Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer

Begonnen von Urs Heßling, 21 Mai 2017, 14:04:23

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t-geronimo

Und darum hätte ich jetzt gedacht, dass beide Verfahren das gleiche meinen: möglichst schnell mehrere Schüsse (egal, ob nun Turmsalven, Halbsalven oder sonst was) mit verschiedenen Entfernungen schießen, um an Hand der Aufschläge dann die tatsächliche Entfernung zu ermitteln.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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delcyros

#76
Zitat von: ede144 am 30 Mai 2018, 11:32:04
Zitat von: t-geronimo am 30 Mai 2018, 08:47:06
Sind Leitern und Gabeln nicht mehr oder weniger das gleiche?

Ohne jetzt alles erschöpfend gelesen zu haben, ist leiter schießen nicht einfach so das ich in der Entfernung bewußt Salven vor, auf und hinter den Gegner schieße und die Gabelgruppe mit der Hlabsalve ein Turm auf das Ziel und der andere Turm vor bzw. hinter den Gegner gelegt wird?

Jacobsen hat das ursprüngliche Gabelverfahren ausführlich beschrieben.

1.) Salve 1 auf errechnete oder vermutete Entfernung. Wenn "kurz" dann Salve 2 -4hm, wenn lang dann Salve2 +4hm
2.) Salve 2 nach Beobachtung 1.) wenn nocheinmal "kurz" bzw. "lang" analog zur Salve 1 beobachtet wurde, wird die Korrektur für Salve 3 verdoppelt (=8hm). Wenn der Einschlag das Ziel kreuzte, wird für die Salve 3 nur die halbe Korrektur (=2hm) verwendet und wieder zurück zum Ziel gerichtet

2.) wird wiederhohlt bis man am Ziel ist bzw. das Ziel gekreuzt hat.

Bsp. für ein statisches Ziel (tatsächliche E=109hm):

Salve 1 E=100hm, beobachtet "kurz" -4hm Korrektur weil "kurz"-
Salve 2 E=104hm, beobachtet "kurz" -doppelte 8hm Korrektur weil zweimal "kurz"-
Salve 3 E=112hm, beobachtet "weit" -halbierte Korrektur 4hm, weil Ziel gekreuzt-
Salve 4 E=108hm, beobachtet "kurz" -halbierte Korrektur 2hm, weil Ziel gekreuzt-
Salve 5 E=110hm, beobachtet "weit" -halbierte Korrektur 1hm, weil Ziel gekreuzt-
Salve 6 E=109hm, beobachtet "eingegabelt" -keine Veränderung

Die Anfangsgröße der Gabelgruppen war verfahrensmäßig 4hm, allerdings konnte der feuerleitende Offizier auch eine größere oder kleinere Anfangsgabel beestimmen, wie es etwa Mahrholz (VON DER TANN) tat. Er befahl eine 8hm Anfangsgabel aufgrund der großen Anfangsentfernung und der Unsicherheit des Tageseinflusses.
Das Gabelverfahren ist mit den geforderten Verdopplungen und Halbierungen des Aufsatzes -je nach Beobachtung- systematisch, die Schwierigkeit liegt in der Ermittlung des Entfernungsunterschiedes (fehlt im Beispiel damit es einfach bleibt).
Ursprünglich -und auf sehr große Entfernungen wohl noch bis 1916- musste der Aufschlag beobachtet werden. Es war hier sehr sinnreich, dass nur Halbsalven geschossen wurden (d.h. Geschütz #1 im Turm antizpiert das "kreuzen" und stellt schonmal den Aufsatz darauf ein, während das Geschütz #2 im Turm ein weiteres "lang" bzw. "kurz" antizipiert und den Aufsatz darauf einstellt). Es wird dann nur das nach der Beobachtung "richtige" Geschütz im Turm in der nächsten Salve abgefeuert.
Das bedeutet ziemlich viel Einstellen an den Visieren und entsprechende Verzögerung beim Einschießen.
Um 1906 herum wird dann erstmals das Schnelleinschießen mit Gabelgruppen geübt, wobei die einzelnen Gruppen so schnell wie möglich geschossen werden (ohne Aufschlagbeobachtung).

Zum Vergleich, die USN konnte nicht praktisch "Gabeln" da Vollsalven geschossen wurden mit großer Verzögerung. Die Korrektur des Aufsatzes erfolgte durch "Flecken", d.h. durch ein Schätzen der Entfernung des MPI zum Ziel vom Mast aus (Fleckerstand). Diese Form der Schätzung aus sehr flachen Winkeln, des schnellen Erfassens von 8-12 Aufschlägen und der Schätzung des mittleren Treffpunktes zwischen diesen und die Abschätzung der Distanz zwischen diesem Treffpunkt und dem Ziel war, wie sich durch Tests mit Probanden und E-Messern bestätigte, völlig unsystematisch und für große Gefechtsentfernungen (4000m und mehr) ungeeignet. Die USN hielt -im Gegensatz zur RN, RM und HSF daran fest, sie hatte aber auch keine Erfahrung in der Feuerkontrolle auf große Entfernungen. Die Wirksamkeit vom Flecken bessert sich erst nach dem 1. Weltkrieg mit air spot und später, mit radar spot.

Beim Leiterverfahren wird dagegen eine einfache, lineare E-Gruppe gebildet.

t-geronimo

Für welche Marine gilt das? Oder soll das Allgemeingültig sein?

Das unterscheidet sich dann etwas von dem Verfahren der KM im 2. WK.
Laut den Artillerieberichten Prinz Eugen vs Hood/Prince of Wales und Scharnhorst vs Glorious war das Verfahren wie folgt:

1. eine Vollsalve
2. eine Gabelgruppe mit drei Teilsalven, deren Unterschied in der Entfernung der AO vorgibt: die kurze (Grenzsalve) zuerst, dann die mtllere (Standsalve) und dann die weiteste (Grenzsalve).
Die drei wurden zumindest bei hohen Entfernungen auch so schnell wie möglich nacheinander geschossen, d.h. man wartete für die Stand- oder die obere Grenzsalve nicht den Aufschlag den unteren Grenzsalve ab.


Ich hatte auch mal das PoW Gunnery Log, finde es aber nicht mehr wieder.  :cry:


Edit: Nun hast Du Deinen Post mehr als verdoppelt.
Ich bezog mich auf die ursprüngliche Version...  :roll:
Gruß, Thorsten

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delcyros

#78
Sry, TG, die Ausführungen bezogen sich auf das ursprüngliche, 1894 in Deutschland eingeführte Gabelverfahren für das Gefecht auf große Entfernungen, wie von Jacobsen berichtet. Er ist gut unterrichtet bis kurz nach 1905, und beinhaltet noch manch unvollständiges bis etwa 1918.

Thoddy

noch was zur Ergänzung eine optimale Abschätzung des Salven MTP ergibt sich bei 4 Aufschlägen in einer Salve.
-weniger Einschläge zuwenig Einschläge um statistische Ausreißer zu erkennen
-mehr Einschläge höhere Wahrscheinlichkeit dass Kurzschüsse dahinterliegende Einschläge verdecken. Gleichzeitig erhöhter Munitionsverbrauch.

Das deutsche Schießverfahren funktioniert mit 8 Geschützen in vier Türmen am besten.
bei drei Türmen mit je drei Geschützen zum Beispiel kann man die Batterie nicht genau so sinnvoll teilen, um beobachtungsfähige und statistisch relevante Salven bei annehmbarer Salvenfolge zu generieren.

Zusätzlich kann man im Fall der Fälle eine Batterieteilung vornehmen und zwei Ziele gleichzeitig mit weniger Einschränkungen bekämpfen als die mit einer Dreiturmlösung der Fall wäre.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

t-geronimo

Vielen Dank für die Ergänzung, delcyros!  :TU:)
Gruß, Thorsten

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Mark Alt

#81
Zitat von: Urs Heßling am 29 Mai 2018, 11:04:55
moin,
Zitat von: Mark Alt am 24 Mai 2018, 23:07:47
Heute vor 77 Jahren früh am Morgen trafen die Bismarck und die Hood je im Begleit von einem Prinzen in der Dänemarkstraße aufeinander. Diese Straße führte die Briten, wie der dänische Weg schon ein Vierteljahrhundert zuvor auch, in eine spektakuläre Niederlage.
Damit meinst Du doch wohl nicht die Skagerrakschlacht ?
Die als "spektakuläre Niederlage" zu bezeichnen, wäre ja wohl ein Verdrehen der Tatsachen

Freilich habe ich die Skagerrakschlacht gemeint  :-)
War John Fisher dann ein Verdreher :?
Das die Niederlage "spektakulär" war hat er ja vielleicht nicht gesagt.


ZitatJa ..
aber, wimre, ursprünglich (konzeptionell) gegen (handelsstörende) Panzerkreuzer, nicht gegen ihresgleichen

Fisher zum Beispiel kritisierte das Herankommen an Hipper, nicht den Einsatz der Schlachtkreuzer selbst.

Zitat- die britischen Schiffe waren schneller und stärker bewaffnet
- sie verfügten (nicht alle) über ein überlegenes Feuerleitsystem (Dreyer und Pollen)

Dazu eine lesenswerte Lektüre:
John Jellicoe: ''The Grand Fleet''

ZitatThe report of the presence of the German Battle Fleet, which was communicated to our Battle Fleet, did not cause me any uneasiness in respect of the safety of our own vessels, since our ships of the 5th Battle Squadron were credited with a speed of 25 knots. I did not, however, expect that they would be able to exceed a speed of 24 knots; the information furnished to me at this time gave the designed speed of the fastest German battleships as 20.5 knots only. Even after making full allowance for the fact that our ships were probably carrying more fuel and stores proportionately than the Germans, and giving the Germans credit for some excess over the designed speed, no doubt existed in my mind that both our battleships and our battle cruisers with Sir David Beatty could keep well out of range of the enemy's Battle Fleet, if necessary, until I was able to reinforce them. I learned later, as an unpleasant surprise, that the 5th Battle Squadron, when going at its utmost speed, found considerable difficulty in increasing its distance from the enemy's 3rd Battle Squadron, consisting of ships of the "König" class, and on return to Scapa I received a report from the Admiralty which credited this enemy squadron with a speed of 23 knots for a short period, this being the first intimation I had received of such a speed being attainable by them.

Das die britischen Schiffe im Allgemeinen schneller waren, war bekannt. Was die Skagerrakschlacht in dieser Hinsicht neues brachte, war diese unangenehme Überraschung. Der angenommene taktische Vorsprung durch Geschwindigkeit war viel geringer als von der britischen Führung angenommen. Den Geschwindigkeitsunterschied als Lehre der britischen Überlegenheit zu erwähnen ist eine Verdrehung der Tatsachen. In diesem Bereich punkteten die Deutschen, nicht die Briten.

Die Legende der stärkeren Bewaffnung wie des überlegenen Feuerleitsystems wurde hier schon ausführlich ,,mythbusted". Vielleicht hatten die Briten komplexere Einrichtungen entwickelt, aber die Deutschen haben sie kaum beeindruckt mit ihrer Treffsicherheit.

Zitat- sie waren nicht weniger standfest als deutsche Schiffe (Beispiele Tiger, Warspite)

Zitat von: Urs Heßling am 25 April 2018, 00:36:55
Zitat von: Mark Alt am 24 April 2018, 08:27:59
.. die Briten .. hätten doch leicht 7-8 wenn nicht mehr schwere Einheiten verlieren können statt nur 3.
Nein. Welche denn, bitte ?  Möglicherweise Lion, zugegeben, aber sonst ?

Was die Standfestigkeit und mögliche britischen Verluste betrifft:
-   Lion – Klare Sache.
-   Tiger – 28 cm-Treffer durchschlug die Barbette, ohne zu explodieren.
-   Malaya – Munitionsfeuer der Mittleren Artillerie. Glimpflich davongekommen.
-   Warspite – Fast wie zerschossen, wurde nur durch Ankommen der Grand Fleet gerettet. Was ist wenn die Ruderprobleme einige Miunten früher auftreten?
-   Marlborough – Von einem Torpedo getroffen, ein zweiter ging unten weg. Evakuierung schon vorbereitet. Fast wie Audacious verlorengegangen, obwohl ein Super-Dreadnought und getroffen wo Panzerung die stärkste war. Denke dieser Fall hat die Briten sehr beeindruckt!
-   Indomitable – Ein Torpedo ging ihr unten hinweg.
-   New Zealand – Ein Abpraller auf der Turmdecke.
-   Princess RoyalMoltkes Torpedo ging ihr unten hinweg (und Markgraf traf ihr später neben Turm ,,X").

Außer den drei verlorengegangenen Schlachtkreuzer sind es 8 Kapitalschiffe die nur knapp ihr Ende entkamen. Und hier wurden nicht die Schiffe erwähnt, die die Torpedos der Torpedoboote nur mit wenigen Meter verfehlten (zum Beispiel HMS Neptune). Schon bei den neuen britischen Schlachtschiffen hätte ein Torpedotreffer leicht das Aus bedeuten können, wie wäre es dann bei den älteren? Das die deutsche Seite die Torpedowaffe nicht richtig ausnutzen konnte, war ein bedauerlicher Vorfall und unterstützt die Richtigkeit der Entscheidung Jellicoe's wegzudrehen.

Es ist auch noch erwähnenswert, daß während des Rückzugs Hippers seine Schiffe 3 tödliche Treffer erreichten, denn die von der Tann hat vorerst das hintere Teil der Indefatigable zur Explosion gebracht und kurze Zeit später traf sie den Vorderturm des Gegners. So wurde sie zu drei großen Teilen zerlegt. Rein statistisch gesehen war das ein äußerst unwarscheinlicher Fall. Dieser Schuß hätte auch einen anderen Gegner gelten können.

Standfestigkeit der britischen Schiffe gleich wie die der Deutschen? Deutsche leichte Einheiten überlebten auch starke Bombardement, auch Torpedotreffer.
Ob die Standfestigkeit der ,,splendid cats" viel besser war, läßt dieser Satz auf Fighting at Jutland Seite 48:
ZitatPrincess Royal upper deck penetrated near Q-turret.

Das ist interessant, weil später die Entscheidung kritisiert wurde, die Panzerung der Schlachtkreuzer mit weiteren 25 mm-Platten zu verstärken. Es hieß eigentlich so, daß kein einziges Geschoß die Deckpanzerung durchschlug.

Nun, die Grand Fleet hatte sicherlich mehr einsatzbereiten Schiffe Anfang Juni und sie segelten auch aus, aber der Unterschied lag darin, daß während Hipper sich den nächsten Zusammentreffen so früh wie möglich wünschte, hat Beatty festgestellt, daß er nur noch über drei Schlachtkreuzer verfüge, denn die älteren nicht mehr zu riskieren sind in einer Schlacht. Er sagte auch, das er so ein Gefecht nicht mehr durchmachen würde.

Diese Information ist in dieser Vorlesung zu hören:
John Maurer: ''A history lesson on the Battle of Jutland''

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Zitat von: delcyros am 29 Mai 2018, 16:45:27
(...) Letztere würde ich signifikant schlechter bei den Engländern beurteilen müssen. Das liegt nicht an einer besseren Bauweise der dt. Schiffe sondern an Problemen mit den englischen APC Geschossen. Die waren auf 0° Einschlag extrem gut (besser als dt. Pzspgr und die späteren US MIDVALE UNBREAKABLEs), aber ab 15° Einschlagwinkel gegen KC Panzer werden deren Geschosskappen unwirksam, was zum frühzeitigem zerbrechen der Geschosse beim Aufschlag und zum Verlust einer Wirkung im Ziel führt.

Eine interessante Frage wäre wie der Nahkampf (in der Nacht) sich entwickelt hätte. Vorteilhafter für die Briten wegen 0°-nahen Auftreffwinkel? Deutsche Schiffe dann aber können ihre höhere Feuerrate ausnutzen? (Während des Tages 1 Schuß pro Minute im Durchschnitt für beide Seite.) Die feineren Scheinwerfer waren auch ein Fluch, denn Briten zielten auf sie und da sie nah zum Kommandoturm war, wurden manche Offiziere verletzt.

Die von Delcyros erwähnte Studie ist vielleicht das hier (ganze 562 Seiten):
John Brooks: "Fire Control for British Dreadnoughts: Choices of Technology and Supply "Department of War Studies, King's College, London, PhD Thesis, 2001

Gruß
Andreas

delcyros

#82
Einige britische Schlachtkreuzer (TIGER, LION) wiesen eine hohe Trefferzahl, sowohl beim Gefecht auf der Doggerbank als auch Sk. auf.
Wenn die Trefferanzahl als Proxy dafür bemüht wird, etwas über die Standhaftigkeit der Schiffe auszusagen, lohnt lohnt es sich hier eventuell nocheinmal genauer hinzusehen und zu differenzieren was genau getroffen wurde. Ich glaube mich daran erinnern zu können, dass eine Menge Treffer durch die oberen Aufbauten und Masten gingen, kann jetzt aber nicht wirklich sagen, wie sich das komparativ verhält.
Dann könnte man die Schiffe direkt vergleichen und die Beurteilung quantifikativ untermauern. Ein solcher Vergleich wurde m.E.n. in der Literatur noch nicht verucht. Für LÜTZOW und DERFFLINGER hat Campbell Trefferbilder bereits vorgelegt.

Die Engländer haben fast keine 0° Treffer auf ihren Schiffen beobachtet, was nicht verwunderlich ist, da der Einschlagwinkel aus dem Vektor vom Fallwinkel der Geschosse,  der Lage zum Ziel und der Plattenneigung gebildet wird.

ZitatDie von Delcyros erwähnte Studie ist vielleicht das hier (ganze 562 Seiten):
John Brooks: "Fire Control for British Dreadnoughts: Choices of Technology and Supply "Department of War Studies, King's College, London, PhD Thesis, 2001

richtig, S.483ff. Danke, dass du auch einen Link dazu gefunden hast. Ich habe die Studie als Digitalisat vom Autor vor ein paar Jahren erhalten. Seine Auffassung dazu sind inzwischen in einigen Teilen korrigiert (u.a. gab es vor den Raumbildentefernungsmessern 1906 noch die Standgeräte in den 1890´ern und frühen 1900´ern -dank an HARRY), es bleibt aber ein guter, kondensierter Überblick.
Die Studie bildete die Basis für sein 2006 erschienenes Buch
Dreadnought Gunnery and the Battle of Jutland: The Question of Fire Control (Cass Series: Naval Policy and History), seine Dissertation ist aber deutlich umfangreicher, mit mehr Quellenverweisen ausgestattet und daher empfehlenswerter.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Mark Alt am 31 Mai 2018, 08:18:29
Das die britischen Schiffe im Allgemeinen schneller waren, war bekannt. Was die Skagerrakschlacht in dieser Hinsicht neues brachte, war diese unangenehme Überraschung. Der angenommene taktische Vorsprung durch Geschwindigkeit war viel geringer als von der britischen Führung angenommen. Den Geschwindigkeitsunterschied als Lehre der britischen Überlegenheit zu erwähnen ist eine Verdrehung der Tatsachen. In diesem Bereich punkteten die Deutschen, nicht die Briten.
Ja, er war geringer.
Aber er erlaubte Beatty immer noch, im Verlauf des Nachmittags ("Run to the North") die 1. AG (Hipper) und das 3. Geschwader allmählich auf Nordost- und dann fast Ostkurs herumzudrücken und damit in eine Situation hineinzuführen, die verhängnisvoll hätte sein können. Der Punkt geht an die Briten.
Eine Verdrehung von Tatsachen liegt also nicht vor.
Abgesehen davon : bitte Vorsicht bei solchen Unterstellungen :wink:


Zitat von: Mark Alt am 31 Mai 2018, 08:18:29
Außer den drei verlorengegangenen Schlachtkreuzer sind es 8 Kapitalschiffe die nur knapp ihr Ende entkamen. Und hier wurden nicht die Schiffe erwähnt, die die Torpedos der Torpedoboote nur mit wenigen Meter verfehlten (zum Beispiel HMS [/i][/b]Neptune[/i][/b]). Schon bei den neuen britischen Schlachtschiffen hätte ein Torpedotreffer leicht das Aus bedeuten können, wie wäre es dann bei den älteren? Das die deutsche Seite die Torpedowaffe nicht richtig ausnutzen konnte, war ein bedauerlicher Vorfall und unterstützt die Richtigkeit der Entscheidung Jellicoe's wegzudrehen.
nur knapp ihrem Ende entkamen halte ich - schon anhand Deiner eigenen Beschreibung der Treffer - für eine Übertreibung.

Die GF hatte - im Gegensatz zur HSF - keine "älteren" (Pre-Dreadnought) Schlachtschiffe dabei.
Die einzigen Pre-Dreadnoughts der GF waren die Panzerkreuzer der 1st und 2nd Cruiser Squadron, von denen ja dann auch 3 verlorengingen.

Die deutschen Torpedoboote haben verfahrengemäß geschossen. Ich sehe es nicht als "nicht richtig ausnutzen" oder als "bedauerlichen Vorfall", daß dabei nur der Treffer auf Marlborough herauskam, sondern eben als ein "statistisch" mögliches Ergebnis, wiewohl aus deutscher Sicht sicher bedauerlich. Eine Bestätigung der Richtigkeit des Jellicoe'schen Abdrehens kann ich nicht erkennen.

Zitat von: Mark Alt am 31 Mai 2018, 08:18:29
Deutsche leichte Einheiten überlebten auch starke Bombardement, auch Torpedotreffer.
Beispiele für überstandene Torpedotreffer, bitte !
Aus der Skagerrakschlacht sind mir da nur die Verluste der Rostock, die nach einem (1) Treffer aufgegeben werden mußte, der Frauenlob und der Torpedoboote V 29 und V 4 bekannt.

Womit wir erneut (seufz) in die Skagerrakschlacht hineingeraten wären :roll:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

delcyros

ZitatDie deutschen Torpedoboote haben verfahrengemäß geschossen.

Urs,

wenn du "verfahrengemäß geschossen" anführst, trau ich mich zu fragen, was genau man darunter zu verstehen hat. In diversen späteren M.D.V.´s ist das immer schwamming formuliert, hast du einen besseren Literaturhinweis?

Urs Heßling

moin,

Zitat von: delcyros am 31 Mai 2018, 10:11:13
..hast du einen besseren Literaturhinweis?
Nein.  Das war eine Bewertung als Leser der bekannten Jutland-Literatur und aus meiner eigenen Erfahrung als Schnellbootskommandant.

Die Flottillen sind, unter Deckung durch das Feuer der Schlachtschiffe, auf die gegnerische Schlachtlinie zugelaufen und haben bei annähernd maximaler Schußentfernung ihre Torpedos gelöst.

So greift man an, wenn man Geradeausläufer schießt.

Das folgende Abdrehen Jellicoe's, das mE mitentscheidend für das "Entkommen" der Hochseeflotte war, war ein deutlich größerer (wenn auch vermutl. nicht beabsichtigter) Erfolg als der Treffer auf Marlborough.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

thommy_l

Hallo,

ich lese hier von einigen zu tief laufenden Torpedos, die bei richtiger Tiefe wohl getroffen hätten. Waren diese Tiefläufer im weiteren Sinn des Wortes "Bedienungsfehler" sprich falsche Einstellung der Waffe oder "Materialfehler" sprich Toleranzen/Fehler der Torpedos.

Wie viele Torpedos wurden überhaupt pro Seite abgefeuert?

Grüße
Thommy

Thoddy

Wenn der Tiefenautomat im (getauchten) U-boot gewartet wird, verstellt sich die Nullstellung, da im U-boot in der Regel ein höherer Druck herrscht als an der Wasseroberfläche.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

thommy_l

#88
Hallo Thoddy,

danke. Jetzt verstehe ich den einen oder anderen Tiefläufer der vom U-Boot abgefeuert wurde. Aber hier geht es um Torpedos von Überwasserschiffen.

Mich interessiert auch die Anzahl Torpedos, die verwendet wurden. War der Torpedo im WK1 überhaupt eine erfolgreiche Waffe in der offenen Seeschlacht (Skagerrakschlacht, Doggerbank)?

Grüße
Thommy

delcyros

Angeblich 159 Torpedos insgesamt, davon

RN: 86 (56%)
HSF: 73 (44%)

auch dazu nochmal in einem jüngst von Brooks erschienen Artikel (mit Fokus auf die englischen Zerstörergefechte)

J. Brooks, British Destroyers at Jutland: Torpedo Tactics in Theory and Action, in: British Journal for Military History 3, Heft 3, June 2017, S.30-52.


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