Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

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Thoddy

Ich glaube nicht, dass Hohentwiel als Schießgerät tauglich war.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Leopard2A6EX

Fand denn der Tausch 25 - Hohentwiel statt oder wie laut Sieche 25 weiterhin vorn und Hohentwiel auf Großmast für Rundsuche?

olpe

Hallo,
Zitat von: Thoddy am 03 September 2022, 15:49:16
Ich glaube nicht, dass Hohentwiel als Schießgerät tauglich war.
im Hinblick auf die Genauigkeit der Anlage ist das aus technischer Sicht in der Tat fraglich. Hierzu einige Gedanken, u.a. aus Fritz Trenkles: ,,Die deutschen Funkmeßverfahren bis 1945":

  • Bei der KM kamen 5 unterschiedliche Arten des ursprünglich für die Luftwaffe entwickelten, einfach aufgebauten FuG 200 ,,Hohentwiel" zum Einsatz. Das für mittlere Marineeinheiten (T-Boote, Zerstörer, Kreuzer) bestimmte Gerät lief unter der Bezeichnung FuMO 63 ,,Hohentwiel K" mit horizontal polarisierter Drehantenne 2,1 m x 2,4 m (Anm.: je nach Quelle variieren die Angaben geringfügig).

  • Bei dieser Gerätefamilie ist die Maximumpeilung mit ca. +/- 3° (und mehr) Peilgenauigkeit verwandt worden (Anm.: relativ ungenau).
    Eine deutlich präzisere Variante auf Basis der s.g. Minimumpeilung, die A/N- oder Vergleichspeilung, wurde nicht angewendet. Bei diesem Peilverfahren ist das Empfangs-Antennenfeld geteilt worden. Auf elektrischem Wege wurden mittels Zeitverzögerung der Empfangssignale an den beiden Dipolgruppen (Phasenverschiebung durch Umwegeleitungen) zwei ,,schielende" Richtdiagramme erzeugt, die mittels Schalter wechselseitig zum Empfänger gelangten. Beim ,,Schielen" gehen Richtdiagramme einige Grade rechts und links aus der Spiegelachse (Senkrechte zum Antennenfeld in Zielrichtung). Das Ziel ist dann genau eingepeilt, wenn die beiden empfangenen Signale am Seitenmeßrohr (Kathodenstrahlröhre mit vertikaler Auslenkung) einen Links- und Rechtszacken ergeben. Sind beide gleich, liegt die Antenne auf dem Ziel. Peilgenauigkeit: bis zu 0,1° (Anm.: bei älteren Anlagen +/- 0,2° bis 0,5°), die Auswanderungsrichtung des Ziels bei der Peilung ist durch den Bediener erkennbar, er kann dann die Antenne nachführen.
    Dieses Verfahren kam, wie bereits erwähnt, beim ,,Hohentwiel" nicht zur Anwendung ...

    • Die Mechanik der Drehsäulen ließ keine Verbesserung der Richtgenauigkeit zu. Vorhandene Bauteile für die A/N-Peilung bei den Varianten FuMO 62 ("Hohentwiel S") bis 64 ("Hohentwiel Land") wurden daher nicht ausgenutzt ...

      • Die Geräte besaßen zwei Entfernungsmeßbereiche (ohne Messkette ...): 0-10 km und 0-100 km (später 0-15 km und 0-150 km), Ablesegenauigkeit im kleinen Bereich: +/- 100m, im großen Bereich +/- 1000 m. Die Nahauflösung betrug ursprünglich 1200m, später 900 m.

        • Trenkle meint als Resümee: ,,Theoretisch stellte die Einführung der ,, Hohentwiel"-Geräte bei der Marine in dieser Form also einen Rückschritt dar, da mit der Maximumpeilung und der verwendeten Drehmechanik die geforderten Genauigkeitswerte für das Schießen mit Artillerie und Torpedos nicht erreicht wurden."
        Vorteil der Geräte: sie waren relativ klein und konnten auf Einheiten unterschiedlicher Größe der Marine eingerüstet werden.

        Soweit.
        Grüsse
        OLPE


        Leopard2A6EX

        #123
        Danke dir wieder Olpe! 💪

        Hab mir den Trenkle jetzt bei Amazon bestellt. Wird mein drittes RadarBuch nach dem GEMA/Kroge und Radarstory/Bekker.

        Trenkle hat ja soviel noch - Funkpeilung/Ortung etc. Aber das übersteigt mein Budget derzeit..

        olpe

        Hallo,
        Zitat von: Leopard2A6EX am 09 September 2022, 06:41:03
        Danke dir wieder Olpe! 💪
        ... :MG: ...

        Zitat von: Leopard2A6EX am 09 September 2022, 06:41:03
        Hab mir den Trenkle jetzt bei Amazon bestellt. Wird mein drittes RadarBuch nach dem GEMA/Kroge und Radarstory/Bekker.
        ... ein gutes und kompaktes Buch zum Thema der deutschen Funkmessentwicklung ... rd. 200 Seiten kompakte Information von jemandem bei dem man merkt, dass er mit beiden Beinen voll in der Materie steckt ...

        Zitat von: Leopard2A6EX am 09 September 2022, 06:41:03
        Trenkle hat ja soviel noch - Funkpeilung/Ortung etc. Aber das übersteigt mein Budget derzeit..
        Tip: Fernleihe über eine Bibliothek ...

        Grüsse
        OLPE

        Leopard2A6EX

        Ich bin gespannt - soll Montag oder Dienstag da sein. Der Rest nächstes Jahr. Vorher müssen noch Malte Gaack's Reihe und Antonio's Tirpitzbände 😳

        Deine Angabe von cdvandt.org war auch gut - war da schon mal drüber gestolpert aber das war mir auf den ersten Blick zu komplex und unübersichtlich. Werde mich da jetzt aber mal durchwühlen! Zum FuMO 81 Berlin jetzt schon ne Menge gefunden zB..

        Hägar

        Moin in die Runde

        Ad #121
        NÜRNBERG hatte zuletzt ein FuMO 33 (also breite Antenne) auf dem Mastausleger am Gefechtsmast.
        Dies erkennt man gut auf dem Überführungsbild Kopenhagen > Wilhelmshaven auf IWM: C 5341.
        Auf den meisten anderen Fotos 1944/45 ist die Antenne nicht quer erfasst, so dass schlecht abzuschätzen ist, ob es sich um die kleinere Antenne des FuMO 25 oder um die breitere des FuMO 33 handelt.
        Das FuMO 33 dürfte sie im Frühjahr 1944 erhalten haben.
        Auf dem IWM-Bild sieht man auch, dass das Hohentwiel nicht am Großmast angebracht war, sondern als Topp auf einem Stengenmast, der - etwas aus der Schiffsmitte nach Stb versetzt - vor dem achteren Stand positioniert war.

        Die britischen Untersuchungen des Schiffes und Vernehmungen ergaben übrigens, dass das Hohentwiel (in der Akte phonetisch als 'Hotwil' notiert) bis Kriegsende nicht mehr einsatzfähig wurde.
        Bilder zeigen, dass NG neben den FuMOs die Antennen FuMB Ant 6 'Palau' und zwei FuMB Ant 4 'Sumatra' fuhr.
        Nach den britischen Angaben soll das FuMB das FuMB 24 'Fliege' gewesen sein; dazu gab es noch eine 'Wespe', also wohl FuME 1 (siehe TNA: ADM 1/17353).

        Gruß - Hägar

        Leopard2A6EX

        Hallo Hägar - danke für deine Infos! Gibt es technische Daten zum FuMO33 bzw in wie fern unterscheidet es sich leistungsmäßig vom 25er?

        Das 25er war nicht rotierend wie man anhand der freien Aufhängung vermuten könnte sondern schwenkbar - glaube 35-325Grad oder sowas. So auch das 33er?

        Gruß Frank

        Rudergänger

        Hallo,
        ich habe folgende Bücher von Trenkle digitalisiert.
        Trenkle, Fritz       Die deutschen Funkführungsverfahren bis 1945
        Trenkle, Fritz       Die Deutschen Funk-Navigations- und Funk-Führungsverfahren  bis 1945
        Trenkle,Fritz       Die deutschen Funkstörverfahren bis 1945
        Trenkle,Fritz       Die deutschen Funklenkverfahren bis 1945
        Trenkle,Fritz       Die deutschen Funkmeßverfahren bis 1945
        Trenkle,Fritz       Die deutschen Funkpeil-und Horchverfahren bis 1945
        wenn Bedarf besteht kann ich diese gerne zur Verfügung stellen.
        Leider ist mir eine Verteilung dank meiner rudimentären Computer Kenntnisse nicht möglich. :BangHead:
        Wenn das jemand von den Experten übernehmen würde, schicke ich die Datei auf einen Datenträger.
        Außerdem habe ich verschiede Janes All The Worlds Fighting Ships digitalisiert. Der aktuelste Band ist 2015-2016.

        Wenn also Bedarf besteht, meldet Euch.

        Schönen Sonnabend

        Harald

        Peter K.

        Tatsächlich würde mir noch der Band
        Trenkle, Die Deutschen Funk-Navigations- und Funk-Führungsverfahren  bis 1945
        fehlen ...
        Grüße aus Österreich
        Peter K.

        www.forum-marinearchiv.de

        Sven L.

        Halöle,

        von Fritz Trenkle würde mich alle Bücher interessieren.
        Grüße vom Oberschlickrutscher
        Sven


        _________________________________
        Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
        Clausewitz - Vom Kriege

        Leopard2A6EX

        Mich auch alle. Funkmessverfahren kommt ab Montag mit der Post.

        olpe

        Hallo,
        Zitat von: Hägar am 10 September 2022, 10:26:23
        NÜRNBERG hatte zuletzt ein FuMO 33 (also breite Antenne) auf dem Mastausleger am Gefechtsmast.
        ...
        Auf dem IWM-Bild sieht man auch, dass das Hohentwiel nicht am Großmast angebracht war, sondern als Topp auf einem Stengenmast, der - etwas aus der Schiffsmitte nach Stb versetzt - vor dem achteren Stand positioniert war.
        ...
        Bilder zeigen, dass NG neben den FuMOs die Antennen FuMB Ant 6 'Palau' und zwei FuMB Ant 4 'Sumatra' fuhr.

        Hier links zu Bildern des Schiffes nach der Übergabe an die Baltische Flotte nach WKII:

        • --/>/> klick (Januar 1946, auf dem Weg nach Liepaja. Die Radarausstattung scheint vollständig vorhanden zu sein)
        • --/>/> klick (Januar 1946, auf dem Weg nach Liepaja. Auf dem achteren Mast ist die Antenne des FuMO 63 ,,Hohentwiel K" zu erkennen)
        • --/>/> klick (1950, die Funkmessanlagen sind anscheinend bis auf das FuMO 25 (bzw. 33) bereits entfernt. Die ,,Matratze" ist relativ breit ... )
        • --/>/> klick (in den fünfziger Jahren. Die deutschen Funkmessanlagen sind eigenen sowjetischen Geräten gewichen. Hier ist aber ganz gut der Versatz des achteren Mastes nach Stb. zu erkennen, auf die @Hägar hinwies ... )
        Funkmessanlagen an Bord (nach russischer Internetquelle):
        1 FuMO 25
        1 FuMO 63 ,,Hohentwiel K"
        1 FuMB 4 ,,Sumatra"
        1 FuMB 6 ,,Palau"


        Zitat von: Leopard2A6EX am 10 September 2022, 14:59:56
        ... Gibt es technische Daten zum FuMO33 bzw in wie fern unterscheidet es sich leistungsmäßig vom 25er?

        Nach meinen – wenigen - Angaben liegt der wesentliche Unterschied des FuMO 25 zum FuMO 33 in der Sendeleistung und damit in der Reichweite:
        FuMO 25: Leistung:     8 kW, Reichweite: 12-18 km
        FuMO 33: Leistung: 125 kW, Reichweite: 20 -40 km

        Soweit.
        Grüsse
        OLPE


        Leopard2A6EX

        Vielen Dank wieder Olpe! Oha - von 8kw auf 125kw. Das ist mal eine Steigerung - oder fehlt da ein Komma zw 12 und 5? 😇 Nehme mal an dass sich die Peilgenauigkeit auch verbessert hat oder zumindest gleich geblieben ist. 🤔

        olpe

        #134
        Hallo,
        Zitat von: Leopard2A6EX am 11 September 2022, 12:53:13
        ... von 8kw auf 125kw. Das ist mal eine Steigerung - oder fehlt da ein Komma zw 12 und 5? 😇 🤔
        nun, die deutliche Steigerung der Leistung hat es in der Tat gegeben (kein Schreibfehler ... :wink: ...). Unten einige Eckpunkte, die zu den neuen, leistungsfähigen Sendern führten:

        • Nachdrückliche Forderung der KM an die GEMA für die Entwicklung leistungsstärkerer Sender zur Steigerung der Reichweite ab 1942 (Arbeiten wurden aber unterbrochen bzw. verzögert wg. Ausstattung von Funkmessanlagen für eine Frequenzwechselmöglichkeit)
        • Technische Voraussetzungen: Umstellung von bisher verwendeten gittergetasteten Röhren auf anodengetastete Hochleistungsröhren (TS60 und TS100 je nach Frequenzbereich) mit Anodenspannungen von 25 kV und mehr. Die Entwicklungen bei der GEMA gestalteten sich schwierig ob des anspruchsvollen technischen Terrains
        • Vergrößerung der Antennen, so dieses (für den Bordeinsatz überhaupt) möglich war
        • es entstanden 1943 der Sendereinschub "Gisela" mit bis zu 150 kW Impulsleistung (als Standard hat sich dann wohl 125 kW etabliert) und der Sender ,,Gertrud" mit bis zu 400 kW.
        In der Marine wurden die FuMO 32 bis 33 mit ,,Gisela" ausgestattet und bereits ab Sommer 1943 bei Zerstörern und Kreuzern – so auch ,,NÜRNBERG" – eingebaut. Aufgrund von Verzögerungen bei der Auslieferung von Gerätebeschreibungen der GEMA wurden alte Nummern nicht geändert bzw. beibehalten, so dass Unklarheiten entstehen konnten (bzw. können), wann welche Anlage mit welchen Sendern und welchen Antennen sich an Bord befanden [Trenkle].
        FuMO 25 und 33 besaßen beide die gleiche Frequenz von 368 MHz (Frequenzbereich ,,g" = 335 bis 430 MHz) ...

        Zitat von: Leopard2A6EX am 11 September 2022, 12:53:13
        Nehme mal an dass sich die Peilgenauigkeit auch verbessert hat oder zumindest gleich geblieben ist. 🤔
        Die FuMO 25-Geräte dürften noch die etwas ungenaue Maximumpeilung besessen haben (Ursprungszustand; ohne Nachrüstung). Nach [Trenkle] sind die FuMO 32 bis 34 mit der s.g. ,,Radattelpeilung" ausgestattet worden. Bei dieser wurden ähnlich der A/N-Peilung (weiter unten in #123 beschrieben) zwei getrennte Hälften des Empfangs-Antennenfeldes verwendet, die mit einer Umwegeleitung mit rotierendem Abgriff (mittels Motor) verbunden waren. Das Geräusch dieses rotierenden mechanischen Abgriffs ließ den Namen Radattel entstehen. Auf dem Feinpeilrohr entstand ein Minimum beider Richtcharakteristiken, welches bei genauer Ausrichtung der Antenne auf das Ziel in der Mitte der Markierung lag. Die Peilgenauigkeit (habe leider keine Angaben gefunden) dürfte der A/N-Peilung nicht nachgestanden haben bzw. noch besser gewesen sein ...

        Soweit.
        Grüsse
        OLPE

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