Heute vor 70 Jahren - die Versenkung der Scharnhorst

Begonnen von Rheinmetall, 26 Dezember 2013, 02:33:58

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Rheinmetall

Guten Morgen zur frühen Stunde,

ich wollte nur schnell an den heutigen Jahrestag erinnern.
Denn heute vor 70 Jahren (26.12.1943) sank nach einem ungleichen Kampf gegen einen britischer Verband (bestehend aus einem Schlachtschiff, vier Kreuzern und acht Zerstörern) das deutsche Schlachtschiff Scharnhorst.

http://i41.tinypic.com/i3e2w6.jpg

Nachdem das deutsche Schiff von mindestens 13 Granaten des Kalibers 35.6 cm, zwischen 14-15 Torpedotreffer sowie zahlreiche Treffer mittleren Kalibers getroffen wurde, kenterte es um 19.45 Uhr nach Steuerbord.

Lediglich 36 Seeleute der Scharnhorst konnten durch die beiden Zerstörer HMS Scorpion und Matchless aus dem eiskalten Wasser gerettet werden.
Admiral Bey und weitere 1932 Besatzungsmitglieder starben bei dem Untergang der Scharnhorst.

Ehre ihrem Andenken !

Rheinmetall



Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

tirpitzpeter

"Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit"! (Rammstein)
"Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierung" (Ferdinand Porsche)

Hastei

hallo,
zwei ehem. Scharnhorstfahrer - Wuppertaler - waren in meiner MK . Beide überlebten durch Zufall . Einer war Oberpumpenmeister und hatte Weihnachtsurlaub, der andere, seemännische Laufbahn , war schwer erkrankt. Und diese schwere Erkrankung rettete ihm das Leben. Er wurde ausgebootet auf das   kl. Lazarettschiff Alexander v. Humbolt und nach Oslo gebracht.                                            Bei jeder unserer  Weihnachtsfeiern waren dies Momente, wo alle still wurden .
Gruß Hastei

Admiral Kummetz

Hallo,

:MG:

@Rheinmetall,
laut Alf R. Jacobsen: "Die Scharnhorst – Untergang und Entdeckung des legendären Schlachtschiffs"
ist der genaue Untergangszeitpunkt unbekannt, er schreibt, dass Scharnhorst 10min nach 19.37 Uhr bereits gesunken war aber kein Brite sie sinken sah, sie befragten sogar die geretteten ob Scharnhorst bereits gesunken sei.

Gruß Kummetz

Götz von Berlichingen

Lt. dem im Buch des ehemaligen Scharnhorst-Offiziers KKpt. Heinrich Bredemeier wiedergegebenen Bericht des überlebenden Matrosengefreiten Sträter

»[sangen] diejenigen, die auf den Flößen Platz fanden, beide Strophen des Liedes Auf einem Seemannsgrab, da blühen keine Rosen«

http://www.youtube.com/watch?v=94dXGJ0wzGk  :MG:

AWoelfer

An Alle,

hier mal der komplette Bericht aus dem Jahre 1948 von Kapitän zur See a. D. Helmuth Giessler zum herunterladen:

https://www.wetransfer.com/downloads/853f910d72695519a86331d0bd5c764620131226131143/c7d57f

Viel Spaß beim lesen.

Grüße und einen schönen zweiten Weihnachtsfeiertag.

Andreas

P.S. Falls die Frage auftaucht wegen der Rechte ich hab das Originaldokument bei mir zu Hause. :biggre:
Nicht länger als sieben Atemzüge soll es dauern,
bis man eine Entscheidung getroffen hat.
(Hagakure)

Tsunetomo Yamamoto

Trimmer

Hallo Andreas -  top und Danke

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

halina

#7
Moin Andreas , danke für die hochinteressanten Berichte beider Seiten , beeindruckend der verzweifelte Kampf der Besatzung der
"SCHARNHORST" und die ausgezeichnete Radar-Peilung der britischen Grosskampfschiffe . Auf Grund der schlechten Sicht und
Ausfall der Funkmesseinrichtung hätte der Verband mit Höchstfahrt ablaufen sollen .
                                                                                                                                       Im Gedenken an die Gefallenen       :MG:
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Rymon

Guten Abend allerseits,

ich halte den Untergang der Scharnhorst immer noch für ein unnötiges Opfer. Spätestens nach der ersten Gefechtsberührung mit den Kreuzern, die wie aus dem Nichts geschossen haben, hätte die Beurteilung der Lage ergeben müsen, daß aufgrund der fehlenden eigenen Beobachtungsmöglichkeiten ein weiterer Einsatz gegen den Konvoi kaum Erfolgsaussichten haben und ein erhebliches eigenes Risiko darstellen würde.

Bei einem Abbruch an dieser Stelle wäre das Schiff sicherlich davongekommen.

Das Unternehmen "Ostfront" sollte ja, wie es der Name in diesem Fall sogar sagt, der schwer ringenden Ostfront helfen.

Aber war das Festhalten an dem Ziel anzugreifen trotz Lageveränderung wirklich dieser Sache dienlich?

Eine Meldung, daß es der Scharnhorst gelungen wäre, einer Vernichtung durch überlegene feindliche Kräfte entgangen zu sein, hätte auch propagandistisch besser verwertet werden können, als die Meldung von Heldenkampf mit anschließendem Totalverlust.

Wer das Kommando über das einzige einsatzbereite Großkampfschiff im Norden besitzt, hat auch die besondere Verantwortung dafür, daß ein hohes Risiko nur eingegangen wird, wenn der mögliche und in diesem Fall der realistisch erreichbare Erfolg dies rechtfertigt.

Der Ausfall der Funkmeßtechnik, das Wetter, welches entgegen des Einsatzbefehls das Mitführen der Zerstörer unmöglich machte und die offenkundige Fähigkeit des Feindes mit diesen Rahmenbedingungen besser umzugehen, hätten dem Befehlshaber jede Rechtfertigung zum Abbruch des Unternehmens und damit zur Rettung des Schiffes gegeben.

Es hätte anders laufen können, aber wir können es nicht mehr ändern.

Ehre den gefallenen Seeleuten!

Beste Grüße

Stefan

Götz von Berlichingen

#9
@ Stefan:

Ja, stimmt, doch war die Unternehmung - wie die meisten der Dickschiffe seit »Rheinübung«, wenn man mal vom Kanaldurchbruch absieht - auch vom Pech verfolgt:

KAdm. Bey hatte die Benutzung des Funkmeßgeräts erst auf seinen ausdrücklichen Befehl freigegeben, der am Vormittag beim ersten Gefecht mit Norfolk, Sheffield und Belfast offenbar noch nicht gegeben worden war und deshalb wurde man überrascht.
Bei diesem Gefecht erhielt Scharnhorst zwei Treffer von Norfolk: Einen ins Batteriedeck, der nicht detonierte, und der zweite zerstörte ausgerechnet das Funkmeßgerät im Vormars, so daß nur noch jenes auf dem achteren Artillerieleitstand mit totem Winkel nach vorne und erheblich geringerer Reichweite aufgrund der niedrigeren Aufstellungshöhe verblieb.

Daß nach diesem Gefecht nicht abgebrochen wurde, hatte wohl mit dem Funkspruch vom ObdM, der kurz vor Mitternacht eingegangen war, zu tun:


  • Feind will durch wichtigen Geleitzug mit Nahrung und Waffen für Russen heldenmütigen Kampf unseres Ostheeres erschweren. Wir müssen helfen.
  • Geleitzug mit Scharnhorst und Zerstörern angreifen
  • Taktische Lage geschickt und wagemutig ausnutzen. Gefecht nicht mit halbem Erfolg beenden. Angepackte Lage durchschlagen. Größte Chance liegt in überlegener Artillerie Scharnhorst, deshalb ihren Einsatz anstreben. Enstprechend Zerstörer ansetzen.
  • Abbrechen nach eigenem Ermessen. Grundsätzlich abbrechen bei Auftreten schwerer Streitkräfte.
  • Besatzungen in diesem Sinne einstellen. Ich glaube an Euren Angriffsgeist.
    Heil und Sieg!
    Dönitz, Großadmiral

[Heinrich Bredemeier, »Schlachtschiff Scharnhorst[«/i], Heyne, München, 1982, S. 269 f., sowie Anmerkung des Übersetzers, Wolfram Schürer in: Mike J. Whitley, »Deutsche Großkampfschiffe«, Motorbuch, Stuttgart 1997, S. 268, Anm. 226]

Da konnte Bey schlecht nach dem ersten Schußwechsel mit einem Schweren Kreuzer mit Höchstfahrt nach Norwegen ablaufen, gerade nach dem, was genau ein Jahr zuvor bei der letzten vergleichbaren Unternehmung geschehen war.

Beim zweiten Kreuzergefecht 2½ Stunden später, gegen 12 Uhr, wurde man nicht ganz so überrascht (das achtere Funkmeßgerät hatte kurz zuvor Alarm ausgelöst) und traf die Norfolk zweimal: Ein Treffer in die Barbette von Turm X setzte diesen außer Gefecht (Bericht CiC Home Fleet, Ziff. 39) und ein weiterer mittschiffs sämtliche Radargeräte mit Ausnahme des Geräts Typ 284 (ebenda,Typ 284 war wohl das Feuerleitradar, oder?). Sheffield wurde durch Nahtreffer, deren Sprengstücke die Bordwand durchschlugen, leicht beschädigt.

SH erhielt in diesem Gefecht, lt. den Aussagen des Oberbootsmannsmaats Gödde, keinen Treffer (Bredemeier, S. 282), während Whitley behauptet, sie sei mehrmals getroffen worden (S. 231), Überlebende von SH hätten gegenüber den Briten angegeben, ein Blindgänger sei Backbord achtern eingeschlagen (Bericht CiC Home Fleet Ziff. 38).

Bredemeier hält den Entschluß von Bey, der lt. FT von 12:40 Uhr angeblich glaubte, von einer schweren Einheit beschossen zu werden, nunmehr das Gefecht abzubrechen, für »verhängnisvoll« (S. 284), da der Verzicht auf den Versuch, die Kreuzer weiter zu beschädigen und in der Fahrt herabzusetzen, diese in die Lage versetzt habe, Fühlung beim Rückmarsch zu halten und die Force 2 mit der Duke of York heranzuführen.

Allerdings wäre es wohl unmöglich gewesen, alle drei Kreuzer und vier Zerstörer so zu beschädigen, daß sie entweder in der Fahrt ausreichend herabgesetzt würden oder ihre Radargeräte zum Fühlunghalten ausfielen. Stattdessen hätte man sich vermutlich der Gefahr von Torpedoangriffen der Zerstörer ausgesetzt.

Wieso KAdm. Bey glaubte, von einer schweren Einheit beschossen zu werden, ist rätselhaft. Bredemeier vermutet, daß ein Gefechtsbeobachter im Vormars die 20,3-cm-Einschläge der Norfolk irrtümlich für solche von Schlachtschiffkaliber gehalten haben und dies der Schiffsführung im Kommandostand, die von dort keine Möglichkeit hatte, dies zu überprüfen, so gemeldet haben könnte. Doch der I.AO im Vormars hätte doch wohl Gelegenheit gehabt, die Falschmeldung zu erkennen?

Da dieses FT aber wohl in allererster Linie der Unterrichtung (und Rechtfertigung vor) der Skl und dem OKM dienen sollte, wäre es m.E. evtl. auch möglich, daß Bey die Unternehmung abbrechen wollte, weil er sie in Anbetracht der Umstände, insbesondere auch des Ausfalls des Vormars-Funkmeßgeräts, für aussichtslos und zu riskant hielt, aufgrund des oben zitierten Befehls des ObdM sich dazu aber nur bei Auftreten einer schweren Einheit für berechtigt hielt. Da mag er dann womöglich gedacht haben, daß man ihm vom grünen Tisch in Berlin dann hinterher schlimmstenfalls eine im Eifer des Gefechts unterlaufene Fehlbeurteilung vorwerfen, ihm aber jedenfalls keine »Feigheit vor dem Feinde« zur Last gelegt werden könne. Somit könnte es sich auch um eine »taktische Falschmeldung« gehandelt haben, um den Abbruch der Unternehmung höheren Orts zu begründen.

Gruß
Thomas

Ritchie

Die Besatzung der Scharnhorst setzte sich bei Ihrem Untergang folgendermaßen zusammen (Quelle Troja/Lengerer):

Schiffsbesatzung

45 Offiziere
1 Offizier (2. AO ) von Tirpitz abkommandiert
33 Reserveoffiziere
379 Unteroffiziere
1438 Mannschaften

Offizieranwärter

39 Offizieranwärter

Kampfgruppenstab

5 Offiziere
14 Unteroffiziere
14 Mannschaften

Grüße

Ritchie

juergenwaldmann

Im Link ein sehr schönes Gemälde von dem Ereignis !!

http://forums.airbase.ru/2013/12/t85534,14--vmc-germanii-po-1945-g.3861.html

Auch hier wird an die Kämpfe im Nordmeer gedacht !
Gruss  Jürgen

suhren564

Hallo Thomas,

Deiner Endeinschätzung stimme ich zu.
Erstaunlich ist ja, daß ein KAdm (Kampfgruppen-Chef) und nicht ein Kapt. z.S. (Kmdt. des Schiffes) erst die Funkmeßanlage freigeben muß. Waren die Offiziere dieser Dienstgrade/ Dienststellungen technisch so unterbelichtet, daß sie diese Anlagen nur als notwendiges Übel ansahen?
KAdm. Bey war mMn. eh keine Leuchte, siehe Narvik. Ist aber schon wieder ein anderes Thema
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

t-geronimo

Der Befehlshaber der Kampfgruppe kann die Durchführung oder Nicht-Durchführung von taktischen Maßnahmen auf alle Fälle generell für die gesamte Kampfgruppe anordnen. Hier: Radar aus, um nicht durch Radar-Beobachtungsgeräte (also Geräte, die fremde Radar-Strahlen auffangen) erkannt zu werden.
Dann kann auch ein Kommandant eines einzelnen Schiffes sich darüber im Regelfall nicht hinwegsetzen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

suhren564

Mag sein, daß der Chef der Kampfgruppe dies darf.
Was ich aber nicht verstanden habe, ist, war die ausgeschaltete Anlage ein aktives oder passives Funkmeßgerät?
Falls es aktiv war, warum haben die Deutschen dann kein passives Funkortungsgerät eingeschaltet gehabt? 
Falls es passiv war, dann war die "Eigenstrahlung" jedenfalls geringer, als die Entfernung, aus der sie selbst empfangen konnten. Komischerweise wurde zu dieser Zeit bei jedem U-Boot ein Radarwarner eingebaut, nur die "Scharnhorst" kann bei (fast) arktischer Nacht darauf verzichten, bzw. es nur benutzen, wenn einem! Mann dies gefällt?
Dies ist zwar überspitzt, aber trifft mMn den Kern.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

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