Das MLG 27, letzte Verteidigungslinie auf deutschen Schiffen?

Begonnen von Albatros, 01 Januar 2015, 17:16:51

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unwissend!

Mal ein paar Erfahrungen mit dem MLG auf Fregatten Klasse 122.

Zu meiner Zeit wurde das MLG nur als Waffe gegen Seeziele eingesetzt, Schießen auf selbstgebaute See-Übungsziele. Auch bei Übungsschießen auf geschleppten "Luftsack" mit der 76mm(per Radar oder optisch über die MSP500) wurde nie das MLG getestet. Da ich jetzt schon einige Jahre nicht mehr bei dem Verein bin kann ich allerdings nicht sagen ob sich da etwas geändert hat.

Wie Urs schon sagte gibt es nur 2 Feuermodi, 11 Schuss  oder 22 Schuss. Dann muss man den "Abzug" erneut drücken, Dauerfeuer gibt es nicht. Die Waffe ist Luftgekühlt. Die Zielzuweisung erfolgt per Hand, ein Bediener muss mit dem Joystick das Ziel optisch suchen und markieren damit es dann automatisch(nur über optische Sensoren) verfolgt werden kann. Also zur Flugabwehr, besonders von kleinen schnellen Objekten, nicht besonders geeignet. Wobei man dort natürlich etwas tricksen kann indem man sich Peilung und Entfernung, ermittelt von einer der Radaranlagen, geben lassen kann und dann die Waffe darauf manuell ausrichtet und wartet bis etwas auf dem Monitor auftaucht. ;)
Die Waffe ist stabilisiert und schießt dementsprechend genau.
Ein Beispiel: Schießen auf 3 Paletten(2 als Schwimmer und 1 aufrecht). Erste Salve hat ein schönes Loch in der aufrechten Palette hinterlassen. 2. Salve sah aus als ob sie hinter dem Ziel ins Wasser ging, aber bei Salve 3 und 4 konnte man dann erkennen das die Schüsse ab Salve 2 durch das vorhandene Loch gingen und dann kurz hinter dem Ziel im Wasser landeten. Also wurde Salve 5 vom Bediener, ohne automatische Zielverfolgung, per Joystick geschossen. Anvisiert wurde die Wasserlinie der Schwimmer-Paletten und nach der manuellen Salve schwammen nur noch einige Trümmer auf dem Wasser. Also gegen Speedboote eine klasse Waffe. Gegen FK muss man schon sehr verzweifelt sein und verdammtes Glück haben diesen überhaupt aufzufassen, bei einem so kleinen und schnellen Ziel bleibt dann nur die Frage offen ob man überhaupt trifft.

Der Putzaufwand nach einem Schießen ist nicht unerheblich. Da die Waffe ursprünglich, wie schon erwähnt wurde, bei der Fliegerei zur Anwendung kommt wird dort, so wurde mir gesagt, die Waffe ausgebaut und kommt dann in die "Reinigngsstraße" während der Flieger eine andere Waffe eingebaut bekommt. An Bord mangels Ersatzwaffe nicht machbar, sprich alles muss nach dem Schießen schön gereinigt werden. Dabei hat sich das Einlegen der Teile in Reinigungsmittel der Heizer für die Turbinen als recht brauchbar herausgestellt. ;)

Längere Ausfälle des MLG durch Störungen sind in meiner Erinnerung nicht hängen geblieben, wobei ich mich noch daran erinnern kann das wir auf einer Seite mit dem Vorgänger, dem 20mm Kartoffelschmeißgerät, häufig Probleme und auch längere Ausfälle hatten.

der erste

Da kommt bei mir die Frage auf, wird denn in der deutschen Marine überhaupt die Abwehr von Seezielraketen mittels Artilleriebewaffnung geübt, und wenn ja, wer nimmt daran teil, wie oft  und auf wen wird geschossen?
Soweit ich weiß bzw. gehört habe, werden Ersatzteile für das MLG über die Luftwaffe bestellt bzw. geordert. Ist das so? Verlängert man damit nicht Verwaltungswege?

Big A

Meines Wissens ist das MLG aus der Rohrwaffe des Tornados entwickelt worden. Wenn dem so ist, dann hat die Lw die Materialverantwortung gehabt (wie das nach der Umstrukturierung mit dem BAAIN ist, weiß ich nicht genau) aber dann bestellt man eben über die Lw, so wie für Kfz grundsätzlich über das Heer bestellt wird.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Albatros

Möchte mich noch für die interessanten Antworten bedanken, eine Frage blieb aber noch offen.Wie weit muss ein Ziel mindestens entfernt sein um von der RAM noch bekämpft werden zu können?

:MG:

Manfred

The Voice

Zitat von: Albatros am 10 Januar 2015, 18:02:19
Möchte mich noch für die interessanten Antworten bedanken, eine Frage blieb aber noch offen.Wie weit muss ein Ziel mindestens entfernt sein um von der RAM noch bekämpft werden zu können?

:MG:

Manfred
Moin!
Diese Frage lässt sich leider nicht mit einer konkreten Zahl ausdrücken.
Wie bei modernen CIWS /PDMS berechnet RAM abhängig von der relativen Zielgeschwindigkeit, ob ein Abfangen des Gegners überhaupt noch möglich ist.
Natürlich wird der Gefechtskopf des RAM erst nach einer gewissen Flugzeit "scharf", dieser Wert dürfte jedoch als Verschlusssache "eingestuft" sein.

Gruß: Uwe
In God we trust - all others we track

Albatros

Zitat von: The Voice am 10 Januar 2015, 19:44:34

Natürlich wird der Gefechtskopf des RAM erst nach einer gewissen Flugzeit "scharf", dieser Wert dürfte jedoch als Verschlusssache "eingestuft" sein.

Gruß: Uwe

Moin Uwe,

könnte man da mindestens 500 Meter für veranschlagen, oder eher mehr oder weniger?

:MG:

Manfred

unwissend!

#21
Eine offizielle Angabe kenne ich nicht, wird wohl unter "classified" laufen.
Im Internet findet man auch nur wenig. Auf folgender Seite wird für den RIM-116D folgendes angegeben: "Its engagement envelop is between 0.25 miles (402.34 m) and 12.50 miles (20.12 km)."
http://z4.invisionfree.com/NSDraftroom/ar/t4610.htm

Ob die Angabe der minimum Reichweite stimmt und inwieweit sie für die kleineren RAM 1A gelten, keine Ahnung.

Albatros

#22
Zitat von: unwissend! am 11 Januar 2015, 19:23:05
Eine offizielle Angabe kenne ich nicht, wird wohl unter "classified" laufen.
Im Internet findet man auch nur wenig. Auf folgender Seite wird für den RIM-116D folgendes angegeben: "Its engagement envelop is between 0.25 miles (402.34 m) and 12.50 miles (20.12 km)."
http://z4.invisionfree.com/NSDraftroom/ar/t4610.htm

Ob die Angabe der minimum Reichweite stimmt und inwieweit sie für die kleineren RAM 1A gelten, keine Ahnung.


Ich könnte mir vorstellen das die Angaben auch für die RAM 1A zutreffen, dann wäre man damit auf den letzten 400 Metern Verteidigungslos. Da würde ich doch ein echtes CIWS ( Rohrwaffe ) dem MLG 27 vorziehen oder dem zumindest eins an die Seite stellen....... :MZ:

:MG:

Manfred

unwissend!

400m sind ja auch nicht mehr gerade viel "Zeit". Selbst die langsameren Seezielflugkörper schaffen die Strecke unter 2 Sekunden während die schnelleren Vertreter nach etwa 0,5 Sekunden anklopfen.
Wenn die Möglichkeit(Platz...) besteht wird je nach anfliegendem FK das Schiff in "bevorzugte" Position gebracht um geringstmögliche Radar Signatur des Schiffes zu bieten und möglichst alle Abwehrmaßnahmen nutzen zu können(auf 122er) SeaSparrow, 76mm, RAM, ELOKA, SRBOC. Hilft das alles nichts brauch man sich um die letzte Sekunde wohl auch keinen Kopf mehr machen.  :-D

J.I.M

Auch auf die Gefahr hin, dass das einige nicht gern hören:

Es is für mich verständlich, dass bei der Bundeswehr momentan für viele Marinefähigkeiten wie Ubootabwehr und Flugkörperabwehr nicht so viel Resourcen reingesteckt werden, da uns hierfür einfach das Bedrohungsszenario fehlt. Mit dem RAM ist man gegen das, was im ungünstigsten Fall kommt, ganz gut gerüstet und die 27mm ist für die sonstigen Aufgaben geeignet.(Speedboote etc.)

JIM

der erste

Zitat von: unwissend! am 26 Januar 2015, 19:49:56
400m sind ja auch nicht mehr gerade viel "Zeit". Selbst die langsameren Seezielflugkörper schaffen die Strecke unter 2 Sekunden während die schnelleren Vertreter nach etwa 0,5 Sekunden anklopfen.
Wenn die Möglichkeit(Platz...) besteht wird je nach anfliegendem FK das Schiff in "bevorzugte" Position gebracht um geringstmögliche Radar Signatur des Schiffes zu bieten und möglichst alle Abwehrmaßnahmen nutzen zu können(auf 122er) SeaSparrow, 76mm, RAM, ELOKA, SRBOC. Hilft das alles nichts brauch man sich um die letzte Sekunde wohl auch keinen Kopf mehr machen.  :-D

Es ist völlig egal wie Du das Schiff positionierst. Wenn der Suchkopf dich einmal aufgefasst hat, gibt es nicht  viele Möglichkeiten ihn abzuwehren. Das Abdrehen hat nur den Zweck, möglichst viele Abwehrwaffen auf das anfliegende Objekt zu richten und zum Einsatz zu bringen. Wenn diese natürlich aus verschiedenen Richtungen kommen (und es kommt in der Regel nicht nur eine, rechne mal mit mindestens 2) hast Du als Einzelfahrer ein Problem. Aber auch im Verband- dann kommen noch mehr. Und wenn diese dann auch noch selbst Störmittel einsetzen, auf Überschall beschleunigen, Abwehrmanöver fliegen... schließ ich mich deinem letzten Satz an.

oleg69

Frage meinerseits:
Könnte man aus dem System MANTIS der Luftwaffe nicht was brauchbares für die "Dickschiffe" der Marine zaubern ?
Für Klasse 125 sicherlich zu spät, aber dann halt für die nächste Fregattenklasse.     

http://youtu.be/PMDJ0bwn4sE

Gruß Olaf  :O/Y
Si vis pacem, para bellum.

Albatros

Zitat von: oleg69 am 26 Januar 2015, 21:10:39
Frage meinerseits:
Könnte man aus dem System MANTIS der Luftwaffe nicht was brauchbares für die "Dickschiffe" der Marine zaubern ?
Für Klasse 125 sicherlich zu spät, aber dann halt für die nächste Fregattenklasse.     

http://youtu.be/PMDJ0bwn4sE

Gruß Olaf  :O/Y

Bekämpft sogar Artillerie und Mörser Granaten ....... 8-)

:MG:

Manfred

unwissend!

@der erste
Ich kann nur aus meiner Erfahrung auf Fregatten der Klasse 122 sprechen und wollte hier auch keine Abhandlung über verschiedene Seezielflugkörper und die Wahrscheinlichkeit der Abwehr, auf welchen Einheiten auch immer, verfassen.

Zitat von: der erste am 26 Januar 2015, 21:07:17
Es ist völlig egal wie Du das Schiff positionierst. Wenn der Suchkopf dich einmal aufgefasst hat, gibt es nicht  viele Möglichkeiten ihn abzuwehren. Das Abdrehen hat nur den Zweck, möglichst viele Abwehrwaffen auf das anfliegende Objekt zu richten und zum Einsatz zu bringen.
Wer sagt denn das die Abwehr eines FK erst dann beginnt wenn mich sein Suchkopf erfasst hat? Die richtige Positionierung des Schiffes zum FK reduziert die Radar-Rückstrahlfläche meines Schiffes, kombiniert mit SRBOC habe ich wenigstens eine ETWAS höhere Chance das der Suchkopf mich eventuell nicht erfasst als wenn ich ihm meine Breitseite präsentiere(auch wieder nur auf F122er bezogen). Ob diese Methode einen modernen FK noch beeindruckt, wage ich allerdings auch zu bezweifeln, die Technik stammt halt noch aus einer Zeit wo Seezielflugkörper dann doch noch stupider waren.

Zitat
Wenn diese natürlich aus verschiedenen Richtungen kommen (und es kommt in der Regel nicht nur eine, rechne mal mit mindestens 2) hast Du als Einzelfahrer ein Problem. Aber auch im Verband- dann kommen noch mehr. Und wenn diese dann auch noch selbst Störmittel einsetzen, auf Überschall beschleunigen, Abwehrmanöver fliegen... schließ ich mich deinem letzten Satz an.
Etwas anderes habe ich nie behauptet. Darum auch die Bemerkung das ein FK die letzten, nicht mehr zu "verteidigenden" Meter in etwa 0,5 Sekunden überwindet.
Besonders bezogen auf eine F122er wird alles über einem FK problematisch, aus mehreren Richtungen sowieso. Aber sie waren ja auch zur U-Jagd konzipiert und nicht zur Verbandsflugabwehr, dafür gibt es ja die 124er Klasse.

Mein Posting zielte nur auf die "Enttäuschung" von Manfred ab, das dass MLG kein vollwertiges CIWS ist. Aber auch ein CIWS ist nur Teil der Abwehrkette gegen Flugkörper, und zwar der letzte.

Burkhard Schindler

Auch getretener Quark wird breit!
Aber im Ernst. Das MLG ist in Nachfolge der von den MZL übernommenen 43 Geschützen 2omm Rh202 eingeführt worden, als die Waffen am Nutzungsende waren und an Irland verkauft wurden. Das MLG als Nachnutzer der aus Alphajet und Tornado übernommenen Bordwaffen 27mm, die in einem Versuchsmuster Vierling an Bord eines Bootes S148 eingerüstet wurde, aber gnädigerweise die Bootspanten bei Rückstoss zerquetschten, der dann zum Illing mutiert und rechtzeitig zum Ersatz der Rh202 führte Zweck war niemals Flugabwehr! Das ist auf ansonsten wehrlosen Fahrzeugen nur im Notfall gegen fliegende Ziele zu benutzen, aber hauptsächlich wie auf Schiffen gegen kleine Seeziele.
Der Flugkörper RIM 116A RAM ist die innere Abwehrfront der Luftverteidigung.
Wenn man überlegt, dass ein getroffener Seeziel-FK wie MM38/Kormoran nach Treffern noch mindestens 2000 geradeaus geradeausfliegt und mit großen Fragmenten an Bord landet, ist klar, dass eine Rohrwaffe unter 35mm, die nur den gestreckten der Flugbahn nutzen kann, witzlos ist. Daher ist als Verbringungsmittel nur ein LFK wie z.B. RAM zweckmäßig.
Die innere Totzonen des RAM Blk.0 war mit 800m festgelegt, bei Blk.1 ist es 500m.
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