Schlacht am La Plata - Optionen?

Begonnen von Huszar, 06 August 2006, 12:41:27

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Huszar

Hallo Leute,

GEstern Abend auf dem Weg nach Hause dachte ich über mögliche Optionen nach, wie die Graf Spee die Schlacht hätte überleben können, und hätte fliehen können (oder zumindest hätte mehr Schaden anrichten können).

Mir fiel eine einzige Möglichkeit ein:
Nachdem Exeter den Kampf abgebrochen hat, nachstoßen, versenken, und mit AK Richtung Kap Horn ablaufen.
Einer der CLs wäre an der Untergangsstelle festgehangen, und müsste dann die geretteten irgendwohin bringen müssen, bliebe nur ein CL, mit dem die Spee doch hätte fertig werden können - oder der CL hätte die Falklands wegen Ölergänzung anlaufen müssen. Die Spee könnte sich dann in den Pazifik oder Antarktis zurückziehen können, und dann REparaturen durchführen, und nach einigen Wochen (wenn sich alles beruhigt hat, nach Hause fahren können.

Eure Meinungen/Idee?


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Peter K.

... dann wäre sie allerdings direkt der aus Port Stanley kommenden CUMBERLAND mit 8 x 20,3 cm Geschützen in die Arme gelaufen!  :-D
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Spee

@Huszar,

außerdem wünschst du dir, daß die "Exeter" schnell gesunken wäre, daß die leichten Kreuzer dem "gelangweilt" zugesehen hätten usw. Das ein leichter Kreuzer zur sinkenden "Exeter" gelaufen wäre, vergiß es, daß sind Briten. Ganz angeschi..en hätte es Kapitän Langsdorff, wenn seine Dieselreinigungsanlage dann mitten in der Jagd ihren Geist aufgegeben hätte.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Huszar

Ich sags mal so:
Sogar die Japaner versuchten, ihre Schiffsbrüchigen aufzusammeln.

Ein versuchter Durchbruch Richtung Kap Horn verspricht immernoch eine grössere Chance, als Montevideo anzulaufen, und sich dort einschlissen zu lassen.

Eine interessante Frage wäre, wie lange die CL(s) eine Hochgeschwindigkeits-Verfolgung durchhalten könnten. Die Spee war mW praktisch vollgetankt, die CLs bestenfalls zu 75%.

Seht ihr eigentlich eine andere Chance? Nach Norden kann es nicht gehen, da stehen die schweren Einheiten (war auch bekannt), Westen wurde probiert, bleiben Osten oder Süden.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Spee

@Huszar,

die Frage wurde schon so oft gekaut...
Kapitän Langsdorff galt als fähiger Kommandant, er hat sicher alle Möglichkeiten in seine Entscheidungen einbezogen. Wie wollen wir den hier über bessere Optionen entscheiden bzw. erwägen? In diesem Sinn waren seine Entscheidungen zum betreffenden Zeitpunkt entsprechend der vorhandenen Informationen richtig. Er hat m.E. keine grundlegenden Fehler begannen und dabei sehr ehrenhaft an seine Besatzung gedacht und keine "Bis zur letzten Granate"- und "Für Führer, Volk und Flaschenpfand"-Parolen gefunkt. Eine bessere Entscheidung kann es wohl nicht geben.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mario

Kapitän Langsdorffs Fehler war es, den Kampf anzunehmen, anstatt sofort abzulaufen und sich parallel zur südamerikanischen Küste nach Norden zu tasten. Nach Einbruch der Dunkelheit standen seine Chancen auf ein Entkommen nicht schlecht. Die schweren britischen/französischen Einheiten waren schlichtweg zu weit entfernt, um die Graf Spee rechtzeitig abzufangen.
Man liest immer wieder, das der deutsche Kommandant die Briten für eine Gruppe Zerstörer gehalten hat. Ich kann mir das beim besten Willen nicht so recht vorstellen, immerhin handelt es sich um erfahrene Seeleute und die Sichtbedingungen waren ausgezeichnet. Abgesehen davon wäre auch in solch einem Fall ein Rückzuggefecht die bessere Option gewesen, da er entweder einen Torpedoangriff der vermeintlichen Zerstörer, bzw das Eingreifen weiterer schwerer Kräfte der Royal Navy hätte befürchten müssen.

Spee

"Hood" und "Prince of Wales" wurden auch für Kreuzer gehalten. Kannst du mir auf 5km genau sagen, ob sich da eine 500er Kawa oder eine 1450er HD nähert? Das da ein Moped kommt, kann jeder sehen, aber die genaue Größe erst ab einer bestimmten Entfernung.
2 Zerstörer könnten ebenfalls einen Konvoi sichern, nicht nur schwere Einheiten, oder? Da mit einem Panzerschiff zu flüchten?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Huszar

@Spee:

Die Optionen von Spee 1914, und die von Lütjens 1941 haben wir auch seitenlang durchgekaut, insofern ist ein Durchkauen von Langsdorff auch drinne...

@Mario:
Gerade ein Ablaufen nach Norden wäre die schlechteste Möglichkeit gewesen, da hätte man auf die schwersten GEgner der PzSchiffe zugehalten (soweit ich weiss, war bekannt, dass die BCs im Mittelatlantik aufhielten).


WEnn schon ablaufen, dann nach Südwesten bis Südosten.
Mit der an sich schon grösseren REichweite der Spee hätte man eine Hochgeschwindigkeits-Verfolgung länger durchhalten können, sprich die engl Kreuzer hätten die Verfolgung früher oder später abbrechen müssen.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Mario

@spee
der Einwand mit den Zerstörern als Konvoisicherung ist gut.
Allerdings glaube ich nicht, das es für das deutsche Panzerschiff in solch' einem Falle gut gewesen wäre, direkt auf die Sicherung draufzuhalten. Schon ein einziger Torpedotreffer dürfte mit Sicherheit der Anfang vom Ende der Spee gewesen sein. Dann doch lieber erstmal absetzen und versuchen, von einer anderen Seite an den Geleitzug heranzukommen. Noch besser wäre es jedoch, die Finger von der verlockenden Beute zu lassen und stattdessen Jagd auf Alleinfahrer zu machen und durch bloße Anwesenheit in den Weiten des Ozeans für Unruhe zu sorgen.

@all
ich halte nach wie vor ein Ablaufen nach Norden für die bessere Option. Der Weg nach Süden und Osten wurde zunächst durch die drei britischen Kreuzer versperrt. Ein Durchbruch hätte erzwungen werden müssen und hätte das Panzerschiff gefährlich nahe an die Torpedos der Briten gebracht. Die alliierten Dickschiffe lagen noch einige Tagesmärsche weit im Norden, da blieb noch genug Zeit, um mit Einbruch der Dunkelheit die Flucht zu bewerkstelligen.
Aber möglicherweise hat sich Langsdorff ganz bewußt gegen die Nordvariante entschieden. Da er nicht mit Sicherheit wußte, ob der Weg nach Norden frei war und die britischen Kreuzer ihn offensichtlich nach Norden treiben wollten (aus seiner Sicht mußte es so aussehen) entschied er sich womöglich gerade deshalb für die Montevideo-Variante.

t-geronimo

Den Geleitzug von einer anderen Seite zu packen, schied bei den guten Sichtverhältnissen praktisch aus, da dieses für GS riesige Wege bedeutet hätte und die "Zerstörer" nur minimal ihre Position hätten verändern müssen.
Und ein Nachtangriff auf den Konvoi mit torpedotragender Sicherung wäre auch recht gefährlich gewesen trotz eines Funkmeß-Vorteils.
Der Angriff auf den Geleitzug war insofern geplant, als danach ja die Heimreise nach D angestanden hätte - und man wollte natürlich auch mit einem Prestige-Erfolg heimkehren.
Und quasi war alles dann ja nach 16 Minuten entschieden, da da auch die Briten GS sichteten.

Der Süden als Fluchtrichtung scheidet wegen der Falklandinseln mehr oder weniger aus. Das konnte Langsdorff sich sicherlich ausrechnen, daß dort mit ziemlicher Sicherheit weitere Gegner lauern könnten.
Richtung Norden/Nordwesten waren Renown und Ark Royal ca. 3000 sm entfernt, das hätte ausgehen können, wenn man in der Nacht die Kreuzer hätte abschütteln können.
Auch eine Flucht nach Osten wäre denkbar gewesen, um irgendwann erst mal wieder allein zu sein und zu reparieren.

Aber diese "hätten" und "wären" sind durch zwei Tatsachen limitiert:


  • Wie schon bei den Lütjens-Gedankenspielchen: Was wußte Langsdorff von alldem, wo die gegnerischen Einheiten stehen usw.? Hatte er da irgendeinen Lagebericht mit Vermutungen und Erkenntnissen des B-Dienstes aus der Heimat?

  • Und was meldete ihm sein LI, vor allem bezüglich der Dieselölreinigungsanlage? Irgendwann mitten auf See mehr oder weniger liegen zu bleiben, wäre wohl für ein Kriegsschiff die allerschlimmste Alternative (gabs das außerhalb der Segelschiffahrt überhaupt mal?).

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Peter K.

Also nach meinen Unterlagen spielten sich die ersten Phasen der Begegnung wie folgt ab:

0530 Uhr
ADMIRAL GRAF SPEE läuft mit 15 kn auf 135° und sichtet Steuerbord voraus für kurze Zeit visuell 2 Mastspitzen, verliert den Kontakt aber gleichwieder, worauf das Schiff ein wenig nachdreht
05.50 Uhr
ADMIRAL GRAF SPEE gewinnt wieder Kontakt und kann 3 Mastspitzen ausmachen
05.52 Uhr
Auf ADMIRAL GRAF SPEE wird auf eine Entfernung von 310 hm (maximale Sichtweite betrug an diesem Tag 370 hm) die EXETER identifiziert und die beiden anderen Masten werden für Zerstörer gehalten.
Dem Schiffskommando war bekannt, daß neben EXETER, CUMBERLAND, AJAX und ACHILLES auch 2 Zerstörer der H-Klasse der Südamerika-Division angehörten und hielt die drei Schiffe zu diesem Zeitpunkt für die Sicherung eines von der Skl avisierten Konvois von vier großen Dampfern aus Montevideo.
06.00 Uhr
ADMIRAL GRAF SPEE ändert den Kurs auf 115° und geht auf Höchstfahrt von 24 kn. Der Gegner wird zu diesem Zeitpunkt in 206 hm Entfernung gemessen. Die Geschwindigkeitserhöhung bewirkt starke Rauchwolken, sodaß um
06.08 Uhr
die führende AJAX - mit 14 kn 60° steuernd - Rauchwolken im Nordwesten sichtet.
Gleichzeitig erkennt man auf ADMIRAL GRAF SPEE, daß man drei Kreuzer zum Gegner hat!
06.09 Uhr
Commodore Harwood detachiert sein Schlußschiff EXETER zur Aufklärung, das auf 300° wendet.
06.15 Uhr
ADMIRAL GRAF SPEE dreht nach Backbord um die gesamte Schwere Artillerie zum Tragen zu bringen.
06.16 Uhr
Auf EXETER wird der Gegner als deutsches Panzerschiff identifiziert.
06.18 Uhr
ADMIRAL GRAF SPEE eröffnet auf eine Entfernung von 183 hm das Feuer.
06.20 Uhr
EXETER erwidert auf 171 bis 177 hm das Feuer mit den vorderen Türmen und dreht weiter auf 280° um auch den achternen Turm einsetzen zu können.
06.21 Uhr
AJAX eröffnet auf 174 hm das Feuer.
06.22 Uhr
EXETER kann jetzt auch den achternen Turm einsetzen.
06.23 Uhr
ACHILLES eröffnet auf 174 m das Feuer.
EXETER erhält einen ersten Nahtreffer.

Ich denke, die einzige Möglichkeit wäre gewesen, um 05.52 Uhr - als die EXETER unter den Gegnern festgestellt worden war - nach Nordwesten abzulaufen! Das nächste britische Schiff war zu diesem Zeitpunkt die CUMBERLAND in Port Stanley auf den Falkland-Inseln, die am 14.12, 22.00 Uhr. vor Monteviedo ankam. DORSETSHIRE stand in Kapstadt und erreichte Montevideo am 17.12. ARK ROYAL und RENOWN waren im Mittelatlantik und waren dann am 17.12. vor Rio de Janeiro. Gleichzeitig kamen dort auch STRASBOURG und NEPTUNE mit weiteren französischen Kreuzern aus Westindien kommend an.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

t-geronimo

Übrigens ein weiterer limitierender Faktor für eine Flucht nach dem Gefecht:

GS brauchte dringend eine Maschinenüberholung, deshalb ja auch die angedachte Heimreise.
Da war nichts mehr mit einer theoretischen Höchstgeschwindigkeit von 27 oder gar 28 kn.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Huszar

@T-G:

Mitunter ein Grund, ein Gefecht NICHT anzunehmen! Da kommt es auf jeden Knoten an, vor allem bei einem GEfecht mit Zerstörern (bzw Torpedoträgern).


Wenn der Kampf schon aufgenommen wird, dann Exeter versenken, und mit aller Kraft versuchen, abzulaufen (aber nicht einen Hafen, sondern das offene Meer).
In einem Hafen ist man zwangsläufig eingeschlossen, auf der offenen See besteht zumindest die Chance, zu entkommen.


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Woelfchen

Was für Optionen blieben überhaupt, nachdem die Admiral Graf Spee entdeckt wurde?
Eigentlich keine.
Die anderen Schiffe waren ja ein gutes Stück schneller und können damit auch den Kampf erzwingen.
Bis zum Einbruch der Dunkelheit hat es ja noch etwas gedauert.
Und nach dem Gefecht?
Ohne Not hätte er den Hafen nicht angelaufen.

t-geronimo

Theoretisch war natürlich die Möglichkeit da, die britischen Kreuzer bei Nacht abzuschütteln, da keiner zur damaligen Zeit mit Radar ausgerüstet war, soweit ich weiß.
Um also Fühlung zu halten, hätten sie mit zunehmender Dämmerung und dann Dunkelheit aufschließen müssen und wären damit der Artillerie der GS gefährlich ausgeliefert gewesen.
GS ihrerseits wäre nachts anfällig gegen Torpedo-Angriffe gewesen.

Aber selbst bei einer Abschüttelung bei Nacht bestand natürlich die Gefahr, am nächsten Morgen von den Bordflugzeugen der britischen Kreuzer wieder entdeckt zu werden.

Wann waren damals eigentlich Sonnenuntergang und -Aufgang? (Gibts da zur Berechnung eine Webseite, auf der man so was berechnen kann?)
Da im Dezember auf der Südhalbkugel Sommer ist, kann die Nacht eigentlich nicht lang sein, wenn gegen 6 Uhr die Sicht schon über 300 hm beträgt.
Also nicht viel Zeit, um im Dunkeln zu entkommen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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