Schussfolgen

Begonnen von ufo, 13 April 2006, 12:41:53

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Josef

@ Ufo

Als das AVKS-Kommando Anfang 1941 die Bismarck auseinandernahm, stellte es fest, dass die Feuersignalgeber für die SA und MA so geschaltet war, dass bei der Teilsalve I die linken Rohre und bei der Teilsalve II die rechten Rohre schossen. Das AVKS weist im Bericht darauf hin, dass das bereits vor 2 Jahren (also 1939) reklamiert wurde und die Anpassung der Teilsalven auf die vordere und achtere Batteriegruppe forderte. Im Nachsatz heißt es, dass das Schiffskommando die Schaltung mit eigenen Mitteln geändert hat.
Daraus ist zu folgern, dass es eine Zeit gab, in der Teilsalven mit den rechten und linken Rohren geschossen wurden, also beim Beobachter, so wei man es oft in Büchern liest, den Eindruck einer "am Schiff entlang laufenden Feuerzunge" hervorrief. In dieser oder ähnlicher Form sind Salven in vielen Büchern geschildert.
Nun wissen wir, dass Scharnhorst erhebliche Zeit vor Bismarck in Dienst gestellt wurde und es könnte durchaus sein, dass dort noch die Schaltung für die linken und rechten Rohre vorhanden war. Wenn die Briten dies also 1943 bei der Scharnhorst beobachteten (vorausgesetzt die Augenzeu-genberichte und die Übersetzung stimmen), würde das die unglaubliche Tatsache beinhalten, dass die Schaltung auf Scharnhorst nie geändert wurde. Eigentlich kaum glaubhaft.
Zu den Salven in der Dänemarkstraße:
Thorsten schreibt schon, dass der Film mehrfach geschnitten wurde. Das stimmt. In diesen Szenen feuert Bismarck nur Teilsalven mit der SA, aber keine Batterieteilung bei der MA. Das heißt aber nicht, dass sie das während des ganzen Gefechtes tat. Der Lagemann-Film zeigt lediglich max. 2 Minuten. Ganz unwichtig ist dieser Film aber nicht. Er eignet sich z.B. sehr gut, um die Rauchentwicklung dieser Teilsalven mit den aus dem späteren Zeitraum existierenden Fotos zu vergleichen. Diese zeigen - nicht immer - eine stärkere Rauchentwicklung, die auf Vollsalven schließen läßt. Im Grunde ist dies auch das Streben des AO, möglichst viel Geschoßgewicht in möglichst kurzer Zeit ans Ziel zu bringen.

Freundschaftlich
Josef

ufo

Danke Josef! Ja – wäre das möglich mit Scharnhorst? Laufende Breitseiten als Schaltungsfehler ... oder Anomalie? Drollig wär's schon!

Mal zum besseren mitraten der O-ton aus dem Battle Summary:
"Duke of York's main armament gunnery narrative states that enemy flashes made a very good point of aim, as they fired in a ripple from forward to aft which was also noticed in the Bismarck action.
The enemy used a number of shells bursting on impact with the water. Enemy's secondary armament flashes were of a quite different colour from those of the main armament, being of vivid yellow as opposed to deep orange.
The enemy's starshell appeared as twin balls of fire descending very slowly and more brilliantly white than our own; they were not well placed for range. The enemy also used a quantity of illuminant appearing like 'golden rain' from the sky"

Tja – die beschreiben, was sie sehen recht genau. Was nun aber war das? Haben die auf Scharnhorst wirklich laufende Breitseiten gefeuert oder wirkte das gleichzeitige Bekämpfen mehrerer Ziele nur so. Klingt aber für mich so, als habe Scharnhorst zu dem Zeitpunkt nur den Duke unter Feuer gehabt.

Und die Mündungsblitz-Sequenz klingt ja genauso, wie Josef sie beschreibt.

Ufo

Josef

@ ufo

Wenn ich das richtig übersetzt habe, gibt es schon im ersten Satz des O-Tons eine Diskrepanz. Dort wird gesagt, dass das Gleiche (nach achtern rollende Feuerblitze) auch bei der Bismarck-Aktion bemerkt wurde. Nun, wir wissen vom AVKS, dass der Feuersignalgeber auf Teilsalven - vordere Türme, dann achtere Türme - geändert wurde. Dieses Phänomen kann also bei Bismarck nicht beobachtet worden sein. Entweder gibt es für die Beobachtung auf Scharnhorst andere Gründe oder die Augenzeugen sind nicht glaubhaft. Was Augenzeugen betrifft, hier ein kleines Beispiel: Tilburn, einer der Überlebenden der Hood gibt vor dem Untersuchungsausschuß an, dass sie mit der 2. Salve die Bismarck richtig mittschiffs getroffen haben. Die 2. Salve der Hood lag aber unzweifelhaft bei der Prinz Eugen! Selbst wenn er die Schiffe verwechselt hat, stimmt seine Aussage nicht, weil PG überhaupt nicht getroffen wurde.

Freundschaftlich

Josef

Mario

@ Josef
Wenn die AVKS Anfang 1941 auf die "falsche" Schaltung der Artillerie hinwies, bedeutet das denn, daß dies auch zweifelsfrei abgeändert wurde. Immerhin wurde ja auch 1939 darauf hingewiesen und nichts wurde daraufhin geändert.
@ufo
Von wem stammen denn eigentlich diese Battle Reports ???
Ist es wahrscheinlich, daß auf der DoY Offiziere waren, die zweieinhalb Jahre zuvor auf der PoW eingesetzt worden waren ??? Oder waren die Berichte über die Einsätze gegen die Bismarck mitten im Krieg für alle Navy-Angehörigen frei zugänglich ???

t-geronimo

Frei zugänglich sicherlich nicht.
Aber in den entsprechenden Stellen der Admiralität hat man Informationen durch Aussagen Beteiligter über das Verhalten der jeweiligen Gegner gesammelt.
Und ufo schrieb ja, daß später dazu eine Art Zusammenfassung erschienen ist.

Und daß Besatzungsangehörige der POW später auf DOY fuhren, ist auch nicht so unwahrscheinlich.
Siehe z.B. Rasenack: erst Admiral Graf Spee, später Tirpitz.
siehe z.B. Schmalenbach: erst Deutschland, später Prinz Eugen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Taucher

ZitatDaraus ist zu folgern, dass es eine Zeit gab, in der Teilsalven mit den rechten und linken Rohren geschossen wurden, also beim Beobachter, so wei man es oft in Büchern liest, den Eindruck einer "am Schiff entlang laufenden Feuerzunge" hervorrief. In dieser oder ähnlicher Form sind Salven in vielen Büchern geschildert.
Nun wissen wir, dass Scharnhorst erhebliche Zeit vor Bismarck in Dienst gestellt wurde und es könnte durchaus sein, dass dort noch die Schaltung für die linken und rechten Rohre vorhanden war. Wenn die Briten dies also 1943 bei der Scharnhorst beobachteten (vorausgesetzt die Augenzeu-genberichte und die Übersetzung stimmen), würde das die unglaubliche Tatsache beinhalten, dass die Schaltung auf Scharnhorst nie geändert wurde. Eigentlich kaum glaubhaft.
kann mir auch nicht vorstellen, das die Briten das 43 beobachteten, habe mir gerade wieder den Film vom Glorious Gefecht angeschaut, da schießt Sh auch Teilsalven, aber entweder mit allen 3 Rohren von Anton, oder Bruno, nichts zu sehen von einer am Schiff entlanglaufenden Feuerzunge .
Und dieses Gefecht fand ja bekanntlich im Juni 1940 statt.
Viele Grüße vom Alpenrand
Leo

Josef

@ Mario

Nee Mario, ich muß Dich enttäuschen. Das AVKS bestätigt ja im Bericht, dass die Schaltung durch das Schiffskommando mit Bordmitteln geändert wurde. Auf Bismarck wurden also definitiv Teilsalven mit der SA = vordere Turmgruppe, dann achtere Turmgruppe geschossen.
Deine an Ufo gerichtete Frage hinsichtlich der "Battle Reports" läßt sich insoweit beantworten. dass automatisch nach einem Gefecht, das insbesondere mit dem Verlust eines Schiffes endete, ein Untersuchungsausschuss zusammentritt, der Augenzeugen sowie Fachleute der gesamten Schiffs- u. Waffentechnik befragt. In Sachen Hood lese ich derzeit rd. 30 britische "ADM´s". Diese ADM´s, War Diarys und Logbücher, etc. sind heutzutage im"National Archiv", London, erhältlich.

@ taucher
Deine Filmbetrachtung bestätigt meine Auffassung von "Augenzeugen". Siehe oben, ADM´s: Ich mache gerade meine erschreckende Erkenntnis über den Wert von "Augenzeugen".

Freundschaftlich
Josef

ufo

OK – also die Feuer-Schaltungen waren's nicht. Gut. Was kann es dann gewesen sein, was entweder
a)   bei den Briten den Eindruck erweckte, dass die Deutschen im Gefecht am Nordkap genau wie im Gefecht mit der Bismarck laufende Breitseiten schiessen würden oder
b)   die Deutschen bewog auf Scharnhorst am Nordkap und auf Bismarck entweder im Nachtgefecht mit den Zerstörern oder im Endkapf (DK Strasse können wir ausschliessen, denke ich.) laufende Breitseiten - oder ein zumindest sehr änliches Feuerschema - zu schiessen?

Seltsam!


Leuchtmunition irgendwer? Feuerbälle und goldener Regen.

Und Munitionsarten? Gelb versus Orange (Klingt eigentlich recht Farbenfroh für so ein Dante'sches Inferno das ganze!)


Als Info: Battle Summaries gibt's gut vierzig von zu eigentlich allen wesentlichen Operationen der RN; mal zu Einzelgeschichten wie |Rheinübung oder eben Scharnhorsts Versenkung, mal zu ganzen Kampagnen wie Norwegen April bis Juni '4o oder Der Jagd auf Deutsche Hilfskreuzer.
Die wurden anhand aller verfügbaren Unterlagen erstellt, um Rückschlüsse und Lehren aus den Aktionen ziehen zu können. Daher sind die ertaunlich ungefärbt. Wenn die RN da absoluten Mist gebaut hat, steht da relativ unverblümt, dass die RN da absoluten Mist gebaut hat.
Die meisten der Dokumente sind nach dem Krieg anhand Deutscher Beuteunterlagen noch einmal gründlich überarbeitet worden, eine Zeitlang eifrig benutzt und dann in den Archiven sediemtniert.
Eigentlich schon ganz feine Quellen, die. Zumindest schwergewichtiger als nur mal so eine dahingesagte Beobachtung von irgendeinem zwoten Maat.

Seltsam!

@all
Danke erstma' für's wühlen (in Büchern und Gehirnzellen)! Weitermachen! Wir kriegen das schon noch raus!

t-geronimo

Meine letzte Vermutung wäre, daß hier eher von Turmsalven gesprochen wird.
Ansonsten macht sich Ratlosigkeit breit.

Ich habe nochmal bei John im Forum gefragt, aber das war auch keine Hilfe...
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Huszar

Zitat"Duke of York's main armament gunnery narrative states that enemy flashes made a very good point of aim, as they fired in a ripple from forward to aft which was also noticed in the Bismarck action.
The enemy used a number of shells bursting on impact with the water. Enemy's secondary armament flashes were of a quite different colour from those of the main armament, being of vivid yellow as opposed to deep orange.
The enemy's starshell appeared as twin balls of fire descending very slowly and more brilliantly white than our own; they were not well placed for range. The enemy also used a quantity of illuminant appearing like 'golden rain' from the sky"

Ich würde auch eher auf Turmsalven tippen. Für mich bedeutet der Satz "ripple from forward to aft wich was also noticed in the BM action", dass zuerst der vordere, und dann der achtere Turm feuert. Dies würde absolut den dt. Geflogenheiten entsprechen. Deutugsfehler vielleicht?

Zwei verschiedene Mündungsblitze vorsätzlich herbeizuführen, währe mM auch recht blödsinnig - so wüsste jeder gleich, mit was er beschossen wird. Könnte eher etwas ballisitisches oder optisches sein.

Der goldene Regen könnte entweder Feuerwerk, oder Flak-Granaten sein.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Josef

@ huszar
@ t-geronimo

Also reine Turmsalven (Turm A/ Turm B/ Turm C/ Turm D) sollten wir ganz ausschließen, weil dies bedeutet, dass jeder Turm einzeln schoß. Das ist ein Schießverfahren, was nirgends erwähnt ist und auch von BS nachweislich nicht praktiziert wurde.

@ Ufo
Dieses "ripple" hat mir keine Ruhe gelassen. Gestern abend habe mir daher noch man den entsprechenden Passus im AVKS-Bericht durchgelesen. Dort werden für das normale Einschießen 2 Arten der Batterieteilung in Betracht gezogen.
1. Gabelgruppen mit normalen Teilsalven "vorn" und "achtern", also je Salve 4 Schuß  
     
2. Gabelgruppe mit Turmsalven, wobei die Grenzsalven mit je einem Turm (2 Schuß) und die Standsalve zweckmäßigerweise mit 2 Türmen (4 Schuß) geschossen wird, also z.B. Turm A/ Turm C + Turm D/ Turm B

Letzteres beinhaltet einen interessanten Aspekt, denn hier handelt es sich um ein "Vierturm-Schiff". Wie hat es aber bei einem "Dreiturm-Schiff" ausgesehen? Diesen Gedanken weiter verfolgt, könnte bedeuten:
Turm A/ Turm B/ Turm C ?! Dann wären wir dem "ripple" etwas näher gerückt.
Das unter 2. aufgeführte Verfahren hat den Nachteil, dass bei Ausfall eines Rohres (von Turm A oder Turm B) der beim Gegner ankommende Schuß zur Lagebeurteilung meist nicht ausreicht. Das gilt aber bei einem Drillingsturm nicht.

Freundschaftlich
Josef

t-geronimo

@ Josef:

Genau das meinte ich mit Turmsalven, war etwas mißverständlich ausgedrückt.

Wobei bei SH Turm A im Schlachtschiffgefecht gleich von der ersten Salve von DoY ausgeschaltet wurde und und somit wegfiel.
So etwas wie Turm B 2 Rohre/ Turm B+C je ein Rohr/Turm C 2 Rohre wird man wohl nicht geschossen haben, oder? (War das technisch überhaupt möglich?). Sinn macht es nicht viel, zumal in der herrschenden Dunkelheit der AO bestimmt lieber drei als zwei Wassersäulen hatte der besseren Beobachtbarkeit wegen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Josef

Hi Thorsten

selbstverständlich war das möglich, jedes einzelne der Rohre ließ sich aus- und auch wieder einkuppeln. Im Gefecht würde das aber nur im absoluten Notfall (techn. Störung) gemacht werden, weil durch das Kuppeln der Salventakt erheblich leiden würde.

Schöne Ostertage nach Lilienfeld!!

Josef

ufo

Ok – ich denke so die klassische Variante ala Captain Hornblower mit laufender Breitseite von Bug bis Heck legen wir mal für den Augenblick zu den Akten. (Zumindest, bis jemand Indizien ausgräbt, dass es sowas bei der KM gegeben habe.) Das klingt einfach zu retro und entschieden nicht sinnvoll.

@Josef
Ja, das klingt nach einer sinnigen Theorie! Die zweite Variante des Eingabelns mit den Türmen von vorn nach achtern feuernd könnten eventuell den von den Briten beschriebenen Eindruck erweckt haben. Danke! Für den Augenblick scheint mir das die entschieden beste Erklärung. Wie Leo so schön schrieb; immer was zu lernen für den interessierten Laien!

Könnte Bismarck aus irgend einem Grunde beim Nachtgefecht mit den Zerstörern auch (?) die zweite – eher ungewöhnliche – Einschiessvariante verwended haben und so den "Ripple Effekt" erzeugt haben?
Die 6-Schuss-Salven mögen gegen kleine, bewegliche Ziele besseres Eingabeln ermöglicht haben als die klassischen Halbsalven aus 4 Rohren für das Schlachtschiff, versus Schlachtschiff Gefecht.



Eine Frage zur technischen Machbarkeit:
War in Drillingsturm Rohr 1 Feuer, Rohr 2 Feuer, Rohr 3 Feuer, (deutlich) langsamer als 1,2,3 zusammen Feuer, zusammen laden und wieder zusammen ... ?
Ich frage, weil es Photos von einem anderen 3 x 3 Dampfer, HMS Rodney gibt, wo sie Salven feuert: A1, A3, B1 zusammen Feuer, gefolgt von A2, B1, B3.
Diese Bilder kennend erschien es mir zumindest nicht mehr so abwegig, dass Scharnhorst eigenwillige Rohrkombinationen gefeuert haben sollte. Ich kenne von ihr (oder Gneisenau, oder einem Panzerschiff) aber zugegeben keine Photos mit den Rohren eines Turmes im Gegentakt arbeitend (also 1 und 3 feuernd während 2 läd).

Aber das mehr am Rande.

Ciao,
Ufo

Ralf

Wie ist denn das überhaupt gegangen? Hat einer durch Rohr (FFOBZB) "Feuer" gebrüllt und alle haben den Auslöser gedrückt? Oder hat einer zentral den Knopf gedrückt?
Gib es da irgend welche Daten über die Koordination der SA?
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

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