Schadensbild des Rudertreffers auf Bismarck

Begonnen von Schweineferkel, 03 Mai 2012, 17:56:18

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Herr Nilsson

Zitat von: toppertino am 01 Juni 2012, 00:34:20
@Thoddy
Nur 1,5° Krängung bei Hartruderlage??? Bei welcher Geschwindigkeit? Oder hat sich da der Fehlerteufel in Form eines Kommas eingeschlichen?

z.B.
20,5 kn hart Stb. 1,5°
20,4 kn 25° Bb    1,0°
19,8 kn 15° Stb 1,5°
10,0 kn hart Bb 0,5°
11,7 kn 25° Stb 1,0°
9,5 kn 15° Bb 1,5°

Gruß Marc

R.B.

#46
Ich glaube, das lässt sich wie folgt widerspruchsfrei zusammensetzen:

Die Grafik von Thomas G. Webb auf der ersten Seite ist einfach spiegelverkehrt, der Torpedo traf die Bismarck von Steuerbord, nicht von Backbord.

Die Bismark drehte hart Backbord, daher standen ihre beiden Ruderblätter so (Ansicht von oben):

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Der Torpedo lief von Steuerbord an, woher auch drei der vier Flugzeuge kamen:

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Er war auf große Lauftiefe eingestellt, um den in der Wasserlinie besonders starken Panzerschutz zu unterlaufen und eine möglichst gute Verdämmung durch das Wasser zur erreichen. Zudem hatte die Bismarck durch vorherige Artillerietreffer Wassereinbruch im Vorschiff, was sie etwas buglastig gemacht haben müsste. Deshalb traf der das Steuerbord-Ruderblatt im unteren Teil (Ansicht von hinten):

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  [  ] [  ]
  [  ] [  ]
  [  ] [~] <------

Dabei wurde der untere Teil des Steuerbord-Ruders weggesprengt. Der am Rumpf verbliebende obere Teil wurde nach oben gegen den Rumpf, zugleich auf die Backbord-Seite und nach hinten über die mittlere Schraube gedrückt und ist so verblieben:

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\______/
  /~~/



Das Backbord-Ruder war etwas weiter vom Explosionszentrum entfernt. Der Explosionsdruck ist wegen des größeren Abstandes geringer, wirkt aber durch das Steuerbord-Ruder hindurch gleichmäßiger auf eine größere Fläche und zudem stärker nach Backbord statt nach oben:

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  [  ]
  [  ]
  [  ]   * <------

Deshalb wurde das Backbordruder nicht wie das Steuerbordruder lokal zerstört, sondern komplett vom Ruderschaft abgeschert:

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toppertino

ZitatDas Backbord-Ruder war etwas weiter vom Explosionszentrum entfernt. Der Explosionsdruck ist wegen des größeren Abstandes geringer, wirkt aber durch das Steuerbord-Ruders hindurch gleichmäßiger auf eine größere Fläche verteilt und zudem stärker nach Backbord statt nach oben:

Wie kamen dann die Lecks zustande die den Ruderraum überflutet haben?
Und warum ließ sich Bismarck immer noch so schwer mit den Schrauben steuern wenn das Stb-Ruder weg ist und das Bb-Ruder quasi neutral weggeklappt ist?

Auch auf die Gefahr hin das ich mich wiederhole aber wurde das Heckteil je gefunden um es zu untersuchen?
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

R.B.

#48
>> Wie kamen dann die Lecks zustande die den Ruderraum überflutet haben?

Es würde mich zumindest nicht wundern, wenn das Wasser einfach durch die abgerissenen bzw. verbogenen Ruderschäfte eingedrungen ist. Nachgeprüft habe ich das nicht.

>> Und warum ließ sich Bismarck immer noch so schwer mit den Schrauben steuern wenn das Stb-Ruder weg ist und das Bb-Ruder quasi neutral weggeklappt ist?

Weil sie einen Konstruktionsmangel ihrer Antriebsanlage hatte, der sie unsteuerbar machte, sobald die Ruderanlage, auf welche Art auch immer, funktionsuntüchtig wurde. Dies lag nach meiner Meinung an den zu eng nebeneinander liegenden äußeren Schrauben in Kombination mit dem divergierenden Winkel der äußeren Schraubenwellen.

>> Auch auf die Gefahr hin das ich mich wiederhole aber wurde das Heckteil je gefunden um es zu untersuchen?

Das ist mir nicht bekannt. Ich hab nur mal in einer Fernsehsendung gehört, das dessen Abbrechen, dass kurz nach dem Untergang des Schiffs erfolgt sein soll, auf ein Konstruktionsproblem zurückgeführt wird.

Für die Funktionsfähigkeit und Schwimmfähigkeit des Schiffes waren Bug oder Heck nicht entscheidend. Sie waren deshalb relativ gewichtssparend konstruiert und gepanzert. Es ist schon denkbar, dass ein Aufschlag auf dem Heckteil den Torpedo zur Explosion gebracht hat. Man muss jedoch berücksichtigen, dass der Aufschlagzünder von Torpedos beim relativ spitzen Winkeln (unter 20°, optimal sind 90°) regelmäßig versagt.

Da der Explosionsort deshalb in einem gewissen Abstand, mindestens leicht oberhalb Unterkante des Rumpfes, liegen müsste, wird es schwierig, zu erklären, wieso gleich beide Ruder unterhalb der Bordwand betroffen waren und wieso das Steuerbord-Ruder nur beschädigt und nach Backbord verbogen während das Backbord-Ruder ganz abgerissen ist.

toppertino

ZitatWeil sie einen Konstruktionsmangel ihrer Antriebsanlage hatte, der sie unsteuerbar machte, sobald die die Ruderanlage, auf welche Art auch immer, funktionsuntüchtig wurde. Dies lag nach meiner Meinung an den zu eng nebeneinander liegenden äußeren Schrauben in Kombination mit dem divergierenden Winkel der äußeren Schraubenwellen
Bekannt, allerdings war immer nur von "schwer steuerbar" die Rede, nicht "unsteuerbar". Bisher war ja die Theorie das ein bzw beide Ruder in Stellung "hart Backbord" klemmen und somit Bismarck aufgrund der gemachten Probefahrterfahrungen unsteuerbar ist.
Da deine Theorie die Lage der Ruder relativ neutralisiert, sollte es ja möglich sein Bismarck gut/schlecht wie während der Probefahrt zu steuern.

ZitatFür die Funktionsfähigkeit und Schwimmfähigkeit des Schiffes waren Bug oder Heck nicht entscheidend. Sie waren deshalb relativ gewichtssparend konstruiert und gepanzert. Es ist schon denkbar, dass ein Aufschlag auf dem Heckteil den Torpedo zur Explosion gebracht hat. Man muss jedoch berücksichtigen, dass der Aufschlagzünder von Torpedos beim relativ spitzen Winkeln (unter 20°, optimal sind 90°) regelmäßig versagt.

Danach hab ich auch gar nicht gefragt! Es ging mir darum den Heckteil in Sachen Torpedoeinschlag zu untersuchen, um deine Theorie ggf zu untermauern oder zu verwerfen.

ZitatEs ist schon denkbar, dass ein Aufschlag auf dem Heckteil den Torpedo zur Explosion gebracht hat.
Wer hätte das gedacht? :wink: Zumindest sind wir uns darüber einig.

ZitatDa der Explosionsort deshalb in einem gewissen Abstand, mindestens leicht oberhalb Unterkante des Rumpfes, liegen müsste, wird es schwierig, zu erklären, wieso gleich beide Ruder unterhalb der Bordwand betroffen waren und wieso das Steuerbord-Ruder nur beschädigt und nach Backbord verbogen während das Backbord-Ruder ganz abgerissen ist.
Backbord u Steuerbord verwechselt?
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

t-geronimo

ZitatDa deine Theorie die Lage der Ruder relativ neutralisiert, sollte es ja möglich sein Bismarck gut/schlecht wie während der Probefahrt zu steuern.

Nicht wenn auf den Probefahrt-Tests bessere Windbedingungen herrschten. Und selbst da war sie schon fast unsteuerbar, meine ich mich zu erinnern.
Gerade der Wind machte es ja unmöglich, BS nach dem T-Treffer nur mit den Schrauben auf einen anderen Kurs zu bringen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

R.B.

Zitat von: toppertino am 28 Juni 2012, 09:02:42
Backbord u Steuerbord verwechselt?

Nein. Das entnehme ich so den Fotos. Backbord = Links <-- , Steuerbord = Rechts -->, Aufnahme vom Heck aus.

Captain Hans

Hallo Thorsten

Das Steuern mit dem Schrauben ist bei meinem maßstabgetreuen Model sehr sehr schlecht. (trotz Windstille)
Selbst das Drehen im Stillstand geht nur sehr sehr langsam vor sich.
Obwohl ich die volle Power bei einer Schraube auf Rückwärts habe, was die Bismarck (nur Rückwärts Turbine) nicht hatte.

Der Hebel zwischen den beiden Außenschrauben ist einfach zu klein.

Bei meiner 4 Schrauben "Von der Tann" geht dies wesentlich besser


Gruß

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

toppertino

ZitatNicht wenn auf den Probefahrt-Tests bessere Windbedingungen herrschten. Und selbst da war sie schon fast unsteuerbar, meine ich mich zu erinnern.
Gerade der Wind machte es ja unmöglich, BS nach dem T-Treffer nur mit den Schrauben auf einen anderen Kurs zu bringen.

Und ich dachte sie war während der Probefahrten einfach nur viel schwerer zu steuern (mit den Schrauben) als beispielsweise Scharnhorst. Ich meine mal was gelesen zu haben das sie das Bestreben hat in den Wind zu drehen (mit den Schrauben) und sich nur schwer auf Kurs halten ließ. Aber schwer ist ja nicht gleich unmöglich.
Also hätte man den ganzen Schrott unter dem Heck absprengen können bzw alles auskuppeln können, hätte das ebenfalls null Effekt gebracht?!
Und hat man nach dem Untergang bei Tirpitz rudertechnisch etwas geändert?
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

R.B.

#54
Zitat
Ich meine mal was gelesen zu haben das sie das Bestreben hat in den Wind zu drehen (mit den Schrauben) und sich nur schwer auf Kurs halten ließ. Aber schwer ist ja nicht gleich unmöglich.
Ich hab daran länger geknobelt. Zunächst ist der Abstand zwischen den Schrauben ohnehin nicht groß, hätte aber noch ausreichen können. Was Hebelwirkung jedoch noch weiter reduziert, ist der divergierende Winkel zwischen den äußeren Schraubenwellen. Es gibt hier glaube einen kritischen Winkel, da wird die Hebelwirkung genau Null. Er wird erreicht, wenn die Verlängerung der Schraubenwellen durch die Schiffsmitte, genauer gesagt, durch den Schwerpunkt des Strömungswiderstandes verläuft.

Wird der kritische Winkel überschritten, wird die Hebelwirkung unter Umständen sogar negativ, das Schiff dreht dann z.B. mit backbord Maschine voll voraus, alle anderen Maschinen stop nach Backbord, während es mit parallelen Schraubenwellen nach Steuerbord drehen würde. Ich denke, die Konstrukteure haben den kritischen Winkel zwar nicht exakt, aber doch ausreichend genau getroffen, um den Einfluss unterschiedlicher Schraubendrehzahlen weitgehend zu neutralisieren. Ob das beabsichtigt war, ist eine interessante Frage.

Zitat
Also hätte man den ganzen Schrott unter dem Heck absprengen können bzw alles auskuppeln können, hätte das ebenfalls null Effekt gebracht?!
So ist es. Man kann die unerwünschte Ruderwirkung ja beliebig klein machen, indem man mit dem Schiff entsprechend langsamer fährt. Mit Backbord voll voraus, Steuerbord voll zurück hätte das Schiff normalerweise, unabhängig von seinen Ruderschäden, zumindest auf der Stelle drehen können müssen. Wurde meines Wissens auch versucht, funktionierte aber nicht.

Zitat
Und hat man nach dem Untergang bei Tirpitz rudertechnisch etwas geändert?
Nicht dass ich wüsste. War auch schwer möglich, man hätte Teile der Maschinenanlage und die äußeren Schraubenwellen neu anordnen müssen. Hitler dürfte von dem Problem etwas gewusst haben. Er soll bei seinem letzten Besuch auf der Bismarck gefragt haben, was im Falle eines Rudertreffers geschehen könne, erhielt jedoch nur Schweigen als Antwort.

Großadmiral Reader hat das Schiff kurz danach, angeblich gegen Hitlers Willen und ohne seine Wissen, in den Atlantik geschickt. Mit nur zu 50% zielgenauer schwerer Flak, deren Zielsystem hatte für die andere Hälfte der Flakgeschütze ein kleines Design-Problem. Die schwere Flak war zudem zwar fast senkrecht nach oben, aber im Gegenzug nicht nach unten schwenkbar, so dass sie (bei leichter Kränkung sowieso) tief fliegende Ziele nicht mehr erreichen konnte. Die Tirpitz ließ Hitler nach dem Untergang der Bismarck dann kaum noch von der Kette.

Rymon

Hallo allerseits,

ich habe mal gelesen, daß die Tirpitz ein Notruder erhalten hat, welches seinen Zweck einigermaßen erfüllt haben sollte. Leider weiß ich nicht, wie und wo das angebracht werden sollte und ich habe auch kein Foto davon gesehen.

Weiß irgendwer etwas Näheres?

Viele Grüße

Stefan

1/100renown

Hallo!

Ohne Literatur an der Hand würde ich sagen, dass der einzige mit Notruder Prinz Eugen war, Reparatur in Norwegen durch Werkstattschiff Huascaran. Bei Tirpitz wäre es mir völlig neu?!?

Grüße!

Joachim

Baunummer 509

Hallo,

also von einem Notruder bei TP habe ich auch noch nie etwas gehört. Gibt es ein Dokument dass das belegt?

Auch würde mich interessieren wo diese Frage von Hitler nach dem Rudertreffer herkommt. Weiß da einer was? Man liest das ja immer wieder, passt aber für mich irgendwie zu gut ins Bild der Legenden- und Mythenbildung rund um Hitler und seinen angeblichen "siebten Sinn".

Gruß

Sebastian

Rymon

Hallo,

ich muß mal zuhause nachschauen, ob das bei Brennecke oder Becker in einem Buch über die Tirpitz oder die KM drinstand.

Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, ist das Notruder während der Erprobungszeit in der Ostsee an Bord gekommen.

Mich würde natürlich auch interessieren, ob Hitlers Frage nach einem möglichen Rudertreffer und der Einsatz des Schiffes gegen seine Kenntnis irgendwo belegt ist.

Viele Grüße

Stefan

R.B.

#59
Zitat von: Rymon am 29 Juni 2012, 12:20:18
Mich würde natürlich auch interessieren, ob Hitlers Frage nach einem möglichen Rudertreffer und der Einsatz des Schiffes gegen seine Kenntnis irgendwo belegt ist.

Ist belegt. Hitlers Besuch auf Bismarck und Tirpitz erfolgte am 5. Mai 1941. Die Frage, "und was passiert, wenn ein Flugzeugtorpedo die Schrauben oder die Ruder trifft" soll Hitler an Bord der Tirpitz in der Offiziersmesse gestellt haben.

Müsste hier drin stehen in:
Jochen Brennecke "Schlachtschiff Bismarck",

falls Internet-Quellen reichen, u.a. hier nachzulesen:
http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/109257.html

ansonsten muss ich einige Stunden suchen, wo das genau stand.

Zweite Quelle und Quelle für die Verstimmungen zwischen Reader und Hitler über das Auslaufen der Bismarck:
Video-Dokumentationen von Karlheinz J Geiger (gibt auch ein gleichnamiges Buch vom selben Autor)
Schlachtschiff BISMARCK, Teil 2 - Unternehmen Rheinübung
(Schlachtschiff BISMARCK, Teil 1 - Von Hamburg nach Gotenhafen)

Zitate aus dem 2. Teil zum Besuch Hitlers in auffälliger Abwesenheit Raeders: "... Es bestand schließlich immer die Gefahr, dass Hitler die geplante ozeanische Unternehmung, wenn er denn rechtzeitig von ihr erführe, kurzerhand verbieten könnte. ..."

"... wobei der durchaus fachkundige Hitler ..." "... eine hochbrisante Frage stellt: "Und was passiert, wenn einer der Flugzeugtorpedos die Schrauben oder die Ruder trifft." "Die Antwort ist Schweigen"

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