Wann hohes wann niedriges Freibord ?

Begonnen von Woelfchen, 22 Mai 2008, 16:39:18

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Woelfchen

Mal eine allgemeine Frage zu den Schiffen:

Warum haben die an manchen Stellen (im beladenen Zustand)  praktisch keinen Freibord?
Hochseetauglich wirken die Schiffe nicht, aber mit einem Binnenschiff habe sie noch weniger Ähnlichkeit.

Johannes

habichtnorbert

Hallo Johannes,

Bedenke bitte mal, bei dieser Schiffsreihe handelt es sich nicht um Handelsschiffe, sondern um Hilfsschiffe, hier Tanker, für die Versorgung der Kampfschiffe und der Hilfsschiffe der Marine, also um Kriegsschiffe, ihre Nachnutzung als Handelsschiff war zum Zeitpunkt der Konstruktion nicht Vorgesehen,
als zweckgebundener Tanker, konnte deshalb auf das bei Handelsschiffen vorgesehene notwendige Freibord verzichtet werden,
diese Schiffe waren und sind sehr Seetüchtig, was ihre Einsätze in der Ostsee, Nordsee, auch im Atlantik und dem Mittelmeer beweist, auch wenn Du meinst, "das sie nicht so aussehen", 

:MG: Norbert
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

Woelfchen

Danke für die Antwort, aber offensichtlich fehlt mir hier das "Basiswissen".
Warum braucht denn ein Ziviles Schiff höhere Bordwände als ein Militärschiff?
Oder genauer Formuliert:
Warum baut man hohe/niedrige Bordwände?

Johannes

habichtnorbert

Hallo Johannes,

Wenn wir dieses Thema richtig ausarbeiten würden, müßten wir an anderer Stelle einen neuen Tred zu diesem Thema eröffnen, dann müßten wir uns zu allen Schiffstypen ausmären und das würde dann doch wohl für alle zuviel,

also mal kurz zusammen gefaßt:
hohe und nidriege Bordwände gibt es bei den Kampf- und Hilfsschiffen der Marine und bei der Zivilenschiffahrt, jeweils nach Verwendungs- und Einsatzzweck, notwendiger Laderäume, Ladefläche und vorgesehene Ladegüter,
auch ältere zivile Tanker haben nidriege Bordwände,
aber nicht mit den neuen Supertankern verwechseln, welche sehr hoch über dem Wasserstehen,

:MG: Norbert
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

Woelfchen

Kann ein Admin das Thema mal Ausgliedern.  :roll:

Warum man ein Schiff so oder halt anders baut, welche Vor- und Nachteile das hat usw. interresiert mich schon.

Schon mal herzlichen dank für die Mühe.
Johannes

Tri


ZitatKann ein Admin das Thema mal Ausgliedern.

Betreffende Beiträge ausgegliedert, verschoben und neuen Themenbetreff erstellt.  :-)


Grüße
Tri
Wozu brauchen wir Bürgerrechte, wir leben doch in der EU.

habichtnorbert

Hallo Tri,

Von mir ein Dankeschön, fürs unsetzten des Themas.

:MG:Norbert
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

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Peter Strasser

Eigentlich wird alles wichtige zu Freibord hier gesagt.

Das was von Euch betrieben wird ist eine Seitenhöhen (D) und keine Freibord ( f )-Diskussion.

harold

#8
So streng mit Fragern - :-D-?
No, a bissl mehr als wie a paar Begriffsklärungen sollten wir da doch schon reintun, oder--- :wink:

1a) das Schiff ist ein Tanker für Flugbetriebsstoffe. Deren Ausgasungen sind schwerer als Luft, sammeln sich also gern in niedersten "hohlen" Bereich.
Unter Deck in den Tanks kann man sie unter Schutzgas setzen - und um eventuelle Lecks der über Deck verlegten Rohrleitungen unschädlich zu halten, sorgt man bestens dafür, dass diese Decks öfter mal überwaschen werden.
1b) ... ist Tanker für Schmier- und Betriebsöle. Obwohl deren Flammpunkte und Ausgasungen bei vergleichsweise hohen Temperaturen zu 1a) liegen, gilt hier das Gleiche.

Tankerkonstruktionen bis weit in die 50-er zeigten aus diesen Gründen generell recht niederen Freibord.


(zB "Gulfpenn", Benzintanker, 1921-42; unterwegs in der nicht gerade sturmfreien = ! Wellenhöhen - Karibik)


(Virginia 1941-42, gleiche Gegend; hier Brückenunterbau und Maschine/Mannschaftsquartiere schon "moderner" achtern zusammengefasst).

Die Begehbarkeit des Oberdecks mit seinen Rohrleitungen war in Fahrt überhaupt nicht angedacht - darum auch stets die Längsbrücke in Schiffsmitte als Verkehrsweg zwischen (möglichst achterem) Quartierhaus / Maschinenblock, Brücke und erhöhter Back.
Die Ladung selbst kann nicht verrutschen (kleinzellige Unterteilung = wenig freie Oberflächen), und ist leichter (und in Fall von Schwerölen zähflüssiger) als Wasser. Wassereinbrüche unterhalb der CWL können demzufolge weder vertrimmen noch wesentlich zur Gewichtszunahme führen (allerdings verderben sie die Ladung).

Jetzt zu unserem speziellen Ausgangsfall, Tanker "600".
15+ kn soll er im besten Fall machen können, und darunter würde ich auch noch knapp 12 kn empfehlen:



In beiden Fällen liegt die dynamische Wasserline so, dass die Pumpendecks regelmäßig überspült werden (ein gewünschter Effekt) und die Back, der achtere Aufbau und der offensichtlich nur von oben begehbare Brückenunterbau für genügend Restauftrieb auch bei sehr kurzwelliger See sorgen.
Was immer auch an Mineralöl(dämpfen) leck geht, wird von der See verwaschen oder verdünnt (auch temperaturmäßig, unter Flammpunkt).
Ist zwar nun wahrlich nicht die ökologischte Art & Weise ... aber freilich, " 't was another time, and yer another country", frei nach Hemingway's Motto* für seinen ersten Roman.
:MG: Harold

*) < - thou hast committed bold inchastity?
- 't was another time, and yer another country/ and besides, the wench is dead.- >
"A Farewell to Arms", dt.: "In einem andern Land". Sehr lesenswert!

4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Woelfchen

Jetzt erkennt man mal den Sinn warum es Schiffe gibt bei denen das Deck so nass wird.

Warum waren dann die ganzen "Supertanker" schon mit einer wesentlich höheren Bordwand ausgerüstet?
Mit dem Umweltschutz hat man es ja damals noch nicht so gebnau genommen.
- Längsfestigkeit des Schiffes?
- Tanks groß genaug um auch noch leichtes Öl mit Maximalzuladung transportieren zu können?

Bei den neueren Tankern gibt es ja die Doppelte Seitenwand, bzw einen kompletten Doppelrumpf.
Da ist es ja klar das das Öl das sonst dort gewesen wäre woanders hin muss -> höher gelagert, schlecht für die Stabilität und vorallem schlecht wann doch mal ein Loch im Tank ist.

Bestimmt gibt es aber noch andere Gründe.

Johannes

harold

#10
Servus Johannes,

für die Längsfestigkeit gilt wieder die Seitenhöhe, und nicht das Freibord. Schau dir mal ältere Tankschiffe in relativ unbeladenem Zustand an:


(hier die selbe Gulfpenn wie oben, nur eben "leicht" und aus Kriegsgründen bis weit unter Lademarke grau gepönt)

Zur Festigkeitsberechnung von Mehrhüllentankern (zu Versicherungszwecken) hat ufo mal ein paar sehr erhellende links reingestellt, die ich dank unserer doch eher schwachbrüstigen Suchfunktion einfach nicht mehr finde...  :? -

Außerdem sollten wir unterscheiden zwischen Rohöltransportern und Tankschiffen im Küstenverkehr, die raffinierte Erdölprodukte an den Verbraucher bringen, zB:



Da gilt dann wieder die oben angerissene "Baulogik" von wenig Freibord.-

Auch beim vergleichsweise hohen Freibord (der im Verhältnis zur Länge gar nicht sooo groß ist):



...von großen Rohöltankern ist dies:



...ein gängiges Bild. Das Deck darf ruhig überspült werden; es gibt ja keine Luken, durch die der Frachtraum volllaufen könnte.
Das Thema Korrosion / Leckage / Materialermüdung ist allerdings auch hier nicht zu unterschätzen:



...sind auch nicht immer ganz dicht, die Schüsseln.-

So, mehr weiß ich dazu im Groben auch nicht; hab aber bei der Foto-Recherche eine informative Übersicht zur Geschichte der Schifffahrt gefunden:
http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_ship_transport
von wo aus sich manche Detailfragen gut weiterverfolgen lassen.

Sicherlich kann einer unserer Vollzeit-Schiffbauer (schiel > Kai) noch mal gezielter auf Einzelheiten eingehn!

Ciao,
Harold


4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Woelfchen

Hallo Harold,
danke für die Antworten. Vorallem der Vergleich zwischen dem leeren und dem Vollgetankten Schiff ist sehr interresant. Hätte ich mir aber auch denken können, da ich solche Bilder von den modernen Tankern her kenne.
Wer sich die Fotos mal anschauen möchte: Tanker (ULCC sind die ganz großen)

Zu den links von Ufo, war es vielleicht das:
Sicherheit in der Tankerschifffahrt

Johannes

Tri

Hallo,

vielleicht hilft es ja bei der Suche neben dem Suchwort "Tanker" noch eine Eingrenzung durch den Benutzer bzw. Schreiber durchzuführen also "ufo".
Der Link im oberen Beitrag ist der erste bei dieser Suche.   :wink:


Grüße
Tri
Wozu brauchen wir Bürgerrechte, wir leben doch in der EU.

Captain Hans

#13
als alter Tankerkapitän moechte ich etwas zur Klärung beitragen:

Tanker werden nach der Längsspantenbauweise (genannt Stringer) gebaut.
Frachter nach der Querspantenbauweise.

Die Längsspantenbauweise ermöglicht ein Durchbiegen des Rumpfes. Große ULCCs biegen sich im Seegang besonders bei hoher Dünung bis zu 3 m durch. Der Rumpf  solch großer Schiffe muß flexibel sein(ähnlich wie eine Flugzeugtragfläche, ein Wolkenkratzer, oder eine Hängebrücke) ansonsten würde er zerbrechen.
Die unterschielichen Freiborde ergeben sich aus den verschiedenen Beladungs- oder Ballastzuständen des Schiffes.
Die Querfestigkeit des Schiffes wird durch die Bulkshotts, die die Tanks unterteilen gegeben.
Die Stringerbauweise fängt zusätzlich die Torsionskräfte, die auf den Rumpf durch Seegang einwirken, ab.

Ein Tanker biegt sich also nicht nur laufend, sondern er verdreht sich auch dauernd.
Um dieses zu ermöglichen mußten die Reeling, Laufstege und alle Rohrleitungen die über die Länge des Schiffes verlaufen mit Dehnungsbuchsen versehen werden.
Bei kleinen Schiffen ist dieser Effekt kaum sichtbar, bei großen ULCCs sieht man ihn mit bloßem Auge.

Übrigends bis 120 000 dtw (deadweight = Ladungsgewicht) sind es noch normale Tanker, bis 270 000 dtw sind es VLCCs  (Verly Large Crude Carrier), darüber hinaus sind es ULCCs (Ultra Large Crude Carriers)
Die größten je gebauten Schiffe hatten eine Tonnage von 518 000 dtw waren 420 m lang 50 m breit und hatten einen Tiefgang von ca 27 m.

Der Minimalfreibord eines jeden Schiffes wird von den Klassifikationsgesellschaften (Germanischer Lloyd, Norske Veritas, Lloyds Register, ABS American Bureau of Shipping und andere) für jedes Schiff errechnet und durch die Plimsollmarke (Freibordmarke) am Schiff gekennzeichnet. (aufgeschweißt)(siehe Zeichnung)
Die Freibordmarke hat aber noch weitere Unterteilugen:
F = Frischwasser
FT = Frischwasser Tropen
WNA = Winter Nord Atlantik
W = Winter
S = Sommer
T = Tropen

Ich hab mal bei Wikipedia Euch einen Link herausgesucht der all diese Begriffe beschreibt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#Freibordmarke

Um dies zu verstehen muß man sich klar machen, daß die Schwimmfähigkeit des Schiffe von der Dichte des Wassers abhängt. Also je salzhaltiger das Wasser (von 1000 bis 1033 auf den Meeren möglich) desto mehr schwimmt das Schiff auf. Je wärmer das Wasser desto tiefer taucht das Schiff ein - dafür steht die Sommermarke  in Seewasser
(1010), Die Frischwassermarken gelten natürlich für Flüsse und Häfen.
Da im Winter und besonders im Winter Nordatlantik es mehr Stürme gibt soll das Schiff mehr freibord haben - dafür stehen die Marken W und WNA
Auf dem Querstrich im Kreis (Sommermarke in Seewasser) steht auch die Abkürzung der jeweiligen Klassefikationsgesellschaft (GL, ABS, BV, NV usw)

An Deck eines Tankers befinden sich nur Tankdome, Ventile und die Rohre zur Beladung und Entlöschung des Schiffes.
Sie gehen immer von achtern nach Mittschiffs zur Manifold (Batterie der Rohre wo die Beladungsschläuche angeflanscht werden)
Achtern gehen die Rohre runter in den Pumpenraum und von da aus wieder nach vorne mit Verzweigungen zu den jeweiligen Tanks.
Ein Tanker wird von Land aus beladen, Löschen muß er mit seinen Pumpen selbst.

Der Tanker ist in Quersektionen eingeteilt, die die jeweiligen Tanks ergeben. Eine Sektion besteht immer aus den 2 Wingtanks (Bb und Stb.) und dem Centertank.
Da die maximale Größe der Tanks auf 20000 Tonnen beschränkt ist muessen die ULCCs den Centertank nochmals in Bb. und Stb Tanks unterteilen.
Ganz außen sitzen die Clean Ballasttanks und Brennstofftanks. Ladung,Brennstoff und Ballastsysteme sind vollständig von einander getrennt.
Wenn ein Schiff löscht, läd es gleichzeitig Ballast (Seewasser) und beim Beladen umgekehrt.

Ein vollkommen leeres Schiff würde kentern und wäre auch nicht seefähig.

Ich hoffe das dies ein bischen zur Klärung beigetragen hat.

Beste Grüße

Kapitän Hans











,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

t-geronimo

Zum Thema Durchbiegen hier mal ein nettes Video (kurz warten, bis das Innere des Schiffes gezeigt wird, auch wenn's kein Tanker ist):

http://www.youtube.com/watch?v=NE_ri8PkihE
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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