Bismarck-Klasse - ein fragwürdiger Entwurf?

Begonnen von Leopard2A6EX, 08 Februar 2012, 17:17:53

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Thoddy

#60
ZitatDaneben ist die 180mm KC/n.A. Frontplatte ist etwas stärker als 60 Grad geneigt.

um genau zu sein 68 Grad (wie die Böschung)

ZitatDass man die hohe Schussfolge aus praktischen Gründen nicht nutzt, kann man auch daran erkennen,
Schußfolge bei Dauerbeanspruchung ist eher dem Problem der Überhitzung der Rohre geschuldet (bei Dauerbeanspruchung  kann man 2 Schuß je minute als Faustwert nehmen)

Zitat...dass die Munition, um am Beispiel Bismarck zu bleiben, bei 150 Schuss..
105 je Rohr geplant Kriegsoll geringfügig drüber
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

ede144

Zitat von: Leopard2A6EX am 14 Februar 2012, 15:35:48
..zu den SA-Türmen: schon auf bayern waren die 38cm-türme sehr groß, auf bismarck schier übergroß - wenn man sie mal mit den ausmaßen eines 16"L50-drillings von der 1920 geplanten ersten SD-Klasse vergleicht, was auch für das ganze schiff gilt - sicherlich war BS schneller aber die ausmaße trotzdem überproportional wie ich finde

also letztendlich der eindruck - für die erzielten kampfwert-parameter waren BS sowie auch SH viel zu groß oder andersrum zu schwach für schiffe dieser größe alles in allem

Ich erinnere mich daran, das Whitley in Deutsche Großkampfschiffe, ausdrücklich erwähnt das die Türme voll automatisiert waren, er spricht davon das der Ladevorgang für die Besatzung Knöpfchen drücken bedeutete. So wie er das formuliert, interpretiere ich das bei anderen Marinen noch mehr Handarbeit involviert war. Das wäre eine Erklärung für das hohe Gewicht. Eine andere könnten die langen Rohre sein, die ja durch Gegengewichte ausbalanciert wurden. Hat da mal jemand sich die anderen Schiffe und ihre Türme angeschaut?

Gruß
Thomas

Leopard2A6EX

@ede: sag jetzt nicht das die BS SA-automatik-geschütze hatte? das käme für mich einem technisch-geschichtlichem urknall gleich  :-) meines wissens nach hatten die us-kreuzer der de-moines klasse die schwersten automatik-geschütze mit 8" und doppelt so hoher schussfolge wie sonst üblich, wäre natürlich ein grund für die große turmform aber davon hätte man gehört denk ich - und habe auch noch nie gehört das BS eine besonders hohe kadenz gehabt hat..

..hängt die kadenz grundsätzlich von der höhenricht-geschwindigkeit des rohres ab? meinetwegen 4S auf 5000m 3S auf 10000m 2S auf 20000m? in "versenkt im pazifik" von ballard wird gesagt das die kanoniere der beiden SS vor guadalcanal in der lage waren die 16" alle 15 sek abzufeuern obwohl im handbuch 30sek stand, entweder totaler blödsinn oder der geringen kampf-entfernung dort geschuldet (rund 5000m - also ladestellung 2,5grad meistens)

denn wären ja auch die ganzen schussfolge-angaben in büchern oder bei nav-weaps z.b. blödsinn (1,5 s/min littorio, 2,4 s/min bismarck z.b.) wenn man sie nicht auf eine bestimmte entfernung bezieht

was die durchschlagskraft der 38cm/FR und 38cm/DE angeht da waren die glaub ich gleich, die 38cm/IT dagegen extrem hoch aber zusammen mit der franz. eher ungenau, also wäre die deutsche 38cm vielleicht die beste europäische schlachtschiff-kanone

J.I.M

Alle Schlachtschiffgeschosse mußten bei allen Marinen "von Maschinen" bewegt werden, bei denen der Mensch im wesentlichen die Knöpfe drückt.
Zu den amerikanischen Schlachtschiffen gibt es bei youtube ein paar schöne Videos, bei denen man den vollständigen Ladevorgang sieht. Die Treibladungsbeutel werden noch per Hand angefaßt. Sonst alles mit Ansetzern, Aufzügen, Winden etc.
Bei deutschen Schlachtschiffen wurde die Treibladung zweigeteilt eingeführt. Die Hintere war in einer Hülse. Daher konnten die deutschen Schiffe auch Querkeilverschlüsse statt den sonst üblichen Schraubverschlüssen verwenden.(Etwas geringere Schließ und Öffnungszeiten). Keilverschlüssel benötigten damals eine Hülse um das Rohr zu Lidern(Dichtung zum Turm), bei Schraubverschlüssen war dies nicht notwendig.

Wenn man Sich die Videos anschaut denke ich, kann man die Aussage von 15 s ins Reich der Märchen verbannen.

Spee

Servus,

was die durchschlagskraft der 38cm/FR und 38cm/DE angeht da waren die glaub ich gleich, die 38cm/IT dagegen extrem hoch aber zusammen mit der franz. eher ungenau, also wäre die deutsche 38cm vielleicht die beste europäische schlachtschiff-kanone

Nochmal genau nachlesen!
Die italienischen und französischen Geschütze waren wegen mangelhafter Munition etc. ungenauer, nicht wegen ihrer Konstruktion. Zudem sollte man bei allen Vergleichen bedenken, für welchen Einsatzzweck und welche Einsatzdauer ein Schiffsentwurf gedacht ist. Das gilt auch für die Bewaffnung eines Schiffes.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Leopard2A6EX

..einschließlich munition meinte ich natürlich  :-D

Kaffee

moin zusammen
mehr als siebzig jahre nach dem stapellauf kann man trefflich über das schiff diskutieren.
finde ich auch sehr unterhaltsam. und ich lerne dabei auch das eine oder das andere.
aber wie sah das am zeichentisch jahre vor dem stapellauf aus. wurde da auch diskutiert und gemutmaßt was das beste ist (wir brauchen ein schiff, dass ... kann)  - oder wurde da sozusagen nach vorschrift konstruiert (ein schlachtschiff hat ... zu haben) ? 
mir ist bekannt, das großkampfschiffe auch immer eine reaktion auf bestehende/geplante großkampfschiffe anderer nationen waren. daher ja auch das maritime wettrüsten, besonders zu anfang des 20 jahrhunderts.
Ich denke das könnte auch einfluss auf das konzept der Bismarck-Klasse gehabt haben. Besonders was feuerkraft und panzerung betrifft.
Zumindest hat man augenscheinlich versucht, möglichst viel feuerkraft auf einem schiff unterzubringen. Ein schiff, dass dann noch bei aller nötigen panzerung (und damit steigender verdrängung) durch den nord-ostsee-kanal passt (wenn auch gerade so).
Bei allen technischen überlegungen möchte ich eines noch sagen. ich finde die Bismarck-klasse war das schönste  schlachtschiff (obwohl so eine empfindung bei kriegsgerät immer etwas unangebracht scheint). ein gleichklang der linien von rumpf und silhuette den sie mit der scharnhorst-klasse und der hipper-klasse gemein hatte, den aber sonst kaum andere konstruktionen aufweisen.
So ganz zufällig können diese proportionen auch nicht sein.

gruss
thomas

Thoddy

Zitat von: J.I.M am 14 Februar 2012, 22:31:32

Wenn man Sich die Videos anschaut denke ich, kann man die Aussage von 15 s ins Reich der Märchen verbannen.

genau
    Schußfolge in Ladestellung 2,5°: 24 s
    Schußfolge bei 15° Rohrerhöhung: 30 s
    Schußfolge bei 30° Rohrerhöhung: 35 s

die 15 sekunden Werte ergeben sich aus dem bevorzugten Schießverfahren mit abwechselnden Turmgruppen
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
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J.I.M

#68
Zitat von: Spee am 14 Februar 2012, 22:38:45
Nochmal genau nachlesen!
Die italienischen und französischen Geschütze waren wegen mangelhafter Munition etc. ungenauer, nicht wegen ihrer Konstruktion. Zudem sollte man bei allen Vergleichen bedenken, für welchen Einsatzzweck und welche Einsatzdauer ein Schiffsentwurf gedacht ist. Das gilt auch für die Bewaffnung eines Schiffes.

Moin Spee,

gibt es auch Nachweise, dass die mangelhafte Genauigkeit nur an den Geschossen gelegen hat? Dann müsste man ja mit einer Sorgfältig gefertigten Serie genausogut treffen wie andere Geschütze. Mir liegen dazu keine Informationen vor. Zu den Dt. und GB Schiffen habe ich ausreichend und auch ins Detail gehende Literatur, nicht aber für die FR und IT Schiffe. Aber wurden nicht auch teilweise Granaten von den USA für die Richelieu gefertigt. Hatte man da das Problem nicht mehr?

Es gab einen ähnlich Fall in GB zwischen dem 30,5 cm Geschütz Mk X-L/45 und dem Mk XI L50. Man hatte um die Leistung zu steigern die Treibladung und die Rohrlänge erhöht. Die Genauigkeit war mangelhaft.(Vermutlich mit den gleichen Geschossen) Dies führe dan dazu, dass man statt einfach nur aus dem Geschütz das Maximum rauszuholen, lieber ein größeres Kaliber wählte.(Raven/Roberts)
Der Fairnesss halber sollte man jedoch auch sagen, dass bei den 28cm Geschützen der Weg ein Maximum aus den Geschützen rauszuholen funktioniert hat. 

@Thoddy

Deine Vermutung klinkt logisch. Hast Du einen Beleg? Spaßeshalber könnte man beim turmweisen Schießen jedoch dann auch 10 sek angeben oder beim geschützweise Schießen 3 s :-D.....

delcyros

Die Angaben zur Ladezeit von Thoddy beziehen sich auf Herstellerangaben und sind als solche auch in KM-Quellen belegt. Sie geilt als Bezugsleistung für das Geschütz und kann als untere Leistungsgrenze verwendet werden.
Das Halbsalvenschießverfahren ist ebenso belegt, da gibt es keinen Zweifel.

Eine gut trainierte Turmcrew kann etwas mehr aus den Geschütz herausholen, im AVKS Bericht zur BISMARCK ist der minimale Intervall von den
Munitionsaufzügen mit 18-22 sek angegeben, dies dürfte auch die obere Leistungsgrenze (bei Ladestellung) repräsentieren.

Die maximale Schußleistung (Schnellfeuer) ist auch nur in bestimmten Situationen (Gegner wurde wiederholt getroffen oder eingegeabelt) erforderlich, wie man sehr schön v. Hase´s Darstellungen zur SA-Leitung der Derrflinger entnehmen kann:



(den Plot habe ich aufgrund seiner Angaben neu angefertigt)

ZitatDie italienischen und französischen Geschütze waren wegen mangelhafter Munition etc. ungenauer, nicht wegen ihrer Konstruktion.

Das ist nicht unbdingt falsch aber richtig nun auch wieder nicht. Insbesondere da dieses Phänomen zu großer Streuungen sowohl mit endemisch französischer als auch mit in den Vereinigten Staaten hergestellter Munition auftrat (!). Das Geschütz selbst war zu kurz und zu stark belastet, innerhalb der Turmgruppe waren sie zudem zu eng platziert. Erst nach erhablichen Änderungen am Abfeuerungssystem (Verzögerung) und der Annahme leichterer Munition und weniger Treibladung konnten akzeptable Streuungen erzielt werden (drei Jahre nach Kriegsende).
Die Annahme leichterer Geschosse und schwächerer Treibladungen ist ein sehr guter Hinweis darauf, dass die ursprüngliche Konstruktionsleistung des Geschützes nicht mit den Möglichkeiten des Rohres korrelierte.

Bei den Italienern gibt es sehr wiedersprüchliche Informationen, so dass bezweifelt werden darf, ob genug bekannt ist, um darüber zu urteilen. Die allgemeine Zuweisung der Probleme auf die Geschoßchargen ist empirischer Reflex, und nicht Ergebnis analytischer Betrachtungen. Die Rohrbelastung war ziemlich hoch aber nicht so hoch wie beim frz. Geschütz.

Deutsche Geschützkonstruktionen sind sehr mäßig ausgelegt, was die Rohrbelastung angeht. Immer eine hohe Rohrlänge und vergleichsweise wenig Treibmittel und leichte Geschosse. Dadurch gibt es eine effizientere Verbrennung im Rohr und weniger freie Gase, die auf dass das Rohr verlassende Geschoß einwirken können. Man kann sich dem Phänomen auch von der Physik her nähern und näherungsweise bestimmen, wieviel Energier der Treibmittel verbrannt werden, und wieviel davon tatsächlich der Bewegungsenergie des Geschosses zugutekommt. Ein kurzes Rohr ist zur Ausnutzung gleichbleibender Drücke und großer Beschleunigungen auf kurzer Distanz weniger gut geeignet als ein langes.

Sicher sind auch andere Faktoren beteiligt, etwa die Gleichmäßigkeit des Verbrennens der Treibmittel und mechanischer Toleranzen von Rohr, Verschluß und Geschoß. Aber in dieser Hinsicht kann man nicht behaupten, dass die deutschen etwas falsch gemacht haben. Ich denke, dass sie mehr Fortschritte bei der Herstellung von Hochgeschwindigkeitsgeschützen (+ Treibmittel / Geschoßkombi) mit enger Streuung erzielt haben als andere Marinen.

Die Japaner, Engländer und Briten gaben ihre Versuche mit Hochgeschwindigkeitsgeschützen wegen Streuungsproblemen auf und konzentrierten sich auf schwerere Geschosse mit relativ niedrigen Mündungsgeschwindigkeiten. Die Franzosen sind mit ihren 33cm und 38cm Hochgeschwindigkeitsgeschützen in meinen Augen zunächst gescheitert und die Italiener haben zwar ein ausnehmend leistungsfähiges Geschütz entwickelt, aber die Streuung war so inkonsistent und unvorhersehbar, dass m.A.n. der taktische Wert bezweifelt werden darf (ähnlich wie die Probleme der Amerikaner im ersten Weltkrieg mit ebenfalls inkonsistenter Streuung).

   

Leopard2A6EX

..alles wieder sehr sehr interessant hier!  :-o wo wir schon bei dem thema geschosse sind - in literatur aus englischem ursprung als auch bei nav-weaps glaube ich wird wiederholt von qualitäts-problemen bei den deutschen WK2-geschossen gesprochen, das viele beim aufschlag nicht detoniert sind? ist da was dran?

lag das vielleicht daran das z.b. im dänemarkstraßen-gefecht einige panzerbrechende geschosse von BS bei PoW nicht detoniert sind weil sie auf ungepanzerte flächen trafen (brückentreffer z.b.) ? irgentwo hab ich mal gelesen das dazu etwa 1zoll (25,4mm) panzerstahl notwendig ist um die zünder von APC´s zu aktivieren..

sowas wird dann von britischen autoren natürlich gnadenlos verdreht und ausgenutzt (chris bishop und co. - "granaten von bismarck waren von minderer quali weil einige beim aufschlag nicht detonierten" "turmpanzerung von bismarck konnte nicht mal geschosse von schweren kreuzern abhalten" "eröffnungssalven von invincible bei skagerak versenkten die lützow" "queen mary bei skagerak nicht explodiert sondern nur vorderer aufbau weggerissen" und so weiter..)

und in wie weit kann man für die deutschen geschützhersteller eine zwangspause aufgrund des bauverbotes durch den versailler vertrag geltend machen? welche den ausländischen geschützherstellern dann evtl einen vorteil verschafft haben dürfte theoretisch.. ..aber mehr als 10 jahre sinds nicht denk ich mal - von den letzten WK-1-projekten bis zur entwicklung der 3 panzerschiffe?

Spee

sowas wird dann von britischen autoren natürlich gnadenlos verdreht und ausgenutzt

Genau! Immer diese Lügen von irgendwelchen parfümierten englischen Zeitungslümmeln.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

delcyros

Mit Buchautoren ist´s wie mit Menschen. Weil´s Individuen sind sollte man das nicht nationaisieren oder verallgemeinern.

Ich hab auch ein paar Titel zu Skagerack im Regal zu stehen (von deutschen Autoren) und was die für´n Unsinn schreiben, alter Schwede!

Leopard2A6EX

nagut das mag sein - ich hab diese erfahrung einige male mit brit autoren/artikeln gemacht, raven/roberts schreibt z.b. schreibt auch von nem artillerie-duell rodney-bismarck, ist aus meiner sicht falsch und völlig aus dem zusammenhang gerissen, nur um ein weiteres beispiel zu nennen

während die amis gerne mal übertreiben mit der deutschen überlegenheit - fällt mir bei vielen panzer-büchern auf, aber nun gut so hat jeder andere erfahrungen

t-geronimo

Zitat von: Leopard2A6EX am 15 Februar 2012, 22:58:51
...raven/roberts schreibt z.b. schreibt auch von nem artillerie-duell rodney-bismarck, ist aus meiner sicht falsch und völlig aus dem zusammenhang gerissen...

Inwiefern?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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