Piraten vor Somalia

Begonnen von Albatros, 11 Oktober 2009, 11:25:10

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Elektroheizer

Zitat von: Albatros am 02 November 2010, 15:26:57
Zitat von: Elektroheizer am 02 November 2010, 15:03:23
Es geht nur leider unter, daß eine rein militärische Lösung nicht der Ausweg ist. Die Ausweitung der Piratenangriffe auf das offene Meer zeigt das ja.

Da hast Du ziemlich sicher recht!

Ich habe mich auch etwas unpräzise ausgedrückt, denn nicht Du hast Dich beschwert, das war eher ganz Allgemein von mir gedacht.

Sorry, hatte ich ebenfalls ganz allgemein gemeint und nicht als persönlichen Angriff aufgefasst.


Zitat von: Albatros am 02 November 2010, 15:26:57Mal zu den Piraten im Speziellen, nur weil es mal weniger Fische gab ( inzwischen haben die Bestände sich erholt ) wird gleich jeder Fischer oder Somalie zum Piraten, da muss man

auch schon eine gehörige Menge krimineller Energie mitbringen und selbst wenn es wieder reichlich Fisch gibt wird der Spuk nicht gleich aufhören, soviel und so Leicht ist mit Fischen

Sicher. Piraten gibt es ja auch im vergleichsweise weiter entwickelten Ostasien mit höherem Lebensstandard. Wenn ich mich nicht irre in Indonesien, wobei mir da die Hintergrundinformationen fehlen.
,,Ihr seid alle Individuen" - "Ich nicht!"

ufo

Hmmm... noch so ein, zwei nachdenkliche Anmerkungen von mir dazu was mit Fisch zu verdienen ist, wenn man den nicht auf dem Wochenmarkt verkauft sondern in groesseren Mengen, ob Piraten verarmte Fischer sind und ob eine 'fuer alle befriedigende Loesung' denn wohl moeglich ist.


Erstens:

Mit Fisch kann man wirklich total einfach Geld verdienen! Viel einfacher als mit Oel oder Edelholz, Erz oder Rohgummi. Fisch als Meeresschatz hat den Vorteil, dass der besitzende Staat keine Bergwerke braucht und keine Bohrtuerme. Der Staat braucht einfach nur eine funktionierende Kuestenwache, die Lizenzen prueft, Netzgroessen und Fangmengen kontrolliert. Nicht umsonst sind Staaten wie Island oder Canada mit Kriegsschiffen fuer ihre Hoheitsgewaesser in See gegangen.

Somalia braucht nicht seinen Fisch. Das ist mehr als die jemals essen koennen. Die Saudis verfahren ihr Oel auch nicht selbst und nicht ganz Malaysia ist mit Edelholzmoebeln vollgestellt. Somalia braucht fairen Handel statt Diebstahl.

Peter Lehr ein Piratenexperte an der Uni St. Andrews beschrieb die Piraterie vor Somalia mal sehr treffend als einen Kuhhandel wobei die Somalis jaehrlich 100 Millionen Dollar durch Piraterie einnehmen waehrend Europaeische und Asiatische Raubfischer 300 Millionen Dollar Fisch absammeln wuerden.

Die EU verdient immer noch; wenn ich auch denke (das ist aber mein Vorurteil), dass die Asiaten den groesseren Teil der Beute einfahren und gleichzeitig weniger an die Piraten blechen. Somalia aber waere besser dran wenn es stattdessen fuer seinen Fisch bezahlt wuerde.

Das aber – die Fischereiueberwachung und das kassieren der Lizenzgebueren kann der Staat Somalia im Moment nicht selbst machen. Das muss eine unabhaengige Organisation treuhaenderisch fuer die machen.


Zweitens:

Ich denke die Verbindung vom Fisch zum Sturmgewehr ist nicht so simpel.

Das sind keine traurigen Fischer, die da rausfahren und jetzt Jagd auf unschuldige Menschen machen. Das sind schon so richtige, echte, widerliche Piraten. Die machen das professionell. Ob es da viel oder wenig Fisch gibt es denen sowas von egal. Die verstehen nix vom Fischen. Das sind ganz normale Kriminelle, die ganz normal vor Gericht und in den Bau gehoeren.

Da darf man sich nicht von Gutmenschenpropaganda Maerchen erzaehlen lassen. Piraterie gibt es da seit zwanzig Jahren; seit ueber einem Jahrzehnt professionell. Die Piraterie ist entstanden aus einer Notwehr gegen Raubfischerei. Jetzt aber hat das wenig mit Fisch zu tun. Ein Pirat, der jetzt vielleicht einundzwanzig ist, war nie in seinem Leben Fischer. Viele weitere der aelteren Piraten dort waren vorher Milizionaere im Buergerkrieg. Untersuchungen zum Hintergrund der Piraterie dort zeigten einen eher geringen Teil ehemaliger Fischer auf. Die werden wohl gebraucht um die Boote zu fahren und zu navigieren. Aber im wesentlichen sind das schlicht und ergreifend Kriminelle.     


Von daher wuerde ich in dem Punkt auch Hans widersprechen wollen, dass es keine fuer Alle zufriedenstellende Loesung gibt. Ich denke der Ansatz die Piraten seinen verarmte Menschen, die sich ihren kargen Lebensunterhalt erarbeiten ist falsch. Denen schulden wir nichts. Denen schulded niemand was.

(Einschub des Gewissens: Das ist so nicht ganz richtig und dummes Stammtischniveau. Erfahrungen aus Buergerkriegslaendern wie Sierra Leone zeigen, dass ehemalige Moerder und Halsabschneider fuer das Wohl der Gesellschaft natuerlich wieder eingegliedert werden muessen. Die sind nicht Milizionaere geworden, weil die das Toeten so prima lustig finden. Solch ein Heilungsprozess einer Gesellschaft ist schon notwengig aber schwierig und langsam.)

In Loesungen ueber die Piraterie aber muss man die Piraten nicht einbeziehen. Die kriegen erstmal einfach was auf die Nase. Das beklauen von Somalia muss aufhoeren. Wenn eine Organisation wie die FAO in der Lage waere den lokalen Warlords mehr Geld aus Fischereilizenzen anzubieten als die Piraterie ins Land bringt, dann machen die lokalen Milizen der Piraterie relativ flott ein Ende. Aber im Moment ist ja nichtmal sicher ob die Kueste im Norden noch zu Somalia gehoert oder ob Puntland als unabhaengiger Staat aus der Chause hervorgeht.   


Und ich denke da sehen wir eines der Hauptprobleme an der Misere. Piraten kann man einfach so bezahlen. Die sind gewissermassen sowieso die Boesen.

In dem Moment aber wo man legal fuer Somalische Rohstoffe (Fisch) bezahlen will, entscheided man sich fuer eine Seite in diesem konfusen Land. Wer soll die Lizenzeinnahmen aus Fischerei bekommen? Soll man ein unanbhaengiges Puntland stuetzen oder soll man nach Mogadishu zahlen? Soll man diesen Warlord stuetzen oder jenen korrupten Politiker? In dem Moment wo man den Somalis Geld fuer ihre Naturschaetze aufdraengen moechte, damit die hoeheren legalen Einnahmen die Piraterie unattraktiv machen, in dem Moment muss man Stellung beziehen.

Piraten bezahlen ist politisch entschieden viel, viel einfacher. Da weiss man genau auf das Deck welchen Massengutfrachters man elf Millionen Dollar werfen muss. Wohin mit dem Geld aus Fischereilizenzen? Wie bezahlt man einen Staat, der faktisch nicht existiert? Ganz, ganz schwierig!
Gerade wir Westler haben schlechte Erfahrungen damit gemacht Geld (und Waffen) an Leute zu geben, die wir zehn, zwanzig Jahre spaeter gar nicht mehr wirklich moegen.

Ich denke auch da ruehrt eine gewisse Scheu unserer Politik her mit den Wurzeln des Problems umzugehen. 

Ufo

Captain Hans

Hallo Ufo

du widersprichst mir nicht , denn ich bin ganz deiner Meinung.

Aber wieder sehr schön und durchdacht geschrieben top top top

liebe Grüße nach Schottland

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Albatros

http://www.westfaelische-nachrichten.de/aktuelles/kultur/medien/1438063_Antonia_Rados_unter_Piraten.html

Ich hänge mal den Bericht auch hier mit ran, im vorletzten Absatz,..... es gibt kein Fisch mehr uns bleibt nichts anderes übrig!


Es findet schon seit längerem keine Überfischung oder überhaupt Fischfang vor Somalia statt, der Grund sind die Piraten, die auch die ausländischen Fischtrawler bedrohen.

Die Fischbestände sollen sich schon bereits wieder deutlich erholt haben.

Der letzte Absatz im Bericht zeigt was jetzt eigentlich in Somalia abgeht...... :O/S

:MG:

Manfred

mhorgran

ZitatNeue christliche Leitkultur: Wirtschaftskriege

Die neue christliche Leitkultur in diesem Lande, besonders verfochten von Unions-Christen samt Nachwuchs, nimmt immer mehr Konturen an. Das Kleinbürgertum und seine Vorbilder hetzen gegen Menschen, die der deutschen Christennorm nicht entsprechen. Die Hemmschwelle, sich in der Nähe von Rassisten zu positionieren, wird in Europa immer geringer. Innerhalb unserer Grenzen kommuniziert die Politik ihre Entscheidungen zugunsten mächtiger Wirtschaftsinteressen durch Polizeigewalt (Beteiligungen des Militärs laufen als Amtshilfe).
...
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33641/1.html

t-geronimo

Nach über einem Jahr in der Hand der Piraten ist ein britisches Paar endlich frei:

--/>/> http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,729033,00.html
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Ulrich Rudofsky

Ulrich Rudofsky

t-geronimo

Das nennt man in der freien Wirtschaft wohl "erfolgreiche Expansion".
Der Ort der Kaperung durch angeblich somalische Piraten lag näher an Indien als an Afrika:

--/>/> http://www.dvz.de/hintergrund/piraten/einzelseite/id/somalische-seeraeuber-kapern-erstmal-kurz-vor-indien.html
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

RonnyM

...auf alle Fälle ist die Globalisierung bei denen auch angekommen  :-D.

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Elektroheizer

Ich würde eher sagen, die haben sich ihren Anteil an der Globalisierung genommen. Die Erlöse wurden investiert für eine, auch entfernungsmäßige, Expansion des Betriebs.
,,Ihr seid alle Individuen" - "Ich nicht!"

Albatros

Söldner wollen bremische Schiffe schützen......

Da möchten noch mehr Leute ein bisschen Geld verdienen...... :O/Y

http://www.radiobremen.de/politik/nachrichten/politikwirtschaftreedereien100.html 

:MG:

Manfred

zollagent

Zitat von: Albatros am 29 Oktober 2010, 20:18:56
Mit ungewöhnlichen Mitteln wollen britische Schiffsversicherer und Reeder die Seeräuberei vor Somalia bekämpfen: Sie planen den Kauf von

20 bewaffneten Schnellbooten, die vor Afrika patrouillieren sollen. Ihr Einsatz sei preiswerter als die Lösegeldzahlungen für gekaperte Schiffe.

http://www.rp-online.de/wirtschaft/news/Deutsche-Reeder-gegen-private-Kriegsflotte_aid_923281.html

:MG:

Manfred

Wären das rechtlich nicht ebenso gesetzlose Aktionen wie die der Piraten? Selbstjustiz scheint mir nicht angebracht. Und so lange die Schiffe nicht unter der Flagge unserer Länder fahren, um möglichst viel von den Einnahmen nicht versteuern zu müssen, habe ich recht wenig Mitleid mit den Reedern, wenn ihnen ihre Kähne weggenommen werden. Mit den Besatzungen sieht das selbstverständlich anders aus. Das sind die armen Schweine, auf deren Rücken das Ganze ausgetragen wird.

Captain Hans

Hallo Zollagent

wären die Schiffe unserer Reedereien nicht unter ausländischer Flagge, wären sie nicht mehrkonkurenzfähig und alle pleite.
So sind wir aber immer noch eine der größten Schiffsbetreiber Nationen der Welt.
schau mal hier

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,8502.0.html

viele Grüße

Hans

,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

zollagent

Zitat von: Captain Hans am 16 November 2010, 14:33:11
Hallo Zollagent

wären die Schiffe unserer Reedereien nicht unter ausländischer Flagge, wären sie nicht mehrkonkurenzfähig und alle pleite.
So sind wir aber immer noch eine der größten Schiffsbetreiber Nationen der Welt.
schau mal hier

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,8502.0.html

viele Grüße

Hans





Nichts für Ungut, aber ich bin tatsächlich Zollagent und "nebenbei" studierter Betriebswirt. Ich kenne die wirtschaftliche Begründung. Trotzdem ist es so, daß es für "Rosinenpicken" nichts geben darf. Wer des Steuerzahlers Kröten haben will, sollte dem Steuerzahler auch seine Leistung nicht verweigern.

Edit: Irgendwas mit der Formatierung habe ich durcheinander gebracht. Sorry for that!


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