Berechnung Dieselmotoren

Begonnen von Sven L., 08 August 2021, 14:48:25

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Sven L.

Berechnen der Abmessungen und Leistung von Zweitakt-Dieselmotoren der Typen R und V

Ich werde hier vorstellen wie man die Grundwerte von Dieselmotoren aus einer vorgegebenen Leistung berechnen kann. Eine sehr ausführliche Darstellung über Vorgänge in einem Dieselmotor hat unser geschätzter Forumskollege Faun bereits hier getan.

Für einen Neubauentwurf wird eine Antriebsleistung (WPS) benötigt, für die die Leistung 103.000 WPS betragen muss. Es besteht die Vorgabe, dass hierfür 10 Motoren, auf drei Wellen verteilt, vorzusehen sind. Jeweils zwei Motoren werden mittels Vulcan-Getriebe zu einer Einheit verbunden. Um die effektive Leistung der Motoren zu berechnen, müssen die Leistungsverluste, hervorgerufen durch die Flüssigkeitskupplung und das mechanische Getriebe, von der Wellenleistung abgezogen werden. Für die Flüssigkeitskupplung nehmen wir einen Slip von 3% an. Für das mechanische Getriebe einen Verlust von 2%. Somit ergibt sich ein Gesamtverlust von 5% und hieraus errechnet sich eine erforderliche effektive Leistung von ~108.500 PSe. Für jeden Motor also 10.850 PSe. Die erforderliche Leistung für die Hilfsmaschinen, als da wären Spülluftgebläse, Kühlwasser-, Schmieröl- und Treibölzubringerpumpe, beträgt ca. 15% der Motorleistung. Die Hilfsmaschinen werden nicht angehängt, sondern durch einen separaten Motor angetrieben. Die erforderliche Gesamtleistung der Hilfsmaschinen beträgt rd. 3.750 PSe. Inklusive einer Reserve muss die Hilfsmaschine, welche zwei Hauptmaschinen versorgt, eine maximale effektive Leistung von es. 5.800 PSe haben. Hierin sind Getriebeverluste bereits berücksichtigt.

Nachdem die Ausgangswerte soweit festgelegt sind, kann  mit den erforderlichen Berechnungen begonnen werden. Zunächst müssen wir ein paar Annahmen treffen, um mit der Berechnung starten zu können. Falls mit den Annahmen das Ziel nicht zu erreichen ist, müssen diese angepasst werden und der Rechengang wiederholt sich.

Hier zunächst die Formel mit der der erforderliche Kolbendurchmesser berechnet wird:


Erklärung der in der Formel enthaltenen Zeichen:
D  = Zylinderdurchmesser in cm
s   = Kolbenhub in m
k   = Hubverhältnis
pi = mittlerer indizierter Kolbendruck in kg/cm²
pe = mittlerer effektiver Kolbendruck in kg/cm²
Ni = indizierte Leistung pro Zylinderseite in PSi
Ne = effektive Leistung pro Zylinderseite in PSe
nm  = mechanischer Wirkungsgrad

Es gilt -> nm x pi = pe

Aus diesem Grunde können der im Teiler der Formel stehende mechanische Wirkungsgrad und mittlere indizierte Kolbendruck durch den mittleren effektiven Kolbendruck ausgetauscht werden. Dies ist zum Nachrechnen ausgeführter Maschinen einfacher, weil in der Literatur meistens der effektive mittlere Kolbendruck genannt wird.
Es sei noch erwähnt, dass der mechanische Wirkungsgrad für einfachwirkende Maschinen zwischen 0,72 und 0,82 und der für doppeltwirkende Maschinen zwischen 0,78 und 0,9 liegt. Die Motoren der Deutschland hatten einen nm von 0,8215 und die der Leipzig einen solchen von 0,8201. Für einen ersten Ansatz kann dieser bei doppeltwirkenden Maschinen mit 0,82 angenommen werden.
Das Hubverhältnis k sollte nicht unter 1,3 – 1,4 für mittelschnellläufige Maschinen liegen. Die Maschinen der Leipzig (30/44) liegen bei 1,467, die der Nürnberg (32/44) bei 1,375 und die der Deutschland (42/58) bei 1,381. Die von Peter K. in einem anderen Thread genannten Motoren mit D/S = 46/64 lagen demnach bei k = 1,391 und mit D/S = 46/67 bei k = 1,457. Alle Werte für k sind auf die dritte Stelle nach dem Komma auf- bzw. abgerundet.

Wie oben bereits in der Erklärung zu der Formel für die Berechnung des Zylinderdurchmessers genannt, wird für die Berechnung bei doppeltwirkenden Maschinen nur die Leistung einer Zylinderseite benötigt. Um am Ende die Leistung des ganzen Zylinders zu ermitteln, muss der mit der nachfolgend genannten Formel errechnete Wert der Zylinderleistung mit 1,88 multipliziert werden um den notwendigen Abzug der Kolbenstange, welche die Fläche bzw. das Volumen der unteren Zylinderseite mindert, zu berücksichtigen.

Die Formel zur Leistungsberechnung einer Zylinderseite lautet:

Durch einfachen Austausch von pi durch pe kann statt der indizierten, die effektive Leistung berechnet werden.
Falls der Durchmesser der Kolbenstange bekannt ist, kann selbstverständlich die nutzbare Fläche der unteren Kolbenseite separat ermittelt und somit die Leistungen der oberen und unteren Zylinderseiten getrennt berechnet und im Anschluss addiert werden.

Als Anlage füge ich eine kleine Excel-Datei bei, mit deren Hilfe, mit größtmöglicher Annäherung, die Zylinderabmessungen (Durchmesser und Hub), die effektive Leistung und das Gewicht ermittelt werden können. Das beim Nachrechnen gebauter Motoren nicht unbedingt die exakten Werte erreicht werden wird nicht garantiert, ist aber nicht unmöglich.
Beim Nachrechnen der Maschinen von Leipzig und Nürnberg fällt auf, dass diese bei gleicher Leistung unterschiedliche Zylinderdurchmesser hatten. Weil die Drehzahl der Maschinen identisch war und das Durchmesser-Hubverhältnis gegeben war, nahm ich an, dass der effektive mittlere Kolbendruck ebenfalls unterschiedlich sein müsste. Es ergab sich, dass der effektive mittlere Kolbendruck der Maschinen der Nürnberg deutlich niedriger lag, als der der Leipzig. Während dieser bei Leipzig in der Literatur mit 5,7 angegeben wurde, habe ich für Nürnberg einen solchen von knapp unter 5 ermittelt und ich fand in der Literatur tatsächlich einen Wert von 4,9.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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