Wer hat Schuld am Abstieg und Untergang der Deutschen Kriegsmarine.

Begonnen von Benny-U-30-Licht, 22 Oktober 2008, 16:32:33

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Scheer

@Alex
ZitatSchuld am "Untergang" der Kriegsmarine tragen auch diejenigen, die versucht haben, Dtl eine Flotte zu nehmen. 1919...

Deren Vertragswerk natürlich auch den Aufstieg Hitlers mit begünstigt hat.
Die Frage ist dann, ob die Marine, bei "sanfterem Umgang" mit Deutschland, ohne Hitler, zu einer "Kriegs"-Marine geworden wäre.
Vielleicht wäre Deutschland - "entroyalisiert und demokratisiert" - in ein westeuropäisches Bündnis eingegangen. Sicher, es gab die Feindbilder (gegen Frankreich z.B.), aber diese sind ja nach dem 2. WK auch überwunden worden. Und in diesem Bündnis dann mit einer Marine mit ähnlichen Aufgaben wie die spätere Bundesmarine. Natürlich mit zeitgemäßer Ausstattung, aber mehr mit Ausrichtung auf Nord- und Ostsee.

Mhhh, aber das mit dem "de-Facto-Kriegszustand"?
Nun ja, sicher hat die USA mit ihren Lieferungen einseitig in den Krieg eingegriffen, aber es fehlte doch die aktive Komponente des Kampfeinsatzes von Truppen, Fliegern und Schiffen. Sicherung, Aufklärung, ja, aber keine Mobilmachung und Angriff.
Einem solchen Tun stand die amerikanische Bevölkerung ja abweisend gegenüber. Das die Wirtschaft kriegsbedingt aufblühte war ja gut, aber Amerikaner gegen das "ferne" Deutschland schicken, warum? Mit Volkes Stimme gesprochen: "Der will doch gar keinen Krieg mit uns, warum sollen wir also gegen ihn Krieg führen".
Die Kriegserklärung Hitlers kratzte aber am Stolz der Nation, also durfte es losgehen.

Bezüglich deiner Anmerkungen über mehr U-Boote 1939:
Stimme ich dir völlig zu!
Zusätzlich zu den baupolitischen Reaktionen auch noch veränderte strategische und taktische Grundsatzänderungen, z.B. im Bezug auf das Aufstellen von Hunter-Killer-Groups.

Scheer

@mhorgan
Zitatzb. Marineluftwaffe
Wenn man zb. James S. Corum ("The Luftwaffe - creating the operational air war 1918-1940") glauben möchte lag die praktische Nichtexistenz von nennenswerten "Marine"Luftstreitkräften sehr viel mehr in der Verantwortung Readers als in der von Göring (bzw. Luftwaffengeneralstab).
Ich lese jetzt daraus, das Raeder die Marineluftwaffe ablehnte und nicht Göring diese verweigerte. Lese ich das so richtig?

Ich persönlich sehe die bekannte Aussage von Göring "Alles was fliegt gehört mir" als nicht unmöglich an. Göring war ja ein entsprechender Großkotz, zuzutrauen ist ihm diese großspurige Erklärung also.
Und er stand Hitler näher als Raeder, war er doch beim Aufstieg Hitlers beteiligt. Er war ja einer derjenigen, die Hitler einen Weg in das Umfeld höherer Offiziere ebnete, ihn in diese Gruppe einführte.
Darum denke ich, das Hitler eher Görings Forderungen erfüllte als Raeders.

Stellt sich natürlich auch die Frage wie die strategische Ausrichtung der Marine aussehen sollte, d.h. gegen wen.
Hitlers Ausrichtung war ja westlich gegen Frankreich und östlich gegen Russland. Gegen beide ist ja eher eine kontinentale Streitmacht mit einer eher kleineren Marine notwendig. Von dieser Warte aus gesehen stellt sich mir die Kriegsmarine, so wie sie war, als nicht schlecht aufgestellt dar.

Im Bezug auf die Personalstruktur:
Ein guter Einwand. Sicher ein Fehler. Darin sieht man aber ein "typisch deutsches" Verhalten durchscheinen.
"Meins ist meins und deins ist deins, red mir nicht rein" (siehe auch Göring oben)

Fälle von Misstrauen und Ablehnung gegenüber anderen gab es auch auf der anderen Seite.
So wurden z.B. Erkenntnisse von Bletchley Park von der britischen Heeresführung ignoriert. Das waren ja Mathematiker, keine Soldaten.

Huszar

Hallo

ZitatDie Frage ist dann, ob die Marine, bei "sanfterem Umgang" mit Deutschland, ohne Hitler, zu einer "Kriegs"-Marine geworden wäre.

naja, vor Versailles (und Scapa) HATTE Dtl eine Kreigsmarine  :wink: Bei einem "sanftem Umgang" wären zumindest Teile dieser Kriegsmarine übrig geblieben, worauf man hätte aufbauen können - vor allem, wenn Dtl dem Washington-Vertrag als gelichberechtigter Partner beitreten dürfte...

ZitatMhhh, aber das mit dem "de-Facto-Kriegszustand"?
Nun ja, sicher hat die USA mit ihren Lieferungen einseitig in den Krieg eingegriffen, aber es fehlte doch die aktive Komponente des Kampfeinsatzes von Truppen, Fliegern und Schiffen. Sicherung, Aufklärung, ja, aber keine Mobilmachung und Angriff.

Es gab diverse Angriffe auf U-Boote, dazu diverse Freiwillige in der DAF (von der Tiger Force in China abgesehen), des weiteren wurde die US Army laufend verstärkt. Das eine direkte, grossangelegte Auseinandersetzung nicht stattfand, lieg zu einem an den Isolationisten, zum anderen daran, dass weder die US Army noch die US Air force kriegsbereit waren.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Spee

@Alex,

war es nicht gerade Versailles, daß den Weg für neues Denken in der Reichsmarine öffnete?
Ohne Versailles keine neuen Ideen (Panzerschiffe, Schweißen etc.).
Was ohne Versailles herausgekommen wäre, sieht man ab 1934. Schlachtschiffe, schwere Kreuzer usw.,  also all den Kram, den keiner brauchte.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

mhorgran

@Scheer
ZitatIch lese jetzt daraus, das Raeder die Marineluftwaffe ablehnte und nicht Göring diese verweigerte. Lese ich das so richtig?
Nein
Die KM lehnte die selbstständige Luftwaffe ab und wollte durchaus eigene Marineluftstreitkräfte und natürlich hatte
Göring einen besseren Stand bei Hitler als Raeder.

Raeder sprach zwar auch 1937 von ,,Das Flugzeug erweitert in erster Linie durch seine Eigenschaften als Aufklärer und als zusätzliche Angriffewaffe wesentlich die Operationsmöglichkeiten einer Flotte. Das Flugzeug gehört deshalb ebenso wie das Geschütz, der Torpedo, die Mine und die verschiedenen Schiffstypen organisch zu einer modernen Flotte".
Dagegen
*am 3.Februar 37 ,,Das Flugzeug ergänze vor allem die Aufklärungsstreitkräfte der Flotte (Kreuzer, Torpedoboote)."
* wurde bei einem Planungsausschuß ab August 38, der die strategischen Grundlagen für einen Flottenaufbau untersuchen sollte, auf die Seeluftkriegführung kaum oder gar nicht eingegangen.
* Gleiches gilt für eine Denkschrift zur ,,Englandkriegführung  vom Oktober 1938, in ihr wird die Luftkriegführung über See zwar erwähnt, aber auch nicht mehr. Welche Aufgaben Seeluftstreitkräften bei einem Krieg mit England zu erfüllen hätte, wie dies durchzuführen wären, wie die Zusammenarbeit mit der Marine aussehen sollte, etc. wird nicht ausgeführt. Wenn man die Meinungsführerschaft auf seinem ureigenstem Gebiet haben möchte sollte man doch anders vorgehen.
Und auch der Z-Plan ist, nmA, ein Zeichen für das ignorieren des Flugzeuges durch die Marineführung. Die stark angestiegene Bedeutung der Marine in den Plänen Hitler hätte es der Marineführung ermöglichen können als zweiten logischen Schritt die Forderung von entsprechend starken Marineluftstreitkräften zu stellen. Analog zu Dönitz Vorgehen Anfang bis Mitte 43 mit der Ausweitung des U-Bootbaues und als 2.Schritt der gesamten Marinerüstung.

Die Luftwaffe wollte dagegen, in Planungen im Jahre 39, die Luftkriegführung über See ab 1942 mit runden 13 Kampfgeschwadern führen. Weitere 9 KG´s sollten gegen seekriegswichtige Landziele eingesetzt werden.

Görings Ausspruch ist dokumentiert und nicht zweifelhaft UND er macht durchaus Sinn. Der Umfang einer "Marineluftwaffe" war ja eher gering, auch wenn Kampfeinsätze in der (Marine) Konzeption festgelegt worden wären. Eine eigene Marineluftwaffe hätte erhebliche Ressourcen (eigene Führungs- Nachrichtenstruktur tec.) unnütz gebunden.
Warum sollte die Kooperation Marine-Luftwaffe nicht genauso erfolgreich sein wie Heer-Luftwaffe.

ZitatIm Bezug auf die Personalstruktur:
Ein guter Einwand. Sicher ein Fehler. Darin sieht man aber ein "typisch deutsches" Verhalten durchscheinen.
"Meins ist meins und deins ist deins, red mir nicht rein" (siehe auch Göring oben)
Ich sehe es eher als "verhaftet sein an alten Zöpfen" ähnlich zum Schlachtschiffdenken Readers. Die britische Heeresführung war ähnlich ultrakonservativ, interessant dazu sind die Ausführung von Barnett in "Wüstengeneräle".

Q

Wer hat schuld am Untergang der Kriegsmarine???

Ich denke doch der 2. Weltkrieg! Ohne ihn waeren wohl alle unter gegangenen Schiffe abgewrackt worden.

Irgendwie fehlte mir diese Antwort.

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Trimmer

Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Glasisch

Hallo,
meiner Meinung nach, liegen die Wurzeln u.a. in Versailles. Die Siegermächte hätten Kaier Wihelm II nicht zum "Kriegsverbrecher Nr. 1" erklären sollen, denn dieser Krieg hatte ja viele Väter, sowohl im Osten wie im Westen, die reichen Bankiers, diese Schmarozer um Rothschild versammelten nicht ausgeschlossen, denen es darauf ankam, die alte Ordnung in Europa uns vor allem die Herrscherfamilien abzuschaffen. Den alten Kaiser hätte man regieren lassen, um das Gleichgewicht zwischen Rot und Braun aufrecht zu erhalten.
Dies sind meine Überlegungen.
Schönen Gruß
Micha
,,Ruhe in den Telefonen. Denkt daran, daß auch in England auf jeden Mann eine Mutter wartet!" KzS Helmuth Brinkmann Kommandant der ,,Prinz Eugen"  in der Dänemarkstrasse am  24. Mai 1941, nachdem die ,,Hood" kurz davor explodiert worden war.

Q

Um mal wieder ganz kurz ins What If zu rutschen. Einfach mal gesponnen, wenn 1919 die VV nicht unterschrieben, Frankreich, Grossbritanien und vielleicht auch noch die Staaten Deutschland besetzt haetten. Dann ein Deutscher Gewaltlosen Widerstand gestartet wuerde (nach dem Beispiel 1920 Indien) Das haette in der Welt zu einem neuen Verstaendniss fuehren koennen zum Wert des Miltaers als politisches Machtmittel. Zusaetzlich waere noch Wilson auf der deutschen Seite gewesen, der ja eh das allgemeine abruesten wollte. Aber ob so ne Spinnerei in die deutsche Mentalitaet passt???

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Rymon

Hallo "Q",

so gesponnen ist das gar nicht. Der Historiker Sebastian Hafner hat einmal sinngemäß erklärt, daß die Unterschrift des VV durch einen Demokraten schon das Todesurteil für die junge Republik bedeutet hatte. Eine Verweigerung der Annahme hätte natürlich stärkste Sanktionen bis hin zur Besetzung des Reiches gehabt und dazu geführt, daß die Aliierten schon 1919 oder 1920 die volle Verantwortung für den besiegten Gegner gehabt hätten. Zu diesem Zeitpunkt war aber Deutschland ungeteilt und unzerstört. Hafner war der Meinung, daß sich so ein "normaler" demokratischer Nationalismus in Deutschland entwickelt hätte und der Aufstieg des Nationalsozialismus in dieser Form nicht möglich gewesen wäre. 55 Millionen Tote später mag man annehmen, das diese Möglichkeit für unser Land besser gewesen wäre.

Liebe Grüße

Stefan

Urs Heßling

Hi

vielleicht wäre eine Präzisierung der Definitionen eine weitere Starthilfe

Geschichte der "Kriegsmarine" beginnt 1935, d.h. die Macht des Nationalsozialismus in Deutschland ist unumstritten (spätestens seit Tod Hindenburgs); die Entscheidung für eine Aufrüstung ist gefallen.

was ist der "Abstieg", wann beginnt er ?
Ich sehe hier in erster Linie Rüstungsentscheidungen, wie z.B. die verfehlte Entscheidung für Hochdruck-Heißdampfanlagen, die den deutschen Schiffen eine überlegene Geschwindigkeit geben sollten, tatsächlich aber aufgrund nicht beherrschter Technik zu monatelangen Werftliegezeiten und entsprechender Nicht-Verfügbarkeit der Schiffe (Zerstörer, "Admiral Hipper", u.m.) im Einsatz führten.
Die "Krönung" der Fehlentscheidungen sehe ich in dem aus Sicht der Entwicklung der Marinetechnik (z.B. Flugzeuge) "rückwärtsgewandten" Z-Plan.

Was ist der "Untergang", wann beginnt er ?
Er beginnt für mich spätestens mit dem "ethisch/moralischen" (hört sich nach hohem Roß an, bitte nicht mißverstehen) Verfall, der deutlich wird, als die Marineführung und die Verbandsführung der Schiffe im Spanieneinsatz offenbar unisono kein Problem damit hat, in Verletzung des Völkerrechts als "Vergeltungsmaßnahme" für den Bombenangriff auf die "Deutschland" die spanische Stadt Almeria zu beschießen (dazu gibt´s hier im Forum einen Thread).
Ein weiterer "Untergangspunkt" ist z.B. eine mangelnde Professionalität, die darin zum Ausdruck kommt, das man während "Weserübung" kaum gesicherte, mit Soldaten vollgestopfte Truppentransporter durch Kattegat und Skagerrak nach Norden fahren läßt und die Hunderte von Toten mehr oder weniger einfach "hinnimt". Die Vorwürfe des verantwortlichen Gruppenkommandos des Heeres (XXI.) im "Erfahrungsbericht" sind schwer.
Auch "Rheinübung" paßt dazu - ich las in einer Quelle über Raeder etwa "keine Risikobewertung mehr, sondern Hasardspiel"
Mit anderen Worten, für mich ist es nicht der Untergang der Schiffe, sondern der der führenden Personen der Kriegsmarine als verantwortungsvollen Menschen und soldatischen Führern.

Ich hoffe, damit der Ursprungsfrage etwas gerecht geworden zu sein.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Kosmos

Zitatmeiner Meinung nach, liegen die Wurzeln u.a. in Versailles. Die Siegermächte hätten Kaier Wihelm II nicht zum "Kriegsverbrecher Nr. 1" erklären sollen, denn dieser Krieg hatte ja viele Väter, sowohl im Osten wie im Westen, die reichen Bankiers, diese Schmarozer um Rothschild versammelten nicht ausgeschlossen, denen es darauf ankam, die alte Ordnung in Europa uns vor allem die Herrscherfamilien abzuschaffen. Den alten Kaiser hätte man regieren lassen, um das Gleichgewicht zwischen Rot und Braun aufrecht zu erhalten.
äh, der alter Kaiser und seine Eliten waren nicht im mindesten weniger kriegsgeil als Hitler, alle seine Ideen von Weltimperium, Kampf um Lebensraum usw. existierten bereits vor WW1 und wurden gegen Ende des Krieges endgültig ausgearbeitet mit großen Anklang unter deutschen Industriellen, Militärs unter anderem, Frieden von Brest Litowsk als Vorgeschmack dafür. Hitler hat nicht Deutschland verführt, ein bestimmtes Teil deutschen Volkes hat einen Anführer an die Macht gebracht der ihre Wünsche und Vorstellungen umzusetzen hatte, und genau das war im Grunde Hitlers Wirken.............................

Wenn England und Frankreich weiter an Versail festgehalten hätten dann gäbe es den großen Krieg nicht, manche sehen es auch so..............

harold

Ich lehn mich jetzt mal weit, ganz weit aus dem Fenster:

den Untergang der deutschen Marine der dreißiger-Jahre hat vor allem der Umstand entwickelt, dass diese zur "Kriegsmarine" unter einer neuen Flagge gleicher Farben, jedoch anderer Geometrie wurde, und dies in sehr schnell-voreiligem Gehorsam.

Diese Meinung beziehe ich aus der Lektüre von Akten ("Schiffbauersatzplan", ab 1931 etwa) - strategische Ziele, taktische Forderungen, mögliche Entwicklungen werden da bis Ende 1933 noch völlig rational gesehen.

Aber am 26.3. 1934 schon heißt es:

"Es sind Überlegungen angestellt worden, mit welchen Forderungen Deutschland zur Seemächtekonferenz 1935 gehen soll. Das Ergebnis ist folgendes Wunschziel hinsichtlich der deutschen Seestreitkräfte:
8 Kampfschiffe
3 Flugzeugträger
18 Kreuzer
48 Zerstörer
24 große U-Boote
48 kleine U-Boote.

Es ist dabei an folgende Indiensthaltung gedacht:
6 Kampfschiffe
2 Flugzeugträger
10 Kreuzer bei der Flotte
4 Auslandskreuzer
2 Schul- und Versuchskreuzer
32 Zerstörer bei der Flotte
8 Zerstörer für Schulzwecke
3/4 der U-Boote.
[...]
Für das 6. - 8. [handschriftlich: Das 4. u 5. Panzerschiff wahrsch Typverdrängung von 30.400 t, 3 x 28cm Drillingst., 125.000 Ps, 30 sm an der Meile, verstärkt. Panzerschutz] Kampfschiff ist mit einer Größe von 25.000 Tonnen und 30,5 cm in 4 Doppel- oder 3 Drillingstürmen zu rechnen.
[...]
Im Entwurf gez.: Groos"

Halten wir fest:
- die unter Vertragsbedingungen mögliche Verdrängung von 10.000 ts (der "Kampfschiffe") wird hier schon mal auf 25.000 t (und handschriftlich auf 30.400 t!) aufgeblasen,
- vertragstechnisch wird a bissl getrickst, dass ja bei 8 davon nur 6 einsatzbereit seien;
- von Flugzeugträgern ist (verständlich!) im VV nie die Rede, aber sehr wohl vom Verbot der Entwicklung einer militärischen Flugkomponente ... hier werden munter mal 3 Träger (später noch mit je 15.000 ts spezifiziert) eingesetzt;
- sowohl die Anzahl der Kreuzer als auch der Zerstörer ... ??? ... hatten wir da nicht mal andere Zahlen, noch so vor kurzem?
- 72 U-Boote (was heißt jetzt "klein" oder "groß") - auch sehr interessant.
Nebenfrage: wie ginge sich dies mit dem Personalstand aus?-

Es "Z-plant-sich" also schon ganz munter vor sich hin in einer noch-Reichsmarine ... nur 8-10 Monate nach der "Machtergreifung", und eineinviertel-plus Jahre vor dem britisch-deutschen Flottenabkommen.
------
Dieser "Verlust der Unschuld" (wir wolln ja nur die Seeverbindung nach Ostpreußen, und die freie Zufahrt in der Nordsee schützen  :roll:) brachte spätestens, als diese Pläne und Ideen im Frühsommer 34 über diverse Marineattachés international virulent waren,

- Frankreich dazu, kurz danach die "Strasbourg" zu bewilligen und -lange vorangekündigt!- am 25.11.34 auf Kiel zu legen;
- und damit Italien zur Entscheidung, deswegen doch die schwerere Variante eines BB, nämlich "Vittorio Veneto" und "Littorio" anstelle der 34.3cm- 18.000ts - Entwürfe umzusetzen (Kiellegung 28.10.34);
- und Frankreich zur Entwicklung der 38-cm- "Richelieu"-Klasse (Vorentwürfe zur Entscheidung: 27.11.34);
- Polen zur Bestellung von Zerstörern von französischen Werften;
- GB zur Aufgabe der für die Konferenz gesetzten Forderung zur Kaliberbeschränkung auf 14";
- die US zur Steigerung für ihren BB-55-Entwurf auf 16".

Und all dies vor dem Ende der "Baupause".

Ich persönlich glaube nicht, dass das internationale Wettrüsten im Großkampfschiff-Bereich durch die "Deutschland" ausgelöst worden ist (obwohl es schon 1932 noch britische Angebote gab, die Restriktionen weitgehend zu lockern, wenn nicht auch noch "C" als Panzerschiff geplant wäre), sondern eher durch die Automatismen, die eine deutsche (damals noch Reichs-) Marine in einer Art von Größenwahn ab Ende 33/ anfangs 34 veranlasst hat.

Ich meine, die Reichs- und spätere Kriegsmarine wäre besser gefahren damit, halbwegs "vertragsgemäß" zu bleiben -
- und hätte sich nicht dem irrationalen Aufrüstungswahn der "nationalen Bewegung" so bald und so willig-freudig ergeben, wie die oben zitierten Akten zeigen.

So, und jetzt lehn' ich mich zurück ins Fenster, und warte mal auf die ersten Tomaten, die mir dranklatschen...
Ciao,
Harold






4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Marstec

schöner Thread  :-D

kann man noch die Frage einbringen, was währe passiert wenn Deutschland die französische Marine übernommen hätte?



An manchen Tagen gewinnt man, an manchen Tagen verliert man.

harold

...was wä(h)re passiert wenn Deutschland die französische Marine übernommen hätte?

Hätten die Deutschen dies versucht => die Selbstversenkung und -Zerstörung der Marine Nationale, bereits im Sommer 1940, und nicht erst 1942 in Toulon.-
Die Befehle von Darlan dazu waren mehr als eindeutig!
Mit welchem Personal (zumal auf fremden Betriebs-, Antriebs-,und Artillerie-Systemen) hätte denn die Kriegsmarine fahren sollen (wären die Schiffe gehoben/instandgesetzt worden)?
Mit französischem Personal? Mit italienischem? ja woher kommen denn diese ca. 10.000 Mann eingefahrener Besatzung auf einmal?
Mit welchem Industriearbeiter-Potential wären die Schiffe nach einer Selbstversenkung dann überhaupt instand zu setzen gewesen? Mit genau den Werftleuten, die an den U-Booten herumschlosserten (und die immer zu knapp waren)?
Welche Fabriken hätten Ersatzteile, Munition etc ohne Sabotage (=ganz kleine Abweichungen...) liefern sollen?

Als Lektüre dazu empfehle ich
- Alex Wassilieff: Un Pavillion sans Tache - de l' Armistice au Sabordage la Verité, Ed. Grasset, 1986;
- Michael Meyer-Sach: Politische Gedanken und Bemühungen der deutschen Seekriegsleitung gegenüber Frankreich vom Waffenstillstand bis zur alliierten Landung in Nordafrika (in: Geschichte der frz Marine, hrsg.v. Wilhelm Treue, Mittler 1982).

Also bleiben wir mal beim Thema; ich denke, die Option der frohgemuten Inkorporation fremder Flotten können wir getrost mal vergessen.
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

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