Dr. Benjamin Miertzschke "Deutsche Marinepolitik im Ersten Weltkrieg"

Begonnen von mhorgran, 30 Juni 2025, 20:58:26

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wirbelwind

Moin,

kleiner Einwurf als Landratte an die Disputierenden. Wie wäre es denn, sich das Buch einfach einmal auszuleihen und Entsprechendes nachzulesen, bevor der Ton noch rauher wird. Es ist ja nicht zu bestreiten, dass Autoren unbewiesene oder falsche Behauptungen übernahmen, ohne nachzurecherchieren. Nur allen per se zu unterstellen, geht in meinen Augen ein wenig in die falsche Richtung. Vielleicht äußert sich ja der User B.M. selbst nochmal. Nichts gegen eine sachliche Dikussion, solange sie nicht ausartet und dann verletzend wirkt.Da kann es durchaus konträre Positionen geben. Allein die nachweisbaren Fakten zählen zum Schluss.Die müssen dann aber auch kommen.

MfG Wirbelwind

Big A

Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

mhorgran

Zitat von: wirbelwind am 14 August 2025, 08:50:48Moin,

kleiner Einwurf als Landratte an die Disputierenden. Wie wäre es denn, sich das Buch einfach einmal auszuleihen und Entsprechendes nachzulesen, bevor der Ton noch rauher wird. Es ist ja nicht zu bestreiten, dass Autoren unbewiesene oder falsche Behauptungen übernahmen, ohne nachzurecherchieren. Nur allen per se zu unterstellen, geht in meinen Augen ein wenig in die falsche Richtung. Vielleicht äußert sich ja der User B.M. selbst nochmal. Nichts gegen eine sachliche Dikussion, solange sie nicht ausartet und dann verletzend wirkt.Da kann es durchaus konträre Positionen geben. Allein die nachweisbaren Fakten zählen zum Schluss.Die müssen dann aber auch kommen.

MfG Wirbelwind
Nun, ich kenne Hr.Dr.Miertzschke nicht. Ja, ich bin da inzwischen grundsätzlich mißtrauisch.

ZitatAllein die nachweisbaren Fakten zählen zum Schluss.
Absolut ja.

B.M.

Liebe Forenmitglieder,

es freut mich, dass mein Beitrag auf eine so rege Resonanz gestoßen ist. Ich möchte daher die weiteren Fragen beantworten und noch hinzufügen, dass ich eine kritische Betrachtung, solange sie mit fundiertem Wissen untermauert wird (und jeder hat ja hier, wie ich es sehe, für seinen Standpunkt gute Argumente), sehr zu schätzen weiß.

@TW: Die genannte Passage, in den 1930er Jahren in der Flottenstärke mit Großbritannien gleichzuziehen, ist mir zumindest indirekt aus der Literatur bekannt. Ich werde die Stelle nochmal raussuchen, um zu schauen, auf welche Dokumente hierbei genau Bezug genommen wird.
Ich glaube, Tirpitz war in den letzten Jahren vor dem Weltkrieg so darum besorgt, überhaupt die 2/3-Flotte mit ,,Dreiertempo" umsetzen zu können, dass er an ein Weiterbauen zu dieser Zeit nicht konkret denken konnte. Die Hoffnung darauf hat ihn aber, wie dann die Dokumente aus dem Weltkrieg belegen, offenbar niemals verlassen.

@mhorgran: Mir ging es lediglich darum, dass dieser plakative Begriff, an dem sich hier so die Gemüter erhitzt haben, von mir nicht gebraucht wurde. Dass es freilich bei einem Rüstungswettlauf darum geht, wer von beiden den längeren Atem hat, da haben Sie natürlich vollkommen recht. Im Übrigen sehe ich es genau so wie Sie, dass die Hochseeflotte Stand 1914 aufgrund ihrer technischen Limitationen keine Bedrohung für Großbritannien darstellen konnte, das industrielle und technologische Potenzial eines nach Seemacht streben Deutschlands aber sehr wohl. Nun zur Frage der Parität in der Flottenstärke. Bezüglich der Zeit um 1900 gibt es dazu Hinweise im Buch von Berghahn: Der Tirpitz-Plan, hier insb. S. 206-207 und 508-511. Im Allgemeinen hat Tirpitz sich, wohlwissend auf welchem gefährlichen Pfad er sich hier außenpolitisch bewegte, zumindest in schriftlichen Quellen bis 1914 über die Fernziele seines Plans leider sehr bedeckt gehalten. In meinem Buch präsentiere ich allerdings etliche Aussagen von Tirpitz und seinen unmittelbaren Mitarbeiten (aus dem Tirpitz-Nachlass und den RMA-Akten), in denen (während des Krieges!) unmissverständlich erklärt wird, dass die Parität mit Großbritannien immer das eigentliche Ziel gewesen sei.

Noch zum zweiten Post: Die beiden Aussagen schließen sich keineswegs aus, da 1) bei guter geschichtswissenschaftlicher Arbeitsweise Quellendarstellung und Interpretation so getrennt werden sollten, dass der Leser sich auch ein eigenes Urteil bilden kann und 2) die Originalquellen die offensive Intention hinter dem Flottenbau m.E. ohnehin eindeutig belegen. So hat Tirpitz z.B. bei den von ihm nach dem Krieg veröffentlichten Akteneditionen (,,Politische Dokumente") einige Dokumente gezielt verfälscht. Im Original steht dort z. B. ,,gleich starke Flotte", in der Edition aber nur ,,Risikoflotte", wodurch die Aussage der Quelle gleich eine ganz andere wird.

@maxim: Sehr richtig, die weltpolitische Konstellation war Ende der 1890er Jahre noch eine andere, Großbritannien (freiwillig) isoliert usw.


Mir scheint, dass es vor allem die Frage um das eigentliche Endziel des Tirpitz-Plans ist, welche auch heute noch polarisiert. Ich plane zur Zeit einen Artikel, der sich mit diesem Aspekt und den zugehörigen Quellen noch einmal konzentriert auseinandersetzt. Ich würde dann ggf. auch hier Mitteilung machen, wann und wo dieser erscheint.

Violoncello

Hallo zusammen,

darf ich mir die Frage erlauben, warum das schöne Thema, in dem es um den Hinweis auf ein Buch und die Frage geht, wer es schon gelesen hat und etwas zu dem Inhalt ausführen kann, so zerschossen wird?

Zu Beginn gab es nur Einlassungen, die zum Teil diffamierend waren, so dass es durch den Administrator geschlossen wurde (#22), dann hat sich dankenswerter Weise der Autor zu seinem Buch geäußert und zur Beantwortung von Fragen bereiterklärt (#24), doch es gab nur eine Frage von TW (#26) und danach nur noch unsubstantiierte Behauptungen. Es wäre schön, wenn dieser Diskurs unter einem eigenen Thema weitergeführt würde. Eine Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen des Autors vermag ich zumindest nicht erkennen. Diese würde m.E. zumindest beinhalten, die Ausführungen des Autors und die Quellen, auf die sie sich stützen, zu würdigen. Dabei mag man ja auch zu anderen Urteilen kommen.

Mit besten Grüßen

Violoncello

 

t-geronimo

Allgemeiner Tirpitz-Kram inklusive aller noch so komischen Theorien darf hier weiter verbreitet werden:
--/>/> https://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=42057.0

Natürlich gilt auch dort die Netiquette, d.h. persönliche Angriffe haben absolut zu unterbleiben. Mittlerweile bewegen sich ein oder zwei Personen am Rande des Ausschlusses aus dem Forum weil ich nach etlichen Ermahnungen keinerlei Lust mehr auf den ganzen persönlich werdenden Hickhack habe.


An dieser Stelle findet NUR NOCH die Besprechung von Dr. Miertzschkes Dissertation statt und ich erwarte von jedem Teilnehmer dass er als allererstes bekennt dass er die Dissertation gelesen hat.
Alle anderen Beiträge werde ich kommentarlos löschen da sie dann nicht hier hin gehören.

Ich habe echt keine Lust mehr auf dieses Kindergarten-Niveau!!!
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

wirbelwind

Moin,

verfolge die Diskussion um Tirpitz und die Dissertation von Dr. B. Miertzschke interessehalber hier im Forum und muss mich zum Umgangston nochmal melden. Ich kann Thorsten und die anderen User sehr gut verstehen, die sich eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wünschen und für erforderlich halten. Nur so lässt sich ein Erkenntnisgewinn für die anderen Forumisten generieren. Ich bin erschreckt, wie teilweise miteinander umgegangen wird. In einer sachlichen Diskussion können die Standpunkte durchaus konträr sein, sofern die mitgelieferten Fakten es hergeben, doch der Ton muss umgänglich dabei bleiben. Herabwürdigungen haben da nichts zu suchen, sonst verkommt der Diskurs und das Forum verliert an Qualität.

Mit nachdenklichen Grüßen Wirbelwind

Hägar

In Erweiterung des Kommentars von Dirk Nottelmann mag hingewiesen sein auf die Rezension von S.Rojek, Stuttgart, in: H/Soz/Kult, reb-152133, 13.8.2025.

Gruß - Hägar

Violoncello

Hallo Hägar,

danke für die aufschlussreiche Rezension.

Markus (L), sofern die im August begonnene Lektüre des Buchs (siehe Tirpitz-Theorien #93) inzwischen abgeschlossen sein sollte, wären weitere Hinweise schön.

Viele Grüße

Violoncello

MarkusL

Hallo,
Lektüre noch nicht abgeschlossen.
Bin aber am Wochenende bis zur S. 206 gekommen.
Insgesamt sehr fesselnd und facettenreich. Insbesondere der AHA-Effekt, dass die Flotte gar keine Hochsee-, sondern eigentlich nur eine Nord-/Ostseeflotte ist. Tirpitz hat die ganze Flotte "verkonstruiert". Dazu taktische Lehren, z.B. weit verteilter Handelskrieg mit (Hilfs-) Kreuzern wäre erfolgversprechend gewesen. Ebenso die für Ozeankriegführung mit den Großen Kreuzern praktisch ungeeignete Kohlefeuerung. Gleichzeitig aber die mangelnde Erdölbasis für die Umstellung auf Ölfeuerung. Dazu Anfälle von imperialistischer Großzügigkeit, Malta an Italien, Gibraltar zurück an Spanien.
Insgesamt erkennbare Frustration, dass die Flotte praktisch keine Beitrag zum Sieg leisten kann.
Über dem Ubootkrieg die Forderung der USA, Seekrieg nach Prisenordnung, als Hemmschuh. Eventuell sogar nicht unberechtigt, um Heer- und Heereswirtschaft nicht noch diesen Gegner an den Hals zu bringen.
Als kleiner Schwenk in die zeitgenössische Literatur noch die Einstellung von Marine-Rundschau und Nauticus durch das RMA.
Freue mich schon auf die zweite Hälfte, hoffentlich am nächsten Wochenende.
Sehr gefreut hat mich auch die ausdrückliche Danksagung an Jan Warßischek in Freiburg. Das umfangreiche Quellenverzeichnis macht Lust auf mehr Lektüre zum Thema.
Soviel als kleiner "Zwischenstand".
Gruß
Markus

Violoncello

Hallo Markus,

vielen Dank für den komprimierten "Zwischenstand" und natürlich für die wichtige Feststellung im vorletzten Satz!

Mit besten Grüßen

Violoncello 

Urs Heßling

moin, Thorsten,

Zitat von: t-geronimo am 24 August 2025, 04:12:50ich erwarte von jedem Teilnehmer dass er als allererstes bekennt dass er die Dissertation gelesen hat.
ich bekenne, daß ... nein

dennoch drei Fragen an Markus bezüglich seines eingestellten Textes :TU:)
Zitat von: MarkusL am 29 September 2025, 18:55:10Dazu taktische Lehren, z.B. weit verteilter Handelskrieg mit (Hilfs-) Kreuzern wäre erfolgversprechend gewesen.
auch die, daß die ursprünglich dafür vorgesehenen Schnelldampfer wegen des hohen Kohlenverbrauchs eher ungeeignet waren ?

Zitat von: MarkusL am 29 September 2025, 18:55:10Ebenso die für Ozeankriegführung mit den Großen Kreuzern praktisch ungeeignete Kohlefeuerung.
war die überhaupt vorgesehen ?  waren die GrKr nicht eher schwer bewaffnete Aufklärer der Hochseeflotte ?

Zitat von: MarkusL am 29 September 2025, 18:55:10Dazu taktische Lehren, z.B. weit verteilter Handelskrieg mit (Hilfs-) Kreuzern wäre erfolgversprechend gewesen. Ebenso die für Ozeankriegführung mit den Großen Kreuzern praktisch ungeeignete Kohlefeuerung.
Wesentlich für beide war die umfangreiche und gut organisierte "Etappe" mit vielen und gut platzierten Kohlen-Dampfern - wird die erwähnt ?


Zitat von: MarkusL am 29 September 2025, 18:55:10Sehr gefreut hat mich auch die ausdrückliche Danksagung an Jan Warßischek in Freiburg.
wirklich verdient top

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

MarkusL

Hallo Urs,
beginnend mit der "Etappe" die im Schwerpunkt über ihre Defizite erwähnt wird, insbesondere Empfindlichkeit gegen Feindeinwirkung, Umständlichkeit der Bekohlungsvorgänge plus Kapazitätsgrenzen.
Dies auch als praktischer Scheiterpunkt der Überlegung, die Großen Kreuzer, in der Tat quasi mit Paradigmenwechsel, auf Handelskrieg in den Nordatlantik zu schicken.
Das dabei erwähnte technische Detail, Höchstfahrt nur mit gewissem Füllstand der Kohlebunker möglich, war mir bisher nicht bekannt.
Insofern kam Anfang 1916 die Präferenz für einen Linienschiffkreuzer 32.000 t, 10 x 35/38 cm, 27-28sm, Fahrbereich 20.000 sm sowie Auslandskreuzer, 12.000t, 2-4x 21 cm, 28-30 sm, Fahrbereich 14.000 sm, alle mit Ölfeuerung. Diese hätte allerdings dann auch eine ordentliche flotte an 6.000t-Tankern erfordert.
Als späte Einsicht in den "Ideal-" Hilfskreuzer für den Handelskrieg: Kleine Schiffe a la Möve mit großem Radius.
Dies alles im Wechselspiel einer Mischung aus Realismus, Ratlosigkeit, durchaus Auswertung gemachter Erfahrungen sowie des Wunsches S.M. "kämpft mir England zur See nieder aber macht mir meine (moderne Hochsee-) Flotte nicht kaputt.
Viele Passagen haben fast Drehbuchcharakter.
Für mich hochinteressant zwei Zusatzaspekte:
Tatsächlich der Blick auf die Haushaltskompetenz des Reichstages bei knappen regulären Haushaltsmittel außerhalb der Kriegsanleihen. Z. B. die Mogelpackung "Ersatzauslegung", uralte billige "Große Kreuzer" gegen neue, superteure, Große (Schlacht-) Kreuzer.
Schon 1915 "das riesige russische Reich kann nie besiegt werden" als (frustrierte oder realistische) Grundeinsicht.
Allerdings, hatte ich ja schon gespoilert, wurde Russland in Brest-Litowsk dann "zur See" mit Verlust von Nikolajew, Reval und Sewastopol sowie Ausschaltung von Kronstadt/Petrograd durch Revolution, sowohl Flotte als auch Werften betreffend praktisch besiegt.
Soviel in Kürze, für mich sehr spannend und viele neue Aspekte herausarbeitend. Bis hin zu den Gedanken eines Bündnisfrieden mit Frankreich verbunden mit einem von Belgien über Skandinavien bis auf den Balkan reichenden "Staatenverbund". Natürlich gegen England, natürlich unter deutscher Führung.
Freue mich schon sehr auf die noch ausstehende Restlektüre.
Gruß
Markus


Urs Heßling

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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