Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

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Axel Niestle

Zitat von: Schorsch am 17 Juli 2022, 07:12:46

Zitat von: Strandurlauber am 17 Juli 2022, 01:01:28
(...)
Anfang 1939 lief die Serienfertigung der "Freya-Geräte" an und die Borderprobung der "Seetakt-Geräte" wurde fortgesetzt.
Im Sommer des selben Jahres wurden 2 U-Boote (Anmerkung: Weiß jemand welche das waren?) zu Versuchszwecken mit je einem Funkmeßgerät ausgerüstet.
...die Boote, nach denen Du fragst, waren U 39 und U 41.


Dazu sollte man vielleicht anmerken, dass die genannten Boote schiffbaulich dafür vorbereitet waren, aber der Einbau der Geräte m.W. nach nie stattgefunden hat und auch keine diesbezüglichen Versuche durchgeführt worden sind. Eine ausfahrbare druckfeste Spiegelantenne, wie sie für den Einbau nötig gewesen wäre, existierte zu diesem Zeitpunkt offenbar auch noch nicht. Somit handelte es sich bei den U-Bootanlagen mehr um Absichten denn Fakten. Erste fest eingebaute Anlagen kamen erst 1941 zum Einsatz.


Strandurlauber

#91
Zitat von: Axel Niestle am 19 Juli 2022, 09:39:07
...
Dazu sollte man vielleicht anmerken, dass die genannten Boote schiffbaulich dafür vorbereitet waren, aber der Einbau der Geräte m.W. nach nie stattgefunden hat und auch keine diesbezüglichen Versuche durchgeführt worden sind. Eine ausfahrbare druckfeste Spiegelantenne, wie sie für den Einbau nötig gewesen wäre, existierte zu diesem Zeitpunkt offenbar auch noch nicht. Somit handelte es sich bei den U-Bootanlagen mehr um Absichten denn Fakten. Erste fest eingebaute Anlagen kamen erst 1941 zum Einsatz.

Moin,

stimmt, da irrt Gießler. Die beiden Boote (U 39, U 41) hatten  bereits bei Indienststellung taschenförmige Ausbuchtungen am Turmumbau zur Unterbringung der Dete-Geräte aber zum Einbau kam es nicht mehr. SKL-U rechete damit beim Einbau  Reichweiten von 6 - 7 km bei einer Peilgenauigkeit von 2°(200-250 m) zu erreichen.

Gruß
Ulf
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

Strandurlauber

#92
Moin,

Bei Kriegsbeginn, wurden auf Veranlassung von Viezeadmiral Maertens, Chef NWa, alle fertigen Serien- und verfügbare Versuchs-Funkmeßgeräte an der Nordseeküste zum Einsatz gebracht.
Die bei AEG in Auftrag gegebenen Motordrehstände standen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung. Daraufhin wurden in den Werkstätten der NVA Behelfsdrehstände gefertigt und so konnten die wichtigsten Standorte (Helgoland, Borkum und Sylt) in kurzer Zeit jeweils mit einem "Freya" und einem "Seetakt"-Gerät (zur Tieffliegerwarnung) ausgestattet.
Das gesamte Versuchspersonal der NVA und Gema wurden zur Bedienung und Ausbildung eingesetzt.
"Admiral Graf Spee" hatte das erste Versuchsgerät erhalten (FuMG 38G; im Gegensatz zu späteren Geräten mit 60 cm Wellenlänge, Ortung von Seezielen bis 25 km, Seitenpeilung +/- 5°). Dieses war behelfsmäßig in einer Haube über dem Vormars-Drehstand eingebaut und hat sich auch beim Schießen, u.a. gegen Zielschiff "Hessen" bewährt.
Die für die Schiffe vorgesehenen kombinierten E-Meß- und Funkmeß-Drehhauben aus der Bestellung (und Konstruktion) des Artillerie-Waffenamtes sollten nicht vor Anfang 1940  geliefert werden. Daher hat das NWa, die gleichen Behelfsdrehstände auch für die anderen schweren Einheiten vorgesehen und deren Fertigung beschleunigt.
So konnten von November 1939 an "Scharnhorst", "Gneisenau", "Hipper", "Blücher", "Admiral Scheer" und "Lützow" damit ausgerüstet werden.
Die Lieferung der vom AWa ebenfalls in Auftrag gegebenen Drehstände und FuMG für die Zerstörer war so weit zurückgestellt worden, dass NWa die NVA beauftragte, ähnliche Behelfsstände zu konstruieren.
Dabei erfolgte die Drehung des Spiegels anfangs mechanisch, später elektronisch (die Richtung wurde im Bedienraum von einem Kompensator abgelesen).
Damit konnten bis Frühjahr 1941 die Schlachtschiffe, Kreuzer, Zerstörer, Torpedoboote und einige weitere Einheiten wenigstens mit einem Funkmeßgerät ausgestattet werden.
Die Geräte wurden an Bord dem Funkabschnitt zugeteilt, da aber noch keine eigene Laufbahn und Schulen existierten, wurde die Ausbildung des Personals den einzelnen Kommandos überlassen.
Auf "Scharnhorst" wurde durch die Beziehungen Gießler's der Oberfunkmeister durch die Gema eingewiesen.
Die Befehlsübermittlungs-Fernsprecher wurden beim Einbau des Gerätes auf ihr wahlweise auf "Schiffsführung" und "Artillerie" geschaltet. So konnte es entweder der "Schiffsführung" zur Aufklärung, oder der "Artillerie" für den Waffeneinsatz zugeteilt werden.
Die "Seetakt-Geräte" hatten nur eine "Zackenanzeige" (A-scope), Entfernung und Richtung konnten nur am Gerät selber abgelesen werden. Sie wurden per Fernsprecher übermittelt und bei der Artillerie konnten die Entfernungswerte in den "E-Mittler" eingespeist werden.

Die Funkmeßgeräte wurden auf allen Einheiten bei E-Meß- und Schießübungen eingesetzt und auf Kriegsmärschen laufend zur Aufklärung rundum oder sektorenweise genutzt.
Man wollte möglichst schnell Erfahrungen sammeln uns Schwachstellen erkennen bzw. ausmerzen.

Neben weiteren Flugwarngeräten in den besetzten Gebieten, Dänemark, Norwegen und Frankreich, wurden auch Funkmessgeräte für die Fernkampfgeschütze an der Kanalküste vorbereitet, bei denen die Peilgenauigkeit auf +/- 0,5° verbessert wurde und die E-Meßgenauigkeit +/- 100 m betrug.

Gießler versucht dann noch einen Einblick zu geben, wie man  versuchte sich an die technischen Möglichkeiten heranzutasten. Schon  ab November 1939 wurde im KTB der "Scharnhorst" stets vermerkt, ob das damals noch "Dete-Gerät" genannte Funkmeßgerät eingeschaltet, ausgeschaltet oder ausgefallen war.
Letzteres war z.B. im Gefecht mit dem Hilfskreuzer "Rawalpindi" der Fall, Ursache Erschütterungen und Feuchigkeit, eine Reparatur mit Bordmitteln war nicht möglich.
Weitere lehrreiche Erfahrungen machte man während "Weserübung" als "Scharnhorst" und "Gneisenau" am 9. April 1941 morgens, westlich der Lofoten mit Kurs 310° und 12 kn fuhren. Nach Osten war der Himmel klar  im Westen hingen tiefe Regenwolken. Während der Navigationsoffizier ein Sternenbesteck zu nehmen versuchte, kam gerade noch rechtzeitig über Ultrakurzwelle von "Gneisenau" Funkspruch "Alarm", und der N.O. sah wenige Augenblicke später im Spiegel seines Sextanten die Abschlüsse schwerer Geschütze. Es stellte sich heraus, dass das eigene Funkmeßgerät infolge der starken Witterungseinflüsse "verstimmt" war, der Fehler aber schnell beseitigt werden konnte. Im folgenden Gefecht war "Renown" infolge von Schneeböen und aufliegenden Wolken mit optischen Mitteln oft nicht meßbar, so dass es für den Artillerieoffizier von großem Wert war, dann auf das Funkmeßgerät zurückgreifen zu können.
Es war das erste Mal, dass ein Funkmeßgerät einen Gegner bei Nacht rechtzeitig orten konnte und der Verband die Freiheit des Handelns behielt.
Er schreibt weiterhin, das die "Admiral Hipper" während der Norwegenunternehmung April 1940 bei der Einfahrt nach Drontheim mit Erfolg Gebrauch von seinem Funkmeßgerät  machte. Ebenso beim Angriff im Februar 1941 auf einen Geletzug im Atlantik, den er nachts unerkannt umkreist und die Zusammensetzung so genau ermittelte, dass bei Tagesanbruch 7 von 19 Schiffen versenkt und weitere 2 schwer beschädigt wurden.
Auch beim Atlantikunternehmen der beiden Schlachtschiffe von Januar bis März 1941 zeigte sich die Bedeutung der Funkmessgeräte für den Einsatz, als beim ersten Durchbruchversuch südöstlich von Island ein englischer Aufklärungsstreifen von "Scharnhorst" auf 144 hm festgestellt wurde und beide ohne gesichtet worden zu sein ablaufen konnten.
Beim entgültigen Durchbruch durch die Dänemarkstraße konnte dank rechtzeitiger Ortung einem feindlichen Kreuzer oder Hilfskreuzer wiederum unbemerkt ausgewichen werden.
Im Atlantik wurde es dann  Routine, dass beide Schiffe weit auseinandergezogen die Geleitzüge auf den vermuteten Wegen suchten und bei Nacht wieder zusammenschlossen.
Das Aufeinanderzulaufen erfolgte bei völliger Dunkelheit nur mit Hilfe von Funkmeß. Sobald der übliche Abstand erreicht war, drehte das Flaggschiff auf den befohlen Kurs, "Scharnhorst setzte sich nur mit Funkmeß dahinter.
Dieses Manöver soll mit hoher Fahrt völlig sicher ausgeführt worden sein.
Im Verlauf der Unternehmung wurde auch ein abgeblendet fahrendes Handelsschiff auf 200 hm mit Funkmeß aufgefasst und darauf zugehalten, bis es bei 2000 m abdrehen und funkte, worauf es mit Scheinwerfern und unter Feuer genommen wurde.
Im KTB und sonstigen Berichten über diese von Vizeadmiral Lütjens geführte Operation, ist der umfassende Einsatz der Funkmessgeräte  mehrfach hervorgehoben worden.
Auch wenn der Wert der Funkmeßgeräte erkannt wurde findet sich lt. Gießler aber in allen Befehlen und Weisungen der SKL und Marine-Gruppenkommandos bis zur "Rheinübung" nicht ein Wort oder ein Hinweis zu der durch Funkmeßgeräte erheblich geänderte taktische Lage.
Bis dahin gab es zwar noch keinen Anhalt, dass die Briten ähnliche Geräte besaßen, aber da der Stand der Hochfrequenztechnik dort auf vergleichbarem Level war, musste damit gerechnet werden, dass diese auch solche Geräte zum Einsatz bringen würden.
Auf "Scharnhorst" wurde bei jedem Zusammentreffen mit britischen Seestreitkräften darauf geachtet, ob ähnliche Gebilde wie die eigenen "Matratzen" zu erkennen waren.


Gruß
Ulf
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

Leopard2A6EX

Vielen Dank Ulf!

Mich würde besonders noch der FunkmessEinsatz während Rheinübung direkt interessieren. Gibt es dazu Berichte/KTB's wie insbesondere Bismarck geschossen hat? Dänemark Straße, Zerstörer Nacht, Endkampf.

Mr. Saxton behauptet dass Bismarck beide vorderen FuMO's vor Dänemark Straße verlor und beide zum Abend 24.5 wieder klar hatte. PE mittelte zw Optisch & Funkmess. Bismarck schoss per Funkmess gegen die nachts angreifenden Zerstörer ziemlich genau. Der Freiherr erwähnt glaub ich in seinem Buch nur einmal Funkmess - im Endkampf als Ergänzung Optisch.

Was ist da dran? Gruß Frank

olpe

#94
Hallo,
Zitat von: Leopard2A6EX am 14 Juli 2022, 23:55:13
Was genau ist eine Messkette? Taucht in dem Buch häufig auf der Begriff - erschließt sich mir aber nicht so recht.
...ich habe mir noch mal die Messkette vorgenommen, zumal man in der Literatur und in web-Texten ab und an auf diesen Begriff stößt. Wie in den vorherigen posts bereits beschrieben, dient die Kette zum Verbessern der Entfernungsermittlung (fein). Im Vergleich zum heutigen modernen Verständnis dieses Begriffes ist die Messkette bei den alten Funkmessanlagen - speziell der Firma GEMA - ein einzelnes Gerät. Je nach Anlagentyp, Entwicklungsstand und Integrationsgrad - versehen mit den Kürzeln ,,O" oder ,,OK".
Unten eine Beschreibung der Kette nach meinen Recherchen, meinem Verständnis und mit meinen Worten – in der Zeitform Präsens.

Was ist die Messkette?
Technisch stellt die Messkette mehrere zu- und abschaltbare kalibrierte Phasenschieber dar, die mit definierten Reichweitenschritten und drei mechanischen Zählwerken die Zielentfernung anzeigen. Die elektrischen Hauptkomponenten bestehen aus Verzögerungs- bzw. Laufzeitelementen mit LC-Gliedern – also Induktivitäten und Kapazitäten in Form von Ringkernspulen, Kondensatoren sowie entsprechenden Keramiktrimmern (zur internen Feinabstimmung). Durch die Wahl von LC-Gliedern an Stelle von RC (mit ohmschen Widerständen) arbeitet die Kette weitgehend frequenzunabhängig und mit einer recht konstanten Ausgangsspannung (nach GEMA). Die Messkette als gesondertes Gerät ,,O" (bei ,,Freya") bzw. ,,OK" (bei ,,Seetakt", ,,Mammut" und ,,Wassermann") wurde zwischen dem Oszillator, also dem Schwingungserzeuger für die Tast- bzw. Impulsfolgefrequenz (,,Summer" oder ,,Tongenerator" für z.B. 500, 1000 oder 2000 Hz) und dem Ablenkverstärker der Horizontalplatten der Kathodenstrahlröhre gesetzt. Die Kopplung der verschiedenen LC-Glieder und der mechanischen Zählwerke erfolgt durch Stufen- und Nockenschalter, teils mit Malteserkreuzverzögerung (ähnlich einem alten Kinoapparat).

Blockschaltbild (,,DeTe"-Gerät), die Messkette befindet sich unten links (eingebetteter Link: cdvandt.org)


Was bewirkt die Messkette?
Die Messkette ist Teil der optischen Anzeigen im Funkmessgerät, speziell des s.g. E-Rohres (Entfernungsmessrohr (fein) mit Kathodenstrahl- bzw. Braunscher Röhre und Horizontalauslenkung, engl.: A-scope). Weitere Schirme sind u.a. das Grob-Übersichtsrohr und das Fein-Übersichtsrohr.

Das E-Rohr zeigt einen Ausschnitt des Gesamtentfernungsbereiches (z.B. 0-200 km). Mittels einer variablen Zeitverzögerung durch Phasenschieber wird der Start- und Endzeitpunkt der Horizontalauslenkung gegenüber dem Sendeimpuls festgelegt – Ausschnittsbreite ca. 60 km – ähnlich einer Lupe (Anm.: dieser Vorgang findet m.E. im Ablenkverstärker statt). Mittig im E-Rohr ist eine extern eingeblendete Lichtmarkierung sichtbar (senkrechter Strich, siehe Bild 3 unten; AEG-Patent Nr. 891 577).

Nach der ,,Nullung" (siehe weiter unten) kann mit der Messkette der Ausschnitt für die eigentliche Messung in Intervallen von 0,05 km, also 50m, über die Lichtmarkierung verschoben werden. Dabei werden verschiedene LC-Glieder zusammengeschaltet oder getrennt (B-, C-, D- und E-Glied der Kette). Mit den einzelnen Schaltstufen überstreicht der Bediener unterschiedliche Entfernungsbereiche. Jede der o.g. Glieder wird mittels Stufen- und Nockenschaltern sowie Schleifern zu- oder ab-, aber auch zusammengeschaltet. Gleichzeitig werden die mechanischen Zählwerke angetrieben, die die genaue Entfernung an Skalen anzeigen.

  • das B-Glied enthält 19 Kettenglieder (Schaltstufen) für Entfernungen von 0 bis 0,95km
  • das C-Glied enthält 5 Kettenglieder für Entfernungen von 1 bis 9,95 km (B und C zusammen)
  • das D-Glied enthält 9 Kettenglieder von 10 bis 99,95 km (B, C und D zusammen)
  • das E-Glied enthält 2 Kettenglieder von 100 bis 199,95 km (B, C, D und E zusammen)
--/>/> klick (hier das gesamte Schaltbild vom ,,OK")


Wie wird die Messkette bedient?
Vor der Messung ist eine Nullung bzw. Justierung notwendig. Hierbei wird der Tast- bzw. Startimpuls (Sendezacken) so lange mittels Verzögerungs- bzw. Phasenschieberschaltung verschoben, bis er in der Mitte des Schirms liegt (u.a. unter Zuhilfenahme einer Nulltaste in der Messkette bei Gerät ,,O"). Deckt sich der Sendezacken mit der Lichtmarkierung und stehen die drei Skalen in der Ausgangstellung, ist die Nullung erfolgt.

Die ungefähren Zieldaten werden vom Grob-Übersichtsrohr geholt. Eine Zielerkennung ist dabei sehr von den Erfahrungen und Ausbildung der Bedienmannschaft abhängig. Danach wird mit der Messkette der (ausgewählte) Zielzacken im E-Rohr soweit verschoben, bis dieser sich mit der Lichtmarkierung deckt. Zeitgleich dreht die Mechanik die Entfernungsskalen auf den entsprechenden Entfernungswert. Die Bediener brauchen hierfür nur ein Stellrad zu drehen, um sowohl die Elektrik der Messkette, die Mechanik der Zählwerke (samt Übertrag) als auch die Bereichsumschaltung zu bewerkstelligen.


Vollständiges Bild: draufklicken (eingebetteter Link: cdvandt.org)


Der hohe technische Aufwand der Messkette und deren Integration in das System der Funkmessanlage ist dem Anspruch geschuldet, mittels elektronischer Zielanzeige eine sehr genaue mechanische bzw. elektromechanische Entfernungsablesung unter breiten Einsatz- und Betriebsbedingungen zu gewährleisten. Hintergrund ist die Ablehnung der Kriegsmarine gegenüber der GEMA gewesen, Braunsche Röhren als Messgeräte zu verwenden – bereits vor dem WKII ... für Anzeigen ja (da konnte sich die GEMA peu-á-peu durchsetzen), für Messungen nein. Andere deutsche Hersteller von Funkortungsgeräten (Lorenz, Telefunken, AEG, Siemens) brauchten für ihre Anlagen diesen ,,Umweg" nicht zu gehen ...

Verlinkte Bilder: horst-beck-collection.com
--/>/> klick (Das Gerät ,,OK", die Messkette)
--/>/> klick (die geöffnete linke Seite des Gerätes. Gut zu erkennen die Ringkernspulen, die Kondensatoren und die Keramiktrimmer)
--/>/> klick (die rechte Seite. Hier eine ähnliche Dichte an Bauelementen)

Unten weitere Bilder:
Bild 1: die Messkette (Ausriss aus pdf-Datei ,,TME 11-219 Allied report of April 1945 on German Radar", Q: cdvandt.org)
Bild 2: der Messvorgang (Ausriss aus pdf-Datei: DV-291 ,,Funkmessgerätekunde" OKM, Q: cdvandt.org)
Bild 3: Beispiel der Lichtmarke. Sie wird mittels einer Soffittenlampe und Spaltblende von Aussen (von oben) auf das Schirminnere projiziert (Q: cvandt.org)

Soweit für den Moment. Ich hoffe, ich konnte etwas zum Verständnis dieses Systems beitragen.

Grüsse
OLPE

Spee

Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Leopard2A6EX

Hallo Olpe - sensationell! Danke dir vielmals - obwohl ich natürlich nur die Hälfte verstehe. Muss mir das mehrmals durchlesen. Sehe zum ersten Mal Teile dieser Systeme.

Kann man grob zusammen fassen: die deutschen Geräte waren schon relativ leistungsfähig aber alles stieg oder fiel mit dem eingeschifften bzw ausgebildeten Bordpersonal dafür?

Im GEMAbuch steht dass es zT beträchtliche Ausbildungsrückstände gab und erst nach und nach Bordpersonal (aus dem Funkbereich glaub ich) dafür antrainiert wurde.

Dann noch die individuellen Präferenzen der Schiffskommandaten - Funkmess nutzen oder lieber aus bzw nur sporadisch zwecks unsichtbar bleiben.

Und die Geheimhaltung vereinfachte das Ganze auch nicht grad wenn richtig in Erinnerung.

Big A

 top :MG:

Klasse - das kapiere sogar ich :MG:

Danke, Olaf

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Big A

ZitatDann noch die individuellen Präferenzen der Schiffskommandaten - Funkmess nutzen oder lieber aus bzw nur sporadisch zwecks unsichtbar bleiben.

Dafür gibt es auch in anderen Marinen (leider) viele Beispiele.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

t-geronimo

Spielt in der gleichen Liga wie einst Ufos Beitrag zum Thema Panzerung. Ganz vielen Dank, auch wenn ich es mir vorsichtshalber gleich nochmal durchlesen werde.  :TU:)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Schorsch

Hallo olpe!

Danke für die Zusammenfassung des Funktionsprinzips der Messkette. Leider sind Dir ein paar Schreibfehler in der Liste zu den verschiedenen Gliedern der Messkette unterlaufen, die vielleicht korrigiert werden sollten.

Zitat von: olpe am 29 August 2022, 20:43:15
(...)

  • das B-Glied enthält 19 Kettenglieder (Schaltstufen) für Entfernungen von 0 bis 0,95 km
  • das C-Glied enthält 5 Kettenglieder für Entfernungen von 1 bis 9,95 km (B und C zusammen)
  • das D-Glied enthält 9 Kettenglieder von 10 bis 99,95 km (B, C und D zusammen)
  • das E-Glied enthält 2 Kettenglieder von 100 bis 199,95 km (B, C, D und E zusammen)
(...)

Insgesamt aber ganz großes Kino! top

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Thoddy

#101
Danke

Was vielleicht noch "wichtig" ist

Die mit Messkette erreichbare Ablesegenauigkeit ist unabhängig von der Entfernung immer gleich hoch.

Voraussetzung für dieses Gerät ist eine sehr hohe Signalqualität des gesendeten/zurückgeworfenen Impulses; die nur mit den TS... Trioden erreichbar war.

Magnetrons im Vergleich dazu  haben eine "schlechte" Signalqualität - mit denen sind Phasenverschiebung als auch Phasenänderung(Doppler effekt) nicht bzw nicht gut messbar. und es muss auf andere Verfahren zur Zeitmessung zurückgegriffen werden.

Der Dopplereffekt kann z.B. auch dazu genutzt werden um bestimmte Störsignale auszufiltern oder die Geschwindigkeit des Zieles in Bezug auf das Messgerät direkt zu messen.

Das ausgesendete Signal ist ein streng dreieckiges Signal. Die Entfernung wird am Maximum genommen. Signale von 2 naheliegenden Zielen können daher ineinanderlaufen, ohne das sie "ineinander Verschmelzen". Ungeachtetet  bestehen Problem mit mehreren "individuellen Sprungstellen", da ein Schiff in der Regel kein einzelnes Echo produziert, sondern aus einer Vielzahl individueller Reflexionsflächen besteht, die sich bei Winkelveränderung in der individuellen Signalstärke stark verändern können.

Probleme stellen ebenfalls die verhältnismäßig geringe Leistung des individuellen Impulses als auch die verhältnismäßig große Wellenlänge, die eine breite Auffächerung (~5°) bei normalen Antennengrößen bewirkt, dar.


Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

olpe

Hallo Schorsch,
Zitat von: Schorsch am 30 August 2022, 07:56:42
Leider sind Dir ein paar Schreibfehler in der Liste zu den verschiedenen Gliedern der Messkette unterlaufen, die vielleicht korrigiert werden sollten.
... klar, B- und C-Glieder sind zusammengeschaltet, sind dann 10 ... Danke für den Hinweis ... unten korrigiert ... :-) ...

Grüsse
OLPE

Leopard2A6EX

Kann man denn aufgrund der neuesten "Aktualisierungen" schon Schlüsse ziehen bezüglich der artilleristischen Tauglichkeit der dt. FuMO's?

Laut GEMA wurden alle Seetakt ab Anfang '41 mit dem Feinpeilzusatz ausgerüstet - ungefordert von der Marine noch zu dieser Zeit. Thoddy hat Schaltbild davon sowie eines Aufschlagmessgerätes gezeigt.

In Freiburg scheinen die meisten diesbezüglichen Unterlagen undigitalisiert. Die Frage ist - hat sich da vor Ort schonmal jemand drin vergraben?

In den KTB's die ich zuletzt durchwälzt habe wird stets die Unverzichtbarkeit erwähnt und auch zT artilleristischer Gebrauch - meist aber undefiniert. Die beiden direkten Beschreibungen: Hipper gegen Glowworm 1940 optisch - ohne Sicht per EM2. Scharnhorst Anfang 1941 - EM2 wunderbar aber direkte Schusswerte SA in der Peilung zu ungenau.

Hab so ein Bauchgefühl dass die Geräte schon blindfeuerfähig waren aber die Bedienung extrem komplex und aufwendig. Viele Sachen mussten manuell eingestellt/eingeregelt/ausgewertet werden was bei Nachkriegs- oder alliierten Modellen evtl automatisiert war. Dazu der Ausbildungsrückstand - wirkliche "Spezialisten" die die kompletten Fähigkeiten der Systeme ausnutzen konnten waren rar..

Was sagt ihr dazu?

olpe

Hallo,
Zitat von: Leopard2A6EX am 29 August 2022, 22:10:01
Kann man grob zusammen fassen: die deutschen Geräte waren schon relativ leistungsfähig aber alles stieg oder fiel mit dem eingeschifften bzw ausgebildeten Bordpersonal dafür?
... dem kann man durchaus zustimmen ... die technischen Finessen der Geräte und die Verfahren (für Marine und Luftwaffe) konnten sich schon sehen lassen. Allerdings hakte man sich in der Phase von 1934 bis ca. 1943 im Meter- und Dezimeterbereich bei Frequenzen von 125 MHz (2,3 m) bis knapp 600 MHz (50 cm) fest. Zielgerichtete und nachhaltige Forschung und Entwicklung höherer Frequenzen bzw. niedrigerer Wellenbereiche (> 1 GHz, < 30 cm) unterblieben durch die zivilen und militärischen Stellen. Da wachte man erst mit dem Fund des ,,Rotterdam"-Gerätes (,,H2S" mit Resonanz-Hohlraummagnetron) auf ...

--/>/> klick (Inhaltsverzeichnis der Sitzungsprotokolle Arbeitsgemeinschaft ,,Rotterdam", initiiert von General Martini 1943)

Ohne gründlich ausgebildetes Personal in Sachen Bedienung, Wartung/Justage, Reparatur, Logistik funktioniert ein technisch hochentwickeltes System nicht bzw. nicht ausreichend effizient und optimal ... egal ob an Bord oder an Land ...

Zitat von: Leopard2A6EX am 29 August 2022, 22:10:01
Und die Geheimhaltung vereinfachte das Ganze auch nicht grad wenn richtig in Erinnerung.
... nun, das ist nicht unnormal. Sowohl in den Geschäftsbeziehungen der Hersteller von Funkmesstechnik zu den Marine- und Luftwaffendienststellen als auch zwischen den Herstellern untereinander und den Instituten kamen die Geheimhaltungsforderungen deutlich zum Tragen. Im GEMA-Buch klagen die beiden Protagonisten und Gesellschafter Paul-Günter Erbslöh und Hans-Karl Freiherr von Willisen nicht nur einmal über diese Einschränkungen ...
Und innerhalb der Marine bzw. Luftwaffe war das Thema Geheimhaltung für das Militärpersonal sicher noch deutlich schärfer ...

Soweit.
Grüsse
OLPE

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