Dr. Benjamin Miertzschke "Deutsche Marinepolitik im Ersten Weltkrieg"

Begonnen von mhorgran, 30 Juni 2025, 20:58:26

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beck.Schulte

...so weit ich es sehe (müsste nachlesen) sind Tuchman und Massie milde ausgedrückt "Entente-freundlich" und ohne Interesse am deutschen Standpunkt. Aber, ich bin ja was dies hier abgehandelte Thema angeht, der totale Laie. Bei dem, was ich mir so über die Jahrzehnte ,,an geforscht" habe  halte ich die These der ,,Mitschuld der deutschen Flottenrüstung am Weltkriege" doch für sehr fraglich und vorgeschoben. Aber wie gesagt, ich bin ein Laie.  8-)

mhorgran

Man könnte ja noch Wolfgang Effenberger und Helmut Roewer in die Autorenliste aufnehmen. Da gehts aber weniger um die Marine sondern (wie hier grad Thema ist) Politik und (Roewer) auch Geheimdienste.

maxim

Zitat von: beck.Schulte am 17 August 2025, 17:15:12Aber, ich bin ja was dies hier abgehandelte Thema angeht, der totale Laie. Bei dem, was ich mir so über die Jahrzehnte ,,an geforscht" habe  halte ich die These der ,,Mitschuld der deutschen Flottenrüstung am Weltkriege" doch für sehr fraglich und vorgeschoben.

Tja. Meine Aussage war aber eigentlich:
Zitat von: maximDer Hauptunterschied zwischen 1898 und 1914 in Bezug auf Frankreich und Russland war, dass sie 1914 mit Großbritannien verbündet waren - während 1898 Großbritannien selbst gewählt ohne jede Bündnispartner war. 1898 schien ein Bündnis von Großbritannien mit Frankreich und Russland vollkommen unwahrscheinlich. 1914 war es Realität. Und dazu hatte Tirpitz-Flottenplan beigetragen.
Da geht es um die Bündnissysteme - und nicht um die Frage der Schuld am Ersten Weltkrieg! Ich hatte hier die Bündnissysteme zum Zeitpunkt des ersten Flottengesetz mit dem Zustand vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs verglichen! Warum? Weil die geänderte Bündnisstruktur es sehr viel unwahrscheinlicher gemacht hat, dass Tirpitz Plan, Großbritannien daran zu hindern sich an einem Krieg gegen Deutschland zu beteiligen, funktionieren würde. 

Meine Aussage war, dass der Plan von Tirpitz, zu diesen Bündnissystem beigetragen hat. Und beigetragen bedeutet, dass es ein Element unter vielen war.

Und die existierende Bündnisstruktur war wiederum ein Element unter vielen, die dazu beigetragen hat, dass sich Großbritannien entschieden hat sich am Ersten Weltkrieg zu beteiligen. Und das die britische Entscheidung war wiederum nur ein Element (und kein sehr dominantes), was zum Ausbruch des Ersten Weltkrieg geführt hat (Großbritannien beteiligte sich erst am Krieg, als dieser längst ausgebrochen war). D.h. der Beitrag des Flottenplans von Tirpitz am Ausbruch des Ersten Weltkriegs war schon ziemlich minimal.

Sprotte

In der Sunday Correspondent vom 16.09.1989 heisst es:
"Wind sind 1939 nicht in den Krieg eingetreten, um Deutschland vor Hitler oder die Juden vor Auschwitz oder den Kontinent vor dem Fachismus zu retten. Wie 1914 sind wir für den nicht weniger edlen Grund in den Krieg eingetreten, dass wir eine deutsche Vormachtstellung in Europa nicht akzeptieren können."

Zitiert aus "1939 Der Krieg, der viele Väter hatte" Der lange Anlauf zum Zweiten Weltkrieg von Gerd Schultze-Rhonhofund "Das Ende der Gegenwart" Europa ohne Blöcke von Ferdinand Otto Miksche.
Auch im Orchester des Lebens dringt das Blech am meisten durch.

Matrose71

Zitat von: maxim am Heute um 06:48:48Da geht es um die Bündnissysteme - und nicht um die Frage der Schuld am Ersten Weltkrieg! Ich hatte hier die Bündnissysteme zum Zeitpunkt des ersten Flottengesetz mit dem Zustand vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs verglichen! Warum? Weil die geänderte Bündnisstruktur es sehr viel unwahrscheinlicher gemacht hat, dass Tirpitz Plan, Großbritannien daran zu hindern sich an einem Krieg gegen Deutschland zu beteiligen, funktionieren würde. 

Meine Aussage war, dass der Plan von Tirpitz, zu diesen Bündnissystem beigetragen hat. Und beigetragen bedeutet, dass es ein Element unter vielen war.

Und ich bin überzeugt davon nachdem ich zig Bücher darüber gelesen habe, dass die "Flottenrüstung" 1898-1904-1907 und Tirpitz Risiko Theorie so gut wie gar nichts dazu beigetragen haben.

Das absolut primäre Hauptziel von GB war der Schutz und Absicherung ihrer Kolonien, deshalb als erstes das Bündnis mit Japan, was eindeutig gegen Russland gerichtet war, das man mit seinen imperialistischen Ambitionen als Hauptgefahr für seine Kolonien in Asien sah.
Danach kam wieder hauptsächlich/ausschließlich getrieben durch Kolonialpolitik die Entente Cordiale, wobei GB die politischen Auswirkungen auf das Kaiserreich (Bündnis mit Frankreich) und mögliche Reaktionen aus Berlin vollkommen egal waren.
Nach der Entente Cordiale erfolgte direkt 1905, ein riesiges Aufrüstungsprogram durch Frankreich (Stichwort 80% eines Jahrgangs werden gezogen und an der Waffe ausgebildet)

Danach erfolgte 1907 die Triple Entente wieder ausschließlich mit dem klaren Ziel seine Kolonien abzusichern und hier weitergehend, Russlands imperialistische Ambitionen auf Europa (österreich- Ungarn) und des Osmanischen Reich zu lenken. Eine Einkreisung der Mittelmächte nahm man nicht nur in Kauf man sah sie wohlwollend politisch zweckmäßig.

Dazu kam die Seeschlacht von Tsushima (Auswertung) und der Bau und Indienststellung der Dreadnought und weiterer Schiffe dieser Klasse als auch der Invincible-Klasse und ff.

Ab 1907 mit den politischen Voraussetzungen/Bündnissen war Tirpitz nur noch in einer Fiktion unterwegs, denn jeder andere deutsche Admiral ob A,B, C oder X,Y,Z hätte unter diesen Voraussetzungen ähnliche oder gleiche Schiffe auch in der Anzahl bis Kriegsanfang auf Stapel legen lassen, alleine um die Nord und Ostsee und deren Zugänge zu verteidigen.

Zitat von: maxim am 17 August 2025, 16:53:02@ Urs: ja, mit "Verzicht auf Fähigkeiten für weltweite Operationen" meinte ich auch nicht 100% Aufgabe dieser, sondern eine Reduktion - also den Verzicht auf einen Teil der Fähigkeiten. Ich hatte ja schon erwähnt, dass z.B. der Neubau von Sloops und Kanonenboote eingestellt worden war und bei Kreuzern die Kreuzer, die für die Operationen mit der Flotte in der Nordsee entworfen worden waren (die Spähkreuzer, Arethusa-Klasse, später C-Klassen), Priorität gegenüber denen mit großer Reichweite erhielten (wie den Town-Klassen).

Kannst du uns mal näherbringen, wo du darin einen Verzicht siehst und vor allen dingen wem gegenüber?
USA, Osmanisches Reich, Südafrika?
Wer war denn als Gegner ab 1907, mit dem Bündnis mit Japan, der Entente Cordiale und der Triple Entente überhaupt übrig, um diese Fähigkeiten zu nutzen? Die Frage solltest du dir mal selber beantworten, dann beantwortet sich auch die Frage, warum man sich auf die Nordsee konzentrierte!
Wobei die Invincible-Klasse und Indefatigable-Klasse als weltweit operierende Kreuzer Killer entworfen wurden und nicht um Aufklärung oder in der Linie kämpfen in der Nordsee zu praktizieren! Das gilt auch noch zum Teil für Lion ff.

GB hat sich alleine durch seine Kolonien und deren politische und wirtschaftliche Wichtigkeit und weil es das Kaissereich schon in den 1890er Jahren als wirtschaftlichen Herausforderer/Rivalen sah, gegen das Kaissereich entschieden (Japan, Frankreich, Russland), wie ich es gerade beschrieben habe, da haben die 14 Witzlinienschiffe des Kaiserreiches bis 1904 gar keine Rolle gespielt. Als wenn die Briten nicht sehr genau gewusst hätten das 10 Einheitslinienschiffe mit 24cm Kanonen und 140 Kg Granatgewicht bei 690 m/s Mündungsgeschwindigkeit eher ein Witz sind als gefährliche Einheiten!
Nach Tsushima dürfte das auch den Deutschen sehr klar gewesen sein, das sie 14 Einheiten mit dem Kampfwert nahe 0 in ihrer Flotte hatten ( im Vergleich zu britischen Einheitslinienschiffen), denn auch damals kannte man Formeln, z.B. für kinetische Energie und konnte einen Rechenschieber bedienen!

Viele Grüße

Carsten

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