Operation Berlin - Fall Ramillies

Begonnen von Huszar, 18 August 2007, 17:03:20

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Huszar

Hallo Leute,

Hab gerade über die Operation Berlin gelesen, und den Fall Ramillies.

Scharnhorst und Gneisenau sichteten ja HX 106, und traten zum Angriff an. Als an Bord der SH erkannt wurde, dass die Ramillies mitfährt, entschied der Kapitän, "nahe" heranzufahren, damit die Ramillies das dt. Schiff erkennt, dann abzulaufen, und das engl. Schlachtschiff vom Geleit wegzuziehen - und somit der GN freie Bahn für die Vernichtung der selben zu geben.

Nach der Sichtmeldung befahl aber Lütjens den Abbruch, und die beiden dt. Schiffe liefen mit hoher Geschwindigkeit ab.

Nun meine Frage (bzw die übliche was-wäre-wenn-Frage):
- Die Geschütze der Scharnhorst hatten ja eine Schussweite von gut 41.000 Meter, die der Ramillies von etwa 20.000 Meter. Theoretisch wäre es also möglich gewesen, dass sich die Scharnhorst in ca. 25.000 Meter die Ramillies praktisch umkreist (Geschwindigkeitsvorsprung von ca. 10 Knoten!), und sie schön zusammenschiesst, ohne das sich dieser wehren kann. In der Zwischenzeit könnte die Gneisenau den Geleitzug aufreiben - oder wenn Bedarf besteht, bei der Versenkung der Ramillies mithelfen.

Meinungen?

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

harold

Wieviele Zerstörer waren zusätzlich als Geleitschutz?

:MZ: Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Huszar

Meines Wissens 0,0 Stück.


Werd aber noch ein wenig goggeln.

mfg

alex
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1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Peter K.

... hier schon ´mal die Zusammensetzung des HX 106 von Siri´s toller Seite:
http://www.warsailors.com/convoys/hx106.html
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Huszar

Geleitschutz:

http://www.naval-history.net/xDKWW2-4101-28JAN02.htm

28.01: BHX 106 aus Bermuda aus mit HSK Maloja
30.01: HX 106 aus Halifax mit Ramillies und Korvette Collingwood
31.01: Collingwood wird entlassen
02.02: die zwei Teile vereinigen sich, Maloja entlassen
10.02: Ramillies entlassen
12.02: Zerstörer BURNHAM, MALCOLM, SALADIN, SARDONYX, SKATE und Korvette LA MALOUINE schliessen sich dem Geleitzug an
14.02: Saladin entlassen
15.02: Burnham und Malcolm entlassen, Korvette Kingcup und U-Jager Northern Pride und Vizalma schliessen sich dem Geleitzug an

insofern stand nur Ramillies am Geleitzug.

mfg

alex
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1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Mario

@Huszar
Dein Gedanke an sich ist nicht verkehrt, aber wie groß ist die Trefferwahrscheinlichkeit bei dieser sehr großen Schussentfernung. Wieviel ihrer Munition müssen die beiden Schwestern verschießen, um die Rammilies ernsthaft zu beschädigen und kampfunfähig zu schiessen ? Wie lange würde dies dauern und was macht der Geleitzug in dieser Zeit ?
Darüberhinaus nehme ich mal an, das die deutschen Kommandanten keine gesicherten Erkenntnisse über die tatsächliche max Reichweite der Briten besaßen. Immerhin war dies ja streng geheim und einige der alten brit. Plätteisen wurden modernisiert.
Ein weiteres Problem für die Deutschen: Wo stehen weitere britische Einheiten. Die Briten könnten möglicherweise Verstärkungen heranführen und die Deutschen in die Zange nehmen.

Huszar

Hallo,

Ich nehme mal stark an, dass zumindest ansatzweise bekannt war, in welcher Grössenordnung die Reichweite sich bewegt - wenn unbedingt, Leistung der Bayern-Kanonen heranziehen (als Schiffe, die etwa gleichaltrig sind). Auf jeden Fall sollte bekannt gewesen sein, dass die Ramillies in den letzten gut 20 Jahren nicht gundsätzlich modernisiert worden ist, sie sich also im Zustand des 1wks befindet.

Wie viele Treffer die Ramillies einstecken müsste? Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ziel der Übung ist ja nicht, die Ramillies auf Tiefe zu schicken, sondern sie vom Geleizug abzuziehen, damit die Gneisenau - die aus der anderen Richtung kam, und nicht gesichtet wurde - die Frachter abschiessen kann. Treffer auf der Ramillies sind ein willkommener Nebeneffekt. Bei relativ guten Sichtverhaltnissen und kaum Dünung sollten 2-3% Treffer drinn sein. Fragt sich nur, wo diese einschlagen  :-D

ZitatEin weiteres Problem für die Deutschen: Wo stehen weitere britische Einheiten. Die Briten könnten möglicherweise Verstärkungen heranführen und die Deutschen in die Zange nehmen.

In diesem Sinne wäre Gotenhafen am sichersten.  :wink:

Dieser Geleitzug wäre das Risiko Wert gewesen. Zumindest mM

mfg

alex
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Andre-As

Die 2 wesentlichen Problempunkte hat Mario bereits genannt:

1. Die Zielgenauigkeit bei einer Schußentfernung von 25.000 dürfte seeehr gering gewesen sein. Bis man deutscherseits einige (brauchbare!) Treffer erzielt hätte, müßten S und G große Teile der Munition verschießen. War nicht im Sinne des Befehlshabers ...

2. Die Reichweite der alten britischen Geschütze war mit Sicherheit bekannt, schließlich war die R ein Pott aus dem WK1. Aber durfte man sich darauf verlassen? Der deutsche Kommandant hatte sich sicherlich gefragt: "Und was, wenn die Briten die Rohrneigungswinkel bei der R etwas erhöht hatten, ohne das die Abwehr das weiss? Risiko!"
Die Reichweite der Bayern-Geschütze wäre übrigens nicht wesentlich hilfreich; außer dem Neigungswinkel gab es noch die Frage der britischerseits verwendeten Munition, der Treibladungen, usw. Hier waren weitere Unsicherheitsfaktoren zu sehen.

M.M. nach aber wesentlich war vor allem die dritte Überlegung:

3. Durch welche Treffer kann man die R davon abbringen mit dem Geleitzug weiterzudampfen? Nur durch wesentliche, d.h. solche in den Maschinenraum oder solche, die größere Wassereinbrüche verursachen.
Sprich: durch Treffer im Bereich der gepanzerten Zitadelle. Und gegen den Beschuß der deutschen 28 cm Geschütze aus 25.000 m Entfernung war die alte R recht sicher, trotz der relativ dünnen Panzerdecks mit insgesamt etwas über 100 mm Stärke.

Insgesamt also war die Entscheidung von Admiral Lütjens durchaus richtig ...

Matrose71

#8
Salve


ZitatInsgesamt also war die Entscheidung von Admiral Lütjens durchaus richtig ...

Da denke ich kann man geteilter Meinung sein!
Lütjens hat sich penibel an seine Befehle gehalten, sich nicht mit Schlachtschiffen in ein Kampf einzulassen.
Lütjens hat Hoffmann (Kapitän der SH)nach der Begegnung verwarnt und das in seinem Bericht an das OKM erwähnt, da Hoffmann auf eigene Initiative schon mit dem Manöver zum "abziehen" der Ramillies begonnen hatte, Schüsse zwischen SH und Ramillies wurden nach einigen Quellen auch getauscht, allerdings müßte das noch genau ermittelt werden.

Ich denke an diesem Beispiel zeigt sich ganz gut, wie wenig flexibel Lütjens in Bezug auf Befehle war.
Keine Zerstörer, Kreuzer etc. am Geleit nur ein 1 WK Schlachtschiff, von dem wußte, dass es keine "großen" Umbauten erlebt hat.
Bessere Voraussetzungen für die Geschwister gegen ein Schlachtschiff gibt es nicht!

Da gibt es jetzt 2 Optionen mit 3 möglichen Ergebnissen.
1. Option; wie sie wirklich passiert ist; nichts passiert niemand bekommt ärger.
2. Option; man greift an, in oben beschriebener Form; SH zieht den Gegner weg und bestimmt das Gefecht dank überlegener Geschwindigkeit und Gneisenau geht an den Geleitzug.

Wenn man Erfolg hat kann man sicher beim OKM mit der einmaligen Gelegenheit und anderen Argumenten seine "Befehlsverweigerung" vertreten und kommt wahrscheinlich damit durch.
Bei Misserfolg; erhebliche Beschädigung eines Schiffes, Abbruch der Operation etc..., muss man sich als Kommandierender dafür verantworten, genauso wie Marschal bei Glorious mit dem Torpedotreffer für SH.

Ich glaube bei einer solchen "Gelegenheit" kommt es immer auf die Persönlichkeit des verantworlichen Offiziers und seine Eigeninitiative an.

Und da war Lütjens wenig "flexibel".
Viele Grüße

Carsten

Peter K.

... zur 2. Option:

... und wenn sich RAMILLIES nicht "wegziehen" läßt?
Es besteht ja nicht der geringste Grund einem geschwindigkeitsmäßig überlegenen Gegner nachdampfen zu wollen und dafür als einziges "Geleitschiff" den Konvoi zu verlassen!
BTW, nach R & R hatten die MK.I-Zwillingstürme eine Rohrerhöhung von 20 °, die eine Schußweite von 217 hm mit 4xr-Granaten und 262 hm mit 6xr-Granaten ermöglichte.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

t-geronimo

Welche Quellen erwähnen denn einen "Salvenaustausch" zwischen den beiden Schlachtschiffen?

Zitat von: Matrose71 am 18 August 2007, 19:45:30
...
2. Option; man greift an in oben beschriebener Form; SH zieht den Gegner weg und bestimmt das Gefecht dank überlegener Geschwindigkeit und Gneisenau geht an den Geleitzug.

Aber genau dieses wegziehen hat SH doch auch mehrfach versucht. Ramillies hat aber nicht mitgemacht, nur mehrfach "zornig dunkle Qualmwolken ausgestoßen", wie Bredemeier blumig berichtet.

Und wenn der Gegner pflichtbewußt beim Geleitzug bleibt, bleibt halt nur das lahmschießen auf große Entfernung, wie oben schon beschrieben. Mit allen Konsequenzen wie sehr hoher Munitionsverbrauch etc.


Peter war schneller, aber ich wollte nun nicht alles umsonst geschrieben haben...  :-D

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Huszar

@Andre-As:
Immerhin haben die selben Schiffe auf eine ähnliche Entfernung auch Glorious zusammengeschossen  :-D.
Ich würde ausserdem sagen, dass nach höchstens 10 Minuten klar sein wird, welche genaue Reichweite die Ramillies-Kanonen haben. DEshalb auch aus 25k feuern. Schiesst die R nicht zurück, kann man die Entfernung verringern, feuert sie, sieht man die Einschläge, und kann sich daran orientieren - entweder weiter weg, oder näher ran. Bei 10-11 Knoten Überschuss sollte das gehen.
Die Munitionssituation war das kleinste Problem. Beider Schiffe waren noch voll bestückt, und mW hatten auch die Versorger Mun an Bord.

Die Situatin sah kurz vor 10:00 so aus:
- aus Norden kommt die SH, und als die R erkannt wird, wird versucht, sie abzuziehen
- Der Geleitzug dreht nach Süden ab
- GN kommt von Süden her, und ist zZ noch nicht gesichtet.

Es genügt, die R eine halbe Sunde lang nach Norden zu ziehen, und die GN hat die Möglichkeit anzugreifen. Bis die R wieder beim Geleitzug ist (30-45 Minuten), kann die GN ihres Amtes walten.

Nach der Leistung der R bei Teluda würde ich an dt. Stelle nicht unbedingt grosses Risiko erwarten (ich nehme mal an, dass die Italiener ihre Erfahrungen weitergegeben haben  :wink:)

Zwischenzeitlich hab ich versucht, das genaue Panzerungsschema der R-Klasse zu finden, ist ziemlich konfus. (auch eine kleine Rechnerei mit Okuns Programmen hab ich hinter mir).
Gürtelpanzer ist sicher, durch den Zitadellpanzer und mindestens ein PzDeck geht auch nicht, durch die Panzerdecks gehts auch nicht. (obwohl bei den letzten beiden Möglichkeiten die Granate irgendwo im Schiffsinnerem hochgehen wird...)
Zitadellpanzer und Böschungen hab ich noch nicht.

mfg

alex

PS:
@Peter und T-G:
Laut Whitley hatte ich den Eindruck, dass sich die Ramillies vom Geleitzug löste, als dieser nach Süden abrehte.
Laut NavWeapons konnten nur die modernisierten Schiffe die 6crh aufnehmen, die alten schossen noch mit dem alten 4crh.
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1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Matrose71

@ Peter K

Das geht dann nur mit "ärgern"! Granatenbeschuss auf sehr weite Entfernung um Ramillies vielleicht doch aus der Reserve zu locken!
Wenn sich Ramillies partout nicht abziehen lassen will, muss man ablaufen.

Ich denke bei der Befehlslage des OKM, ist ein ansetzen von beiden Schlachtschiffen gegen Ramillies, mehr als erkärungsbedürftig und werden wohl nur ganz wenig Offiziere wagen. Ist dann aber auch ein eklatanter Befehlverstoß.

@ t-geronimo

In Brenneckes "Schlachtschiff Bismarck" geht er auf die Operation Berlin ein und erwähnt mE. nach den Schusswechsel.
Ich habe es auch noch in einem anderen Buch gelesen, weiß jetzt aber nicht mehr welches. 
Da es von Brennecke kam, sagte ich ja auch, man müßte es noch genau ermitteln! :-D
Viele Grüße

Carsten

Mario

ZitatBei Misserfolg; erhebliche Beschädigung eines Schiffes, Abbruch der Operation etc..., muss man sich als Kommandierender dafür verantworten,
Ich denke eher, daß ein Mißerfolg den Totalverlust eines deutschen Schlachtschiffes nach sich gezogen hätte. Dann hätte sich Lütjens wohl nicht mehr verantworten müssen.

Es wird immer wieder die Diversionswirkung der deutschen Raider unterschätzt. Durch ihre bloße Anwesenheit im Nordatlantik erreichten sie mehr Schaden bei den britischen Einfuhren, als durch versenkte Tonnage. Allein durch die Umstellung auf ein Konvoisystem verringerten sich die Einfuhren auf der Insel um ca. 30 %. Kommt der komplizierte Fahrplan durcheinander, sind die Verluste größer, als wenn 10 - 20 Dampfer verlorengehen und die anderen Geleitzüge aber England erreichen.


P.S.  Wir hab`n den Meister geschlagen  ---  HAHoHe  HerthaBSC  *sing*  :-)

Matrose71

@ Mario

ZitatIch denke eher, daß ein Mißerfolg den Totalverlust eines deutschen Schlachtschiffes nach sich gezogen hätte. Dann hätte sich Lütjens wohl nicht mehr verantworten müssen.

Zwischen Schusswechsel auf weite Entfernung oder vollen Abnutzungskampf gibt es ja Unterschiede.
Die Geschwister sind ja nun nicht gleich in die Luft geflogen, wenn man sie nur "angeschaut" hat.
Sorry aber ich denke man kann auch ein Schlachtschiffgefecht so führen, dass man es "halbwegs" kontrollieren kann. Es muß ja nicht gleich zum totalen Einsatz kommen.

Ein Restrisiko ist natürlich immer dabei...................................
Viele Grüße

Carsten

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