Inseldesign der IJN-Träger; Flugdeckbewegungen

Begonnen von Big A, 03 September 2007, 18:48:16

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Big A

1. Die japanischen Träger Hiryu und Soryu hatten die Insel jeweils Stbd und Bb um verschiedene Anflug"pattern" (mir fällt kein adäquates deutsches Wort ein) zu ermöglichen. Gibt es irgendwo hierzu Erfahrungsberichte?

2. Die Trägerinseln auf IJN - Trägern waren vergleichsweise klein und beengt (keine ausgewiesene Flaggoffizier - Operationszentrale) und taugten nicht besonders als Führungsschiff (vgl. hierzu u.a. Parshall, "Shattered Sword") warum wurde dieser Design nicht abgeändert analog den US-Flottenträgern?

3. Warum wurden auf IJN - Trägern nie Fahrzeuge zur Bewegung von Flugzeugen eingesetzt; man setzte immer auf Personal, um Flugzeuge per Hand zu bewegen.
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

harold

Zu deinem Punkt 2:

ursprünglich waren ja auf den "Prototypen" Kaga und Akagi die Schiffsführung vorne, unter dem vorderen Ende des Flugdecks über dem "Jägerstartdeck" untergebracht. Die eher kleine "Insel", die dann mit den Umbauten dazukam, war offenbar erst als reiner Flugleitstand gedacht.
Schau ich mir Furious an, dann bliebs auch bei den Briten noch bis ca 44 so.

Die beiden Kraniche (Sho- und Zuikaku) scheinen die ersten gewesen zu sein, bei denen Schiffsführung und Flugleitstelle in der Insel vereinigt worden sind ... und offenbar hat da jemand entwurfsmäßig nicht auf die Anforderungen der Fliegerei reagiert - oder gab es solche Anforderungen für eine zentrale Flug-Leitstelle gar nicht?

Spätere Entwürfe und reale Bauten haben ja dann doch eher ausgewachsene Inselaufbauten, also dürfte bald mal ein Umdenken eingesetzt haben.

Soweit meine ersten Ideen dazu; jetzt gilts nur noch diese zu untermauern ... :wink: !

Ciao,
Harold

4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

harold

Mal n paar ,,Indizien" gesucht, für die weitere Entwicklung.
Am 26.1. 42 stellt Shoho in Dienst, Glattdecker ohne Insel:



Die Junyô folgt am 5.5. 42,  ihre Schwester Hiyô am 31.7. 42; beide hatten ziemlich ,,ausgewachsene" Inseln,





...und ebenso der ,,Nachzügler" Taihô (die recht dominanten Aufbauten der Shinano lass ich nu mal beiseite) :



Also hat da so gegen Ende der 30-er-Jahre ein Umdenken eingesetzt (ich geh jetzt mal vom Entwurfszeitraum aus) hin zu einer für Schiffsführung und Flugüberwachung brauchbaren Insel. Geht natürlich auch einher mit der Ableitung der Rauchgase über Deck (und nicht mehr die seitwärts-abwärts gekrümmten "halfpipes").
Zumindest auf den großen Trägern.

Guckt man sich nämlich die ganzen kleineren Träger an (Taiyo, Unyo, Chuyo 1942 als Schwestern; Ryuho 1944 als Nachzügler) sowie die Umbauten aus Fahrgastern, so hat keiner von denen eine Insel.
Vermutlich : sonst zu wenig Platz aufm Flugdeck, und eventuell auch Stabilitätsprobleme aufm doch recht schlanken Rumpf asymmetrisch Gewicht aufzutoppen.
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Zum Punkt 3 (warum keine Rangierfahrzeuge) vermute ich mal, dass Menschen eher verfügbar waren als (Traktor-)Motoren, und Reis allemal billiger zu haben als Diesel...
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Zu 1 (Anflugschneisen StBd/BBd symmetrisch bei Verbandsoperation) glaube ich irgendwo mal was gelesen zu haben (lang her!), dass nämlich Ausweichlandungen auf dem jeweils anderen Träger zu vermehrten Bruch geführt hätten, aufgrund von falscher Einschätzung der "anderen Kurve" durch die Piloten. Die Quelle dazu ist mir nicht mehr erinnerlich..., leider!

Harold

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- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Ralf

Hallo harold: Wie immer eine Augenweide, Deine Antworten...Schön ist das!

zu 3. noch: Zu beginn des Krieges waren die Flugzeuge noch recht leicht. Das änderte sich gerade bei den Amerikanern später dann doch arg... Eine Zero war eben leichter mit Manneskraft zu bewegen als nachher eine Avenger...
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Peter K.

... zu 1. glaube ich auch folgendes gelesen zu haben:

In der Anfangszeit der Flugzeugträger mit Insel war man sich nicht recht darüber im klaren, wohin diese Insel hin sollte - an die Backbord- oder an die Steuerbordseite? ... und so wurde beides gemacht!
Mussten Trägerpiloten nun plötzlich aus irgendeinem Grund ihre Landung abbrechen und durchstarten, kamen sie erfahrungsgemäß von einer gedachten Ideal-Mittellinie nach links ab, vermutlich auch durch die Drehrichtung des (Zug-)Propellers begünstigt. Stünde da, nämlich an der Backbordseite, nun eine Insel, wäre das dem ganzen Manöver ziemlich abträglich ---> Insel an der Steuerbordseite!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Ralf

Aha, das ist die erste Begründung, die mir wirklich einleuchtet!  :MG:
Gruß
Ralf
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Gorch Fock

Spee

#6
@Peter,

das Abdrehen nach einem mißglückten Landeanflug wurde unbewußt von fast allen Piloten nach links durchgeführt. Ist den britischen Flugdeckoffizieren auf "Furious" und "Argus" 1918 durch zufällige Beobachtung aufgefallen. Deshalb kamen die britischen Brücken nach Steuerbord. Bei den japanischen Trägern hatte die Sonderausführung bei "Akagi" und "Hiryu" wohl einen spezifischen Grund, der damit begründet wird, daß man bei passender Gelegenheit beide "Zwillinge" ("Akagi" und "Kaga" bzw. "Hiryu" und "Soryo") aneinander legen wollte. Sozusagen einen richtigen schwimmenden Flugplatz "bauen". Die Brücken beider Träger standen sich damit direkt gegenüber, was eine Befehlsübermittlung deutlich einfacher gestaltet.

@Harold,

"Taiho" ist in diesem Sinne kein Nachzügler, sondern die Quintesenz aller japanischen und international gemachten Erfahrungen bis Mitte 1942. Eigentlich die durchdachteste und beste Trägerkonstruktion des 2.Weltkrieges.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Ralf

@Spee: Woher hast Du das mit dem "gegenüber liegenden Inseln zur besseren übergabe der Befehle?"...
Gruß
Ralf
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Gorch Fock

Spee

@Ralf,

gute Frage! Ich weiß es nicht mehr. Aber einer der Designgründe wird damit erklärt. Nur wo stand's?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Spee

@Big A,

verbessert wurde die Konstruktion der japanischen Inseln ständig. Ist halt eine Frage der Erkenntnis und die braucht Zeit und Erfahrung. Die amerikanische Technikkommission betrachtete z.B. das Insel-Design der "Katsuragi" ("Unryu"-Klasse) als bemerkenswert gut durchdacht.
Hier mal die Aufteilung der Insellevel auf "Taiho":

Flight deck: Direction finding room, duty room for pilots, weather station
Lower bridge deck: Direction finding room, radio room, air operations room, dayrooms for the flag officer, chief of staff, captain, and navigating officer
Upper bridge deck: Navigating, operations, chart, radio, and direction finding rooms, 1st air defence control station
Compass bridge deck: Compass bridge, command handling over room, searchlight control station, flight deck control station (take-off and landing)
Anti-aircraft control platform: Look-out stations, radar room, command central for air defence officers

Quelle: Lars Ahlberg, Hans Lengerer; Taiho Vol.1, Encyklopedia Okretow Wojennych. Absolute Empfehlung für IJN-Träger-Fans!! Zweisprachig polnisch/englisch.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

SchlPr11

Vom SchlPr.11:
Aus meiner Zeit, in der ich mich noch ausführlicher mit Flugeugträger befaßt habe, meine ich mich zu erinnern, daß es ein japanisches Einsatzkonzept von Großverbänden gab. Dieses sah so aus, daß homogene Trägerpaare zusammen operierten, wirklich eine Art Flugpaltz bildeten, aber die Inseln dabei außen gefahren wurden. So entstand ein freies Flugareal während des Operierens.
Nun wäre es doch interessant, ob bei Einsätzen Pearl Habour, Midway usw. AKAGI/KAGA und SORYU/HIRYU entsprechend solche "Pärchen" bildeten.
Aber wo stand es, auch hier die Frage: Fuchida oder in einer Modellbesprechung jap. Träger im "Hamburger Rundbrief"....
Beste Grüße

Peter K.

... für dieses paarweise operieren japanischer Träger spricht meines Erachtens auch die bekannte "Schachelformation", die ja noch bei Pearl Harbor zur Anwendung kam - d.h. immer zwei Träger nebeneinander, dahinter das nächste "Pärchen" usw.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

harold

Eine Frage geht mir da noch durch den Kopf:

Soryu und Hiryu waren ja nicht "spiegelverkehrt" gebaut, beide hatten die Schornsteine steuerbord außenbords, Soryu auch die Insel an Stbd, Hiryu an Bbd.
Ähnlich mit Kaga und Akagi; Kaga beides Stbd, Akagi Insel Bbd, Schornstein Stbd.

Mal ein unmaßstäbliches Bild eines Anflugschemas:



...auch wenn man die beiden jetzt vertauschen würde (Inseln außen), in jedem Fall muß bei einem symmetrischen Pattern der Anflug auf den rechts stehenden Träger durch dessen Abgasfahne.
Auch nicht grad logisch, oder?

Oder wie hat man sich das Anflugschema vorzustellen?

Ciao,
Harold



4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

t-geronimo

Die Abgasführung auf Hiryu und Akagi wurde bei den Umbauten nicht von Steuerbord nach Backbord geändert, weil dies zuviel wertvollen Hangarplatz gekostet hätte (lt. Norman Polmar).
Als man bei Tests mit Akagi feststellte, daß es dadurch Probleme gab, war es zu spät, Hiryus Design zu ändern und Akagi nochmals umzubauen.

Von einem direkten "Großflugplatz" der Trägerpaare schreibt Polmar nichts. Vielmehr ging es wohl darum, daß in größeren Verbänden die Träger so platziert werden sollten, daß alle gleichzeitig von ihren Fliegern angeflogen werden konnten, ohne daß Einflugschneisen sich kreuzten oder zu dicht beieinander lagen und somit Koordinations-Probleme entstanden.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Ralf

Hm, harold, wenn ich mit 33kn gegen den Wind fahre, um meine Flieger starten zu lassen, gehen da die Rauchschwaden nicht eher seitlich weg? Die Japaner haben ja auch spät immer wieder diese Variante dieser Schornsteinplatzierung gewählt...

Aber diese Tatsache lässt doch das Konzept des "Flugplatzes" fraglich erscheinen, oder?

Die mächtigen Aufbauten der USS Saratoga und der USS Lexington sollten dem Flugbetrieb sicher den Rauch vom Hals gehalten haben, aber was war mit seitlichen Winden die auftraten, wenn die schweren Maschinen aus dem Windschatten der Aufbauten heraus beschleunigten? Gab es da dann Probleme? Bei den Japanern war dies ja erst bei späteren Bauten eine Tatsache…

PS.: Harold: Super grafische Aufbereitung! So mal eben! Hut auf!
Gruß
Ralf
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Gorch Fock

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