Wer hat Schuld am Abstieg und Untergang der Deutschen Kriegsmarine.

Begonnen von Benny-U-30-Licht, 22 Oktober 2008, 16:32:33

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Herr Nilsson

Ich frage mich gerade, ob es - wie im Threadtitel postuliert - überhaupt einen Abstieg und Untergang der deutschen Kriegsmarine gegeben hat. Und wenn ja, inwiefern das dann überhaupt so besonders bemerkenswert ist im Vergleich zu dem dann wohl auch zeitgleich stattfindenden Abstieg und Untergang von Luftwaffe und Heer.
Gruß Marc

Kosmos

@Spee
Zitatdie Verdopplung der geplanten Flottenstärke innerhalb von 2 Jahren ist nicht ungewöhnlich?
Verdoppelung von "sehr wenig" ist zuert kein Akt der Agression, Deutschland hatte eben eine riesige Handelsflotte, Feinde wie Russland und Frankreich die über starke Flotten verfügten und Deutschland hatte wirtschaftliche Stärke. Ich sehe an der Größe geplannten Flotte nichts außergewöhnliches, diese entspricht durchaus wirtschaftlichen Situation des Reichs und der Bedrohungslage.
ZitatUnd wie kommt die deutsche Armee als Bedrohung des Empire zum Zuge?
Besetzung von Belgien?
Aber das wichtigste ist mögliche deutsche Hegemonie auf Kontinent.

Kriegsverlauf hat das bestätigt, deutsche Flotte war keine Bedrohung, die eigentliche Schlacht wurde geschlagen um die Beherrschung des Kontinents, da war die meisten englischen Soldaten gefallen.

@bodrog
Risikogedanke ist in der Tat das was man ihm vorwerfen muss, eine Illusion. Dagegen sind seine Leistung und Leistungen seiner Mitarbeiter bei Aufbau der Hochseeflotte einfach nur bewundertswert.

@Leutnant Werner
ZitatDie Deutsche Marinerüstung hatte die Briten schon 1904 in eine Entente mit Frankreich getrieben. Und das völlig unnötig. Man bedenke: 1890 hatte die Marine ein Sammelsurium von rund einem Dutzend hochseefähigen älteren Panzerschiffen. Zwischen 1891 und 1905 entstand dann eine Marine, die über neue 24 Schlachtschiffe (in Dienst oder vom Stapel) und 8 Küstenpanzerschiffe verfügte, und von den "alten Eimern" waren auch nochmal wenigstens 4 effektiv modernisiert worden.
Und Du denkst, die deutsche Marinerüstung bis 1905 war nichts Außergewöhnliches? Da muss eine Wahrnehmungsstörung vorliegen...
nicht außergewöhnlich im Sinne dass diese Flotte für Deutsches Reich, seine Möglichkeiten und Bedrohungslage durchaus angemessen war









oekonom

Ich kann die Frage nicht nachvollziehen. Die Marine ist ein Teil des Deutschen Systems gewesen, welches durch die Nazis in einen Krieg geführt wurde, der nicht zu gewinnen war. Sie sollte die Kriegsmarine ein anderes Ergebnis erzielen, als das Ergebnis des gesammten Systems?  :?

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Kosmos am 05 April 2011, 19:35:22
Dagegen sind seine Leistung und Leistungen seiner Mitarbeiter bei Aufbau der Hochseeflotte einfach nur bewundertswert.

ich stimme auch mit anderen deiner Gedanken nicht überein, aber bei diesem Satz fühle ich mich veranlaßt, zu widersprechen.

Den Aufbau einer Hochseeflotte für die Schlacht in der deutschen Bucht, die dann der britischen Fernblockade mehr oder weniger machtlos gegenüberstand, halte ich nicht für bewundernswert. Es entspricht guter militärischer Planung (z.B. des deutschen Generalstabs), die "gegnerischen Möglichkeiten des Handelns" in die eigene Planung miteinzubeziehen. Ist das hier etwa erfolgt ?
Die finanzielle Planung erfolgte mE mit einem Vorgehen, das einer bewußter Täuschung des Reichstags gleichkam. Spätestens 1912/13 stand man mehr oder weniger vor dem finanziellen "Aus" dieser Planung, als die Heeresplanung wieder Priorität erhielt.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Leutnant Werner

@106:
Sich ein Flotte finanziell leisten zu können, ist ein Aspekt. Sich mit einer unnotwendigen Flotte unnötig einen neuen Feind schaffen, der vorher eine freundliche Haltung hatte, ist ein anderer. Zu den "Vettern", wie sie damals hießen, bestanden nämlich bis ca 1903 freundliche Kontakte.
Die deutsche Flottenrüstung hätte sich darauf beschränken sollen, die Russen in der Ostsee kontrollieren, eine französische Blockade in der Nordsee aktiv abwehren und mit Hilfe von mehr Auslandskreuzern den französischen Handelskrieg gegen die deutsche Handelsflotte in Schranken zu halten - immer darauf vertrauend, dass die "Vettern" neutral bleiben.
Abschließend sei der Hinweis gestattet, dass die entscheidenden Schlachten des ersten Weltkrieges nicht in der Nordsee, sondern auf den Schlachtfelder der Champagne, im Artois, in Flandern und in Lothringen, in Polen und der Ukraine ausgefochten wurden. Deutsche Kriegsschiffe haben meines Wissens nicht daran teilgenommen, britische auch nicht. Und all dies ist noch bitterer, weil die beiden Hauptgegner in vieler dieser Schlachten, Frankreich und Rußland, als Gegner betrachtet wurden, schon bevor die Flottenrüstung der Deutschen einsetzte.

Kosmos

Zitat von: Urs Hessling am 06 April 2011, 19:43:32
moin,

Zitat von: Kosmos am 05 April 2011, 19:35:22
Dagegen sind seine Leistung und Leistungen seiner Mitarbeiter bei Aufbau der Hochseeflotte einfach nur bewundertswert.

ich stimme auch mit anderen deiner Gedanken nicht überein, aber bei diesem Satz fühle ich mich veranlaßt, zu widersprechen.

Den Aufbau einer Hochseeflotte für die Schlacht in der deutschen Bucht, die dann der britischen Fernblockade mehr oder weniger machtlos gegenüberstand, halte ich nicht für bewundernswert. Es entspricht guter militärischer Planung (z.B. des deutschen Generalstabs), die "gegnerischen Möglichkeiten des Handelns" in die eigene Planung miteinzubeziehen. Ist das hier etwa erfolgt ?
Die finanzielle Planung erfolgte mE mit einem Vorgehen, das einer bewußter Täuschung des Reichstags gleichkam. Spätestens 1912/13 stand man mehr oder weniger vor dem finanziellen "Aus" dieser Planung, als die Heeresplanung wieder Priorität erhielt.

Gruß, Urs
natürlich ist das erfolgt!
Du vergißt die Ausgangslage bei der Tirpitz angefangen hat, es war keineswegs eine Fernblockade die man zu damaligen Zeitpunkt früchtete.
Reale Bedrohungslage war eine Nahblockade mit möglichen englischen Operationen in der Ostsee... weil deutsche Flotte damals viel zu schwach war.

Tirpitz hat eine Flotte gebaut die hinausfahren konnte und eine Begegnung mit GF ohne größere Verluste zu überstehen, gar dem Gegner schwerere Verluste beizubringen, eine grandiöse Leistung gemessen am Zustand zu Beginn. Das ist der Grund warum Fernblockade zu einer englischen Option wurde, vor 15 Jahren undenkbar.
Ja diese Flotte war 1914-1918 passiv aber ist das wirklich Schuld von Tirpitz?
Hatte er 1914-1918 das Sagen in der operativen Plannung der Marine aber auch des Heeres?
Ich habe auf einer Seite diese Leistung von Tirpitz&co und auf der anderen z.B. die Zeitgenossen in Zarenreich und was sie da fabriziert haben...
ZitatDie deutsche Flottenrüstung hätte sich darauf beschränken sollen, die Russen in der Ostsee kontrollieren, eine französische Blockade in der Nordsee aktiv abwehren und mit Hilfe von mehr Auslandskreuzern den französischen Handelskrieg gegen die deutsche Handelsflotte in Schranken zu halten - immer darauf vertrauend, dass die "Vettern" neutral bleiben.
Abschließend sei der Hinweis gestattet, dass die entscheidenden Schlachten des ersten Weltkrieges nicht in der Nordsee, sondern auf den Schlachtfelder der Champagne, im Artois, in Flandern und in Lothringen, in Polen und der Ukraine ausgefochten wurden. Deutsche Kriegsschiffe haben meines Wissens nicht daran teilgenommen, britische auch nicht. Und all dies ist noch bitterer, weil die beiden Hauptgegner in vieler dieser Schlachten, Frankreich und Rußland, als Gegner betrachtet wurden, schon bevor die Flottenrüstung der Deutschen einsetzte.
wäre deutsche Flotte 30-40 Prozent schwächer aber sonst die Art Politik zu machen, aggresive Rhetorik, die gleichen, dann hätte man ein freundliches England? Trotz Einmarsch in Belgien, möglichen deutschen Sieg über Frankreich und Russland?

Einsatz der zahlreicheren englischen Kriegsschiffe in den aufgezählten Landschlachten war übrigens auch bescheiden.

Leutnant Werner

Meeschder,

"Einsatz der zahlreicheren englischen Kriegsschiffe in den aufgezählten Landschlachten war übrigens auch bescheiden"

Du sagst es! Und es wird nicht besser dadurch, dass Du mich wiederholst!

Kosmos

vielleicht zeigt das, dass es nicht deutsche Schlachtschiffe waren die zu dieser Gegnerschaft führten?
Das ist ein Widerspruch wenn die Leute auf einer Seite schreiben was die Hochseeflotte alles provoziert haben soll und auf anderen Seite nicht müde werden zu betonen wie harmlos sie doch im Krieg war, ja was nun, waren die Engläder so dumm dass sie wegen einer harmlosen deutschen Flotte in den Krieg zogen?

Oder lagen die Gründe für englische Feindschaft und vorallem Kriegseintritt eher an der "kontinentalen" Politik?

ede144

Hallo

ich glaube ihr springt alle etwas zu kurz. England hat sich 200 Jahre lang bemüht auf dem Kontinent ein Gleichgewicht zu erhalten. So hat unter anderem Friedrich der Große mit englischem Gold die Franzosen in Europa beschäftigt und es den Engländern erlaubt ihr Kolonialreich zu erweitern. Mit dem Kaiserreich und der industriellen Revolution ist Deutschland erstarkt und damit automatisch zu einem Rivalen Englands geworden. Man (Kaiser Wilhelm) hat das wahrscheinlich unterschätzt und auf die verwandtschaftlichen Beziehungen gesetzt. Letztendlich lief es nach der Absetzung Bismarcks auf einen großen Krieg zu, mit kaiserlicher HSF oder ohne. Ohne tirpitzsche Flotte hätte die RN dann halt die deutschen Küstenstädte beschossen und die Russen in der Ostsee unterstützt.
Ein weiterer Schwachpunkt war natürlich die deutsche Reichsverfassung mit dem Kaiser als obersten Kriegsherrn und einer Reichsregierung, die zwar im Parlament das Geld beschaffen durfte, aber keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Militär hatte. Auf Neudeutsch der IBUK war also der Kaiser und nicht Verteidungsminister, Kanzler oder das Parlament. Somit konnte sich eine eigenständige Militärpolitik entwickeln, die z. T. sogar die Außenpolitik konterkarierte.
Dieser Geist hat bis in die 1940 Jahre angehalten was ja hier auch schon beklagt wurde.

Also der Aufbau der HSF war eine große Leistung, wie sie eingesetzt wurde ist diskutabel, ihre strategische Ausrichtung aber wieder zu kurz gesprungen. Aber wenn man die technischen Möglichkeiten betrachtet, wie hätte denn 1914 ein Linienschiff oder ein großer Panzerkreuzer mit ozeanischer Reichweite aussehen müssen?

Gruß
Thomas

Pam

Moin Thomas,

England war in sein in seiner Geschichte auch nicht so ganz ohne ... auch wenn es nicht um Thema passt, aber die Schlacht von Culloden gegen die Schotten spricht für sich.

Wie gesagt auch wenn es nicht zum Thema passt, ich wollte es nur mal gesagt haben damit kein falsches Bild von England entsteht.  :-)
Denn im Grunde waren die Engländer in ihrer Art schon ein wenig mit Arroganz den anderen Staaten gegenüber behaftet.

Ostseegruß von der Pam
Populanten von Domizilen mit fragiler, transparenter Außenstruktur sollten sich von der Transformation von gegen Deformierung resistenter Materie distanzieren ;)

ede144

Zitat von: Pam am 07 April 2011, 10:21:08
Moin Thomas,

England war in sein in seiner Geschichte auch nicht so ganz ohne ... auch wenn es nicht um Thema passt, aber die Schlacht von Culloden gegen die Schotten spricht für sich.

Wie gesagt auch wenn es nicht zum Thema passt, ich wollte es nur mal gesagt haben damit kein falsches Bild von England entsteht.  :-)
Denn im Grunde waren die Engländer in ihrer Art schon ein wenig mit Arroganz den anderen Staaten gegenüber behaftet.

Ostseegruß von der Pam

Irgendwer, ich glaube es war Fernau, hat mal Statistiken ausgewertet, wer denn die kriegerischsten Staaten waren, er hat das im Zusammenhang seiner bücher über Preussen gemacht, dabei hat er festgestellt, dass das friedliebende Großbritannien mit Abstand die meisten Kriege geführt hat und das militaristische, kriegslüsterne Preussen erst an Nummer 5 oder 6 folgte. Also ich weiß schon wie ich England einschätzen muß.

Gruß
thomas

Pam

Moin Thomas,

Zitat von: ede144 am 07 April 2011, 10:46:43

Irgendwer, ich glaube es war Fernau, hat mal Statistiken ausgewertet, wer denn die kriegerischsten Staaten waren, er hat das im Zusammenhang seiner bücher über Preussen gemacht, dabei hat er festgestellt, dass das friedliebende Großbritannien mit Abstand die meisten Kriege geführt hat und das militaristische, kriegslüsterne Preussen erst an Nummer 5 oder 6 folgte. Also ich weiß schon wie ich England einschätzen muß.

Gruß
thomas


Ich wollte Dir damit in keiner Weise zu nahe treten oder Dir "nicht Wissen" unterstellen.  :-(
Es war ein Einwurf im allgemeinen Sinne.

Ostseegruß von der Pam
Populanten von Domizilen mit fragiler, transparenter Außenstruktur sollten sich von der Transformation von gegen Deformierung resistenter Materie distanzieren ;)

Big A

*offtopicmodean*
ZitatAlso ich weiß schon wie ich England einschätzen muß.


Deshalb gilt immer noch der Marinebefehl No. 1:
Jeder Seemann, der in England an Land geht hat einen Stein mitzubringen; irgendwann ist die Insel endlich abgetragen :-D

*offtopicmodeaus*

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

oekonom


Leutnant Werner

@113: Agree, bis auf:

- Die Briten hätten garnix in Deutschland beschossen, denn Minenfelder und U-Boote hätten sie daran gehindert
- Auch wären die Briten nicht in die Ostsee vorgestoßen, denn da hätten ihnen von den vorgenannten Waffen noch mehr zugesetzt
- Wie schon gesagt, es hätte einer Flotte bedurft, die in der Lage gewesen wäre, die Russen und Franzosen in Schach zu halten. Pi mal Daumen würde ich für 1914 mit 8 Dreadnoughts rechnen. Von 8 Dreadnoughts hätten sich die Briten nicht provoziert gefühlt, hätte man sie auch nicht anderweitig provoziert, wären sie nicht in ein Bündnis und in den Krieg eingetreten. Großbritannien hätte als mögliche Gegner dann eher die Amerikaner und die Japaner auf dem Schirm gehabt und hätte seine Politik und seine Flotte dann auch anders disloziert.

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