumindest das erste; das zweite hat mit der Feuereröffnung auch zu lange gezögert).

Natürlich waren die norwegischen Schiffe für die Zeit um 1905 "Sparschiffe". Sie waren deutlich kleiner als zeitgenössische Schiffe der großen Marinen. Die damaligen schwedischen Schiffe waren sicher auch keine erstklassigen Schiffe, sondern überwiegend auch kleine "Sparschiffe".

Im Ersten Weltkrieg hat Deutschland massiv von Norwegen (und Dänemark und den Niederlanden) profitiert, da über die neutralen Staaten viel importiert wurde. Die Nazis haben im Zweiten Weltkrieg auf die norwegischen Nazis um Quisling gesetzt und es gab auch im norwegischen Militär Anhänger von Quislings Partei. Durch den Zweiten Weltkrieg hat sich Deutschland in Skandinavien sehr, sehr viel an Sympathie verspielt. Das merkt man übrigens auch gut daran, welche Fremdsprachen wirklich benutzt werden.

Ekki

Gerade beim letzten Absatz bin ich ganz bei Dir

Urs Heßling

#9
moin,

Zitat von: maxim am 09 Dezember 2020, 13:01:06
zu "höflich", haben also erst mal angefragt - und als Reaktion eine Torpedosalve bekommen
Noch ein Exkurs  :embarassed: :x ...  Das wird allerdings in Buschs "Zehn Zerstörer" anders dargestellt.
Demnach schickten die Deutschen einen Parlamentär, der fragte, ob auf Widerstand verzichtet werde, und nach der negativen Antwort das bei der Rückfahrt mit Signalpatrone verkündete.
Erst daraufhin sei die Torpedosalve gefallen.

Zitat von: maxim am 09 Dezember 2020, 13:01:06
Im Ersten Weltkrieg hat Deutschland massiv von Norwegen (und Dänemark und den Niederlanden) profitiert, da über die neutralen Staaten viel importiert wurde.
ein Beispiel: https://en.wikipedia.org/wiki/Sweden_during_World_War_I#Aftermath_of_the_Battle_of_Jutland

Zitat von: maxim am 09 Dezember 2020, 13:01:06
Durch den Zweiten Weltkrieg hat sich Deutschland in Skandinavien sehr, sehr viel an Sympathie verspielt. Das merkt man übrigens auch gut daran, welche Fremdsprachen wirklich benutzt werden.
Du hast recht, aber Englisch war immer #1.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Ekki

Ich habe da irgendwo in den vielen Büchern, die ich leider besitze, auch eines über Narvik. Stark nazi-eingestrahlt, hat mir mein Vater geschenkt. Mal gucken, was da steht, Urs. Immerhin Zeitzeugen....Muss es aber erst einmal finden...  :-D

Teddy Suhren

Hai

In R.K. Lochners "Als das Eis brach" wird das Geschehen zwischen Wilhelm Heidkamp und Eidsfold vor Narvik über mehrere Seiten beschrieben.  --/>/> Im Tenor so wie Urs schreibt. Erst nach negativen Verhandlungen und Ausrichten der Geschütze auf den Zerstörer wurde auf Eidsfold geschossen. Im Buch ist auch eine Gefechtsskizze. S.179ff.
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

maxim

#12
Das zu "höflich" stimmt schon irgendwie in Bezug auf Eidsvold. Die Geschütze von Eidsvold waren auf Heidkamp schon vor dem Aussenden des Parlamentärs ausgerichtet gewesen, aber das Feuer (die Torpedosalve) hat Heidkamp nach der Signalrakete des Parlamentärs eröffnet. Die Gründe, warum Eidsvold nicht selbst das Feuer eröffnete, sind unklar. Niemand von der Brückenbesatzung überlebte. Wahrscheinlich wollten sie nicht den ersten Schuss feuern. Sie hätte schon das Feuer eröffnen können, als die Zerstörer einliefen, also ohne Warnschuss. Eigentlich hatte sie auch den Befehl Widerstand zu leisten.

Norge schoss auch erst einen Warnschuss, später dann eine volle Salve, die aber drüber ging - und dann wurde auch sie torpediert.

Quelle: The German Invasion of Norway von Geirr H Haar.

Ekki

HMNS EIDSVOLD. Soviel Zeit muss sein. Ich bin ab davon noch am suchen...

maxim

Ups, stimmt, das war natürlich Eidsvold.   :-o

Aber "HMNS"? Das ist eine englische Abkürzung (wobei die oft HMNoS ist). Die wurde damals nicht von der norwegischen Marine benutzt. In den Büchern auf norwegisch bzw. von norwegischen Autoren, die ich habe, wird kein Präfix benutzt. "HMS" würde auch auf norwegisch Sinn machen, das findet man sehr selten in Texten über dänische und norwegische Schiffe - und sehr oft über schwedischen Schiffe. Den Präfix P/S (Panserskip) findet man vereinzelt auch für Eidsvold.

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