Murmansk-Geleitzüge

Begonnen von Thomas, 13 Juni 2006, 23:30:41

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Thomas

Hallo,

es geht mal um eine black box für mich:
was ist über die Frühphase 1941 im Aufbau des Versorgungsverkehrs der Allierten über Murmansk bekannt?
Laut KTB der SKL soll bereits am 23.6.1941 ein britischer Zerstörer mit 200 Offizieren und Ingenieuren England nach Murmansk für den Aufbau verlassen haben. Erscheint mir als Reaktion auf den Kriegsausbruch 22.6.41 mit Rußland ziemlich "flott".

Gibt es irgendein "Standardwerk" über die Versorgungslinie Nordatlantik-Murmansk?
Würde mich über jede Info freuen.

Grüße
Thomas :-)

t-geronimo

Alle Seiten erkannten recht schnell die Notwendigkeit von Hilfslieferungen an die Sowjetunion.

Soweit ich weiß, richtete Churchill am 07.07.1941 eine persönliche Botschaft an Stalin und sicherte Unterstützung zu.

Am 28.07.1941 flog Harry Hopkins, ein Vertrauter Roosevelts, nach Archangelsk und am 30.07. weiter nach Moskau, wo er sich mit Stalin traf, wo der Bedarf an Waffen, Material und Ausrüstung geklärt wurde.

Am 01.10.19441 wurde ein Liefervertrag zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion unterzeichnet.
Zuvor hatte es wohl noch einige Streitereien über Art und Umfang der Lieferungen gegeben.

Auf britischer Seite wurde dann Commander P.Q. Roberts mit der Planung beauftragt (nach dem die ersten Konvois auch benannt wurden) und P.Q.1 lief dann am 29.09.1941 aus Reykjavik aus.

Soweit Karweina in der Vorgeschichte zu P.Q. 17.

Potter/Niemitz/Rohwer weisen noch auf den ersten Versuchskonvoi "Dervish" hin, der am 21.08.1941 Island verließ.

Detaillierteres habe ich nicht, insofern wäre ein "Standardwerk" wirklich mal interessant.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Wilfried

Zitat von: t-geronimo am 14 Juni 2006, 01:19:56

Auf britischer Seite wurde dann Commander P.Q. Roberts mit der Planung beauftragt (nach dem die ersten Konvois auch benannt wurden) und P.Q.1 lief dann am 29.09.1941 aus Reykjavik aus.


Moin Thorsten,

danke für Deine Ausführung; jetzt weiß ich erst einmal, wo der Begriff für die Geleitzüge "PQ" herkommt; PQ 17 war ja nicht sehr erfolgreich gewesen ...
Das war meine erste Begegnung im Jahre 1958 mit dieser Thematik - war ein Artikel in der Zeitschrift Kristall .. weiß heute kein Mensch mehr ...  :-D

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
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rosenow

Zitat von: Wilfried am 14 Juni 2006, 01:28:27
Moin Thorsten,
danke für Deine Ausführung; jetzt weiß ich erst einmal, wo der Begriff für die Geleitzüge "PQ" herkommt; ...........

Geht mir ebenso Wilfried!
Ein Thema mit dem ich mich auch noch unbedingt beschäftigen muss.
Mich würde auch mal interessieren, wann Deutschland darauf reagierte?
Gab es eigentlich noch mehr Routen als die von Loch Ewe und Liverpool nach Murmansk?
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Mario

ZitatGab es eigentlich noch mehr Routen als die von Loch Ewe und Liverpool nach Murmansk?
Eigentlich starteten die Geleitzüge von Island aus und durchquerten die Dänemarkstraße, bevor sie Kurs auf die Nordhäfen Russlands setzten.
Interessant finde ich auch immer wieder die komplizierten britischen Operationspläne für die Nah-, Fern- und Konvoisicherungen. Gerade beim PQ 17 erwies sich mal wieder die Führung einer großangelegten maritimen Operation aus der fernen Admiralität als verhängnissvoller Fehler.

t-geronimo

Hallo rosenow!

Beginn der Konvois waren Großbritannien und die USA. Sammelpunkt war dann meistens Island, damit die aus den USA kommenden Schiffe nicht immer unnötige Umwege fahren mußten. Nur als es in Island mal zum Stau kam, weil nicht genug Sicherungsfahrzeuge verfügbar waren, wurden amerikanische Schiffe in Liverpool entladen - was aber eine sofortige Beschwerde Stalins nach sich zog.
Eine genaue Auflistung siehst Du hier: http://wiesel.wlb-stuttgart.de/seekrieg/konvois/pq-45.htm
In diesem Link steht auch die (englischsprachige) Quelle. Wiviel sie taugt, weiß ich nicht.

Deutschlands Reaktion kam im Frühjahr 1942.
Bis dahin waren die U-Boote im Nordatlantik, im Mittelmeer und vor der US-Küste (ab Dez. 1941) voll ausgelastet. Die Luftwaffe war im Mittelmeerraum und in Rußland gut beschäftigt. Außerdem dachte die deutsche Führung ja, die Sowjetunion bis zum Winter 1941 besiegt zu haben.
Als dies nicht der Fall war und außerdem die USA in den Krieg eintraten, wurde man aufmerksamer auf die Konvois, weil man ihre Bedeutung erkannte. PQ-7A war der erste Konvoi, der von einem U-Boot angegriffen wurde, aber nur ein Frachter konnte versenkt werden (der "Konvoi" bestand aber auch nur aus zwei Schiffen, die anderen fuhren im PQ-7B).
Außerdem nahm im Frühjahr die Konzentration schwerer deutscher Einheiten in Norwegen zu. Auch legte sich mit fortschreitender Zeit die arktische Dunkelheit immer mehr, so daß auch die Luftwaffe sowohl zur Aufklärung als auch zur Bekämpfung mehr beitragen konnte.
Aus den bisherigen 12 Konvois gingen insgesamt nur zwei Schiffe verloren. PQ-13 im März 1942 war dann der erste Geleitzug, der etwas größere Verluste hatte - 5 Schiffe gingen verloren. Ab da gingen die Geleitzugschlachten im Nordmeer dann so richtig los.
Die anderen Verluste siehst Du ja in obigem Link.
Gruß, Thorsten

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(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Mario

Interessant an der Geschichte der Nordmeer-U-Boote ist die Tatsache, das Dönitz immer der Ansicht war, daß die Boote an den Nordmeergeleitzügen "verschwendet" würden. Und die Statistik gab ihm Recht. Aufgrund der starken Geleitsicherung und dem, im Vergleich zur Atlantikroute, doch recht spärlichem Verkehr, Konnten die deutschen U-Boote recht wenig Erfolg auf ihre Fahnen heften. In einer Besprechung der Führung der Kriegsmarine mit Hitler war er auch nah dran, den Abzug des größten Teils der Boote aus Norwegen in den Atlantik zu erreichen. Aber während der Schlacht um PQ-13 kamen so viele Sichtungsmeldungen von den U-Booten, sodaß die Luftwaffe erfolgreich angesetzt und die Überwasserkriegsschiffe der Deutschen in Marsch gesetzt werden konnten. Daraufhin verblieben die Boote weiter in Norwegen.

Thomas

Hallo,

vielen Dank für die Informationen.
Wenn man sich das nun anschaut, welcher Aufwand dort ansteigend ab 1941 betrieben wurde, fragt man sich umso mehr,
warum 1941 nicht die sofortige Ausschaltung erfolgte. Eine plausible Erklärung wäre: Man hat nicht ansatzweise für möglich gehalten, dass die Nordroute aufgrund des erwarteten schnellen Zusammenbruchs Rußlands eine Rolle spielen kann - ein Vabanque-Spiel.

Grüße
Thomas

Spee

@cpa95,

Murmansk oder den Konvoiverkehr ausschalten?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

t-geronimo

Ja, am "einfachsten" wäre wohl eine Einnahme Murmansks durch Dietl gewesen.
Und mit vernünftiger Unterstützung der Marine (die aber nicht immer die Schuld daran hatte) müßte das doch eigentlich möglich gewesen sein.
Aber darüber weiß ich noch zu wenig, das ist reine Spekulation meinerseits.

Hatten wir nicht hier schon mal was darüber?
Muß mal suchen...
Gruß, Thorsten

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kalli

Nun ja Einnahme von Murmansk. Die Luftwaffe hat die Stadt sehr stark angegriffen und schlimmste Zerstörungen hinterlassen. Trotzdem wurde der "Betrieb" dort aufrecht erhalten. Eine Einnahme wurde also versucht. Die ist aber genau so wenig geglückt wie in Leningrad, Moskau und anderswo. Und das ist gut so.

t-geronimo

Wurde das auch tatsächlich mit Landtruppen versucht?
Nur kaputtbombardieren ist etwas anderes als wirklich einnehmen, also besetzen.

Natürlich hätte die Operation einer vernünftigen strategischen und taktischen Planung bedurft und nicht eines großherrischen "Moskau und damit Rußland haben wir sowieso bis Dez. 1941 - und zwar mit links"-Denkens.
Gruß, Thorsten

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(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Zerstörerfahrer

Paul Carell ist ja immer mit etwas Vorsicht zu geniessen. Er aber schreibt in " Unternehmen Barbarossa ", das die Finnen den Deutschen geraten hätten , aus logistischen Gründen, mit nicht mehr als 2 Divisionen die Murmanbahn anzugreifen. Dies führte dazu , das die Eisenbahnverbindung Murmansk-Leningrad an 3 verschiedenen Stellen angegriffen wurde, mit dem Ergebnis, das an keiner Stelle entscheidend durchgebrochen werden konnte. Bei einer Konzentration der vorhandenen Kräfte auf eine Stossrichtung ( muss nicht unbedingt Murmansk sein ) hätte es vielleicht anders ausgesehen.

Spee

Die Finnen waren auch wenig interessiert an einem deutschen Vorstoß auf sowjetisches Gebiet aus finnischem Territorium heraus. Sie dürften jeder Aktion dieser Art mit Widerwillen entgegen gesehen haben. Den Finnen ging es um die Rückholung des 1940 an die Sowjetunion verlorenen Gebietes, nicht um eine Eroberung sowjetischen Territoriums. Deshalb auch keine finnische Beteiligung am Angriff gegen Leningrad.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Zerstörerfahrer

Zitat von: Spee am 27 August 2006, 13:44:39
Deshalb auch keine finnische Beteiligung am Angriff gegen Leningrad.

Ähm stop, da war doch was.  :?
Muss mal nachsehen gehen !

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